12.08.2021 · IWW-Abrufnummer 224072
Bundesgerichtshof: Urteil vom 08.07.2021 – I ZR 248/19
a) Die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 8 Abs. 1 VVG durch den Versicherungsnehmer lässt den Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers, auf den wegen einer starken Annäherung an die Stellung eines Versicherungsvertreters nach Treu und Glauben ( § 242 BGB ) der Rechtsgedanke des § 87a Abs. 3 HGB Anwendung findet, entfallen, ohne dass es einer Nachbearbeitung bedarf.
b) Beantragt der Versicherungsnehmer bei dem Versicherungsunternehmen eine Beitragsfreistellung der Lebensversicherung, so besteht im Interesse eines Versicherungsmaklers, auf den wegen einer starken Annäherung an die Stellung eines Versicherungsvertreters nach Treu und Glauben ( § 242 BGB ) der Rechtsgedanke des § 87a Abs. 3 HGB Anwendung findet, eine Pflicht zur Nachbearbeitung. Unterbleibt die rechtzeitige Nachbearbeitung, so bleibt der Provisionsanspruch des Versicherungsmaklers unberührt.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2021 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, die Richter Dr. Löffler, Feddersen, die Richterinnen Dr. Schmaltz und Wille
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 6. Zivilsenat - vom 24. Oktober 2019 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin hinsichtlich des Feststellungsantrags in Höhe von 2.325,91 € nebst Zinsen sowie hinsichtlich des Zahlungsantrags wegen außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 211,93 € nebst Zinsen zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Kammer 4 für Handelssachen - auf die Berufung des Klägers abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Provisionskonto des Klägers zur Vermittlernummer … einen weiteren Betrag in Höhe von 2.325,91 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2016 bis zum Tag der Einstellung der Gutschrift gutzuschreiben hat.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten seiner außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe weiterer 211,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2016 zu erstatten.
Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt: Von den erstund zweitinstanzlichen Kosten tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3. Von den Kosten der Revision tragen der Kläger 3/5 und die Beklagte 2/5.
Tatbestand
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Der Kläger ist Versicherungsmakler. Die Beklagte betreibt einen Maklerpool und stellt angeschlossenen Maklern Produktanbindungen zur Verfügung. Mit dem Kläger schloss die Beklagte unter dem 24. September/5. Oktober 2009 eine Courtagevereinbarung (Anlage K 1) sowie eine Ergänzungsvereinbarung für vordiskontierte Produkte (Anlage K 2). Nach Ziffer 5.1 der Courtagevereinbarung oblag es der Beklagten, das vom Kläger vermittelte Geschäft zu verprovisionieren. Die Beklagte hatte hierüber Rechnung zu legen, wobei die Abrechnung im Rahmen eines Kontokorrentkontos erfolgen sollte (Ziffer 5.2 und 5.3 der Courtagevereinbarung). In Bezug auf vordiskontierte, also vorschüssig geleistete Provisionszahlungen hatten die Parteien in der Ergänzungsvereinbarung bestimmt, dass der Kläger im Falle von Vertragsstörungen Stornogefahrmitteilungen erhält, wozu unter § 4 folgende Vereinbarung getroffen wurde:
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Ab Juni 2016 belastete die Beklagte das Provisionskonto des Klägers mit folgenden Stornierungen, die Lebensversicherungsverträge mit der N. Versicherung betreffen:
AbrechnungVertragBetrag23.06.2016von P.1.196,08 €08.07.2016E.3.110,40 €02.09.2016Dr. S.2.325,91 €
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Stornogefahrmitteilungen erfolgten erst mit mehrmonatigen Verzögerungen. Der Kläger monierte die Stornierungen mit E-Mail vom 4. Oktober 2016 als zu Unrecht erfolgt und forderte die Beklagte zur Gutschrift auf.
4
Der Kläger hat mit seiner Klage - soweit für die Revision von Bedeutung die Feststellung verlangt, dass die Beklagte dem Provisionskonto des Klägers einen Betrag in Höhe von 6.632,39 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2016 gutzuschreiben hat. Ferner hat der Kläger Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 668,19 € nebst Prozesszinsen verlangt.
