16.08.2024 · IWW-Abrufnummer 243266
Oberlandesgericht Hamm: Urteil vom 27.06.2024 – 18 U 49/23
1. Auch bei Nichtzahlung der Prämie durch den Versicherungsnehmer (§ 92 Abs. 4 HGB) kann sich ein Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters gem. §§ 92 Abs. 2, 87a Abs. 3 S. 1 und 2 HGB ergeben.
2. Bei einem sich mangels Kündigung stets verlängernden Dauerschuldverhältnis lässt sich (im Fall der Kündigung zum Ablauf einer Versicherungsperiode) schon keine (teilweise) Nichtausführung des Geschäfts im Sinne von § 87a Abs. 3 S. 1 HGB annehmen.
3. In Fällen der Nichtverlängerung einer Versicherung nach Vollendung einer Versicherungsperiode besteht grundsätzlich keine Nachbearbeitungsobliegenheit des Versicherers.
Oberlandesgericht Hamm
Die Berufung des Klägers gegen das am 26.1.2023 verkündete Urteil des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2
A.
3
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Provision für das Jahr 2018 wegen eines von ihm vermittelten „Kraftfahrt-Versicherungsvertrags für Autohäuser“ in Anspruch.
4
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Versicherungsvertreter für den Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängerin vermittelte der Kläger einen vom 3.8.2009 datierenden „Kraftfahrt-Versicherungsvertrag für Autohäuser“ (im Folgenden: Vertrag) bei der A Allgemeine Versicherung AG (im Folgenden: A ). Im Vertrag war die B (im Folgenden: B ), die selbst kein Autohaus betrieb und keinen Fuhrpark vorhielt, als Versicherungsnehmerin bezeichnet. Der Vertrag entsprach bezüglich der Beitragsbemessung (anhand der Lohnsummen der Betriebe) einem vom Kläger selbst konzipierten Modell. Umfasst waren eine „Kraftfahrzeughandel- und ‒handwerkversicherung“ sowie eine Kraftfahrzeugversicherung (Ziff. 3.1 und 3.2). Auf dem Deckblatt der Police hieß es, der Vertrag werde mit der B „für“ drei Tochtergesellschaften, nämlich die C GmbH, die Autohaus D & E GmbH und die Autohaus F GmbH, geschlossen. In dem Vertrag heißt es auszugsweise wie folgt:
5
9 Vertragsdauer
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Dieser Vertrag wird für die Zeit vom 01.01.2009, 0,00 Uhr — 01.01.2010, 0,00 Uhr geschlossen und verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn er nicht spätestens einen Monat vor Ablauf schriftlich gekündigt wird.
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Nach Darstellung des Beklagten kam es ‒ in Ausfüllung des vorgenannten mit der B geschlossenen „Rahmenvertrags“ - zu gesonderten inhaltlich entsprechenden „Rahmenverträgen“ mit den genannten Autohäusern, doch stellte die A insoweit ‒ unstreitig ‒ keine gesonderten Versicherungsscheine aus (X-001). Später wurden auch die G Automobile GmbH, die H Automobile GmbH sowie die I & J GmbH in den Vertrag einbezogen. Es existiert (lediglich) ein schriftlicher „Nachtrag 01“ bezüglich der Einbeziehung der G Automobile GmbH (I-439ff.). Die Tochtergesellschaften selbst hielten bei der A weitere Versicherungen zur Abdeckung anderer Risiken.
8
Mit Schreiben vom 26.10.2011 (Anl. K14) wandte sich der Kläger namens der A „Bezirksdirektion K “ an die B . Darin hieß es unter der Überschrift „Einheitliche Kündigungsfristen / Autohauspolice aufgrund VVG-Reform“ auszugsweise wie folgt:
9
„… auf Wunsch unserer Kfz-Abteilung und nach Rücksprache mit dem zuständigen Spartenleiter möchten wir Ihnen mitteilen, dass aufgrund der gültigen VVG-Reform sämtliche Einzelpolicen Ihres Autohauses eine einheitliche Kündigungsfrist (30.9. des jeweiligen Versicherungsjahres) haben. Die Regelung war erforderlich, um auch den Bereich Handel-Handwerk für Sie in die VVG-Notwendigkeit einer einheitlichen Kündigungsfrist einzubinden …
10
Diese Regelung gilt für alle mitversicherten Autohäuser der B -Gruppe:
11
- Autohaus C GmbH
12
…“
13
U.a. wegen erheblicher Regulierungsleistungen an die Autohäuser (auch infolge von Hagelschäden) wünschte die A jedenfalls ab 2017 eine Neufassung des Vertrags mit der B bzw. ‒ aus ihrer Sicht - der Verträge mit den Autohäusern. Nachdem die von der A erbetenen Angaben zum Umfang der Risiken auch über den Kläger nicht zu erhalten waren, kündigte sie mit (bis auf die Versicherungsnummer und die Angabe des Adressaten bzw. „Versicherungsnehmers“) gleichlautenden Schreiben vom 27.09.2017 gegenüber den (mittlerweile) sechs Autohäusern den Vertrag sowie weitere Versicherungen. In der Kündigung gegenüber der C GmbH hieß es auszugsweise wie folgt (Anlage B 5, BI. 108 ff.):
14
„ Kündigung Autohaus Konzept
15
Versicherungsnummer 0X.0X0.X00 00X
16
Großverbindung 0XXXXX
17
Sehr geehrte Damen und Herren,
18
nach den vertraglichen Vereinbarungen können die Versicherungsverträge sowohl vom Versicherungsnehmer als auch vom Versicherer unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftlich zum Ablauf gekündigt werden.
19
Wir kündigen hiermit die Versicherungen, die unter der im Betreff genannten Versicherungsnummer geführt werden.
20
Die Versicherungen enden am 1. Januar 2018 um 12.00 Uhr.
21
…
22
In der Anlage überlassen wir Ihnen eine Aufstellung der betroffenen Einzelverträge.“
23
Die Anlage enthält eine Rubrik mit mehreren Spalten und Zeilen, darin u.a. folgende, auf das jeweilige „Autohaus“ zugeschnittene Angaben, hier bspw. für die C GmbH:
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Versicherungsnehmer … … Sparte VSNR Ablauf
C GmbH Kfz-Rahmenvertrag 0X.0X0.X0000X 01.01.2018
Feuer-Industrie
EC-Sache
…
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Am Freitag, dem 29.9.2017, erklärte die A auch gegenüber der B die Kündigung des Vertrags (darin bezeichnet als „Kfz-Rahmenversicherungsvertrag“) sowie einer gesonderten Betriebshaftpflichtversicherung. Auch in dieser Kündigung hieß es (auszugsweise):
26
„…
27
nach den vertraglichen Vereinbarungen können die Versicherungsverträge sowohl vom Versicherungsnehmer als auch vom Versicherer unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftlich zum Ablauf gekündigt werden.
28
Wir kündigen hiermit die Versicherungen, die unter der im Betreff genannten Versicherungsnummer geführt werden.
