04.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246269
Oberlandesgericht München: Urteil vom 24.10.2024 – 23 U 3874/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht München, Urteil vom 24.10.2024, Az. 23 U 3874/22
1.
Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Teilurteil des Landgerichts München I vom 24.05.2022, Az. 33 O 3122/21 (2) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.1.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen vollständigen Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis 26.04.2022 über alle Verträge, die in dem Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 provisionsrelevant waren oder bei denen Streit darüber besteht, ob sie provisionsrelevant waren, zu erteilen, wobei der Buchauszug mindestens folgende Angaben für alle Verträge in geordneter Zusammenstellung zu enthalten hat:
1.1.1.
Name und Anschrift des Kunden
1.1.2.
Antragsdatum
1.1.3.
Policierungsdatum / Datum der Annahme des Geschäfts
1.1.4.
Versicherungsscheinnummer bzw. Vertragsnummer
1.1.5.
Art und Inhalt des Vertrags (Sparte, Tarifart, provisionsrelevante Vereinbarungen)
1.1.6.
Versicherungsbeitrag
1.1.7.
Versicherungsbeginn / Vertragsbeginn
1.1.8.
Bei Lebensversicherungsverträgen: Laufzeit des Vertrags, ggf. der Verlängerung
1.1.9.
Nettojahresprämie (Höhe, Fälligkeit und Zahlungsweise, Tag des Eingangs der Prämie)
1.1.10.
Im Falle der Stornierung:
1.1.10.1. Datum der Stornierung
1.1.10.2. Gründe für die Stornierung
1.1.10.3. Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
1.1.11.
Geburtsdatum bei Lebensversicherungsverträgen
1.1.12.
Prämienrelevante Sondervereinbarungen
1.1.13.
Versicherungssumme
1.1.14.
Aufschubzeit
1.1.15.
Abweichungen vom Regelprämiensatz
1.1.16.
Dynamisierung des Vertrages:
1.1.16.1. Erhöhung der Jahresprämie
1.1.16.2. Bewertete Versicherungsprämie
1.1.16.3. Erhöhung der Versicherungssumme
1.1.16.4. Zeitpunkt der Erhöhung
1.1.16.5. Anpassungszeitraum
1.1.16.6. Steigerungssatz
1.1.16.7. Ggf. Aussetzungszeiträume
1.2.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche ursprünglich von dem Beklagten an den Kläger vermittelten Verträge nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages der Parteien in der Stornohaftungszeit durch die Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt worden sind, bei denen der jeweilige Kunde im Anschluss an die Kündigung oder Beitragseinschränkung einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche versicherte Risiko oder Produkt bei den Gesellschaften der (...)-Versicherungsgruppe abgeschlossen hat, und hierbei insbesondere Folgendes anzugeben:
1.2.1.
Name und Anschrift des Kunden
1.2.2.
Art und Inhalt des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
1.2.3.
Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
1.2.4.
Datum der Wirksamkeit der Kündigung oder Beitragsreduzierung
1.2.5.
Im Falle der Beitragsreduzierung Höhe der Beitragsreduzierung
2.
Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3. Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer I. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Jede Partei kann die Vollstreckung gegen sich wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils durch sie beizutreibenden Betrags erbringt.
4.
Die Revision wird zugunsten der Beklagten insoweit zugelassen, als der Senat der Berufung der Klagepartei in Bezug auf den Auskunftsanspruch stattgegeben hat (Tenor Ziffer I.2.).
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.000,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.
1
Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem beendeten Versicherungsvertretervertrag.
2
Die Beklagte vertreibt deutschlandweit Versicherungen. Der Kläger war vom 01.10.2015 bis zum 30.06.2020 als Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig. Er kündigte das Vertragsverhältnis ordentlich zum 30.06.2020, weil er zu einer anderen Versicherung wechselte.
3
Der Kläger hat vor dem Landgericht neben weiteren Anträgen Stufenklage erhoben, wobei er in der ersten Stufe einen Buchauszug begehrt sowie Auskunft darüber, welche ursprünglich von dem Kläger an die Beklagte vermittelten Verträge nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages der Parteien durch die Kunden eingeschränkt worden seien, bei denen der jeweilige Kunde im Anschluss an die Kündigung oder Beitragseinschränkung einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche versicherte Risiko oder Produkt bei den Gesellschaften der Beklagten-Versicherungsgruppe abgeschlossen habe, wobei Folgendes anzugeben sei (LGU S. 6f):
(1) Name und Anschrift des Kunden,
(2) Art und Inhalt des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde,
(3) Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde,
(4) Datum der Wirksamkeit der Kündigung oder Beitragsreduzierung,
(5) im Falle der Beitragsreduzierung Höhe der Beitragsreduzierung,
(6) Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags,
(7) Laufzeit des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages,
(8) Höhe und Fälligkeit der Prämie des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags,
(9) Name und Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers.
4
Die Beklagte begehrt widerklagend die Rückzahlung von ihrer Ansicht nach von dem Kläger infolge von behaupteten Stornierungen nicht verdienten Provisionen in Höhe von 24.453,94 € (nebst Zinsen).
5
Mit Schreiben vom 19.05.2021 hat die Beklagte dem Kläger angeboten, einen Buchauszug nach Terminvereinbarung mit den im Schreiben bezeichneten Mitarbeitern der Beklagten abzuholen (Anlage K19, B2), der die ihrer Meinung nach erforderlichen Informationen enthalte. Zu einer Übergabe an den Kläger ist es jedoch nicht gekommen.
6
Hinsichtlich der genauen Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der in erster Instanz zuletzt gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Teilurteil des Landgerichts München I vom 24.05.2022, Az. 33 O 3122/21 (2), Bezug genommen.
7
Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 24.05.2022 ausschließlich über die erste Stufe der Stufenklage, also den vom Kläger begehrten Buchauszug und die von dem Kläger begehrte Auskunft entschieden.
8
Dabei hat es der Buchauszugsklage des Klägers teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Buchauszugserteilung mit folgenden Angaben verurteilt:
a) Name und Anschrift des Kunden,
b) Antragsdatum,
c) Policierungsdatum/Datum der Annahme des Geschäfts,
d) Versicherungsscheinnummer bzw. Vertragsnummer,
e) Art und Inhalt des Vertrags (Sparte, Tarifart, provisionsrelevante Vereinbarungen),
f) Versicherungsbeitrag,
g) Versicherungsbeginn/Vertragsbeginn,
h) Laufzeit des Vertrages, ggf. der Verlängerung,
i) Nettojahresprämie (Höhe, Fälligkeit und Zahlungsweise, Tag des Eingangs der Prämie),
j) im Falle der Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe für die Stornierung, Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen.
9
Den weitergehenden Antrag des Klägers auf Buchauszugserteilung hat das Landgericht abgewiesen. Die Auskunftsklage hat es in Gänze abgewiesen.
10
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die (Teil-)Klageabweisungen. Die Beklagte geht mit ihrer Anschlussberufung gegen die im Teilurteil erfolgte Teilverurteilung vor.
11
Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und meint, dass auch die vom Landgericht abgewiesenen Anträge zulässig und begründet seien. Zum Auskunftsbegehren meint der Kläger, dass er ihrer bedürfe, um zu erkennen, ob die Beklagte den von dem Kläger betreuten Versicherungsbestand auf neue Vermittler übertragen habe, die dann auf die Versicherungsnehmer zugegangen seien und sie zu einer sogenannten Umdeckung veranlasst hätten (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5, Bl. 230 d.A.). Hierzu behauptet der Kläger, dass die Beklagte mithilfe der Vermittler, auf die die Beklagte nach dem Ausscheiden des Klägers den von ihm betreuten Versicherungsbestand übertragen habe, derartige Umdeckungen vorgenommen habe und in der Folge den Kläger unzulässigerweise mit entsprechenden Rückprovisionen belastet und dem neuen Vermittler neue Provisionen gutgeschrieben habe (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5 f., Bl. 230 f.).
