· Fachbeitrag · Vollstreckungsgebühren
Erhöhung nach Nr. 1008 RVG VV bei Vertretung einer GBR bzw. WEG?
von Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock, Koblenz
| Vertritt ein Rechtsanwalt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) als Gläubigerin, stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob ihm eine Erhöhung der Verfahrensgebühr zusteht. Der folgende Beitrag erläutert, wie Sie richtig vorgehen. |
1. Grundsatz
Sind Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen, erhöht sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jede weitere Person um einen Gebührensatz von 0,3 (Nr. 1008 VV RVG), soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist.
2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Für die Praxis weitgehend geklärt ist die Frage, wer als Auftraggeber des Anwalts anzusehen ist, wenn dieser die Interessen einer Personenmehrheit vertritt, der eine eigene Rechtssubjektivität zukommt. Nachdem der BGH (VE 01, 29) der (Außen-)GbR die Rechtsfähigkeit zugebilligt hat, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, ist in diesen Fällen in der Regel von nur einem Auftraggeber auszugehen.
Insofern kann die GbR somit selbst als Mandantin auftreten mit dem Ziel einer eigennützigen Interessenvertretung. Soweit es daher um ihre „persönlichen“ Belange geht, bedarf es nicht mehr einer Vertretung der (gesamthänderisch verbundenen) Einzelinteressen der Gesellschafter, sondern es findet eine unmittelbare Vertretung des Gesamthandsinteresses statt, weil diesem eigene Subjektivität zukommt (AnwK-RVG/Volpert, 7. Aufl., VV 1008 Rn. 12).
PRAXISHINWEIS | Eine derartige Gleichbehandlung mit den Personengesellschaften des HGB ist auch schon Gegenstand der bisherigen Rechtsprechung. So werden Sozietäten von Rechtsanwälten (OLG Düsseldorf Rpfleger 00, 427; OLG Koblenz JurBüro 94, 729), Ingenieuren (OLG Hamm JurBüro 86, 54; LG Hannover JurBüro 86, 868), Steuerberatern (OLG Hamm 4.1.96, 23 W 205/95, n.v.; OLG Hamm 26.8.96, 23 W 330/96, n.v.), oder Architekten (OLG Hamm JurBüro 83, 225) und ärztliche Gemeinschaftspraxen (OLG Köln RVGreport 06, 264; OLG Köln JurBüro 96, 80; SG Dortmund JurBüro 95, 586) teilweise wie ein Auftraggeber behandelt, wenn sie Honoraransprüche verfolgten (Aktivprozesse) oder sich gegen die Ansicht zur Wehr setzten, solche Ansprüche stünden ihnen nicht zu (Passivprozesse; OLG Hamm 10.8.01, 23 W 253/01, n.v.; OLG Hamm 30.1.97, 23 W 514/96, n.v.). |
In Passivprozessen sind daneben oder anstatt der Gesellschaft allerdings auch die Gesellschafter Mandanten, soweit es um deren persönliche Haftung geht. In diesem Fall greift der Erhöhungstatbestand nach Nr. 1008 RVG VV.
3. Wohnungseigentümergemeinschaft
Der BGH hatte der Eigentümergemeinschaft Teil-Rechtsfähigkeit zugebilligt, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt (VE 05, 147). Dies wurde bereits mit Wirkung zum 1.7.07 in § 10 Abs. 6 WEG manifestiert. Das wirkt sich auf die Vergütungsansprüche des Anwalts aus, der eine WEG auf der Aktiv- oder Passivseite vertritt.