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Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag hinsichtlich einer Gutschrift in Höhe von 1.196,08 € (Provision im Fall von P. ) nebst ab dem 1. November 2016 laufender Zinsen entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den auf diesen Gutschriftbetrag entfallenden Zinsbeginn auf den 11. Oktober 2016 abgeändert und die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Dezember 2016 verurteilt. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit die Klage in Höhe von 5.436,31 € betreffend die Stornierungen der Provisionen hinsichtlich der Versicherungsnehmer E. und Dr. S. bei der N. Versicherung abgewiesen wurde.
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Der Kläger verfolgt mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, seinen Feststellungsantrag in Höhe von 5.436,31 € nebst Zinsen sowie den auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 466,48 € nebst Prozesszinsen gerichteten Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
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A. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage hinsichtlich der Provisionsgutschriften nur in Höhe von 1.196,08 € (Fall von P. ) für begründet erachtet und zur Abweisung des darüber hinausgehenden Feststellungsantrags (Fälle E. und Dr. S. ) ausgeführt:
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Zwar habe hinsichtlich der vom Kläger vermittelten Versicherungsverträge grundsätzlich eine Nachbearbeitungspflicht bestanden, weil der Kläger als Versicherungsmakler nach § 242 BGB genauso schutzwürdig sei wie ein Versicherungsvertreter, zugunsten dessen im Rahmen des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB eine Nachbearbeitungspflicht bestehe. Im Streitfall fehle es jedoch an einer Pflicht zur Nachbearbeitung der bei der N. Versicherung bestehenden Verträge in den Fällen E. und Dr. S. , nachdem der Widerruf (E. ) und der Antrag auf Beitragsfreistellung (Dr. S. ) erfolgt seien. Der vom Versicherungsnehmer erklärte Widerruf stehe der Annahme einer Nachbearbeitungspflicht des Versicherungsunternehmens entgegen. Ein Versicherungsnehmer, der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch mache, habe Anspruch darauf, von dem Versicherungsunternehmen nicht behelligt zu werden oder Kontaktaufnahmeversuche des Versicherers nicht aktiv abwehren zu müssen. Die Stornierung der Provision hinsichtlich der Versicherungsnehmerin Dr. S. sei infolge der dort von der Versicherungsnehmerin beantragten Beitragsfreistellung ebenfalls zu akzeptieren. Die Beitragsfreistellung beruhe auf einem vorangegangenen Telefonat, das die Notwendigkeit einer Nachbearbeitung entfallen lasse.
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Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten könne der Kläger in Höhe von 201,71 € verlangen. Die Beklagte sei bereits mit Ablauf der in der E-Mail des Klägers vom 4. Oktober 2016 bis zum 10. Oktober 2016 gesetzten Frist in Verzug geraten. Daher sei die Beklagte zum Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten nach einem Gegenstandswert von 1.196,08 € zuzüglich der Auslagenpauschale in Höhe von 20 € und 19% Umsatzsteuer verpflichtet.
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B. Die Revision ist zulässig (dazu B I) und hat in der Sache teilweise Erfolg(dazu B II).
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I. Die Revision ist im Umfang des Revisionsantrags - also auch mit Blick auf den damit geltend gemachten Anspruch auf Zahlung weiterer Kosten der vorgerichtlichen Rechtsanwaltstätigkeit - zulässig.
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1. Allerdings erstreckt sich die Revisionszulassung durch das Berufungsgericht nur auf die Abweisung der Klage in Höhe von 5.436,31 € betreffend die Stornierungen der Provisionen hinsichtlich der Versicherungsnehmer E. und Dr. S. bei der N. Versicherung. Sie erfasst damit nicht den auf diesen Teil des geltend gemachten Feststellungsanspruchs entfallenden Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
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2. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Revisionszulassung ist jedoch unwirksam, so dass die Revision als insgesamt zugelassen anzusehen ist.
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a) Eine auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkte Zulassung der Revision ist zulässig und damit wirksam, wenn der von dieser Beschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch nach einer möglichen Zurückverweisung der Sache kein Widerspruch zum unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann. Allerdings muss es sich dabei nicht um einen eigenen Streitgegenstand handeln und muss der betroffene Teil des Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz nicht teilurteilsfähig sein; zulässig ist auch eine Beschränkung der Revisionszulassung auf einen abtrennbaren Teil eines prozessualen Anspruchs (vgl. BGH, Urteil vom 16. März 2017 - I ZR 39/15 , GRUR 2017, 702 Rn. 17 = WRP 2017, 962 - PC mit Festplatte I; Beschluss vom 21. September 2017 - I ZR 230/16 , ZUM 2018, 182 Rn. 10 = MMR 2018, 310; Beschluss vom 10. April 2018 - VIII ZR 247/17 , WRP 2018, 710 Rn. 20 f.; Urteil vom 31. Oktober 2018 - I ZR 73/17 , GRUR 2019, 82 Rn. 14 = WRP 2019, 68 - Jogginghosen, jeweils mwN).