29
…“
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Beigefügt war wiederum eine Rubrik u.a. mit der Spalte „Versicherungsnehmer“, unter der nunmehr die B aufgeführt war. Diese ‒ allein von ihrem Mitarbeiter L unterzeichnete - Kündigung versandte die A an eine Fax-Nummer, die jedenfalls auch von der Autohaus M GmbH genutzt wurde. Deren Geschäftsführerin, Frau M-N, war zum damaligen Zeitpunkt zugleich Geschäftsführerin der B . Mit Schreiben vom 15.10.2017 widersprach die B der Kündigung, da sie nicht fristgerecht zugegangen sei und nicht die erforderliche Schriftform aufweise. Die A kündigte unter dem 20.10.2017 den „Kfz-Rahmenvertrag“ erneut, wobei sie eine Kündigungsfrist von 1 Monat reklamierte.
31
Die B erbrachte auf den Vertrag für das Versicherungsjahr 2018 keine Beiträge mehr. Ausweislich eines Schreibens ihrer Anwälte vom 21.12.2017 versicherte sie sich ab dem 1.1.2018 „vorsorglich“ anderweitig, nahm aber die A außergerichtlich wegen möglicher Schäden in Gestalt der im Rahmen der anderen Versicherung vereinbarten höheren Selbstbeteiligung in Anspruch; die A wies diese Ansprüche zurück.
32
Der Beklagte kündigte den Versicherungsvertretervertrag mit dem Kläger zum Ablauf des 31.12.2019.
33
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte schulde ihm die Zahlung des vereinbarten Sonderprovisionssatzes in Höhe von 13,34 % berechnet aus dem Jahresbeitrag 2018 für den Vertrag, der mit 201.579,00 € anzusetzen sei (errechnet aus dem Beitrag für 2017 in Höhe von 183.294,00 € sowie einer Erhöhung um 10 %). Dazu hat er behauptet, zwischen der A und der B sei die zunächst im Vertrag formulierte Kündigungsfrist von einem Monat seit dem Jahr 2012 auf drei Monate verlängert worden. Aufgrund der Übermittlung an einen Fax-Anschluss der Autohaus M GmbH, bei dem es sich nicht um einen solchen der B gehandelt habe, sei die dreimonatige Kündigungsfrist nicht eingehalten worden. Ohnehin sei die Kündigungserklärung gegenüber der B vom 29.09.2017 unwirksam, da sie nicht von einem alleinvertretungsberechtigten Mitarbeiter unterzeichnet worden sei. Der Beklagte müsse sich gem. § 162 BGB so behandeln lassen, als sei die Beitragszahlung erfolgt.
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Der Kläger hat die Existenz eigener Versicherungsverträge der Tochtergesellschaften („Autohäuser“) mit der A ‒ in Ausfüllung des Vertrags - in Abrede gestellt und behauptet, es seien lediglich aus buchungstechnischen Gründen, also zur Aufteilung der Beiträge auf die jeweiligen Autohäuser, „Abrechnungsverträge“ mit ihren Tochtergesellschaften („Autohäusern“) geführt worden.
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Die Höhe der verlangten Provision ergebe sich aus der Provisionsabrechnung 2017. Der Erhöhungsbetrag von 10 % für 2018 leite sich aus Nr. 1.7 des Vertrags ab, da eine Schadensquote von über 80 % vorgelegen habe.
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Wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
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Der Beklagte hat behauptet, mit jedem der versicherten Autohäuser sei ein eigener „Kraftfahrzeug-Versicherungsvertrag“ abgeschlossen worden, der jeweils eine dreimonatige Kündigungsfrist zum Ende der vertraglich vereinbarten Laufzeit enthalten habe. Für den „Kfz-Rahmenvertrag“ (mit der B ) sei es jedoch bei der einmonatigen Kündigungsfrist geblieben. Das Kündigungsschreiben vom 29.09.2017 sei der B auch noch am Freitag, dem 29.9.2017, um 13.52 Uhr und damit rechtzeitig zugegangen, selbst wenn ‒ wie bestritten ‒ eine Kündigungsfrist von drei Monaten vereinbart gewesen sein sollte. Bei der Faxnummer, an welche die Kündigung übermittelt worden sei, habe es sich um einen Anschluss gehandelt, der im Internet als ein solcher der B genannt worden sei. Der Mitarbeiter der A L verfüge über eine Handlungsvollmacht im Sinne des § 54 HGB und sei daher zur (alleinigen) Abgabe der Kündigungserklärung berechtigt gewesen.
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Da die B — unstreitig — keine eigene Kfz-Flotte unterhalte und daher kein gem. dem Vertrag zu versicherndes Risiko habe, sei mit der ‒ unstreitig fristgerechten - Kündigung der mit den Tochtergesellschaften bestehenden Verträge auch das versicherte Interesse der B gemäß § 80 WG weggefallen. Daher sei der etwa mit ihr bestehende Vertrag erloschen. Jedenfalls sei die A berechtigt gewesen, den „Rahmenvertrag“ aufgrund der sieben in 2017 eingetretenen Schadenfälle nach den §§ 111 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 92 Abs. 1 und 2 VVG zu kündigen. Eine ggf. verfristete ordentliche Kündigung sei in eine schadenfallbedingte Kündigung umzudeuten.
39
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt, es gebe keinen Provisionsanspruch, da der „Rahmenversicherungsvertrag“ form- und fristgerecht mit der Kündigung vom 20.10.2017 gegenüber der B zum 1.1.2018 beendet worden sei. Der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis, dass sich die A mit der B im Jahr 2012 auf eine Verlängerung der Kündigungsfrist geeinigt habe, nicht erbracht. Er habe auch nicht nachgewiesen, zu einer Verlängerung der Kündigungsfrist des Vertrags seitens des Versicherers bevollmächtigt gewesen zu sein.
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Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag weiter. Er führt aus, es gebe konkrete Anhaltspunkte für eine unvollständige Tatsachenfeststellung des Landgerichts; ferner sei Sachvortrag übergangen worden, womit gegen § 286 Abs. 1 ZPO verstoßen und sein rechtliches Gehör verletzt worden sei. Die Würdigung der Aussage des Zeugen L durch das Landgericht sei widersprüchlich und lückenhaft. Die Aussage, es habe für jedes Autohaus einen eigenen Versicherungsantrag gegeben, sei ebenso falsch wie die Aussage, der „Rahmenvertrag“ sei nie geändert worden. Dass auch L gewusst habe, dass es nur einen Rahmenvertrag gebe, folge aus der vom Beklagten selbst vorgelegten E-Mail vom 20.2.2020. Der Zeuge C habe bekundet, eine Mitteilung des Klägers (an die B) über die Kündigungsfristverlängerung erhalten und ihr zugestimmt zu haben. Im Übrigen habe das Landgericht verkannt, dass auch die A in Person ihres Mitarbeiters L von der Vereinbarung einer dreimonatigen Kündigungsfrist ausgegangen sei, was sich u.a. dem Kündigungsschreiben vom 29.9.2017 entnehmen lasse. Dass diese Änderung der Kündigungsfrist nicht dokumentiert worden sei, sei unerheblich.
