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  • 04.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220293

    Landgericht Berlin: Urteil vom 06.08.2002 – 7 S 6/02

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    LG Berlin
    7. Zivilkammer

    06.08.2002

    Aktenzeichen: 7 S 6/02

    Tenor

    1.    Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. Oktober 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg ‒ Gesch.-Z.: 222 C 207/01 ‒ wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

    2.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Tatbestand

    1

    Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 EGZPO abgesehen.

    Entscheidungsgründe

    2

    Die statthafte und zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

    3

    Der Klägerin stehen ‒ wie das Amtsgericht zu Recht entschieden hat ‒ die gegen die Beklagte geltend gemachten (Folge-)Prämien für den Zeitraum vom 15. September 1999 bis zum 15. September 2000 und vom 15. September 2000 bis zum 15. September 2001 iHv. insgesamt 8.181,80 DM (= 2 x 4.087,90 DM) nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Gebäudeversicherungsvertrag zur Nr.: ... über das Grundstück .../... in ... Berlin iVm. §§ 1 Abs. 2, 35 VVG zu.

    4

    1. Der verlangte Prämienanspruch für den Zeitraum 15. September 1999 bis 15. September 2000 ist nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung erloschen. Denn die Klägerin räumt nunmehr selbst in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 24. Juli 2002 ein, dass die Zahlung entsprechend dem bisherigen Prozessvortrag der Beklagten, bereits am 4. Juli 2001 auf ihrem Konto Nr. ... bei der ... Bank eingegangen ist. Dieser Vortrag bestätigt letztlich die Entscheidung des Amtsgerichts, das zu Recht das pauschale, gegen § 138 Abs. 1 ZPO und die Pflicht zur sorgfältigen Prozessführung verstoßende Bestreiten des Zahlungseingangs durch die Klägerin als unbeachtlich nach § 138 Abs. 3 ZPO behandelt hat.

    5

    2. Auch die für den Zeitraum vom 15. September 2000 bis zum 15. September 2001 verlangte weitere Prämienzahlung ist nicht begründet. Denn der Versicherungsvertrag ist durch die Kündigungserklärung im Schreiben der Hausverwaltung ... GmbH der Beklagten vom 18. April 2000 zum 15. September 2000 wirksam beendet worden. Die Kündigung ist insbesondere nicht nach § 174 S. 1 BGB unwirksam. Denn die Klägerin hat die Kündigung nicht unverzüglich mangels Vollmachtsvorlage zurückgewiesen. Die Kündigung ging am 19. Mai 2000 ‒ einem Freitag ‒ bei der zuständigen Agentur der Klägerin ... und am 22. Mai 2002 ‒ einem Montag ‒ bei ihr selbst ein. Die Zurückweisung erfolgte jedoch erst mit Schreiben vom 25. Mai 2000 ‒ einem Donnerstag ‒, also vier Tage später. Dies ist hier jedoch nicht mehr unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgt (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB).

    6

    Im Falle eines einseitigen Rechtsgeschäfts ist der Erklärungsempfänger nach § 174 BGB gehalten, sich über die Frage, ob er das Rechtsgeschäft wegen mangelnder Vorlage einer Originalvollmachtsurkunde zurückweisen will, unverzüglich zu entscheiden. Die Organisation eines sorgfältigen Versicherungsunternehmens zugrunde gelegt, muss beim Eingang des Kündigungsschreibens bei der Klägerin selbst am 22. Mai 2000 davon ausgegangen werden, dass dieses dem zuständigen Sachbearbeiter noch am gleichen Tage oder aber spätestens am Morgen des nächsten Tages vorlag. Der Sachbearbeiter hätte hier dann ohne weiteres das offensichtliche Fehlen einer Originalvollmacht bei der Kündigung feststellen und nach einer ‒ einfachen ‒ Prüfung, ob ein Zurückweisungsrecht nicht etwa aufgrund einer Kenntnis von der Vollmacht ausgeschlossen ist, kurzfristig noch am gleichen Tage ‒ also dem 22. oder 23. Mai 2000 ‒ entscheiden können und müssen, ob er die Kündigung mangels Vollmachtsvorlage zurückweist. Etwa auf eine komplizierte und aufwendige Sachprüfung, die gegebenenfalls einen längeren Prüfungs- und Entscheidungszeitraum rechtfertigte, kam es hier überhaupt nicht an.

    7

    Dass ihr ohne Verschulden eine Zurückweisung stattdessen frühestens erst am 25. Mai 2000 möglich gewesen sein soll, hat die Klägerin nicht darlegen können. Die Darlegungs- und gegebenenfalls Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Zurückweisung obliegt aber dem Zurückweisenden (z.B. BGH NJW 2001, 220, 221).

    8

    Damit kam es darauf, ob ein Zurückweisungsrecht der Klägerin ‒ wie es das Amtsgericht entschieden hat ‒ nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen ist, nicht mehr an.

    9

    3.    Eine Erklärungsfrist auf den Hinweis der Kammer im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2002, dass die Zurückweisung nicht unverzüglich gewesen ist, war nicht zu gewähren. Etwa die Voraussetzungen des § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO sind nicht gegeben. Denn die Beklagte hatte bereits erstinstanzlich vor allem in ihrem Schriftsatz vom 30. September 2001 die fehlende Unverzüglichkeit unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung eingewandt. Die Klägerin ist darauf auch in ihrer Erwiderung vom 12. Oktober 2001 eingegangen, hat diesen Gesichtspunkt also weder erkennbar übersehen noch für unerheblich gehalten, sondern allein rechtlich falsch gewürdigt, was aber keine weitere Erklärungsfrist rechtfertigt, unabhängig davon, ob die Klägerin nicht auch noch im Termin vor der Kammer hinreichende Gelegenheit zur Äußerung hatte. Auf ihre neuen Anträge im Schriftsatz vom 24. Juli 2002 kam es nicht mehr an. Diese sind nach §§ 261 Abs. 2, 297 ZPO unbeachtlich, da nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt. Weiterer nicht nach § 283 ZPO nachgelassener Sachvortrag im Schriftsatz vom 24. Juli 2002 war ebenfalls nicht zu berücksichtigen Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO war nicht anzuordnen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin oder Verfahrensfehler iSv. § 156 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Notwendigkeit weiterer Erörterungen, die eine Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 1 ZPO gebietet, besteht ebenfalls nicht. Die Revision war nicht nach § 543 ZPO n.F. iVm. § 26 Nr. 7 EGZPO zuzulassen, da die Rechtssache weder eine über diesen Fall hinaus gehende grundsätzliche Bedeutung iSv. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts iSv. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert.

    10

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB, § 174 S. 1 BGB