· Fachbeitrag · Zwangsversteigerung
Behandlung einer (Auflassungs-)Vormerkung
(BGH 9.5.14, V ZB 123/13, Abruf-Nr. 142172) |
Sachverhalt
Im Teileigentumsgrundbuch des Schuldners S. ist seit dem 20.1.99 eine Auflassungsvormerkung zugunsten des A. und B. eingetragen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft betreibt wegen titulierter Wohngeldansprüche aus dem Jahr 08 die Zwangsversteigerung. Das AG hat im Oktober 10 wegen der Ansprüche der Eigentümergemeinschaft die Zwangsversteigerung aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG angeordnet. Vor dem Versteigerungstermin haben A. und B. mitgeteilt, dass die Teileigentumseinheit am 15.2.13 an sie aufgelassen worden sei und sie ihre Eintragung als Eigentümer beantragt hätten. Die Umschreibung des Eigentums ist nicht erfolgt. Im Versteigerungstermin am 21.2.13 hat das Vollstreckungsgericht die Auflassungsvormerkung nicht in das geringste Gebot aufgenommen. Mit Beschluss vom gleichen Tag ist dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt worden. Die Vormerkung ist im Zuschlagsbeschluss nicht als bestehenbleibendes Recht aufgeführt. Die gegen den Zuschlagsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde des A. und B. ist erfolglos geblieben. Der BGH wies die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurück.
Praxishinweis
Die Entscheidung betrifft einen immer wieder vorkommenden Fall. Sie stärkt die Rechte der Eigentümergemeinschaft im Versteigerungsverfahren gegenüber einem in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Auflassungsvormerkungsberechtigten, dessen Recht bereits vor der Anordnung der Zwangsversteigerung der Eigentümergemeinschaft aus Hausgeldforderungen aus Rangklasse 2 gemäß § 10 Abs. 1 ZVG besteht. Da die Eigentümergemeinschaft aber ihre Rechtsposition aus verschiedenen Rangklassen verfolgen kann, nämlich aus Rangklasse 2, 4 oder 5 gemäß § 10 Abs. 1 ZVG, gilt es hinsichtlich einer eingetragenen Auflassungsvormerkung Folgendes zu beachten:
- Die Auflassungsvormerkung ist in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn sie dem Anspruch des (bestrangig betreibenden) Gläubigers vorgeht (§ 44 Abs. 1 ZVG). Ist dies der Fall, bleibt sie beim Zuschlag bestehen (§ 52 Abs. 1 S. 1 ZVG). Weil der Eigentumserwerb des Erstehers dem Vormerkungsberechtigten gegenüber unwirksam ist (§ 883 Abs. 2 BGB), kann dieser dann den gesicherten Anspruch auf Übertragung des Eigentums trotz des Zuschlags gegenüber dem Ersteher durchsetzen (§ 888 Abs. 1 BGB; BGHZ 46, 124; BGH NJW 96, 3147).
- Dagegen ist die Vormerkung nicht in das geringste Gebot aufzunehmen, wenn sie dem Recht des (bestrangig betreibenden) Gläubigers im Rang nachgeht. Der Vormerkungsberechtigte muss daher den Eigentumserwerb des Erstehers gegen sich gelten lassen, weil die Vormerkung mangels Aufnahme in das geringste Gebot mit dem Zuschlag erlischt (§ 91 Abs. 1, § 52 Abs. 1 S. ZVG). An die Stelle des zuvor durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs tritt der Anspruch auf Wertersatz aus dem Versteigerungserlös (§ 92 Abs. 1 ZVG).
|
Die Eigentümergemeinschaft hat sich wegen ihres persönlichen Anspruchs auf Zahlung von rückständigen Hausgeldforderungen in Höhe von 10.000 EUR im Grundbuch des Schuldners S. in Abteilung III Nr. 2 am 5.8.14 eine Zwangssicherungshypothek eintragen lassen. In Abteilung II Nr. 3 wurde am 10.1.14 eine Auflassungsvormerkung zugunsten des A. eingetragen. Die Eigentümergemeinschaft betreibt die Zwangsversteigerung sowohl aus ihrem dinglichen Anspruch aus Rangklasse 4 gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG, als auch aus ihrem persönlichen Anspruch aus Rangklasse 2 und 5 gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 5 ZVG.
Lösung: Da die Eigentümergemeinschaft aus ihrem Anspruch aus Rangklasse 2 sog. bestrangig betreibender Gläubiger ist, fällt die Auflassungsvormerkung nicht in das geringste Gebot und erlischt mit rechtskräftiger Zuschlagserteilung. |
Achtung | Die zeitliche und summenmäßige Begrenzung des Vorrechts der Eigentümergemeinschaft aus Rangklasse 2 kommt mittelbar auch dem Vormerkungsberechtigten zugute, weil dieser sein Interesse an einem Fortbestehen der Auflassungsvormerkung durch Ablösung der vorrangigen (WEG)Ansprüche wahren kann. Hierzu bestimmt § 268 Abs. 1 S. 1 BGB: Betreibt der Gläubiger (Eigentümergemeinschaft) die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand, ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren (Vormerkungsberechtigter), berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen.
|
Im obigen Beispiel löst der Vormerkungsberechtigte die Eigentümergemeinschaft hinsichtlich ihrer Forderung aus der Rangklasse 2 durch Zahlung ab.
Lösung: Die Ablösung führt dazu, dass der Anspruch der Eigentümergemeinschaft sowohl materiell- als auch verfahrensrechtlich auf den Vormerkungsberechtigten übergeht (§ 268 Abs. 3 S. 1 BGB). Folge: Der Vormerkungsberechtigte übernimmt quasi die Rangklasse 2 und kann das Verfahren aus dieser Position einstellen bzw. aufheben lassen. Die Eigentümergemeinschaft betreibt jetzt nur noch aus den Rangklassen 4 und 5 gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 und 5 ZVG. Diese Rangklassen gehen aber dem Anspruch des Vormerkungsberechtigten im Rang nach. Somit muss die Vormerkung jetzt ins geringste Gebot als bestehen bleibendes Recht aufgenommen und im Falle eines Zuschlags übernommen werden. |