· Fachbeitrag · Vollstreckungspraxis
Vollstreckung von Auskunft/Belegvorlage: Titel ist vorzulegen
von Wolf Schulenburg, geprüfter Rechts- und Notarfachwirt, Berlin
| Sind Sie im Familienrecht unterwegs, stehen Sie oft vor der folgenden Situation: In einem Stufenverfahren wegen Unterhalt oder Zugewinnausgleich haben Sie einen Teilbeschluss beim Familiengericht erwirkt, mit dem der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin zur Auskunft zu seinem Einkommen und/oder Vermögen sowie Vorlage von Belegen verpflichtet wurde. Diese Auskunfts- und Belegverpflichtung wollen Sie nun vollstrecken. Dabei müssen Sie aber insbesondere die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 750 ZPO beachten, wie das KG (23.8.23, 13 WF 94/23, Abruf-Nr. 237492 ) aktuell entschieden hat. |
1. Vollstreckbarkeit des Titels
Ebenso wie sonstige Familiensachen (§ 266 Abs. 1 FamFG), gehören Unterhalts- (§ 231 Abs. 1 FamFG) oder Zugewinnausgleichssachen (§ 261 Abs. 1 FamFG), zu den Familienstreitsachen (§ 112 FamFG). Deren Vollstreckung erfolgt gemäß § 120 Abs. 1 FamFG entsprechend der Vorschriften der ZPO über die Vollstreckung.
Beachten Sie | Sofern das Familiengericht keine sofortige Wirksamkeit seiner Auskunfts- und Belegverpflichtung anordnet (§ 116 Abs. 3 S. 2 und 3 FamFG) ist der Teilbeschluss erst mit seiner Rechtskraft wirksam (§ 116 Abs. 3 S. 1 FamFG) und dann vollstreckbar (§ 120 Abs. 2 S. 1 FamFG).
Liegen diese Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit vor, sind bei der Vollstreckung gemäß § 120 Abs. 1 FamFG u. a. die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 750 Abs. 1 ZPO zu beachten, also Titel, Klausel, Zustellung.
Das bedeutet, dass der Teilbeschluss dem Vollstreckungsorgan mit einer Vollstreckungsklausel (§§ 724, 725 ZPO) und mit einem Nachweis über die Zustellung an den Schuldner (§ 750 Abs. 1 ZPO) versehen vorzulegen ist.
PRAXISTIPP | Die Zustellung des Teilbeschlusses erfolgt hierbei von Amts wegen nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i. V. m. §§ 166 ff. ZPO. Auf Antrag der Gläubigerin muss das Familiengericht ihr eine mit der Vollstreckungsklausel und dem Zustellungsvermerk (§ 169 ZPO) versehene Teil-Ausfertigung (ohne „Gründe“ ‒ vgl. § 317 Abs. 2 S. 3 ZPO) des Teilbeschlusses erteilen. |
2. Auskunfts- und Belegpflicht
Die Auskunftspflicht ist eine unvertretbare Handlung, die gemäß § 120 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 888 ZPO mittels Zwangsgeld durchgesetzt werden kann.
PRAXISTIPP | Der Titel muss die geschuldete Leistung konkret, also bestimmt bezeichnen, insbesondere nach dem Zeitraum für die Auskunft über Einkünfte oder den Zeitpunkt für die Auskunft über Vermögen (BGH FamRZ 02, 666). |
Sind neben der Auskunftspflicht zugleich Belege vorzulegen, entspricht es der h. M., dass im Interesse einer effektiven Vollstreckung die Vorlageverpflichtung nicht gesondert nach § 883 ZPO vollstreckt werden muss, sondern als unwesentliche Nebenverpflichtung zur Auskunftspflicht zu behandeln ist, die also zusammen mit dieser nach § 888 ZPO vollstreckt werden kann (Sternal/Weber, FamFG, 21. Aufl., § 120 Rn. 15; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rn. 1193; OLG Karlsruhe InVo 00, 398).