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b) Nach diesen Maßstäben war die vom Berufungsgericht ausgesprochene Beschränkung der Zulassung der Revision auf die teilweise Abweisung der Klage mit dem Zahlungsantrag nicht wirksam.
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Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung der Revision begründete für den maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung (vgl. BGH, GRUR 2019, 82 [BGH 31.10.2018 - I ZR 73/17] Rn. 15 - Jogginghosen, mwN) die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Danach war es möglich, dass im Falle der Revisionseinlegung durch den Kläger das Revisionsgericht den Feststellungsantrag im vom Berufungsgericht abgewiesenen Umfang als begründet erachtete. In diesem Fall wäre ein Widerspruch zwischen der Entscheidung über den Feststellungsantrag und der Entscheidung über den Antrag auf Zahlung der darauf anteilig entfallenden Kosten vorgerichtlicher Rechtsanwaltstätigkeit entstanden. Die Abweisung des letzteren Anspruchs hat das Berufungsgericht gerade darauf gestützt, dass die mit dem Feststellungsantrag weiterverfolgten Ansprüche in der Hauptsache nicht bestehen.
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II. Die Revision ist nicht begründet, soweit sie sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags in Höhe von 3.110,40 € (Fall E. ) und des darauf entfallenden Anspruchs auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wendet (dazu II 1). Erfolg hat die Revision hingegen, soweit sie die Abweisung des Feststellungsantrags in Höhe von 2.325,91 € (Fall Dr. S. ) und des darauf entfallenden Anspruchs auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten angreift (dazu II 2).
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1. Hinsichtlich der Abweisung des Feststellungsantrags in Höhe von 3.110,40 € (Fall E. ) und des darauf entfallenden Anspruchs auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bleibt die Revision ohne Erfolg.
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a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, in der Rechtsprechung und Literatur werde die Auffassung vertreten, eine Pflicht zur Nachbearbeitung oder zur Versendung einer Stornogefahrmitteilung im Falle notleidender Versicherungsverträge könne sich unter bestimmten Umständen aus § 87a Abs. 3 HGB analog ergeben, wenn der Versicherungsmakler im Einzelfall genauso schutzwürdig sei wie ein Versicherungsvertreter. Unabhängig von der Frage der Analogiefähigkeit des § 87a Abs. 3 HGB sei anerkannt, dass sich im Einzelfall aus Treu und Glauben ( § 242 BGB ) eine gegenüber dem Versicherungsmakler bestehende Nachbearbeitungspflicht des Versicherers ergeben könne. Im Streitfall spreche für die einem Handelsvertreter vergleichbare Schutzbedürftigkeit des Klägers, dass er laufend Courtagevorschüsse für die von ihm vermittelten Versicherungsverträge erhalten habe, dass er durch die Vertragsabwicklung über die Beklagte in deren Organisationsstruktur eingebunden gewesen sei und dass er regelmäßig Stornogefahrmitteilungen von der Beklagten erhalten habe. Hinzu komme, dass die Beklagte auch ein Agenturkonto für den Kläger geführt habe. Für die Schutzbedürftigkeit des Klägers sei es unerheblich, dass die Beklagte kein Versicherer, sondern zwischen den Kläger als Makler und die Versicherungsunternehmen "zwischengeschaltet" sei. Es entspreche ferner der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass ein Versicherer, der sich zur Versendung einer Stornogefahrmitteilung entschließe, diese so rechtzeitig versenden müsse, dass der Vertreter sich sinnvoll und mit Aussicht auf Erfolg um eine Rettung des Vertrags bemühen könne.
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Der vom Versicherungsnehmer E. erklärte Widerruf stehe allerdings der Annahme einer Nachbearbeitungspflicht des Versicherungsunternehmens entgegen. Ein Versicherungsnehmer, der von seinem Widerrufsrecht Gebrauch mache, habe Anspruch darauf, von dem Versicherungsunternehmen nicht behelligt zu werden oder Kontaktaufnahmeversuche des Versicherers nicht aktiv abwehren zu müssen.