41
Unzutreffend sei auch die Feststellung des Landgerichts, die Aussage des Zeugen C sei unsubstantiiert. Letzterer habe die Mitteilung an die B betr. die Vereinheitlichung von Kündigungsfristen (Anl. K14) „identifiziert“ und ausgesagt, er sei deshalb der Meinung gewesen, die Kündigung sei unwirksam.
42
Auch die Würdigung der Aussage des Zeugen O sei unvollständig und widersprüchlich. O habe schon zu seinem Aufgabenbereich in 2012 anders vorgetragen als der Zeuge Schäfer; die Aussage sei unglaubhaft, auch insoweit, als er bekundet habe, den Kläger nicht zu einer Änderung der Kündigungsfristen ermächtigt zu haben. Diese Bekundung stimme auch nicht mit dem Inhalt des Ergebnisprotokolls vom 5./6.9.2012 überein.
43
Der Kläger bekräftigt seine Auffassung, die B sei alleinige Versicherungsnehmerin des „Rahmenvertrags“ geworden, wozu er auf die Genese dieses Vertrags verweist. Aus der E-Mail des Mitarbeiters/Zeugen L der A vom 14.2.2017 (Anl. WH6) ergebe sich ferner, dass auch die A nur die B als Versicherungsnehmerin angesehen habe. Dem habe es entsprochen, dass die A (ausweislich der Anl. WH7) auch ausschließlich die „Großverbindungs-Rentabilität“ der B („N-Gruppe“) überprüft habe und nicht die der einzelnen Autohäuser. Auch die „Beitragsregulierung“ habe allein auf der Ebene der B stattgefunden.
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Das Schreiben der A vom 26.10.2011 (Anl. K14) an die B stelle die „verbindliche Annahme“ eines seitens der B „bereits vorher unterbreiteten Angebots“ auf Verlängerung der Kündigungsfristen dar. Es sei mithin lediglich klargestellt worden, dass die von der Versicherungsnehmerin gewünschte einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten wunschgemäß umgesetzt werde (II-164).
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Ferner sei davon auszugehen, dass die Nichtzahlung der Prämie in 2018 von der A zu vertreten sei, weil sie sich zu Unrecht auf eine Kündigung der Versicherung berufen habe. Dies stelle eine Störung der Vertragsdurchführung dar.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Essen vom 26.01.2023 (AZ: 43 O 40719) den Beklagten zu verurteilen, an ihn 27.029,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
50
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
51
Auf eine Nachfrage des Senats teilt er mit, es seien von der A stets individuelle Beitragsrechnungen an die einzelnen Autohäuser gestellt worden. Der Grund für die Kündigung der Verträge habe in der fehlenden Rentabilität und darin gelegen, dass der Kläger weder die verlangten Risikoinformationen beigebracht noch sich an Sanierungsverhandlungen beteiligt habe. Über die fehlende Rentabilität sei der Kläger auch rechtzeitig, und zwar seit Juni 2017, informiert worden. Ihm sei zugleich ein Blanko-Risikofragebogen übermittelt worden mit der Aufforderung, diesen „durch die Kundin“ ausfüllen zu lassen. Auch sei er darauf hingewiesen worden, dass die A für die Fortführung des Versicherungsvertrags aus versicherungstechnischen Gründen darauf angewiesen sei, die tatsächlichen Risiken individuell zu kalkulieren.
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Im Übrigen sei § 87a Abs. 3 HGB beim Versicherungsvertreter einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Fortgeltung eines vom Vertreter vermittelten Versicherungsvertrags lediglich dann wegen Verschuldens fingiert werden könne, wenn die Vertragsfortsetzung an organisatorischen Mängeln scheitere.
53
Der Kläger stellt in Abrede, dass die Fortsetzung des Vertrags zu den bisherigen Konditionen zu einem „sicheren wirtschaftlichen Verlust“ der A geführt hätte. Sowohl die Kundenbeziehung zur „B-Gruppe“ als auch zur „P-Gruppe“ sei bei einer Betrachtung über mehrere Jahre hinweg rentabel gewesen. Er, der Kläger, habe die Kunden über mögliche Veränderungen des „Rahmenvertrags“ informiert und ihnen sämtliche Fragebögen zugeleitet. Er habe den damaligen Vorstand der A Dr. Lohmann am 2.10.2017 darauf hingewiesen, dass eine Fortführung des Vertrags „im bestehenden Konzept“ auch mit geänderten Prämiensätzen durchaus möglich sei, um die Kundenverbindung zu sichern. Die A habe jedoch ihrerseits auf einer Konzeptumstellung bestanden, so dass sie die Beendigung der Kundenbeziehung zu verantworten habe. Die seitens der A präferierte Autohauspolice (abgekürzt „A RST“) sehe eine deutlich intransparentere Beitrags-Berechnungsmethode vor. Eine solche Police basiere auf der Umsatzsumme und beinhalte neben den Kfz-Risiken auch die Absicherung der Sachwerte, die jedoch (bereits) Gegenstand eigenständiger Versicherungen gewesen seien (II-286). Warum die Heranziehung der Umsatzsumme im Rahmen der ARST „versicherungstechnisch besser geeignet“ sei, erläutere der Beklagte nicht.
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Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C, O und L. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstatter-Vermerk verwiesen.
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Die Parteien haben mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 3.6.2024 (Beklagter) sowie vom 10.6.2024 (Kläger) u.a. zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen. Die Ausführungen gaben keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 Abs. 1 und 2 ZPO); die Ausführungen des Beklagten enthielten auch keinen neuen Sachvortrag, der zum Nachteil des Klägers verwandt worden ist.
56
B.
57
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
58
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf eine Provision aus dem Vertrag auch für das Jahr 2018 nicht zu.
59
I.
60
Hauptanspruch
61
1.
62
Als Anspruchsgrundlage für den Provisionsanspruch kommen §§ 87, 92 Abs. 3 HGB in Verb. mit den Allgemeinen Vertragsbedingungen (dort Ziff. 7), den Provisions- und Vergütungsbedingungen sowie in Verb. mit § 92 Abs. 4 HGB in Betracht.
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a) Ein etwaiger Provisionsanspruch des Klägers auch für 2018 scheitert allerdings nicht an § 92 Abs. 3 HGB, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat. Denn die Verlängerung der Versicherung für 2018 wäre, wenn sie denn eingetreten wäre, auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführen, weil er die (automatischen) Verlängerungen mit vereinbart hatte (Staub/Emde, HGB, 6. Aufl., § 92 Rn. 136). Auf die Frage, ob sich die Verlängerung lediglich als ein unselbstständiges Element eines einheitlichen, die jeweilige weitere Versicherungsperiode umfassenden Dauerschuldverhältnisses darstellt oder ob sie als eigenständiger Versicherungsvertrag aufzufassen ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
64
b) Doch endete der Vertrag mit Ablauf des 31.12.2017.