PRAXISHINWEIS | Es tritt aber nicht in allen Fällen der teilrechtsfähige Verband an die Stelle der Wohnungseigentümer. Dies gilt nur, wenn Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betroffen sind. Die Teilrechtsfähigkeit bleibt damit auf die Verwaltungsfunktion im Inneren - insbesondere Finanz- und Rechnungswesen - und die Erleichterung des Rechtsverkehrs nach außen beschränkt (BGH VE 05, 147; § 10 Abs. 6 S. 1 WEG). Insofern darf auch nicht der Schluss gezogen werden, dass im Rahmen eines WEG-Mandats automatisch eine Erhöhung der Gebühren ausgeschlossen ist. Dies hängt vom jeweiligen Sachverhalt ab. Entscheidend ist jeweils, ob die Gemeinschaft im Hinblick auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. |
4. Einfordern von Wohngeldansprüchen gegen Miteigentümer
Wenn fällige Wohngeldansprüche gefordert werden ist dies zwar ein Streit der Wohnungseigentümer untereinander im Innenverhältnis. Der BGH rechnet die Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- oder Schadenersatzansprüchen aber der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu, sodass Anspruchsinhaber der teilrechtsfähige Verband ist (VE 05, 176). Der Anwalt hat somit nur einen Auftraggeber.
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Miteigentümer M. hat seit sechs Monaten seine Wohngeldzahlungen (Gesamtsumme: 1.800 EUR) nicht erbracht. Die übrigen zehn Mitglieder der Eigentümergemeinschaft beantragen über den gemeinsam beauftragten Rechtsanwalt R .einen Vollstreckungsbescheid, der antragsgemäß erlassen wird. Anschließend wird gegen M. vollstreckt.
Lösung: R. kann folgende Gebühren abrechnen:
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5. Ansprüche der Gemeinschaft gegen Dritte
Tritt die Eigentümergemeinschaft - vertreten durch eines ihrer Mitglieder oder den Verwalter - im Rechtsverkehr zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens auf, wird sie selbst aufgrund der Teilrechtsfähigkeit Vertragspartner. Für die Durchsetzung von Ansprüchen aus solchen Verträgen ist daher die Gemeinschaft der einzige Auftraggeber des Anwalts.
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Die Eigentümergemeinschaft beauftragt einen Dachdeckerbetrieb mit der Sanierung des Dachs. Nach deren Abschluss zeigen sich Mängel. Nach erfolgloser Fristsetzung klagt die Gemeinschaft auf Schadenersatz (10.000 EUR). Nach gewonnenem Prozess geht sie in die Vollstreckung.
Lösung: R. kann folgende Gebühren abrechnen:
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6. Ansprüche Dritter gegen die Gemeinschaft
Nimmt ein Dritter die Eigentümergemeinschaft in Anspruch, ist sie als teilrechtsfähiger Verband betroffen, Nr. 1008 RVG VV greift daher nicht.
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Die Eigentümergemeinschaft schließt einen Wasserversorgungsvertrag. Die Stadtwerke klagen einen Rückstand von 10.000 EUR ein. Die Eigentümergemeinschaft wird durch Rechtsanwalt R. vertreten.
Lösung: Nr. 1008 RVG VV greift nicht. R. kann unabhängig von der Zahl der Miteigentümer keine erhöhte Verfahrensgebühr abrechnen, da der teilrechtsfähige Verband Auftraggeber ist. Eine Ausnahme gilt nur, wenn sich einzelne Miteigentümer neben der Gemeinschaft persönlich verpflichtet haben und daher neben dieser auch persönlich in Anspruch genommen werden können. Beauftragen sie denselben Anwalt wie die Gemeinschaft, liegt eine Mehrheit von Auftraggebern vor. |
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Im Beispiel 3 übernehmen die Miteigentümer A. und B. zusätzlich auch die persönliche Haftung. Die Eigentümergemeinschaft sowie A. und B. werden durch Rechtsanwalt R. vertreten.
Lösung:R., der die Eigentümergemeinschaft vertritt, kann unabhängig von der Zahl der Miteigentümer keine erhöhte Verfahrensgebühr abrechnen, da der teilrechtsfähige Verband Auftraggeber ist. Dies gilt aber nicht hinsichtlich der Beauftragung durch A. und B. Hier greift der Erhöhungstatbestand nach Nr. 1008 RVG VV. |