12
Mit Schriftsatz vom 24.09.2024 hat der Kläger seinen Klageantrag auf Buchauszugserteilung hinsichtlich der Abrufphase und den Klageantrag auf Auskunft bezüglich der Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags sowie des Namens und der Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers zurückgenommen. Die Beklagte hat in die Teilklagerücknahmen eingewilligt. Einen in der Berufungsbegründung enthaltenen Datumsfehler (Buchauszug bis 24.05.2022, Bl. 226 d.A.) hat der Kläger im Schriftsatz vom 24.09.2024 (S. 1, Bl. 284 d.A.) korrigiert.
13
Der Kläger beantragt daher zu seiner Berufung zuletzt:
I.
Das Teilurteil des Landgerichts München I vom 24.05.2022 zu dem Aktenzeichen 33 O 3122/21 (2) wird geändert und die Beklagte wird über die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung hinaus verurteilt,
1.
dem Kläger einen vollständigen Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 über alle Verträge, die in dem Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 provisionsrelevant waren oder bei denen Streit darüber besteht, ob sie provisionsrelevant waren, zu erteilen, wobei der Buchauszug mindestens folgende weitere (über die bisherige Verurteilung hinaus) Angaben für alle Verträge in geordneter Zusammenstellung zu erhalten hat:
k)
Geburtsdatum/Eintrittsalter im Personenversicherungsgeschäft
l)
prämienrelevante Sondervereinbarungen
m)
Versicherungssumme/Zeichnungssumme
n)
Eintritt und Datum des Versicherungsfalls
o)
Aufschubzeit
p)
Abrufphase: zurückgenommen, s.o.
q)
Abweichung vom Regelprämiensatz
r)
bei Dynamisierung des Vertrages:
- Erhöhung der Jahresprämie
- bewertete Versicherungsprämie
- Erhöhung der Versicherungssumme
- Zeitpunkt der Erhöhung
- Anpassungszeitraum
- Steigerungssatz
- ggf. Aussetzungszeiträume
s)
Im Falle der Stornierung:
- Datum der Stornogefahrmitteilung
- Art der Stornogefahrmitteilung
- Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
2.
dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche ursprünglich von dem Beklagten an die Klägerin vermittelten Verträge nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages der Parteien durch die Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt worden sind und bei denen der jeweilige Kunde im Anschluss an die Kündigung oder Beitragseinschränkung einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche versicherte Risiko oder Produkt bei den Gesellschaften der (...)-Versicherungsgruppe abgeschlossen hat und hierbei insbesondere folgendes anzugeben:
(1)
Name und Anschrift des Kunden
(2)
Art und Inhalt des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
(3)
Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
(4)
Datum der Wirksamkeit der Kündigung oder Beitragsreduzierung
(5)
Im Falle der Beitragsreduzierung Höhe der Beitragsreduzierung
(6)
Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags: zurückgenommen, s.o.
(7)
Laufzeit des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages
(8)
Höhe und Fälligkeit der Prämie des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages
(9)
Name und Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers: zurückgenommen, s.o.
II.
14
Sollte der Senat die Berufung in Bezug auf die begehrten Informationen zu Datum und Adressat der Stornogefahrmitteilung zurückweisen, wird hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 über das Datum und den Adressaten der Stornogefahrmitteilung für alle Verträge zu erteilen, aufgrund deren Stornierung die Beklagte von dem Kläger Rückprovisionen fordert oder ihm nicht den ohne die Stornierung des Vertrages fälligen Provisionsanspruch in voller Höhe ausgezahlt hat.
15
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung des Klägers.
16
Darüber hinaus beantragt die Beklagte im Rahmen ihrer Anschlussberufung:
In Abänderung des Teilurteils des Landgerichts München I vom 26.04.2022, Az. 33 O 3122/21, wird die Klage abgewiesen.
17
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Anschlussberufung.
18
Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, dass sie dem Kläger keinen Buchauszug schulde. Diesem fehle schon das Rechtsschutzbedürfnis; zudem sei sein Verlangen rechtsmissbräuchlich. Jedenfalls sei der Anspruch bereits erfüllt worden. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens lägen die Voraussetzungen des § 87c Abs. 3 HGB nicht vor.
19
Der Senat hat mit Beschluss vom 13.09.2024 Hinweise nach § 139 ZPO erteilt und Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10.10.2024 angesetzt.
20
Mit per beA sowohl an den Senat als auch an die Kanzlei des Klägervertreters - nicht auch an den Kläger selbst - am Nachmittag des 09.10.2024 übermitteltem Schriftsatz nahm der Beklagtenvertreter zu den Hinweisen Stellung und übersandte gleichzeitig in der Anlage einen umfangreichen Buchauszug. Der Klägervertreter hatte bei Eingang des Schriftsatzes in seiner Kanzlei diese bereits verlassen und ist am Folgetag sogleich nach München zur Verhandlung beim Senat gereist. Er hat den Schriftsatz des Beklagtenvertreters nebst Anlage nicht an den Kläger weitergeleitet.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Hinweisbeschluss des Senats vom 13.09.2024 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.10.2024 Bezug genommen.
II.
22
Die zulässige Berufung der Klagepartei hat sowohl in Bezug auf den weiterverfolgten Buchauszugsanspruch als auch in Bezug auf den Auskunftsanspruch im jeweils tenorierten Umfang (Buchauszug: Tenor Ziffern I. 1. k.-p., Auskunft: Tenor Ziffer I. 2.) Erfolg. Das weitergehende Rechtsmittel des Klägers ist unbegründet; das gilt auch für den im Schriftsatz vom 24.09.2024 neu gestellten Hilfsantrag. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist weit überwiegend unbegründet; es verbleibt weitgehend (mit Ausnahme der Begrenzung von Tenor Ziffer I. 1. h. auf Lebensversicherungsverträge) bei den vom Landgericht ausgeurteilten Bestandteilen des zu erteilenden Buchauszugs (Tenor Ziffern I. 1. a.-j.).
23
Dabei war nicht mehr über den Antrag des Klägers auf Mitteilung der Abrufphase [Berufungsantrag vom 01.09.2022 Ziff. I. 1. p) ] sowie über den Auskunftsantrag hinsichtlich der Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages und des Namens und der Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers [Berufungsanträge vom 01.09.2022 Ziff. I. 2. (6) + (7) ] zu entscheiden, da die Klagepartei die Klage insoweit wirksam mit Zustimmung der Beklagten gemäß § 269 Abs. 1 ZPO zurückgenommen hat (Schriftsatz vom 24.09.2024 S. 1, 4, Bl. 284, 287 d.A.; Protokoll vom 10.10.2024 Seite 2).
24
Soweit der Kläger im Berufungsantrag (Ziffer I.1.s - 3 Spiegelstrich) die Verurteilung zur Mitteilung der Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen im Falle der Stornierung begehrt, hat das Landgericht ihm genau dieses bereits zugesprochen [Tenor des Landgerichtsurteils Ziffer I.j) - dritter Spiegelstrich].