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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
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b) Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen eines aus Ziffer 5.5 der Courtagevereinbarung und § 4 Abs. 7 der Ergänzungsvereinbarung folgenden vertraglichen Anspruchs der Beklagten auf Rückzahlung der vorschüssig geleisteten Provisionen insoweit vorliegen, als der Versicherungsnehmer E. den Versicherungsvertrag widerrufen hat.
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c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts hat weiter Bestand, soweit es angenommen hat, der Kläger sei nach Treu und Glauben ( § 242 BGB ) ebenso schutzbedürftig wie ein Versicherungsvertreter, so dass der Provisionsanspruch des Klägers nach dem Rechtsgedanken des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB nur entfalle, wenn die Nichtausführung der vermittelten Geschäfte auf Umständen beruhe, die von der Beklagten nicht zu vertreten seien. Die von der Revisionserwiderung gegen diese Beurteilung erhobene Gegenrüge bleibt ohne Erfolg.
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aa) Die Revisionserwiderung macht ohne Erfolg geltend, § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB sei im Streitfall nicht analog anwendbar. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob im Streitfall § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB analog anzuwenden sei, ausdrücklich offengelassen.
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bb) Die Revisionserwiderung wendet sich auch erfolglos gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger sei nach Treu und Glauben ( § 242 BGB ) in gleicher Weise schutzwürdig wie ein Handelsvertreter, so dass im Streitfall grundsätzlich eine Pflicht der Beklagten zur Nachbearbeitung der vom Kläger vermittelten Versicherungsverträge durch Übersendung von Stornogefahrmitteilungen bestanden habe.
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(1) Nach § 87a Abs. 3 Satz 1 HGB hat der Handelsvertreter auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB bestimmt, dass der Anspruch im Falle der Nichtausführung entfällt, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Ein Versicherungsunternehmen hat die Nichtausführung (Stornierung) eines Versicherungsvertrags nicht zu vertreten, wenn es notleidende Verträge in gebotenem Umfang nachbearbeitet hat. Art und Umfang der dem Versicherungsunternehmen obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann freilich nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - VII ZR 130/11 , NJW 2012, 3305 Rn. 15 mwN; MünchKomm.HGB/Ströbl, 5. Aufl., § 92 Rn. 30 bis 33; Staub/Emde, HGB, 5. Aufl., § 87a Rn. 78 und § 92 Rn. 12; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 92 Rn. 22).
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(2) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass - unabhängig von der vom Bundesgerichtshof offengelassenen Frage, ob § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB analog auf einen Versicherungsmakler angewendet werden kann - sich aus § 242 BGB oder einer hieran orientierten Vertragsauslegung die Pflicht des Versicherers zur Nachbearbeitung von durch einen Versicherungsmakler vermittelten notleidenden Versicherungsverträgen ergeben kann, wie sie im Falle des Versicherungsvertreters grundsätzlich besteht. Verletzt der Versicherer in einem solchen Fall die Pflicht zur Nachbearbeitung, bleibt der Courtageanspruch des Versicherungsmaklers auch bei Nichtausführung des Geschäfts bestehen. Die in diesem Zusammenhang vorzunehmende Beurteilung richtet sich nach den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls und entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung ( BGH, Urteil vom 1. Dezember 2010 - VIII ZR 310/09 , NJW 2011, 1590 Rn. 17). Gesichtspunkte, die aufgrund einer starken Annäherung an die Stellung eines Versicherungsvertreters nach Treu und Glauben ( § 242 BGB ) für die Annahme der besonderen Schutzbedürftigkeit des Versicherungsmaklers sprechen können, sind etwa die Zahlung laufender Courtagevorschüsse für vermittelte Versicherungsverträge, die Einbindung in die Organisationsstruktur, die Zahlung von Organisationszuschüssen oder von Bestandspflegegeld und die regelmäßige Versendung von Stornomitteilungen (vgl. BGH, NJW 2011, 1590 Rn. 18).