65
aa) Diese Beendigung trat allerdings nicht durch die seitens der A gegenüber den Autohäusern ausgesprochenen Kündigungen ein.
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Der Auffassung des Beklagten, es hätten nur Verträge mit den Autohäusern, aber nicht mit der B selbst bestanden, folgt der Senat nicht. Vielmehr hat die B selbst als Versicherungsnehmerin den Vertrag als Versicherung für fremde Rechnung im Sinn des § 43 Abs. 1 VVG (nämlich für Rechnung „ihrer“ Autohäuser) abgeschlossen. Das ergibt sich aus Folgendem:
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(1) Da die B selbst ‒ unstreitig ‒ über keine Kraftfahrzeuge verfügte, ging es (ausschließlich) um die Deckung der in Ziff. 3 und 4 des Vertrags genannten Risiken (im Wesentlichen Kraftfahrthaftpflicht- und Fahrzeugvollversicherung) der „Autohäuser“ und damit „Dritter“.
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Ferner wurde die B im Vertrag und im Nachtrag 01 (Bl. I-91ff. und Bl. I-439 ff.) ausdrücklich als Versicherungsnehmerin bezeichnet ist (der Fettdruck soll erkennbar die beiden Vertragspartner darstellen, die Tochtergesellschaften sind drucktechnisch nicht hervorgehoben). Auch inhaltlich ging es offensichtlich darum, die (kraftfahrtspezifischen) Risiken sämtlicher versicherter Autohäuser gemeinsam gegen eine einheitliche Prämie abzusichern. Dem entspricht es auch, dass die Anlage 1 zum „Kraftfahrt-Versicherungsvertrag für Autohäuser“ („Vereinbarung über die Beitragsregulierung“; bereits Bl. I-101) lediglich die B als Versicherungsnehmerin ausweist. Im Übrigen trägt der Kläger ‒ unwidersprochen - vor, dass diese „Beitragsregulierungen“ stets allein gegenüber der B in einem Betrag vorgenommen worden seien (Bl. II-162).
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Der Umstand, dass ‒ wie der Beklagte behauptet ‒ die A gesonderte Prämienrechnungen an die einzelnen „Autohäuser“ stellte, steht dem nicht entgegen. Zwar ist bei der Versicherung für fremde Rechnung der Versicherungsnehmer auch (alleiniger) Prämienschuldner. Aber die Rechnungstellung an die Versicherten (hier die „Autohäuser“) kann internen Abmachungen entsprechen; ohnehin dürfte der B gegenüber ihren Tochtergesellschaften ein Aufwendungsersatzanspruch in Bezug auf die Prämie zugestanden haben, sollte sie diese selbst gezahlt haben. Unerheblich ist ferner, dass die im Vertrag genannten „Autohäuser“ Schadensfälle der A direkt gemeldet und somit jedenfalls konkludent eigene Ansprüche aus dem Vertrag geltend gemacht haben. Bei einer Versicherung für fremde Rechnung entspricht dies der Rechtslage (§ 44 Abs. 1 VVG); der Vertrag selbst sieht keine abweichende Regelung vor.
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Im Übrigen fehlt es für den Vortrag des Beklagten, es seien ‒ lediglich - „Kraftfahrt-Versicherungsverträge für Autohäuser“ mit den jeweils bezeichneten Tochtergesellschaften zustande gekommen, an der Darlegung entsprechender Sachverhalte. Der Beklagte konnte weder Anträge noch Annahmeerklärungen der „Autohäuser“ vorlegen. Dass bei der A spezifische Vertragsnummern für die einzelnen Autohäuser geführt wurden, die als solche eine Police nicht ersetzen, findet seine Erklärung darin, dass eine Aufteilung der Prämien auf die einzelnen Autohäuser vorgenommen wurde (der Kläger spricht nachvollziehbar von bloßen „Abrechnungsverträgen“). Soweit es in der „Überschrift“ des Vertragsdokuments (unter der Zeile „Kraftfahrt-Versicherungsvertrag für Autohäuser“) „Versicherungsschein-Nummer 0X.0X0.X00 000 ‒ X00 00X“ heißt, deutet dies zwar darauf hin, dass (weitere) Policen ‒ offensichtlich bezüglich der im weiteren Text genannten drei Gesellschaften („Autohäuser“) ‒ erstellt werden sollten. Ob sich aus einer solchen Policierung darauf schließen ließe, dass die „Autohäuser“ selbst als Versicherungsnehmer fungierten, kann aber dahinstehen, weil es unstreitig nicht zur Erstellung entsprechender Dokumente gekommen ist. Die Rechtsauffassung des Beklagten (im Schriftsatz vom 3.6.2024), wonach der Policierung keine konstitutive Bedeutung für eine Versicherung zukomme, trifft zwar zu, steht aber der indiziellen Bedeutung einer erstellten Police für den Vertragsinhalt nicht entgegen. Dem Umstand, dass zwar ein Versicherungsschein über den Vertrag erstellt worden ist, weitere Policierungen (im Verhältnis zu den Autohäusern) aber unterblieben sind, kommt folglich durchaus Bedeutung zu.
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Auch der (neue) Vortrag des Beklagten, die „Dokumentation der Versicherungsverhältnisse“ sei Aufgabe des Klägers gewesen, führt nicht weiter. Gemeint sein kann damit nur eine etwaige Verpflichtung des Klägers, auf eine Policierung hinzuwirken und den Versicherungsschein sodann an den Versicherungsnehmer weiterzuleiten, doch kommt es im hier interessierenden Zusammenhang auf die Qualifikation der B bzw. der Autohäuser als Versicherungsnehmer bzw. als versicherte Personen an, auf die der Kläger als Versicherungsvertreter ohnehin keinen Einfluss hatte.
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Im Übrigen lässt sich auch der Praxis einer Aufteilung der jährlichen Gesamt(-Prämie) in „Autohaus-spezifische“ Beiträge und deren jeweiliger Geltendmachung durch die A gegenüber den einzelnen Autohäusern nicht die Bedeutung der Begründung von Vertragsverhältnissen gegenüber den Autohäusern ‒ und erst recht nicht die stillschweigende Beendigung des Vertrags mit der B ‒ entnehmen.
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(2) Hingegen ist nicht ersichtlich, dass die B den Vertrag (lediglich) in Vertretung ihrer Tochtergesellschaften für diese abgeschlossen hat; für die B als Versicherungsnehmerin streitet insoweit auch die Vermutung des § 43 Abs. 2 VVG. Auch die Auslegungsgrundsätze zum unternehmensbezogenen Handeln, die der Auslegungsregel des § 43 Abs. 2 VVG vorgehen (BGH, Urt. vom 11.12.1996, Az. IV ZR 284/95), führen zu keiner anderen Bewertung. Es besteht kein Anlass für die Annahme, die B sei - als nicht operativ tätige Holding - erkennbar lediglich aufgetreten, um die Tochtergesellschaften beim Abschluss des Vertrags zu vertreten. Denn der Abschluss von Versicherungsverträgen für Tochtergesellschaften ist auch für eine Holding nichts Ungewöhnliches; eine solche Tätigkeit kann durchaus in die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Zuständigkeit einer Holding fallen.