25
1. Die zulässige Berufung des Klägers hat im tenorierten Umfang (Tenor Ziffern I. 1. k.-p.) Erfolg, soweit sie sich gegen die Teilabweisung des Buchauszugsanspruchs durch das Landgericht wendet. Sie ist diesbezüglich nur insoweit erfolglos, als der dem Kläger zu erteilende Buchauszug nicht die Angabe des Versicherungsfalls sowie von Datum und Adressat einer Stornogefahrmitteilung enthalten muss - auch der diesbezüglich gestellte Hilfsantrag ist unbegründet; ferner ist das Geburtsdatum nur bei Lebensversicherungen mitzuteilen, das Eintrittsdatum braucht daneben nicht mehr mitgeteilt zu werden.
26
1.1. Die Buchauszugsklage ist zulässig.
27
1.1.1. Ihr fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
28
Zwar kann das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ausnahmsweise fehlen, wenn die Gerichte als Teil der Staatsgewalt "unnütz bemüht" werden (BGH WuM 2014, 558 [BGH 04.06.2014 - VIII ZR 4/13] Rn. 18). Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn die beklagte Partei die Verpflichtung zur Herausgabe bestimmter Gegenstände nicht in Abrede stellte und die Klagepartei die bereit gestellten Gegenstände nach Vorankündigung hätte abholen können (BGH aaO Rn. 20). Das ist grundsätzlich auch denkbar, wenn die beklagte Klagepartei einen von der beklagten Seite ordnungsgemäß angebotenen und bereitgestellten Buchauszug nicht abholt (Emde IHR 2023, 97 Rn. 46).
29
Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Parteien über Fragen des materiellen Rechts unterschiedliche Auffassungen vertreten, die zu dem Streitgegenstand des vom Kläger betriebenen Rechtsstreits gehören und in dessen Rahmen also geklärt würden (BGH aaO Rn. 21 i.V.m. Rn 23).
30
Hier trägt die Beklagte zwar vor, dass sie einen Buchauszug für die Klagepartei bereitgestellt habe; diesen könne der Kläger nach Vorankündigung abholen. Jedoch enthält dieser Buchauszug nach den eigenen Angaben der Beklagten nur die aus ihrer Sicht erforderlichen Angaben, nicht die nicht provisionsrelevanten (Schriftsatz vom 19.05.2021 S. 2, Bl. 91 d.A.). Die Frage, welche Angaben alle derart provisionsrelevant sind und welche nicht, ist zwischen den Parteien hochumstritten. Sie war im Rahmen dieses Rechtsstreits zu klären.
31
Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Beklagtenvertreter dem Klägervertreter (sowie dem Senat) am Nachmittag vor der mündlichen Verhandlung noch einen umfangreichen Buchauszug als Anlage zum Schriftsatz vom 09.10.2024 übersandt hat (Anlage KMP 1). Denn auch dies ändert nichts an dem nach wie vor bestehenden, in diesem Rechtsstreit zu klärenden Streit über die Frage, welche Angaben provisionsrelevant sind. Insbesondere enthält auch dieser neue Buchauszug nicht sämtliche Angaben, die zu erteilen die Beklagte nach diesem Urteil verpflichtet ist. Überdies streiten die Parteien über die (Teil)-Erfüllungswirkung dieser Art der Buchauszugsübersendung; auch diese Frage galt es in vorliegendem Rechtsstreit zu entscheiden.
32
1.1.2. Der Klageantrag auf Erteilung des Buchauszugs ist bestimmt genug (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
33
Dem steht entgegen der Meinung der Beklagten nicht entgegen, dass der Kläger ihn für Verträge verlangt, die "provisionsrelevant waren oder bei denen Streit darüber besteht, ob sie provisionsrelevant waren". Dies ist nur die Wiederholung des gesetzlichen Anwendungsbereiches der Anspruchsgrundlage § 87c Abs. 2 ZPO, wonach der Buchauszug über Geschäfte verlangt werden kann, für die dem Handelsvertreter Provision gebührt. Der Antrag betont also nur nochmal die gesetzlichen Grenzen des Anspruchs. Das macht ihn nicht unbestimmt. Im Gegenteil: Der Handelsvertreter hätte sich sogar noch weitergehend darauf beschränken können, nur allgemein einen Buchauszug, ohne Benennung der jeweiligen Einzelangaben, die er begehrt, zu verlangen, weil sich selbst dann noch dessen Inhalt hinreichend klar aus dem Gesetz ergeben würde (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 35).
34
1.2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß §§ 92 Abs. 2, 87c Abs. 2 HGB.
35
Der Anspruch ist entstanden; der Kläger war als Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig. Der Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung gemäß § 362 BGB erloschen.
36
1.2.1. Erfüllung ist nicht dadurch eingetreten, dass die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 19.05.2021 anbot, einen Buchauszug nach Terminvereinbarung mit im Schreiben bezeichneten Mitarbeitern der Beklagten abzuholen.
37
Es ist schon zweifelhaft, ob der Buchauszugsanspruch allein durch die Bereitstellung des ordnungsgemäß erstellten Auszugs zur Abholung erfüllt werden könnte (bejahend OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 10938 Rn. 3; Emde IHR 2023, 97 Rn. 43). Dagegen spricht, dass allein die Begründung eines Annahmeverzugs durch Bereitstellung und ordnungsgemäßes Angebot der geschuldeten Gegenstände grundsätzlich noch keine Erfüllungswirkung zeitigt (BGH WuM 2014, 558 [BGH 04.06.2014 - VIII ZR 4/13] Rn. 18 i.V.m. Rn. 20; BeckOK BGB/Lorenz, 71. Ed. 1.8.24, BGB § 293 Rn. 12). Das ändert sich erst, wenn der Schuldner den geschuldeten Gegenstand gemäß § 372 BGB hinterlegt (BeckOK BGB/Lorenz, aaO, § 293 Rn. 12). Letzteres ist hier nicht geschehen.
38
Jedenfalls hat vorliegend die Beklagte nach ihrem Vortrag lediglich die ihrer Meinung nach erforderlichen Informationen in den angebotenen Buchauszug aufgenommen (Schriftsatz vom 19.05.2021 S. 2, Bl. 91 d.A.). Tatsächlich schuldet sie aber nach Ansicht des Senats mehr, namentlich z.B. auch die Angabe provisionsrelevanter Sondervereinbarungen und der Versicherungssumme (s.u.). Damit liegt bereits kein ordnungsgemäßes Angebot eines Buchauszugs vor.
39
1.2.2. Auch indem der Beklagtenvertreter einen Buchauszug als Anlage zum Schriftsatz vom 09.10.2024 (am Tag vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat) per beA sowohl an den Senat schickte als auch an den Klägervertreter, ist keine (Teil-) Erfüllung des Buchauszugsanspruchs des Klägers gemäß § 362 BGB eingetreten.
40
1.2.2.1. Durch die Übersendung hat die Beklagte die von ihr geschuldete Leistung nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB an den Gläubiger - also den Kläger - bewirkt. Diesem hatte sie den Buchauszug nämlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unstreitig nicht übermittelt. Auch der Klägervertreter hat dies nach seinem unbestrittenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht getan und hatte auch keine Gelegenheit, dies zu tun, da er bei Eingang des Schriftsatzes am Nachmittag des 09.10.2024 bereits nicht mehr in der Kanzlei war und am Folgetag zum Verhandlungstermin nach München reiste.