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Die im Einzelfall vorzunehmende wertende Betrachtung der Gesamtumstände unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB obliegt in erster Linie dem Tatgericht und kann vom Revisionsgericht nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob das Tatgericht die maßgeblichen Tatsachen vollständig festgestellt und gewürdigt und ob es die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (vgl. BGH, NJW 2011, 1590 [BGH 01.12.2010 - VIII ZR 310/09] Rn. 17 mwN). Einen in diesem Sinne beachtlichen Rechtsfehler zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
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(3) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, der Pflichtenkreis der Beklagten beschränke sich auf die Bereitstellung von Daten und Informationen, weshalb es den jeweiligen Vertragspartnern der Beklagten auch uneingeschränkt möglich sei, für andere Auftraggeber tätig zu werden, nimmt sie lediglich eine von der Würdigung des Berufungsgerichts abweichende Würdigung des Vertragsinhalts vor. Es ist vor dem Hintergrund der Würdigung des Vertragsinhalts durch das Berufungsgericht aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht keine weiteren Feststellungen zu einer - von der Revisionserwiderung in Abrede gestellten - wirtschaftlichen Abhängigkeit des Klägers getroffen hat.
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(4) Soweit die Revisionserwiderung geltend macht, im Streitfall könne aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien keine hinreichende Einbindung des Klägers in den Geschäftsbetrieb der Beklagten angenommen werden, setzt sie erneut ihre eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Rechtsfehler aufzuzeigen.
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(5) Der auf § 242 BGB beruhenden Annahme einer aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit des Klägers grundsätzlich bestehenden Nachbearbeitungspflicht der Beklagten steht auch nicht der Umstand entgegen, dass es sich bei der Beklagten nicht um ein Versicherungsunternehmen, sondern um einen Maklerpool handelt, der den angeschlossenen Maklern Produktanbindungen zur Verfügung stellt. Die Annahme einer Nachbearbeitungspflicht in einem in dieser Weise gestuften Vermittlungsverhältnis, das in seiner Ausgestaltung handelsvertreterrechtliche Züge trägt, entspricht Treu und Glauben (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2016, 1315, 1318 f. [OLG Saarbrücken 20.01.2016 - 5 U 286/11-38] [juris Rn. 64 bis 66]), weil sie mit den Wertungen des Handelsvertreterrechts übereinstimmt.
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Unternehmer im Sinne des § 87a HGB ist im Falle der Untervertretung grundsätzlich nicht der Hauptvertreter, sondern der Auftraggeber des Hauptvertreters (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1984 - I ZR 62/82 , BGHZ 91, 370, 374 [juris Rn. 12]; Urteil vom 5. März 2008 - VIII ZR 31/07 , WM 2008, 923 Rn. 13). Bei der Prüfung, ob der Provisionsanspruch des Untervertreters im Falle der Nichtausführung eines Versicherungsvertrags gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB entfällt, weil die Nichtausführung auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat, ist daher zunächst nach einem Vertretenmüssen des Versicherungsunternehmens zu fragen, dem mithin die im Falle der Vermittlung von Versicherungsverträgen erforderliche Nachbearbeitung obliegt. Delegiert das Versicherungsunternehmen die Nachbearbeitung an den Versicherungsvertreter, hat es diesen durch Übersendung von Stornogefahrmitteilungen über die Gefahr zu informieren, dass Versicherungsverträge notleidend werden (vgl. BGH, NJW 2012, 3305 [BGH 28.06.2012 - VII ZR 130/11] Rn. 18 f. mwN). Hat das Versicherungsunternehmen die Nachbearbeitung an den Hauptvertreter delegiert, obliegt im Verhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter dem Hauptvertreter die Pflicht zur Nachbearbeitung (vgl. Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 92 Rn. 21; Staub/Emde aaO § 92 Rn. 12; Sperling in Flohr/Wauschkuhn,Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 92 Rn. 42). Hat der Hauptvertreter die Nichtausführung des Geschäfts zu vertreten, weil er die ihm gegenüber dem Untervertreter obliegende Pflicht zur Nachbearbeitung verletzt hat, findet § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB deshalb mit der Folge entsprechende Anwendung, dass der Provisionsanspruch des Untervertreters erhalten bleibt (vgl. OLG Köln, VersR 2006, 71 [OLG Köln 09.09.2005 - 19 U 174/04] [juris Rn. 7]; Staub/Emde aaO § 87a Rn. 82; MünchKomm.HGB/Ströbl aaO § 87a Rn. 57; Emde, EwiR 2008, 559, 560). Diese Grundsätze gelten entsprechend in der vorliegenden Fallkonstellation.
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(6) Die Annahme einer Pflicht der Beklagten zur Nachbearbeitung in Form der Übersendung von Stornogefahrmitteilungen entspricht auch der zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarung. Nach § 4 Abs. 5 der Ergänzungsvereinbarung ist die Beklagte zur unverzüglichen Weiterleitung von Stornogefahrmitteilungen verpflichtet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die N. Versicherung der Beklagten die Stornogefahrmitteilungen stets unverzüglich übersandt.
