· Fachbeitrag · Verfahrensrecht
Erfüllungseinwand in Zwangsmittelverfahren und Vollstreckungsgegenklage
| Der BGH hat jetzt entschieden: Die Anhängigkeit eines Zwangsmittelverfahrens nach § 888 ZPO, in dem der Schuldner den Erfüllungseinwand mit Blick auf den gegen ihn titulierten Anspruch erheben kann und erhoben hat, hindert ihn nicht daran, Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) gegen den Gläubiger zu erheben, die ebenfalls auf den Erfüllungseinwand zielt. |
Sachverhalt
Der Kläger war Alleinerbe. Die Beklagten hatten als Pflichtteilsberechtigte gegen ihn ein rechtskräftiges Teilurteil auf Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses erwirkt. Um diese Auskunftspflicht zu vollstrecken, stellten sie einen Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln vor dem Prozessgericht nach § 888 ZPO. Der Kläger ‒ als Schuldner des Zwangsmittelverfahrens ‒ legte ein notarielles Nachlassverzeichnis vor und berief sich auf die Erfüllung des Auskunftsanspruchs. Die Beklagten trugen vor, dass das Verzeichnis lückenhaft sei und hielten am Zwangsgeldantrag fest. Dar Kläger erhob dann Vollstreckungsabwehrklage vor dem Prozessgericht und beantragte, die Zwangsvollstreckung aus dem zugrunde liegenden Teilurteil für unzulässig zu erklären, da der Auskunftsanspruch durch die Vorlage des notariellen Nachlassverzeichnisses erfüllt sei. Das OLG hat als Berufungsgericht die Vollstreckungsabwehrklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig gehalten. Der BGH hob diese Entscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an das OLG zurück. Er entschied dabei, dass das Zwangsmittelverfahren nach § 888 ZPO und das Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage nebeneinander zulässig sind (BGH 29.9.22, I ZR 180/21, Abruf-Nr. 232345).
Relevanz für die Praxis
Für eine Vollstreckungsabwehrklage § 767 ZPO) besteht solange ein Rechtsschutzbedürfnis, wie der Gläubiger den Vollstreckungstitel noch in Händen hat. Dies gilt sogar, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus dem Titel verzichtet hat oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit besteht, dass eine Vollstreckung nicht mehr in Betracht kommt. Der Grund dafür ist, dass der Schuldner durch die Vorlage einer öffentlichen Urkunde oder einer vom Gläubiger ausgestellten Privaturkunde, aus der sich die zwischenzeitliche Erfüllung der Forderung ergibt, die Aufhebung von bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln nicht erreichen kann (§ 775 Nr. 4, § 776 ZPO) und ein Verzicht keine weitergehenden Wirkungen als die Erfüllung haben kann.
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