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(3) Letztlich lässt sich auch der Aussage des Zeugen O nicht entnehmen, dass als Versicherungsnehmer der A gegenüber nicht die B, sondern die Tochtergesellschaften („Autohäuser“) fungierten. Zwar bekundete der Zeuge, es habe die hier in Rede stehende Versicherung (anders als die Betriebshaftpflichtversicherung) nur mit den „Autohäusern“ gegeben, und verwies darauf, diese Vertragslage habe sich ihm so in den (elektronischen) Unterlagen der A dargestellt. Selbst wenn die Wahrnehmungen des Zeugen zutreffen, vermag der Senat daraus nicht den Schluss zu ziehen, dass die Autohäuser selbst anstelle der B Versicherungsnehmer der A geworden sind. Es bleibt die Möglichkeit, dass das „System“ in Bezug auf die Frage, wer Versicherungsnehmer der A war, unrichtige Informationen bereitstellte. Dafür spricht insbesondere, dass der Beklagte keine der vom Zeugen erwähnten Anträge oder Policen vorlegen konnte. Auch die Aussage des Zeugen L, wonach ihm Verträge mit den „Autohäusern“ nicht bekannt seien, ist mit der Darstellung des O unvereinbar. Der Zeuge C bekundete ebenfalls eindeutig, es habe keine Police in Bezug auf die Autohaus C GmbH oder andere Autohäuser gegeben, sondern es seien ihnen intern lediglich Kopien des Vertrags mit der B zugeleitet worden. Anhaltspunkte, die gegen die Glaubhaftigkeit dieser Aussage sprachen, ergaben sich nicht. Es bleibt vielmehr die Möglichkeit, dass Mitarbeiter der A die „Autohäuser“ gleichsam als fiktive Versicherungsnehmer in das System einpflegten, um ‒ ggf. systembedingt - zur Erstellung von spezifischen Prämienrechnungen ‒ nach „Aufteilung“ des jeweiligen Gesamtbeitrags nach Vorgaben des Klägers oder sogar über seine Bezirksdirektion - in der Lage zu sein.
75
Von einer Beeidigung des Zeugen O war abzusehen, weil auch unter der Strafandrohung keine andere Aussage des Zeugen zu erwarten war, der offensichtlich keine falschen Fakten präsentieren wollte. Vielmehr wäre er ‒ auf unerkannt unrichtiger Tatsachengrundlage ‒ bei seiner der Rolle der B als Versicherungsnehmerin für fremde Rechnung nicht gerecht werdenden unzutreffenden Bewertung der Rechtslage geblieben.
76
bb) Es ist auch nicht zu einer einvernehmlichen Beendigung des Vertrags zum Ablauf des Jahres 2017 gekommen.
77
Der Beklagte trägt vor, die B habe die Kündigung schließlich akzeptiert, anderen Versicherungsschutz eingedeckt und ‒ unstreitig ‒ für 2018 keine Prämien mehr gezahlt.
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Doch kann dieses Verhalten der B nicht als (stillschweigende) „Zustimmung“ zur Vertragsbeendigung per 31.12.2017 aufgefasst werden. Dem steht bereits entgegen, dass sich die B mit einem anwaltlichen Schreiben vom 21.12.2017 (Anl. BB1, Bl. II-275f.) an die A wandte und Schadensersatzansprüche im Hinblick auf den im Rahmen des anderweitigen Versicherungsschutzes vereinbarten höheren Selbstbehalt geltend machte.
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cc) Doch ist eine Beendigung des Vertrags jedenfalls durch die schriftliche Kündigung seitens der A vom 20.10.2017 (Anl. K7, Bl. I-42) eingetreten. Damit wurde eine Verlängerung des Vertrags über den 31.12.2017 hinaus verhindert.
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(1) Die Kündigung ist nicht deshalb unwirksam, weil sie die Mitteilung enthält, „die Versicherungen“ endeten „am 1. Januar 2018 um 12 Uhr“. Auch wenn dies mit der vorgelegten Vertragspolice nicht übereinstimmt (danach endete das Versicherungsjahr mit Ablauf des 31.12.), so war erkennbar, dass die A den Vertrag „zum Ablauf“ beenden wollte.
81
(2) Es bedarf keiner Beantwortung, ob der Mitarbeiter L der A zum alleinigen Ausspruch der Kündigung am 29.9.2017 berechtigt war, denn auch der Kläger stellt nicht in Abrede, dass die ‒ von Herrn L und Dr. Winkler unterschriebene ‒ Kündigung vom 20.10.2017 in (bestehender) Vollmacht für die A erklärt worden ist.
82
(3) Die Kündigung vom 20.10.2017 hat die B (früher als) einen Monat vor Ablauf des 31.12.2017 und damit gem. der in Ziff. 9, 2. Halbs. des Vertrags vorgesehenen Frist erreicht.
83
Der Kläger hat nicht nachzuweisen vermocht, dass eine Verlängerung der Kündigungsfrist auf drei Monate (zum Jahresende) vereinbart worden ist. Die diesbezügliche Darlegungs- und Beweislast liegt bei ihm, weil die Vertragsurkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründet, was insbesondere auch für den Versicherungsschein gilt (BGH, Urt. vom 18.1.2012, Az. IV ZR 140/09, NJW-RR 2012, S. 723, Rn. 27; Langheid/Rixecker, VVG, 7. Aufl., § 3 VVG Rn. 2).
84
(a) Der Tatbestand einer Vereinbarung mit der B, gerichtet auf eine den Vertrag in Ziff. 9 abändernde Verlängerung der Kündigungsfrist auf drei Monate zum (jeweiligen) Jahresende, ist nicht feststellbar.
85
Zwar liegt es nahe, dass der Kläger bei dem unmittelbar vorangegangenen persönlichen Kontakt mit dem damaligen Leiter der Kfz-Sparte des Versicherers, dem erstinstanzlich vernommenen Q, zur Vereinbarung einer Kündigungsfristverlängerung gegenüber der B wirksam bevollmächtigt worden ist (E-Mail des Klägers vom 18.10.2011 an Schäfer mit einer Gesprächszusammenfassung; Anl. K13, Bl. I-167 erwähnt im Protokoll vom 5.9.2012, Anl. K12, Bl. I-161 ff.).