41
Zwar steht der Leistung an den (empfangszuständigen) Gläubiger die Leistung an eine Mittelsperson mit Empfangszuständigkeit gleich (BGH NJW 2023, 1287 [BGH 14.02.2023 - XI ZR 537/21] Rn. 27). Eine solche Mittelsperson war der Klägervertreter hier jedoch nicht. Denn ihm fehlte die Empfangszuständigkeit für die Entgegennahme des Buchauszugs. Der gesetzliche Umfang der Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) berechtigt den Rechtsanwalt gerade nicht zur Empfangnahme der Hauptsache (Stein/Jonas/Jacoby, 23. Aufl. 2016, § 81 Rn. 22; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 81 Rn. 8; Zöller/Althammer, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 81 Rn. 7). Das ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu § 81 Hs. 4 ZPO, wonach die Prozessvollmacht nur zur Empfangnahme der zu erstattenden Kosten berechtigt. Eine über den gesetzlichen Umfang hinausgehende Bevollmächtigung des Anwalts auch zur Entgegennahme der Hauptsache wurde vom Klägervertreter verneint und von der Beklagten auch nicht behauptet. Die vom Klägervertreter vorgelegte Vollmachtsurkunde enthält eine entsprechende Weiterung nicht.
42
1.2.2.2. Auch eine Erfüllung nach § 362 Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Der Kläger hat, wie dargelegt, weder den Klägervertreter dazu ermächtigt, die Hauptsache in Form des Buchauszugs in eigenem Namen entgegenzunehmen, noch hat er die Beklagte dazu ermächtigt, die Leistung an den Klägervertreter zu erbringen (vgl. zu diesen Erfordernissen BGH NJW 2023, 1287 [BGH 14.02.2023 - XI ZR 537/21] Rn. 29).
43
1.3. Dem Buchauszugsanspruch steht nicht der Rechtsmissbrauchseinwand gemäß § 242 BGB entgegen.
44
Dieser kann bei dem zwingenden Anspruch des Handelsvertreters gemäß § 87c Abs. 2 HGB nur ganz ausnahmsweise greifen (Hopt/Hopt, 43. Aufl. 2024, HGB § 87c Rn. 13). Es genügt nicht, dass der Vertreter früher nie Abrechnungen beanstandet hatte (Hopt/Hopt aaO). Das Buchauszugsverlangen des Klägers ist daran gemessen hier nicht rechtsmissbräuchlich. Der Kläger hat vielmehr ein berechtigtes Interesse an der Überprüfung der Provisionsberechnungen der Beklagten. Das gilt umso mehr, als die Beklagte erhebliche - vom Kläger bestrittene - Negativsalden zulasten des Klägers von 18.649,49 € (gegenüber der AVAD, Schriftsatz vom 04.08.2021 S. 2, Bl. 113 d.A.) bzw. 24.453,94 € (in der Widerklage) infolge von Stornierungen behauptet und einfordert.
45
1.4. Der Kläger hat Anspruch auf einen Buchauszug, der über die vom Landgericht bereits ausgeurteilten Informationen (Tenor Ziffern I.1. a.-j., hierzu unten 3.) auch die im Tenor unter Ziffern I.1. k.-p. genannten Angaben, die der Kläger mit seiner Berufung begehrt, zu enthalten hat (unten 1.4.2.). Demgegenüber hat er keinen Anspruch auf die Angabe des Versicherungsfalls und des Datums sowie des Adressaten von Stornogefahrmitteilungen (unten 1.4.3.).
46
1.4.1. Grundsätzlich muss der Buchauszug die im Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsverhältnisse vollständig widerspiegeln, soweit sie sich aus den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 14). Welche Angaben über die Geschäfte für die Provision des Handelsvertreters im Einzelfall von Bedeutung sind, hängt von der zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer geltenden Provisionsregelung ab. Diese ergibt sich in erster Linie aus der zwischen ihnen getroffenen Provisionsvereinbarung und aus den zwingenden gesetzlichen Regelungen (§ 87a Abs. 2-4 HGB) sowie, soweit eine besondere Vereinbarung nicht getroffen wurde, aus den dispositiven gesetzlichen Vorschriften (§§ 92, 87, 87a Abs. 1 HGB) (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 14).
47
Der Buchauszug soll es dem Handelsvertreter ermöglichen, sich über seine Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und die ihm vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnungen zu überprüfen (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 15). Dabei darf die Erteilung des Buchauszugs keine Vorwegnahme der Entscheidung enthalten, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht; nur die zweifelsfrei nicht provisionspflichtigen Geschäfte können daher bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 15).
48
Da gemäß § 87c Abs. 2 HGB der Buchauszug nur über Geschäfte zu erteilen ist, für die dem Handelsvertreter Provision gebührt, sind in ihn grundsätzlich nur solche Umstände aufzunehmen, die die vermittelten Verträge, also die Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und seine Kunden betreffen, nicht dagegen Tatsachen, die allein dem Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter entspringen (BGH NJW 2001, 2333, 2334; Flohr/Wauschkuhn/Fröhlich, 3. Aufl. 2023, § 87c Rn. 51; Hopt/Hopt, HGB, 43. Aufl. 2024, § 87c Rn. 15).
49
1.4.2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf die Angaben gemäß dem Tenor Ziffern I.1. k.-p.:
Geburtsdatum bei Lebensversicherungsverträgen (Tenor I.1.k.)
50
Der Kläger begehrt mit seiner Berufung die Angabe von Geburtsdatum und Eintrittsalter im Personenversicherungsgeschäft. Sein Rechtsmittel hat insoweit Erfolg, als ihm das Geburtsdatum im Lebensversicherungsgeschäft mitzuteilen ist.
51
Die Beklagte räumt ein, dass das Geburtsdatum und Eintrittsalter der versicherten Person in seltenen Ausnahmen relevant sei (Schriftsatz vom 05.12.2022 S. 12, Bl. 252 d.A.). Konkret stellen die vorgelegen Provisionsbestimmungen für Lebensversicherungsverträge (Anlage Bb2 S. 10) auf das 70. Lebensjahr des Versicherungsnehmers ab. Ein bei Vertragsschluss minderjähriger Versicherungsnehmer erhält unstreitig ein Sonderkündigungsrecht, wenn er volljährig wird (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 7, Bl. 232 d.A.; Schriftsatz vom 05.12.2022 S. 13, Bl. 253 d.A.). Dass es sich hierbei um eher seltene Fallkonstellationen handeln mag, ändert nichts daran, dass der Kläger die begehrten Informationen benötigt, um beurteilen zu können, ob ein solcher Fall bei einem vermittelten Vertrag vorliegt.
52
Es genügt allerdings die Aufnahme des Geburtsdatums in den Buchauszug; daneben braucht das Eintrittsalter nicht mehr gesondert aufgenommen zu werden: Anhand des mitzuteilenden Geburtsdatums sowie des gleichfalls anzugebenden Policierungsdatums (Tenor Ziffer I.1.c.) kann der Kläger das Eintrittsalter ohne nennenswerten Aufwand errechnen.
53
Die Mitteilungspflicht bezieht sich nur auf das Lebensversicherungsgeschäft, weil nur für dieses die Provisionsrelevanz vom Kläger vorgetragen wurde.
54
Demgegenüber war entgegen der Beklagtenmeinung die Angabe nicht auf die vom Kläger vermittelten Verträge zu beschränken. Eine Relevanz des Lebensalters nur für die Abschlussprovision und also nur für die vom Kläger selbst vermittelten Verträge lässt sich der Provisionsbestimmung Anlage Bb2 S. 10 nicht entnehmen.
Prämienrelevante Sondervereinbarungen (Tenor I.1.l.)
55
Die Berufung des Klägers hat auch in diesem Punkt Erfolg. Der Kläger hat klargestellt, dass es ihm hierbei um die Abreden gemäß Teil A.1 (3) und (4) der Anlage Bb1 (Allgemeine Provisionsbestimmungen) geht. Die dort aufgeführten Sondervereinbarungen - etwa der Abschluss einer Gruppen- oder Sammelversicherung - sind ausdrücklich für die Anwendbarkeit der Provisionsvereinbarungen von Bedeutung und also provisionsrelevant. Die Sondervereinbarungen sind daher in den Buchauszug aufzunehmen (BGH NJW 2001, 2333, 2334; BeckRS 2024, 24091 Rn. 16).
