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  • · Fachbeitrag · Lohnpfändung

    Entscheidung des Insolvenzgerichts über pfändungsfreies Arbeitseinkommen

    Will der Insolvenzverwalter/Treuhänder erreichen, dass bei der Berechnung des pfändungsfreien Betrags des Arbeitseinkommens des Schuldners der Ehegatte wegen eigener Einkünfte als Unterhaltsberechtigter nicht berücksichtigt wird, muss er die Entscheidung des Insolvenzgerichts herbeiführen (BGH 3.1.11, IX ZR 45/11, Abruf-Nr. 114174).

    Praxishinweis

    Die Entscheidung klärt, dass § 850c Abs. 4 ZPO auch im Insolvenzverfahren greift. Antragsberechtigt ist nach § 36 Abs. 4 S. 2 InsO der Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder (§ 313 Abs. 1 S. 1 InsO). Über dessen Antrag entscheidet das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht (§ 36 Abs. 4 S. 1 InsO).

     

    Nach § 850c Abs. 4 ZPO kann das Insolvenzgericht nach billigem Ermessen anordnen, dass eine nach dem Gesetz unterhaltsberechtigte Person, die eigene Einkünfte hat, bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt. Ab welcher Höhe ein eigenes Einkommen des Unterhaltsberechtigten seine Berücksichtigung bei der Bestimmung der Pfändungsfreibeträge aus Arbeitseinkommen oder diesem gleichgestellter Bezüge des Unterhaltspflichtigen ausschließt, hat der Gesetzgeber bewusst der Rechtsprechung überlassen (BT-Drucksache 8/693, S. 48 f.). Bei der Anwendung der Vorschrift verbietet sich jede schematisierende Betrachtungsweise. Das Gericht muss vielmehr seine Entscheidung nach billigem Ermessen unter Abwägung der wirtschaftlichen Lage des Gläubigers und des Schuldners sowie der von ihm unterhaltenen Angehörigen treffen. Dabei können Pfändungsfreibeträge und Unterhaltstabellen Anhaltspunkte für die Ausübung des Ermessens geben. Eine einseitige Orientierung an bestimmten Berechnungsmodellen scheidet aus, weil sie dem Sinn des § 850c Abs. 4 ZPO widerspricht (BGH VE 05, 119; BGH ZInsO, 09, 331).

     

    § 850c Abs. 4 ZPO schafft die Möglichkeit, auf eine Herabsetzung des pfändungsfreien Betrags hinzuwirken. Denn grundsätzlich wertet § 850c Abs. 1 ZPO den anderen Ehegatten als berücksichtigungsfähige Person, selbst wenn er ein höheres Einkommen erzielt als der Schuldner. Solange eine Herabsetzung nicht getroffen ist, wird der Ehegatte, jedenfalls wenn er in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner lebt, gemäß § 35 Abs. 1, § 36 Abs. 1 S. 2 InsO, § 850c Abs. 1 ZPO als unterhaltberechtigte Person berücksichtigt, und die hierauf entfallenden Beträge unterliegen nicht der Pfändung. Im Verhältnis zwischen Ehegatten kommt es bei der Anwendung des § 850c Abs. 1 ZPO nicht darauf an, ob der Erwerbstätige tatsächlich einen Geldbetrag für den Unterhalt seines Partners abzweigt. Zu berücksichtigen ist der Ehegatte bereits, wenn der Schuldner aufgrund beiderseitiger Verständigung angemessen zum Familienunterhalt beiträgt. Ein Ausgleich ist also nur durch Bestimmung des Vollstreckungsgerichts im Rahmen einer Billigkeitsprüfung nach § 850c Abs. 4 ZPO möglich. Diese müssen Insolvenzgläubiger über den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder im Bedarfsfall aktvieren.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2012 | Seite 39 | ID 31079650