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d) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass infolge des vom Versicherungsnehmer E. nach § 8 VVG erklärten Widerrufs keine Pflicht zur Nachbearbeitung bestanden habe.
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aa) Eine Pflicht des Unternehmers zur Nachbearbeitung von Verträgen, die ein Handelsvertreter vermittelt hat, besteht nur hinsichtlich solcher der Nichtausführung des Vertrags zugrundeliegenden Umstände, die der Unternehmer im Sinne des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB zu vertreten hat. Hierzu zählen nicht nur die Rechtsgründe, die unmittelbar zur Beendigung des Vertrags zwischen dem Unternehmer und dem Dritten geführt haben, sondern alle vom Unternehmer zu vertretenden rechtlichen und tatsächlichen Umstände, auf denen die Nichtausführung des Vertrags beruht ( EuGH, Urteil vom 17. Mai 2017 - C-48/16 , IHR 2017, 258 Rn. 61).
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Zu vertreten im Sinne des § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB hat der Unternehmer die Umstände, auf denen die Nichtausführung des Geschäfts beruht, nicht nur, wenn ihm oder seinen Erfüllungsgehilfen insoweit persönliches Verschulden zur Last fällt ( §§ 276 , 278 BGB ), sondern darüber hinaus auch dann, wenn sie seinem unternehmerischen oder betrieblichen Risikobereich zuzuordnen sind oder auf einem übernommenen Risiko beruhen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 168/13 , NJW 2014, 930 Rn. 13; Urteil vom 1. Juni 2017 - VII ZR 277/15 , NJW 2017, 3521 Rn. 54; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 87a Rn. 24; Oetker/Busche, HGB, 7. Aufl., § 87a Rn. 22; Staub/Emde aaO § 87a Rn. 77, jeweils mwN). Bei der Festlegung des Pflichtenkreises des Unternehmers ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter angemessener Berücksichtigung wirtschaftlicher Gegebenheiten geboten (vgl. BGH, NJW 2014, 930 Rn. 13 mwN).
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Nicht vom Unternehmer zu vertreten sind etwa unvorhersehbare Betriebsstörungen und rechtswidrige hoheitliche Eingriffe (vgl. BGH, NJW 2017, 3521 [BGH 01.06.2017 - VII ZR 277/15] Rn. 54). Die Ausübung eines im vermittelten Vertrag vorgesehenen Rücktrittsrechts des Unternehmers hat dieser ebenfalls nicht zu vertreten, sofern er nicht für das Eintreten der Voraussetzungen des Rücktrittsrechts Verantwortung trägt (BGH, NJW 2014, 930 [BGH 23.01.2014 - VII ZR 168/13] Rn. 15 bis 17). Führt hingegen vertragswidriges Verhalten des Unternehmers dazu, dass der Kunde vom Vertrag zurücktritt, so hat dies der Unternehmer zu vertreten (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1972 - VII ZR 300/69 , BGHZ 58, 140, 142 f. [juris Rn. 20]; MünchKomm.HGB/Ströbl aaO § 87a Rn. 58); Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 87a Rn. 24).
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bb) Nach diesen Grundsätzen stellt die Ausübung des Widerrufsrechts des Versicherungsnehmers nach § 8 Abs. 1 VVG keinen Umstand dar, den derjenige zu vertreten hat, dem grundsätzlich die Nachbearbeitung obliegt. Im Streitfall hat folglich die Beklagte im Verhältnis zum Kläger die Ausübung des Widerrufsrechts durch den Versicherungsnehmer E. nicht zu vertreten.
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(1) Nach § 8 Abs. 1 VVG kann der Versicherungsnehmer seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Begründung in Textform widerrufen. Diese Vorschrift räumt dem Versicherungsnehmer ein Recht zum Widerruf ohne sachlichen Grund auch für den Fall ein, dass er bereits anhand der nach § 7 VVG zur Verfügung gestellten Unterlagen eine informierte Entscheidung über den Vertragsschluss treffen konnte (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl., § 8 Rn. 1; MünchKomm.VVG/Eberhardt, 2. Aufl., § 8 Rn. 1). Die Vorgängerregelung des § 5a VVG aF machte das Widerspruchsrecht des Versicherungsnehmers noch davon abhängig, dass es bei Antragstellung an einer Bereitstellung der erforderlichen Informationen fehlte.