Versicherungssumme (Tenor I.1.m.)
56
Die Berufung des Klägers hat Erfolg, soweit er die Aufnahme der Versicherungssumme in den Buchauszug begehrt. Nach nicht bestrittenem Klägervortrag (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 10, Bl. 235 d.A.) richtet sich die Höhe der Prämie nach der Höhe der Versicherungssumme. Die Höhe der Prämie ist aber wiederum für die Provisionshöhe maßgeblich, § 87b Abs. 2 HGB. Folglich ist die Versicherungssumme mittelbar provisionsrelevant und also in den Buchauszug aufzunehmen (Staub/Emde, 6. Aufl. 2021, HGB, § 87c Rn. 183). Der Hinweis der Beklagten darauf, dass der Handelsvertreter im Antragsprozess ursprünglich einmal selbst dem Kunden bei Beantragung der Versicherung die Versicherungssumme und die dafür zu zahlende Prämie genannt habe (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 7), führt zu keiner anderen Bewertung: Der Vertreter soll mit dem Buchauszug kontrollieren können, was die Beklagte am Ende für eine Versicherungssumme mit dem Kunden vereinbart und in ihre Bücher geschrieben hat.
57
Demgegenüber hat der Kläger keinen Anspruch auf Mitteilung auch einer Zeichnungssumme: Nach unbestrittenem Beklagtenvortrag hat der Kläger keine Kapitalanlagegeschäfte vermittelt (Schriftsatz vom 05.12.2022 S. 14).
Aufschubzeit (Tenor I.1.n.)
58
Die Berufung des Klägers ist insoweit begründet, die Aufschubdauer ist in den Buchauszug aufzunehmen. Sie ist nach den Vereinbarungen der Parteien für die Provision des Klägers von Bedeutung: Anlage Bb2 S. 9 letzter Absatz (Gewichtungsfaktor) sowie Anlage Bb2 S. 10 letzter Absatz (Korrekturfaktor).
Abweichungen vom Regelprämiensatz (Tenor I.1.o.)
59
Die Berufung des Klägers ist diesbezüglich begründet. Gewährt die Beklagte einem Versicherungsnehmer etwa einen gesonderten Rabatt und weicht so vom Regelprämiensatz ab, hat dies u.U. Einfluss auf die Provisionshöhe des Handelsvertreters (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 8, Bl. 233 d.A.). Die konkrete Vereinbarung der Parteien (Ziffer C 1.5 Anlage Bb2) sieht diesbezügliche Korrekturfaktoren vor, die Einfluss auf die Provisionshöhe haben. Entsprechende provisionsrelevante Änderungen sind in den Buchauszug aufzunehmen (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Der Vortrag der Beklagten, grundsätzlich solche Abweichungen nicht gewährt zu haben (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 9), ist nicht erheblich. Denn genau dies soll der Kläger mit dem Buchauszug überprüfen können.
Dynamisierung des Vertrages (Tenor I.1.p.)
60
Die Berufung des Klägers ist in diesem Punkt begründet. Der Kläger bekommt nach unbestrittenem Klägervortrag eine Dynamikprovision, die nach den zu zahlenden Beiträgen berechnet wird (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 9, Bl. 234 d.A.). Im Buchauszug sind daher etwaige Dynamisierungen inklusive der diesbezüglichen Berechnungsgrundlagen anzugeben (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Entgegen der Meinung der Beklagten genügt es nicht, anzugeben, wann sich der Beitrag um wie viel erhöht hat: Der Kläger muss prüfen können, ob die diesbezügliche Angabe plausibel ist, er muss die Beitragserhöhung rechnerisch nachvollziehen können. Auch kann die Beklagte den Kläger nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er die automatischen Anpassungen auch ohne die Zusatzangaben im Buchauszug auf Plausibilität prüfen könne (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 9). Der Buchauszugsanspruch gemäß § 87c Abs. 2 HGB ist nämlich nicht zu etwaigen alternativen Kontrollmöglichkeiten subsidiär.
61
1.4.3. Demgegenüber hat der Kläger keinen Anspruch auf die Angabe des Versicherungsfalls über die Mitteilung eines etwaigen Stornogrundes nach Tenor Ziffer I.1.j. hinaus. Gleiches gilt für die Angabe des Datums und des Adressaten von Stornogefahrmitteilungen. Bezüglich letzterem ist auch der hilfsweise gestellte Auskunftsantrag erfolglos. In diesem Umfang ist die Berufung des Klägers unbegründet.
62
1.4.3.1. Der Kläger bedarf nicht der Mitteilung des Versicherungsfalls über die Mitteilung eines etwaigen Stornogrundes nach Tenor Ziffer I.1.j. hinaus.
63
Zwar kann der Eintritt des Versicherungsfalls unstreitig zu einem Sonderkündigungsrecht der Beklagten führen. Nach unbestrittenem Beklagtenvortrag müsste die Beklagte jedoch dieses Sonderkündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Versicherungsfall ausüben. Es ist daher vorliegend ausgeschlossen, dass es noch zu ggf. die Provision des Klägers beeinflussenden Sonderkündigungen der Beklagten für die hier streitgegenständlichen Verträge kommt, weil der Auskunftszeitraum nur bis April 2022 reicht. Soweit die Beklagte eine solche Sonderkündigung infolge eines Versicherungsfalls für einen solchen streitgegenständlichen Vertrag früher schon ausgeübt und also wegen des Versicherungsfalls den betreffenden Vertrag storniert haben sollte, muss sie den Grund hierfür (also den Versicherungsfall) schon nach Tenor Ziffer I.1.j. angeben.
64
1.4.3.2. Auch das Datum und den Adressaten einer Stornogefahrmitteilung braucht die Beklagte nicht mitzuteilen.
65
Eine Stornogefahrmitteilung an den Kläger als Versicherungsvertreter betrifft schon nicht, wie das Landgericht zutreffend erläutert hat (LGU S. 14), die Ausführung des vermittelten Geschäfts mit dem Kunden durch den Unternehmer, über die allein der Buchauszug zu erstellen ist (BGH NJW 2001, 2333, 2335 unter II.2.c; MüKoHGB/Ströbl, 5. Aufl. 2021, HGB § 87c Rn. 42). Soweit der Kläger die Mitteilung von etwaigen Stornogefahrmitteilungen begehrt, die die Beklagte an andere Vertreter - etwa an den Nachfolger des Klägers - geschickt habe, wäre eine derartige Mitteilung keine genügende Bestandserhaltungsmaßnahme der Beklagten (BGH NJW 2012, 3305 [BGH 28.06.2012 - VII ZR 130/11] Rn. 24) und also auch nicht für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Provisionsanspruchs des Klägers gemäß § 87a Abs. 3 HGB rechtlich von Belang. Deshalb ist auch der vom Kläger an dieser Stelle hilfsweise gestellte Antrag auf eine entsprechende Auskunftserteilung unbegründet.
66
2. Die zulässige Berufung des Klägers hat im tenorierten Umfang (Tenor Ziffer I. 2.) Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Auskunftsanspruchs wendet.
67
2.1. Die Auskunftsklage ist zulässig.
68
Der Antrag ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt genug. Die begehrte Auskunft bezieht sich nur auf solche Verträge, die der Kläger vermittelt hat und die nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages durch den Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt wurden und bei denen der Kunde im Anschluss einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche Risiko abgeschlossen hat. Damit ist der Auskunftsgegenstand hinreichend eingegrenzt und klar bestimmbar.