3. Antrag der Gläubigerin
Die Gläubigerin muss den Antrag nach § 120 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 888 ZPO beim Familiengericht als Vollstreckungsgericht stellen. Hierbei muss sie dem Gericht zugleich eine vollstreckbare und mit Zustellungsvermerk versehene Ausfertigung des Teilbeschlusses vorlegen (s. o. 1). Diese allgemeine Meinung (vgl. z. B. Cirullies, Vollstreckung in Familiensachen, 2. Kapitel: Vollstreckung in Familienstreitsachen, Rn. 8) hat das KG jetzt noch einmal bekräftigt.
Beachten Sie | Die Vorlage des Teilbeschlusses ist nicht etwa deshalb entbehrlich, weil hier dasselbe Gericht zugleich als Vollstreckungsorgan tätig wird und daher der Verfahrensakte entnehmen kann, dass der Titel dem Schuldner zugestellt wurde und dem Gläubiger ein Vollstreckungsklausel erteilt wurde. Denn das Gericht muss auch prüfen, ob die vollstreckbare Ausfertigung noch beim Gläubiger vorhanden ist (OLG Köln JurBüro 01, 493; Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 20. Aufl., Vor § 704 Rn. 24; Zöller/Seibel, ZPO, 34. Aufl., § 724 Rn. 14 m. w. N.).
PRAXISTIPP | Der Rechtsanwalt der Gläubigerin, der seinen Antrag zwingend per beA einreichen muss (§ 130d ZPO), sollte bereits diesem eine elektronische Aufzeichnung (Scan) der vollstreckbaren Ausfertigung des Teilbeschlusses „vorab“ beifügen und deren Original dem Gericht dann postalisch hinterhersenden. |
Der Schuldner ist vor der Entscheidung vom Familiengericht anzuhören (§ 891 S. 2 ZPO). Die zu treffende Kostenentscheidung folgt den allgemeinen Regeln des Obsiegens bzw. Unterliegens (§ 891 S. 3, §§ 91 ff. ZPO).
Musterformulierung / Zwangsgeldantrag |
In der Familiensache
(…)
wird die vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Teilbeschlusses vom … mit Bescheinigung der Amtszustellung am … überreicht und namens und im Auftrag der von mir vertretenen Gläubigerin gem. § 120 Abs. 1 FamFG i. V. m. § 888 ZPO beantragt, wie folgt zu entscheiden:
ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Zwangsgeld [ggf: welches einen Mindestbetrag von … Euro nicht unterschreiten sollte] bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Zwangshaft von bis zu sechs Monaten festzusetzen.
Begründung: Dem Schuldner sind nach dem im Antrag genannten und mittlerweile rechtskräftigen Teilbeschluss die dort genannten Verpflichtungen auferlegt worden. Diese hat der Schuldner [ggf: trotz nochmaliger Aufforderung] bislang nicht [alternativ: nicht vollständig] erfüllt. [Bei nicht vollständiger Erfüllung sollten Sie die bislang nur teilweise erfüllten bzw. nicht erfüllten Verpflichtungen dem Gericht näher darlegen). Es ist daher notwendig, Zwangsmittel zu verhängen.
Die Kosten des Zwangsgeldverfahrens sind dem Schuldner aufzuerlegen, §§ 891 S. 3, 91 ZPO.
Nach antragsgemäßer Entscheidung bitte ich um Erteilung einer vollstreckbaren und mit Amtszustellungsvermerk versehenen Teil-Ausfertigung (ohne „Gründe“) des Zwangsmittelbeschlusses.
Rechtsanwalt |
MERKE | Bei Nennung eines Mindestbetrags des festzusetzenden Zwangsgeldes im Antrag ist Vorsicht geboten: Nach der Rechtsprechung des BGH gilt es als Teilunterliegen der Gläubigerin, wenn das Gericht einen geringeren als den beantragten Mindestbetrag als Zwangsgeld festsetzt. Dies wirkt sich demnach gemäß § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO zulasten der Gläubigerin in der Kostenentscheidung aus (vgl. BGH VE 15, 97 ‒ zum Ordnungsgeld nach § 890 ZPO). |