· Fachbeitrag · PfÜB-Formulare
Unterhaltsvollstreckung: Welches amtliche Formular ist zu verwenden?
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
| Gläubiger G. vollstreckt wegen titulierter Unterhaltsrückstände, die älter als ein Jahr sind. Er verwendet hierzu das amtliche Formular gemäß § 2 Nr. 1 ZVFV, nämlich „Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen Unterhaltsforderungen“. In seinem Antrag begehrt G. nicht die Pfändung nach § 850d ZPO, sondern vielmehr nach § 850c ZPO. Das Gericht verlangt von G. die Verwendung des amtlichen Formulars „Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses insbesondere wegen gewöhnlicher Geldforderungen“ gemäß § 2 Nr. 2 ZVFV, da dies durch das Gesetz so vorgeschrieben sei. Zu Recht? |
1. Es ist zu differenzieren, wie gepfändet werden soll
Nein. Zwar sieht § 2 Nr. 1 ZVFV vor, dass das in der Anlage 3 bestimmte Formular zu benutzen ist, wenn die Pfändung wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs nach § 850d ZPO erfolgen soll. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass das amtliche Formular „Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses insbesondere wegen gewöhnlicher Geldforderungen“ gemäß § 2 Nr. 2 ZVFV zu verwenden ist, wenn keine verschärfte Pfändung nach § 850d ZPO erfolgt.
Diese Ansicht wird m.E. auch durch die Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 326/12, 26) gestützt. Dort heißt es „Nr. 1 führt Formulare wegen einer Unterhaltsforderung ein.“ Es werden also generell Unterhaltsforderungen genannt. Dass eine Pfändung unbedingt nach § 850d ZPO erfolgen muss, ergibt sich hieraus nicht. Es besteht also seitens des Gläubigers keine Pflicht die Pfändung nach § 850d ZPO zu beantragen. Zudem sieht das Formular „Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen Unterhaltsforderungen“ auf Seite 8 die Möglichkeit vor, für überjährige Forderungen eine Pfändung nach § 850d durch Weglassen eines Kreuzes auszuschließen. Folge: Es muss nicht immer ein pfandfreier Betrag nach § 850d ZPO festgesetzt werden.
Dass dieses Ergebnis vom Verordnungsgeber so gewollt ist, zeigt sich auch an Folgendem: Der Gläubiger könnte bei Unterhaltsforderungen, ohne das Privileg nach § 850d ZPO in Anspruch zu nehmen, bei geforderter Verwendung des Formulars „Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses insbesondere wegen gewöhnlicher Geldforderungen“ manche Unterhaltsformen wie z.B. Unterhaltsrückstände, statische Unterhaltsrente, dynamisierte Unterhaltsrente überhaupt nicht in das Formular eintragen.
2. So argumentiert der BGH
Mit Beschlüssen vom 13.2.14 und 20.2.14 hat der BGH (VE 14, 74) zudem entschieden, dass die den Formularzwang für Anträge auf Erlass eines PfÜB regelnden Rechtsnormen verfassungskonform dahin ausgelegt werden können, dass Gläubiger vom Formularzwang entbunden sind. Dies gilt, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. Gläubiger brauchen unter diesen Voraussetzungen das Formular nicht zu benutzen.
Der BGH führt ausdrücklich aus, dass sich aus der Benutzung des amtlichen Formulars Einschränkungen des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes ergeben. Insofern hat der BGH die Verfassungsgemäßheit der den Formularzwang regelnden Normen beim Pfändungsantrag geprüft und kommt zu dem Ergebnis, dass das verbindlich zu nutzende Formular insbesondere in Bezug auf die Eintragung des zu vollstreckenden Anspruchs sowie auf die zu pfändenden Forderungen unveränderbare Vorgaben enthält. Diese können beim Ausfüllen des Antragsformulars dem Antragsteller Schwierigkeiten bereiten. Hierdurch kann das Begehren des Vollstreckungsgläubigers beeinträchtigt werden, im Rahmen der Forderungspfändung zügig ein Pfändungspfandrecht zu erwerben. Es besteht vor allem die Gefahr, dass seinem Antrag wegen der Beanstandungen des Vollstreckungsgerichts nicht sofort, sondern erst nach Änderungen stattgegeben wird und so das Pfandrecht wegen des vorigen Zugriffs anderer Gläubiger entwertet wird.
Zudem weist der BGH darauf hin, dass die Garantie effektiven Rechtsschutzes ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaats ist. Sie umfasst das Recht auf Zugang zu den Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie die verbindliche gerichtliche Entscheidung (BVerfGE 107, 395), bedarf aber der gesetzlichen Ausgestaltung.
Dabei kann der Gesetzgeber auch Regelungen treffen, die für ein Rechtsschutzbegehren besondere formelle Voraussetzungen aufstellen und sich dadurch für den Rechtsuchenden einschränkend auswirken. Aber: Solche Einschränkungen müssen mit den Belangen einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den einzelnen Rechtsuchenden nicht unverhältnismäßig belasten.
Darin findet die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers ihre Grenze. Er muss die betroffenen Belange angemessen gewichten und in Bezug auf den einzelnen Rechtsuchenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist und es darf von dem Rechtsuchenden nichts Unzumutbares verlangt werden (BVerfGE 88, 118).
Wenn demnach von manchen Gerichten im Falle der Vollstreckung von Unterhaltsforderungen ohne die Privilegierung nach § 850d ZPO das Formular für gewöhnliche Forderungen verlangt wird, verstößt dies genau gegen den Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes.
Weiterführender Hinweis
- BGH macht Schluss mit übertriebenen Formalien, VE 14, 74