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Die Ausübung eines solchen allgemeinen Widerrufsrechts durch den Versicherungsnehmer kann nicht der nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB vom Unternehmer zu verantwortenden Risikosphäre zugeordnet werden (zu § 5a und § 8 Abs. 4 VVG aF vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993, 1274 [OLG Karlsruhe 11.05.1993 - 3 U 30/92] ; OLG Celle, OLGR 2001, 267 [juris Rn. 10]; OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Mai 2009 - 3 U 20/09 , juris Rn. 51; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 87a Rn. 31; Staub/Emde aaO § 87a Rn. 79; MünchKomm.HGB/Ströbl aaO § 87a Rn. 59 und § 92 Rn. 32; aA OLG Köln, Urteil vom 2. Juli 2010 - 19 U 2/10 , juris Rn. 70; OLG München, VersR 2019, 941 [juris Rn. 45]; Oetker/Busche aaO § 92 Rn. 7). Der Versicherungsvertrag ist gleichsam mit der Belastung des gesetzlichen Widerrufsrechts vermittelt worden, die sich durch die Widerrufserklärung verwirklicht, für deren Vornahme der Unternehmer keine Verantwortung trägt. Es liegt vielmehr in der alleinigen Entscheidung des Versicherungsnehmers, sich durch Ausübung des Widerrufsrechts vom Vertrag zu lösen. Diese Entscheidung hat der Unternehmer auch unter Berücksichtigung seiner Pflicht zu respektieren, die Interessen des Vermittlers und insbesondere dessen Provisionsinteresse zu wahren.
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(2) Ohne Erfolg verweist die Revision darauf, dass der Widerruf nach § 8 VVG den Versicherungsvertrag nicht ex tunc vernichte, sondern ihn in ein Abwicklungsschuldverhältnis umwandle, so dass durchaus ein Vertrag mit entsprechenden Nachbearbeitungspflichten vermittelt worden sei. Insoweit verhalte es sich anders als nach § 5a VVG aF, weil nach dieser Vorgängerregelung bei Ausübung des Widerrufs von einer rückwirkenden Unwirksamkeit des Versicherungsvertrags auszugehen gewesen sei, weshalb auch die hierzu ergangene Rechtsprechung nicht mehr anwendbar sei.
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Der von der Revision zutreffend (vgl. einerseits Prölss in Martin/Prölss, VVG, 27. Aufl., § 5a Rn. 10 mwN; andererseits MünchKomm.VVG/Eberhardt aaO § 8 Rn. 5) aufgezeigte Unterschied in der rechtstechnischen Gestaltung des Widerrufs nach altem und neuem Recht berührt die wertende Zuordnung des Widerrufsrechts zu den nicht vom Unternehmer zu vertretenden Vertragsrisiken nicht. Insbesondere verbleibt es auch nach der Regelung in § 8 VVG dabei, dass sich mit dem Widerruf ein im Vertrag angelegtes Recht des Versicherungsnehmers zur Lösung vom Vertrag verwirklicht, für dessen Ausübung der Unternehmer auch mit Blick auf seine gegenüber dem Vermittler bestehende Fürsorgepflicht keine Verantwortung trägt.
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(3) Die Revision verweist ohne Erfolg auf Fälle der Kündigung bestehender Versicherungsverträge durch Versicherungsnehmer, in denen die Rechtsprechung eine Nachbearbeitung als erforderlich angesehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1987 - I ZR 3/86 , NJW-RR 1988, 546 f. [juris Rn. 23]; OLG Celle, OLGR 2001, 267 [juris Rn. 17]; OLG Brandenburg, Urteil vom 20. Mai 2009 - 3 U 20/09 , juris Rn. 46 f.).
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Die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 8 VVG im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss stellt gegenüber der Kündigung durch den Versicherungsnehmer einen Sonderfall dar. Das dem Versicherungsnehmer eingeräumte Recht zur ordentlichen Kündigung trägt dem Erfordernis Rechnung, im Laufe des Vertragsverhältnisses auf veränderte tatsächliche Umstände - etwa eine verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit oder das Entfallen des versicherten Risikos - reagieren zu können (zu § 11 Abs. 2 VVG vgl. BeckOK.VVG/Filthuth, 10. Edition [Stand: 1. Februar 2021], § 11 vor Rn. 1; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl., § 11 Rn. 1; zur Lebensversicherung vgl. MünchKomm.VVG/Mönnich aaO § 168 Rn. 1). In dieser Konstellation des bereits in Durchführung befindlichen Vertragsverhältnisses kommt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung der Fürsorgepflicht des Versicherungsunternehmens, das Provisionsinteresse des Vermittlers zu wahren, erheblich größeres Gewicht zu als im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts nach § 8 VVG im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsschluss, bei der es an einer Vertragsdurchführung regelmäßig noch fehlt.