69
2.2. Die Auskunftsklage ist im tenorierten Umfang begründet.
70
2.2.1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Auskunftsanspruch aus § 87c Abs. 3 HGB. Die Norm ist neben dem Buchauszugsanspruch gemäß § 87c Abs. 2 HGB anwendbar und ergänzt diesen, wobei es zu inhaltlichen Überschneidungen kommen kann (BGH IHR 2012, 63 Rn. 53). Eine Einschränkung dergestalt, dass der Anspruch aus § 87c Abs. 3 HGB erst nach Erteilung des Buchauszugs greifen würde, ist der Norm nicht entnehmbar und würde dem Interesse beider Seiten an einem schnellen und effizienten Verfahrensfortgang widersprechen.
71
2.2.2. Der Auskunftsanspruch besteht dem Grunde nach. Nach § 87c Abs. 3 HGB kann der Vertreter Auskunft über Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind und die sich nicht schon aus dem Buchauszug oder der Abrechnung ergeben (MüKo HGB/Ströbl, 5. Aufl. 2021, § 87c Rn. 69, 67).
72
Der Kläger begehrt die Auskunft, um zu erkennen, ob die Beklagte den von dem Kläger betreuten Versicherungsbestand auf neue Vermittler übertragen hat, die dann auf die Versicherungsnehmer zugegangen sind und sie zu einer sogenannten Umdeckung veranlasst haben (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5, Bl. 230 d.A.). Ein etwaig abgeschlossener Ersatzvertrag über dasselbe Risiko ist in der Tat oft - und auch hier - das einzige objektive Indiz, dass ein Fall unzulässiger Umdeckung vorliegen könnte mit der Folge, dass der Provisionsanspruch des Klägers gemäß § 87a Abs. 3 HGB unberührt bliebe (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 68). Die Information über einen derartigen neuen Ersatzvertrag ist auch keine Angabe, die gemäß § 87c Abs. 2 im Buchauszug über die vom Kläger vermittelten Verträge, für die er Provision erhält, enthalten wäre. Folglich kann der Kläger hierüber Auskunft nach § 87c Abs. 3 HGB verlangen.
73
Zwar muss in einem Prozess, in dem die Beklagte unter Berufung auf § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB von dem Kläger die Rückforderung gezahlter Provisionen fordert (wie hier mit der Widerklage), grundsätzlich die Beklagte darlegen und ggf. beweisen, dass sie die Nichtausführung des alten, von dem Kläger vermittelten Vertrages nicht zu vertreten hat (OLG Düsseldorf ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39; Hopt/Hopt, 43. Aufl. 2024, HGB § 87a Rn. 30). Im Zweifel müsste also die Beklagte beweisen, dass sie nicht in zu vertretender Weise die Umdeckung des Vertrages veranlasst oder sonst gefördert hat. Dieser Gesichtspunkt steht allerdings einem Auskunftsanspruch des Klägers in Bezug auf die Ersatzverträge, die ein gewichtiges Indiz für eine solche Umdeckung darstellen können, nicht entgegen (a.A. OLG Düsseldorf ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39). Maßgeblich für § 87c Abs. 3 ZPO ist nicht die prozessuale Verteilung der Darlegungslast im (Folge-)Prozess, sondern die materiellrechtliche Wesentlichkeit der Information für den Provisionsanspruch. Das folgt aus dem Wortlaut der Norm wie auch aus ihrem Zweck, den Handelsvertreter umfassend über solche Umstände zu informieren, die sich nicht aus den Büchern des Unternehmers ergeben, aber dennoch für seine Provisionsansprüche erheblich sind (Flohr/Wauschkuhn/Fröhlich, 3. Aufl. 2023, HGB § 87c Rn. 70). Für den Provisionsanspruch des Klägers ist aber eine von der Beklagten zu vertretende Umlenkung des Versicherungsnehmers auf einen neuen, den Kläger nicht mehr zur Provision berechtigenden Ersatzvertrag - und also auch bereits die Existenz eines derartigen Ersatzvertrages als wesentliches Indiz hierfür - von Bedeutung, weil sich die Beklagte dann schon deswegen nicht mehr auf § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB berufen könnte.
74
Dazu passt, dass es beim Buchauszugsanspruch, der gleichfalls den Zweck hat, dem Vertreter Klarheit über seine Provisionsansprüche zu verschaffen (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 15), allgemeiner Meinung entspricht, dass auch Stornogründe mitgeteilt werden müssen (BGH NJW 2001, 2333, 2335; OLG Düsseldorf ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 35; Staub/Emde, 6. Aufl. 2021, HGB § 87c Rn. 185), obwohl hier ebenso gilt, dass der Prinzipal für das Nichtvertreten dieser Gründe grundsätzlich gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB die Behauptungslast trägt.
75
Der Kläger hat vorliegend - anders als im zitierten Fall des OLG Düsseldorf (ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39 a.E.) - die angeblichen Umdeckungen auch nicht lediglich unbeachtlich ins Blaue hinein behauptet. Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte mithilfe der Vermittler, auf die die Beklagte nach dem Ausscheiden des Klägers den von ihm betreuten Versicherungsbestand übertragen habe, derartige Umdeckungen vorgenommen habe und in der Folge den Kläger unzulässigerweise mit entsprechenden Rückprovisionen belastet und dem neuen Vermittler neue Provisionen gutgeschrieben habe (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5 f., Bl. 230 f.). Diese Behauptung ist hier nicht prozessual unbeachtlich. Das wäre erst dann der Fall, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aufs Geratewohl" aufgestellt worden wäre. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist dabei Zurückhaltung geboten; in der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte sie rechtfertigen können (BGH BeckRS 2021, 37995 Tz. 28; NJW 2021, 3721 [BGH 16.09.2021 - VII ZR 190/20] Tz. 23). Von letzterem kann hier angesichts des Umstands, dass die Beklagte mit ihrer noch in erster Instanz anhängigen Widerklage Rückprovisionsansprüche in ganz erheblicher Größenordnung (über 24.000 €) infolge von erfolgten Stornierungen gegen den Kläger geltend macht (LGU S. 9), nicht ausgegangen werden.
76
2.2.3. Der Auskunftsanspruch umfasst den tenorierten Inhalt (Tenor Ziff. I.2.).
77
In zeitlicher Hinsicht war die Auskunft in Einschränkung des Klägerantrags auf im Stornohaftungszeitraum gekündigte oder in der Beitragszahlung eingeschränkte Verträge zu begrenzen (vgl. Staub/Emde, 6. Aufl. 2021, HGB § 87c Rn. 190 zur Parallelproblematik beim Buchauszug). Nur für diese Zeit droht dem Vertreter eine Haftung auf Rückzahlung nicht verdienter Provisionen (Staub/Emde, aaO, § 92 Rn. 18); nur für diese Zeit muss er sich also gegen eine solche ggf. mit dem Hinweis auf eine unzulässige Umdeckung verteidigen können.
78
Der Anspruch umfasst nicht die Angaben des genauen Inhalts des Ersatzvertrags (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 65), namentlich nicht die von dem Kläger im Berufungsantrag unter Ziffer I.2 (7) und (8) geforderten Informationen (Laufzeit des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages; Höhe und Fälligkeit der Prämie des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages). Dieser bedarf der Kläger für einen etwaigen Anspruch aus § 87a Abs. 3 HGB nicht (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 65).
79
3. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist weit überwiegend unbegründet.
80
3.1. Sie ist gemäß § 524 ZPO zulässig. Die Beklagte hat sie in der ihr gesetzten Berufungserwiderungsfrist eingelegt und begründet.