86
(aa) Gleichwohl lässt sich die Vereinbarung einer solchen Kündigungsfristverlängerung, die gemäß der Darstellung des Klägers in seinem Schriftsatz vom 29.9.2023 nunmehr aufgrund einer Bitte der B auf Verlängerung der Kündigungsfrist und der Annahme dieser Bitte mit Schreiben vom 26.10.2011 (Anl. K 14, Bl. I-168) zustande gekommen sein soll, nicht feststellen. Es fehlt an „Angebot“ und „Annahme“:
87
Der Senat konnte bereits aus der Aussage des Zeugen C, er habe sich (namens der B) mit der Bitte um eine Vereinheitlichung der Kündigungsfristen an den Kläger gewandt, nicht die Überzeugung gewinnen, dass tatsächlich in einem dem § 147 Abs. 2 BGB entsprechenden zeitlichen Vorfeld eine entsprechende Bitte auf Verlängerung der Kündigungsfrist des Vertrags an die A herangetragen worden ist. Es ist eher ungewöhnlich und damit erklärungsbedürftig, dass ein Versicherungsnehmer von sich aus eine Verlängerung von Kündigungsfristen erbittet, es sei denn, er befürchte eine Kündigung (innerhalb der geltenden kurzen Frist) von Seiten des Versicherers. Der Zeuge hat zwar vor dem Senat eine plausible Erklärung für sein ‒ angebliches ‒ Ansinnen vorgebracht, nämlich den Rückzug der Versicherer aus der betreffenden Sparte und Mitteilungen von anderen Geschäftsführern über ihrerseits vereinbarte Fristverlängerungen. Allerdings hat der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht als Begründung für die erbetene Fristverlängerung lediglich eine Vereinfachung seiner Tätigkeit bei der Überwachung der Versicherungen erwähnt (Bl. I-498f.). Dieser Wechsel in der Begründung weckt Zweifel an der Bekundung des Zeugen, an den Kläger eine Bitte auf Kündigungsfristverlängerung herangetragen zu haben. Überdies war der Zeuge auch nicht in der Lage, eine nähere zeitliche Einordnung dieser angeblichen Bitte vorzunehmen.
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Es kommt hinzu, dass sich das Schreiben des Klägers namens der A vom 26.10.2011 auch nicht als (rechtsgeschäftliche) Annahme eines vorangegangenen Antrags der B auf Kündigungsfristverlängerung verstehen lässt. Darin wird die Fristverlängerung vielmehr als gleichsam zwingende Folge der VVG-Reform dargestellt. Ferner ist dem Schreiben inhaltlich jedenfalls kein eindeutiger Bezug zum Vertrag mit der B zu entnehmen, denn es werden dort „Einzelpolicen“ erwähnt, und zwar im Zusammenhang mit „mitversicherten Autohäusern“ und deren konkreter Benennung. Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat nicht die Überzeugung davon zu bilden, dass das Schreiben vom 26.10.2011 überhaupt in einem Zusammenhang mit der ‒ angeblich ‒ zuvor von Herrn C (für die B) geäußerten Bitte um Kündigungsfristverlängerung stand. Dabei ist auch zu beachten, dass der Kläger selbst zur Initiierung der Kündigungsfristverlängerungen zunächst anders vorgetragen hat (nach der Darstellung im Schriftsatz vom 24.2.2021 entsprang es dem Willen des damaligen Leiters der Kfz-Sparte Schäfer, „dass ab sofort eine Kündigungsfrist von 3 Monaten gelten“ solle). Die Gesprächszusammenfassung des Klägers vom 18.10.2011 (Anl. K13, Bl. 167) legt wiederum nahe, dass ‒ vermeintliche ‒ gesetzliche Vorgaben zu einer Vereinheitlichung der Kündigungsfristen verschiedener Versicherungen auf 3 Monate zum Jahresende Anlass gaben. Auch dann kann die Mitteilung vom 26.10.2011, die erkennbar in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gespräch am 18.10.20211 verfasst wurde und ‒ wie vom Kläger selbst vorgetragen ‒ gleichlautend an mehrere Kunden versandt wurde ‒ schwerlich als Annahme eines vorangegangenen Angebots der B auf Kündigungsfristverlängerung verstanden werden.
89
Die Aussage der Zeugin M-N, wonach eine „3 monatige Kündigungsfrist von Herrn C mit der A abgestimmt“ worden sei, sie selbst jedoch „bei diesen Gesprächen nicht dabei“ gewesen sei, ist vom Landgericht zu Recht als „zu unspezifisch“ bezeichnet worden, um darauf allein oder zusammen mit der Bekundung des Zeugen C eine Überzeugung von einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Kündigungsfristverlängerung stützen zu können. Die Zeugen Schäfer, O und L sind der B gegenüber selbst unstreitig nicht in Erscheinung getreten; ihre Aussagen haben in Bezug auf die Vereinbarung einer Kündigungsfristverlängerung mit der B keine entscheidende Bedeutung.
90
Der Senat ist aus den vorgenannten Gründen auch nicht davon überzeugt, dass C und der Kläger die Erklärung vom 26.10.2011 übereinstimmend (im Sinne einer sog. falsa demonstratio) auf den Vertrag mit der B bezogen haben.
91
(bb) Sollte die Mitteilung vom 26.11.2011 ‒ trotz ihres Inhalts als bloße Mitteilung einer bereits infolge der „VVG-Reform“ eingetretenen Fristverlängerung ‒ gleichwohl als an die B gerichtetes Angebot der A auf Fristverlängerung aufzufassen sein, lässt sich eine dann erforderliche Annahmeerklärung der B nicht feststellen. Dass ihr Schweigen ‒ ausnahmsweise ‒ als Zustimmung zu werten wäre, ist weder den vertraglichen Regelungen noch den im kaufmännischen Verkehr geltenden Gepflogenheiten zu entnehmen, wonach Schweigen ebenfalls nur ausnahmsweise Zustimmung bedeutet (Hopt/Leyens, HGB, 43. Aufl., § 346 Rn. 32).
92
Auch der Kläger erwähnt kein Verhalten der B, das als stillschweigende Akzeptanz der mit Schreiben vom 26.11.2011 als gesetzlich angeordnet dargestellten Kündigungsfristverlängerung aufzufassen wäre.
93
(b) Die internen Verlautbarungen der Mitarbeiter bzw. Repräsentanten der A , in denen eine Kündigungsfrist von drei Monaten erwähnt bzw. als vereinbart angesehen wird (z.B. als Anl. K9 und K26 vorgelegte E-Mail L vom 12.7.2017; als Anl. K28, K10, K17 und K29 vorgelegte E-Mails des O vom 6.9.2017 und vom 26.9.2017), vermögen den erforderlichen Tatbestand einer einvernehmlichen Abänderung der Kündigungsfrist im Vertrag nicht zu ersetzen. Das gilt auch für das Kündigungsschreiben der A vom 29.9.2017, in dem sie sich selbst auf eine vertragliche Vereinbarung der vom Kläger behaupteten Frist beruft („können die Versicherungsverträge … auch vom Versicherer unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten schriftlich zum Ablauf gekündigt werden“) sowie für die (tatsächliche) Absendung dieser Kündigung noch am 29.9.2017.