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2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht hingegen den geltend gemachten Feststellungsanspruch in Höhe von 2.325,91 € (Fall Dr. S. ) verneint, so dass auch die Abweisung des darauf entfallenden Anspruchs auf Zahlung weiterer Kosten vorgerichtlicher Anwaltstätigkeit keinen Bestand hat.
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a) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, hinsichtlich des Versicherungsvertrags der Versicherungsnehmerin Dr. S. bestehe infolge der von der Versicherungsnehmerin beantragten Beitragsfreistellung keine Pflicht zur Nachbearbeitung, so dass die Stornierung der Provision vom Kläger ebenfalls zu akzeptieren sei. Die Beitragsfreistellung beruhe zudem auf einem vorangegangenen Telefonat, das die Notwendigkeit einer Nachbearbeitung entfallen lasse.
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Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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b) In Anwendung der vorstehend ausgeführten Maßstäbe (Rn. 34) ist im Falle des Antrags eines Versicherungsnehmers auf Beitragsfreistellung entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine Nachbearbeitung zu verlangen (vgl. BGH, NJW-RR 1988, 546 f. [BGH 12.11.1987 - I ZR 3/86] [juris Rn. 12, 13 und 23]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Mai 2014 - I-16 U 133/13 , juris Rn. 42). Einem solchen Antrag wird regelmäßig zugrunde liegen, dass der Versicherungsnehmer aufgrund geänderter wirtschaftlicher Verhältnisse von der Prämienzahlung Abstand nehmen möchte. Auch wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden grundsätzlich nicht zu dem vom Versicherungsunternehmen zu verantwortenden Risikobereich zählen, gehören im Falle des Antrags auf Beitragsfreistellung Bemühungen des Unternehmens um die weitere - gegebenenfalls an die veränderten Umstände angepasste - Durchführung des Vertrags mit Blick auf die gegenüber dem Vermittler bestehende Interessenwahrungspflicht durchaus zum vom Unternehmer zu verantwortenden Pflichtenprogramm.
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c) Die Annahme des Berufungsgerichts, einer weiteren Nachbearbeitung habe es angesichts des vor dem schriftlichen Antrag der Versicherungsnehmerin geführten Telefonats nicht bedurft, wird von den zugrundeliegenden Feststellungen nicht getragen. Feststellungen zum Inhalt des Telefonats sind nicht getroffen, insbesondere dazu, aufgrund welcher Angaben im Einzelnen davon auszugehen war, dass es einer Nachbearbeitung nicht mehr bedurfte oder dass diese von vornherein aussichtslos war (dazu vgl. BAGE 20, 123 [BAG 25.10.1967 - 3 AZR 453/66] [juris Rn. 29 bis 33]; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Mai 2014 - I-16 U 133/13 , juris Rn. 29).
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III. Danach ist das angegriffene Urteil unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als darin hinsichtlich des Feststellungsantrags in Höhe von 2.325,91 € nebst Zinsen sowie hinsichtlich des Zahlungsantrags wegen außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 211,93 € nebst Zinsen zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Der Senat hat insoweit in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist ( § 563 Abs. 3 ZPO ). Es sind keine weiteren Feststellungen zu Umständen zu erwarten, die eine Pflicht der Beklagten zur Nachbearbeitung entfallen ließen. Die Revisionserwiderung zeigt keinen vom Berufungsgericht insoweit übergangenen Vortrag auf. Mithin ist zugrunde zu legen, dass die Beklagte ihre Nachbearbeitungspflicht im Fall Dr. S. verletzt hat und der Provisionsanspruch des Klägers nicht entfallen ist, so dass der darauf gerichtete Feststellungsanspruch ebenso wie der aus §§ 286 , 288 BGB folgende Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe weiterer 211,93 € nebst Zinsen begründet sind. Im Umfang der Aufhebung hat die Berufung des Klägers mithin Erfolg und ist der Klage stattzugeben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO .
Koch
Löffler
Feddersen
Schmaltz
Wille
Von Rechts wegen