81
3.2. Die Anschlussberufung ist weit überwiegend unbegründet.
82
Mit der Anschlussberufung wendet sich die Beklagte gegen die bereits vom Landgericht ausgeurteilten Bestandteile des Buchauszugs [Tenor des Landgerichtsurteils Ziffern I. a) bis j) ]. Die Anschlussberufung hat mit Ausnahme einer Beschränkung der Angabe der Vertragslaufzeit auf den Bereich der Lebensversicherungen keinen Erfolg, es bewendet daher weitgehend bei der landgerichtlichen Verurteilung (Tenor dieses Urteils Ziffern I.1.a.-j.).
83
Wie oben dargestellt besteht grundsätzlich ein Anspruch aus § 87c Abs. 2 ZPO auf Erteilung eines Buchauszugs. Dieser ist nicht durch Erfüllung erloschen.
84
Die einzelnen schon vom Landgericht bereits ausgeurteilten Angaben sind in den Buchauszug aufzunehmen, weil sie provisionsrelevant sind. Die Anschrift des Kunden (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.a.) dient der genauen Identifizierung des Kunden und muss daher mitgeteilt werden (OLG München ZVertriebsR 2019, 372 Rn. 74). Das Antragsdatum (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.b) ist anzugeben, weil es der Überprüfung dient, ob die Tätigkeit des Handelsvertreters bedeutsam wurde und es die Zuordnung erleichtert (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185); wegen letzterem ist das Antragsdatum entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 12) auch für von dem Kläger betreute Bestandsverträge bedeutsam. Aus dem gleichen Grund bedarf es auch der Mitteilung der Versicherungspolice, namentlich der Policenummer und des Datums (Tenor dieses Urteils Ziffern I.1.c+d) (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Die Angaben gemäß dem Tenor des Landgerichts Ziffern I.f) bis I.i) (= Tenor dieses Urteils Ziffern I.1.f.-i.) sind prämienrelevant und also provisionsrelevant (vgl. BGH NJW 2003, 2333, 2335 unter e, Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Für die Angabe der Laufzeit des Vertrages (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.k.) gilt dies allerdings nach unbestrittenem Beklagtenvortrag (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 13 oben) nur für Lebensversicherungsverträge, weshalb diese Angabe auf solche Verträge zu beschränken war. Die Angaben zu den Stornierungen (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.j.) sind wegen § 87a Abs. 3 HGB von Bedeutung (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185).
85
4. In Bezug auf die Kostenentscheidung gilt:
86
4.1. Da das erstinstanzliche Urteil ein Teilurteil war, war die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz dem in erster Instanz noch ausstehenden Schlussurteil vorzubehalten (BGH NJW 1984, 1901, 1902 [BGH 17.04.1984 - IX ZR 153/83]; BeckOK ZPO/Bacher, 54. Ed. 1.9.2024, ZPO § 254 Rn. 33.1).
87
4.2. Demgegenüber war über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden, da über die in den zweiten Rechtszug gelangten Ansprüche ohne Einschränkung durch Vollendurteil entschieden wurde (BGH NJW 1984, 1901, 1902 [BGH 17.04.1984 - IX ZR 153/83]).
88
Maßgeblich waren insoweit die §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Dabei geht der Senat in Bezug auf die Berufung des Klägers hinsichtlich des Buchauszugsanspruchs (Teilstreitwert 3.000 €, s.u. Ziffer 7.) von einem kostenmäßigen Unterliegen der Klagepartei von ca. 1/3 aus (zurückgenommener Antrag bezüglich der Abrufphase, kein Erfolg der Anträge auf Versicherungsfall und Stornogefahrmitteilungen), in Bezug auf die Berufung des Klägers hinsichtlich des Auskunftsbegehrens (Teilstreitwert 5.000 €, s.u. Ziffer 7.) von einem Unterliegen der Klagepartei von ca. 2/5 (teilweise zurückgenommene und im Übrigen zurückgewiesene Anträge auf Informationen über die Inhalte der neuen Verträge), in Bezug auf die Anschlussberufung (Teilstreitwert 1.000 €, s.u. Ziffer 7.) von einem nur geringfügigen, nach dem Rechtsgedanken des § 92 II Nr. 1 ZPO nicht kostenrelevanten Unterliegen der Klagepartei. Dies führt insgesamt zu einem kostenmäßigen Unterliegensanteil der Klagepartei von (1/3 x 3.000 € + 2/5 x 5.000 €) / (3.000 € + 5.000 € + 1.000 €) = 3.000 € / 9.000 € = 1/3.
89
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Vollstreckung des Buchauszugs und der Auskunft (Tenor Ziffer I.) war § 711 Satz 1 ZPO anzuwenden, wobei der Senat das Interesse der Klagepartei an der Vollstreckung der beiden Ansprüche auf 10.000 € (jeweils 5.000 €) schätzt. Bezüglich der Vollstreckung wegen der Kosten des Berufungsverfahrens gilt § 711 Satz 2 ZPO.
90
6. (Nur) soweit der Senat der Berufung der Klagepartei in Bezug auf den Auskunftsanspruch stattgegeben hat (Tenor Ziffer I.2.), war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugunsten der Beklagten zuzulassen.
91
Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 15.06.2023 (Az. 16 U 355/20) in einer vergleichbaren Fallkonstellation einen nämlichen Auskunftsanspruch mit der tragenden Begründung abgewiesen, dass der vermeintliche Auskunftsbedarf der Klägerin auf etwaige Rückforderungsansprüche der Beklagten ziele, für die die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet sei (ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39). Von dieser Rechtsansicht weicht der Senat vorliegend ab, indem er den Auskunftsanspruch ungeachtet der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im (Folge-)Prozess für gegeben erachtet. Diese Divergenz in einer tragenden Rechtsfrage entfällt nicht dadurch, dass das OLG Düsseldorf (aaO Rn. 39 a.E.) seine Abweisung danach und daneben auch noch mit einer unbeachtlichen Behauptung des Klägers ins Blaue hinein begründet hat (vgl. MüKoZPO/Krüger, 6. Aufl. 2020, ZPO, § 543 Rn. 15).
92
Im Übrigen besteht ein Grund zur Zulassung der Revision nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen ansonsten nicht vor.
93
7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO.
94
Der Kläger hat sein Interesse an der von ihm geführten Berufung mit 8.000 € beziffert: 3.000 € für die Berufung der Klagepartei gegen die Teilabweisung des Buchauszugsanspruchs; 5.000 € für die Berufung der Klagepartei gegen die Abweisung des Auskunftsanspruchs (Berufungsbegründung S. 11, Bl. 236 d.A.). Diese Schätzung, der die Beklagte nicht entgegengetreten ist, hält der Senat für plausibel und legt sie der Gebührenstreitwertberechnung zugrunde.
95
Mit der Anschlussberufung wendet sich die Beklagte gegen die Teilverurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs. Maßgeblich ist also das Interesse der Beklagten, den Buchauszug nicht erteilen zu müssen, mithin grundsätzlich der voraussichtliche Aufwand der Beklagten an der Buchauszugserstellung (BGH NJW 2019, 604 [BGH 21.11.2018 - XII ZB 351/18] Rn. 2). Diesen schätzt der Senat mangels anderer Anhaltspunkte vorliegend auf 1.000 €.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel das Teilurteil des Landgerichts München I vom 24.05.2022, Az. 33 O 3122/21 (2) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.1.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen vollständigen Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis 26.04.2022 über alle Verträge, die in dem Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 provisionsrelevant waren oder bei denen Streit darüber besteht, ob sie provisionsrelevant waren, zu erteilen, wobei der Buchauszug mindestens folgende Angaben für alle Verträge in geordneter Zusammenstellung zu enthalten hat:
1.1.1.