94
Entgegen der Auffassung des Klägers ‒ erneut vorgetragen in seinem Schriftsatz vom 10.6.2024 ‒ kommt es deshalb auch nicht darauf an, ob und inwieweit sich die Aussagen der Zeugen O und L bzw. anderer (ehemaliger) Mitarbeiter der A widersprechen.
95
Abgesehen davon hat der Zeuge L - angesichts der fehlenden Dokumentation - plausibel dargelegt, dass bei der A Unsicherheit über die Länge der Kündigungsfrist geherrscht habe, weshalb man sich dazu entschlossen habe, sicherheitshalber zum 30.9.2017 zu kündigen. Die Angriffe des Klägers gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage gehen fehl. Zwar hat L vor dem Landgericht in Bezug auf den Vertrag (von ihm als „Rahmenvertrag“ bezeichnet) bekundet, es sei „auch kein Nachtrag oder ähnliches dazu abgefasst“ worden, was mit der Existenz des „Nachtrag Nr. 01 vom 20.01.2010 …“ nicht übereinstimmt. Dieser Aussage liegt jedoch erkennbar ein Fehlverständnis des Begriffs „Nachtrag“ zugrunde, denn der Zeuge berichtet davon, dass etwa Anträge „neu gegründete[r] Autohäuser“ „als Annex ... zu dem Rahmenvertrag“ genommen worden seien. Genau ein solcher Vorgang ist Gegenstand des „Nachtrag Nr. 01 …“.
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(4) Der A war es auch nicht verwehrt, gegenüber der B die Kündigung vom 20.10.2017 unter Berufung auf die Fortgeltung der (kurzen) Kündigungsfrist in Ziff. 9 des Vertrags auszusprechen.
97
Allerdings kann eine Rechtsausübung unzulässig sein, wenn sich objektiv das Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens ergibt, weil das frühere Verhalten mit dem späteren sachlich unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hinblick hierauf vorrangig schutzwürdig erscheinen (BGH, Urt. vom 12.7.2016, Az. XI ZR 501/15, NJW 2016, S. 3518, Rn. 20). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht anzunehmen:
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(a) Zwar hat die A mit dem Schreiben des in ihrem Namen auftretenden Klägers vom 26.10.2011, dessen Inhalt sie sich gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss, bezüglich der in diesem Schreiben genannten Versicherungen den Eindruck erweckt, es gelte nunmehr eine Kündigungsfrist bis zum 30.9. eines jeden Versicherungsjahres.
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Doch konnte die B diesem Schreiben bei der im kaufmännischen Verkehr erforderlichen Sorgfalt schon nicht eindeutig entnehmen, dass die Mitteilung auch für den Vertrag (mit der B selbst) Geltung beanspruche. Die Formulierung „sämtliche Einzelpolicen Ihres Autohauses“ und die Aussage, „diese Regelung“ gelte „für alle mitversicherten Autohäuser der B-Gruppe“ ließ Raum für die Annahme, der Vertrag selbst sei davon nicht betroffen, sondern nur diejenigen Versicherungen, die zwischen der A und den im Einzelnen benannten Autohäusern „direkt“ abgeschlossen worden waren (die Formulierung „sämtliche Einzelpolicen Ihres Autohauses“ wurde offensichtlich aus Versehen der Rolle der adressierten B als Holding nicht gerecht und legte deshalb ein Verständnis nahe, wonach es um die „Einzelpolicen“ sämtlicher Gesellschaften der B gehe). Dass die B die Erklärung indes auch auf den (mit ihr bestehenden) Vertrag bezogen und dass der Kläger dies erkannt habe, ist zwar der Bekundung des Zeugen C zu entnehmen, steht aber aus den bereits dargelegten Gründen für den Senat nicht fest.
100
Darüber hinaus ist infolge der ‒ inhaltlich unrichtigen ‒ Erklärung vom 26.10.2011 bei der B auch kein schützenswerter Vertrauenstatbestand eingetreten. Denn die B musste, selbst wenn sie die Erklärung vom 26.10.2011 auf den Vertrag hätte beziehen dürfen und auch bezogen hätte, bis zum Ablauf des 30.9.2017 ohnehin mit der Möglichkeit einer Kündigung seitens der A zum Jahresende rechnen. Spätestens am 4.10.2017 (s. Schreiben der B an den Kläger vom 7.11.2017, Anl. K6, Bl. 40f.) war sie sodann über die Kündigung vom 29.9.2017 unterrichtet und musste fortan, auch wenn sie von deren Unwirksamkeit ausging, mit einer Vertragsbeendigung zum Jahresablauf rechnen. Indes ist nicht ersichtlich, dass die B in der ‒ kurzen ‒ Zwischenzeit Dispositionen traf oder unterließ, die sich auf einen ‒ von der A herbeigeführten - Vertrauenstatbestand gründeten.
101
(b) Auch durch die Kündigungserklärung der A vom 29.9.2017 selbst, die ihrerseits eine Kündigungsfrist von drei Monaten erwähnt, ist auf Seiten der B kein Vertrauenstatbestand hervorgerufen worden. Wiederum ist nicht erkennbar, dass die B in der kurzen Zeit zwischen dem Ablauf des 30.9.2017 und dem Zugang der Kündigungserklärung vom 29.9.2017 am 4.10.2017 irgendwelche Dispositionen traf oder unterließ, weil sie wegen dieser Kündigung auf die darin erwähnte dreimonatige Kündigungsfrist zum Jahresablauf vertraute.
102
dd) Ob eine Beendigung des Vertrags infolge einer Ausübung des Sonderkündigungsrechts gem. §§ 111, 92 Abs. 2 S. 1 VVG oder infolge Interessewegfalls (§ 80 Abs. 2 VVG) eingetreten ist, bedarf angesichts der wirksamen Kündigung mit Ablauf des 31.12.2017 keiner Klärung.
103
2.
104
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe trotz der Beendigung des Vertrags mit Ablauf des 31.12.2017 noch einen Anspruch auf Provision für das Jahr 2018.
105
Auch bei Nichtzahlung der Prämie durch den Versicherungsnehmer (§ 92 Abs. 4 HGB) kann sich allerdings ein Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters gem. §§ 92 Abs. 2, 87a Abs. 3 S. 1 HGB unter den Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 S. 2 HGB ergeben (z.B. Münchener Komm. HGB/Ströbl, 5. Aufl., § 92 Rn. 29). Eine entsprechende Fallgestaltung liegt hier nicht vor:
106
a) Die Vorschrift des § 87a Abs. 3 S. 2 HGB ist auch im Verhältnis zwischen dem Versicherer und seinem Versicherungsvertreter anzuwenden (BGH, Urt. vom 1.12.2010, Az. VIII ZR 310/09; NJW 2011, S. 1590, Rn. 24). Danach entfällt der ansonsten auch bei einer Nichtausführung (Stornierung) des Versicherungsvertrags bestehende Provisionsanspruch nur, wenn und soweit die Stornierung auf Umständen beruht, die der Unternehmer (Versicherer) nicht zu vertreten hat. Dabei kommt es jenseits eines Verschuldens im Sinne der §§ 276, 278 BGB darauf an, ob die Nichtausführung im Risikobereich des Unternehmers liegt (BGH, Urt. vom 23.1.2014, Az. VII ZR 168/13, NJW 2014, S. 930, Rn. 13; Hinweisbeschl. vom 27.9.2023, Az. VII ZR 13/23, ZVertriebsR 2024, S. 166, Rn. 21; Hopt/Hopt, HGB, 43. Aufl., § 87a Rn. 26).
107
b) Es lässt sich jedoch schon keine (teilweise) Nichtausführung des Geschäfts im Sinne von § 87a Abs. 3 S. 1 HGB annehmen. Bei einem sich mangels Kündigung stets verlängernden Dauerschuldverhältnis handelt es sich um eine Aneinanderreihung selbstständiger „Geschäfte“ und nicht um ein einheitliches Geschäft (Evers, ZVertriebsR 2023, S. 10 unter Hinweis auf § 87b Abs. 3 S. 2 HGB; so auch Hopt/Hopt, a.a.O., § 87b Rn. 16, wonach der Handelsvertreter bei einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Dauervertrag mangels anderer Abreden Provision jedenfalls nicht über den jeweils begonnenen Nutzungsabschnitt hinaus erhält; nicht eindeutig Staub/Emde, HGB, 6. Aufl., § 87a Rn. 74).
108
b) Es besteht auch keine Veranlassung, in einer solchen Fallgestaltung der Nichtverlängerung einer Versicherung nach Vollendung einer Versicherungsperiode eine Nachbearbeitungsobliegenheit des Versicherers anzunehmen.
109
Einer solchen durch „Kündigung“ herbeigeführten Nichtverlängerung lagen ‒ auch im vorliegenden Fall - Besonderheiten zugrunde, die keinen Raum für eine Nachbearbeitung im eigentlichen Sinn ließen. Denn der A ging es darum, aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen, nämlich einer aus ihrer Sicht im Hinblick auf die Risiken nicht mehr sachgerechten Prämienbemessung (E-Mails L vom 16.2.2017, Anl. WH4, sowie vom 11.7.2017 mit der Feststellung unter Bezug auf ein „Hagelereignis“ vom 29.5.2017, dass „das bisherige Konzept … nicht fortgeführt werden“ könne), mit der B zu einer jedenfalls bezüglich der Prämienbemessung neuen Versicherung (sog. A RST-Police) zu kommen. Eine „Nachbearbeitung“, die stets das Ziel der Aufrechterhaltung eines bestehenden Vertrags hat, ist in dieser Situation sinnlos.
110
c) Die Annahme einer der (eigentlichen) Nachbearbeitungsobliegenheit entsprechenden Obliegenheit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsvertreter, in einem solchen Fall nunmehr für den Abschluss der gewünschten neuen Versicherung Sorge zu tragen, kommt nach Auffassung des Senats grundsätzlich nicht in Betracht.
111
Der Versicherungsvertreter muss die Entscheidung des Versicherers, einen Vertrag aus wirtschaftlichen Gründen nicht (erneut) zu verlängern, hinnehmen. Anderenfalls träte eine nicht zu rechtfertigende Einengung seines Handlungsspielraums ein. Er bliebe nämlich seinem Vertreter evtl. auf lange Zeit (jedenfalls bis zur Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses) provisionspflichtig, obwohl der Vertrag selbst längst beendet ist und keine Prämien mehr darauf bezahlt werden. Die Entscheidung des Versicherers zur Nichtverlängerung einer Police (über die Vollendung einer Versicherungsperiode hinaus) ist, soweit sie nicht willkürlich, in Schädigungsabsicht getroffen worden oder sonst rechtswidrig ist, auch keiner gerichtlichen Prüfung unterworfen. Für einen solchen Sonderfall ist hier nichts ersichtlich; die Behauptung des Klägers, die Gründe der A für die Nichtverlängerung des Vertrags seien fadenscheinig, genügt insoweit nicht. Seine Behauptung, der Vertrag habe sich durchaus als rentabel erwiesen, ist nicht erheblich, weil er seine (versicherungs-)wirtschaftlichen Erwägungen nicht an die Stelle derjenigen der A setzen darf.
112
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass in der Rechtsprechung oder Kommentierung eine entsprechende Obliegenheit des Versicherers angenommen wird. Sofern eine Nacharbeitung auch in Fällen einer gesetzlich oder vertraglich vorgesehenen Kündigung seitens des Versicherers erörtert wird (z.B. Ebenroth/Boujong/Semmler, 5. Aufl. 2024, HGB § 92 Rn. 20 unter Hinweis auf KG, Beschl. vom 4.6.2021, Az. 2 U 5/18), handelt es sich um Fälle der Beendigung laufender bzw. unbefristeter Verträge. Im Übrigen wird ein Provisionsanspruch des Handelsvertreters für Zeiträume nach der Beendigung von Dauerschuldverhältnissen infolge wirksamer ordentlicher Kündigung seitens des Unternehmers abgelehnt (Staub/Emde, HGB, 6. Aufl., § 87b Rn. 39; Flohr/Wauschkuhn/Fröhlich, Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 87b HGB Rn. 55 m.w.N.). Das muss erst recht für den Fall der Nichtverlängerung von Dauerschuldverhältnissen gelten.
113
d) Selbst wenn auch im Fall einer wirtschaftlich motivierten und nicht justiziablen Entscheidung des Versicherers, einen vom Vertreter vermittelten Vertrag (nach Ablauf einer Versicherungsperiode) nicht zu verlängern, eine Obliegenheit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsvertreter bestünde, ließe sie sich nur mit dem Inhalt annehmen, dem Vertreter die Möglichkeit zu geben, einen an die Stelle des nicht verlängerten Vertrags tretenden neuen Vertrag zu vermitteln.
114
Einer solchen ‒ erweiterten ‒ Nachbearbeitungsobliegenheit hätte die A jedoch genügt. Denn sie hat den Kläger zeitgerecht über ihre Intention der Nichtverlängerung des Vertrags informiert und ihm die Chance gegeben, an dem Zustandekommen einer neuen Versicherung ‒ provisionspflichtig ‒ mitzuwirken.
115
II.
116
Nebenforderungen
117
Da der Kläger die geltend gemachte Provision für 2018 nicht verlangen kann, stehen ihm auch keine (Rechtshängigkeits-)Zinsen zu.
118
C.
119
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
120
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst; die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, eine Befassung des Bundesgerichtshofs ist auch nicht wegen einer Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung veranlasst. Die Anwendung des § 87a Abs. 3 S. 2 HGB (in analoger Anwendung) auf die Nichtverlängerung sich verlängernder Dauerschuldverhältnisse erweist sich als letztlich nicht entscheidungserheblich.