Name und Anschrift des Kunden
1.1.2.
Antragsdatum
1.1.3.
Policierungsdatum / Datum der Annahme des Geschäfts
1.1.4.
Versicherungsscheinnummer bzw. Vertragsnummer
1.1.5.
Art und Inhalt des Vertrags (Sparte, Tarifart, provisionsrelevante Vereinbarungen)
1.1.6.
Versicherungsbeitrag
1.1.7.
Versicherungsbeginn / Vertragsbeginn
1.1.8.
Bei Lebensversicherungsverträgen: Laufzeit des Vertrags, ggf. der Verlängerung
1.1.9.
Nettojahresprämie (Höhe, Fälligkeit und Zahlungsweise, Tag des Eingangs der Prämie)
1.1.10.
Im Falle der Stornierung:
1.1.10.1. Datum der Stornierung
1.1.10.2. Gründe für die Stornierung
1.1.10.3. Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
1.1.11.
Geburtsdatum bei Lebensversicherungsverträgen
1.1.12.
Prämienrelevante Sondervereinbarungen
1.1.13.
Versicherungssumme
1.1.14.
Aufschubzeit
1.1.15.
Abweichungen vom Regelprämiensatz
1.1.16.
Dynamisierung des Vertrages:
1.1.16.1. Erhöhung der Jahresprämie
1.1.16.2. Bewertete Versicherungsprämie
1.1.16.3. Erhöhung der Versicherungssumme
1.1.16.4. Zeitpunkt der Erhöhung
1.1.16.5. Anpassungszeitraum
1.1.16.6. Steigerungssatz
1.1.16.7. Ggf. Aussetzungszeiträume
1.2.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche ursprünglich von dem Beklagten an den Kläger vermittelten Verträge nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages der Parteien in der Stornohaftungszeit durch die Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt worden sind, bei denen der jeweilige Kunde im Anschluss an die Kündigung oder Beitragseinschränkung einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche versicherte Risiko oder Produkt bei den Gesellschaften der (...)-Versicherungsgruppe abgeschlossen hat, und hierbei insbesondere Folgendes anzugeben:
1.2.1.
Name und Anschrift des Kunden
1.2.2.
Art und Inhalt des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
1.2.3.
Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
1.2.4.
Datum der Wirksamkeit der Kündigung oder Beitragsreduzierung
1.2.5.
Im Falle der Beitragsreduzierung Höhe der Beitragsreduzierung
2.
Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3. Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziffer I. des Tenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Jede Partei kann die Vollstreckung gegen sich wegen der Kosten des Berufungsverfahrens durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils durch sie beizutreibenden Betrags erbringt.
4.
Die Revision wird zugunsten der Beklagten insoweit zugelassen, als der Senat der Berufung der Klagepartei in Bezug auf den Auskunftsanspruch stattgegeben hat (Tenor Ziffer I.2.).
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.000,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.
1
Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem beendeten Versicherungsvertretervertrag.
2
Die Beklagte vertreibt deutschlandweit Versicherungen. Der Kläger war vom 01.10.2015 bis zum 30.06.2020 als Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig. Er kündigte das Vertragsverhältnis ordentlich zum 30.06.2020, weil er zu einer anderen Versicherung wechselte.
3
Der Kläger hat vor dem Landgericht neben weiteren Anträgen Stufenklage erhoben, wobei er in der ersten Stufe einen Buchauszug begehrt sowie Auskunft darüber, welche ursprünglich von dem Kläger an die Beklagte vermittelten Verträge nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages der Parteien durch die Kunden eingeschränkt worden seien, bei denen der jeweilige Kunde im Anschluss an die Kündigung oder Beitragseinschränkung einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche versicherte Risiko oder Produkt bei den Gesellschaften der Beklagten-Versicherungsgruppe abgeschlossen habe, wobei Folgendes anzugeben sei (LGU S. 6f):
(1) Name und Anschrift des Kunden,
(2) Art und Inhalt des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde,
(3) Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde,
(4) Datum der Wirksamkeit der Kündigung oder Beitragsreduzierung,
(5) im Falle der Beitragsreduzierung Höhe der Beitragsreduzierung,
(6) Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags,
(7) Laufzeit des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages,
(8) Höhe und Fälligkeit der Prämie des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags,
(9) Name und Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers.
4
Die Beklagte begehrt widerklagend die Rückzahlung von ihrer Ansicht nach von dem Kläger infolge von behaupteten Stornierungen nicht verdienten Provisionen in Höhe von 24.453,94 € (nebst Zinsen).
5
Mit Schreiben vom 19.05.2021 hat die Beklagte dem Kläger angeboten, einen Buchauszug nach Terminvereinbarung mit den im Schreiben bezeichneten Mitarbeitern der Beklagten abzuholen (Anlage K19, B2), der die ihrer Meinung nach erforderlichen Informationen enthalte. Zu einer Übergabe an den Kläger ist es jedoch nicht gekommen.
6
Hinsichtlich der genauen Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der in erster Instanz zuletzt gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Teilurteil des Landgerichts München I vom 24.05.2022, Az. 33 O 3122/21 (2), Bezug genommen.
7
Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 24.05.2022 ausschließlich über die erste Stufe der Stufenklage, also den vom Kläger begehrten Buchauszug und die von dem Kläger begehrte Auskunft entschieden.
8
Dabei hat es der Buchauszugsklage des Klägers teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Buchauszugserteilung mit folgenden Angaben verurteilt:
a) Name und Anschrift des Kunden,
b) Antragsdatum,
c) Policierungsdatum/Datum der Annahme des Geschäfts,
d) Versicherungsscheinnummer bzw. Vertragsnummer,
e) Art und Inhalt des Vertrags (Sparte, Tarifart, provisionsrelevante Vereinbarungen),
f) Versicherungsbeitrag,
g) Versicherungsbeginn/Vertragsbeginn,
h) Laufzeit des Vertrages, ggf. der Verlängerung,
i) Nettojahresprämie (Höhe, Fälligkeit und Zahlungsweise, Tag des Eingangs der Prämie),
j) im Falle der Stornierung: Datum der Stornierung, Gründe für die Stornierung, Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen.
9
Den weitergehenden Antrag des Klägers auf Buchauszugserteilung hat das Landgericht abgewiesen. Die Auskunftsklage hat es in Gänze abgewiesen.
10
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die (Teil-)Klageabweisungen. Die Beklagte geht mit ihrer Anschlussberufung gegen die im Teilurteil erfolgte Teilverurteilung vor.
11
Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und meint, dass auch die vom Landgericht abgewiesenen Anträge zulässig und begründet seien. Zum Auskunftsbegehren meint der Kläger, dass er ihrer bedürfe, um zu erkennen, ob die Beklagte den von dem Kläger betreuten Versicherungsbestand auf neue Vermittler übertragen habe, die dann auf die Versicherungsnehmer zugegangen seien und sie zu einer sogenannten Umdeckung veranlasst hätten (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5, Bl. 230 d.A.). Hierzu behauptet der Kläger, dass die Beklagte mithilfe der Vermittler, auf die die Beklagte nach dem Ausscheiden des Klägers den von ihm betreuten Versicherungsbestand übertragen habe, derartige Umdeckungen vorgenommen habe und in der Folge den Kläger unzulässigerweise mit entsprechenden Rückprovisionen belastet und dem neuen Vermittler neue Provisionen gutgeschrieben habe (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5 f., Bl. 230 f.).
12
Mit Schriftsatz vom 24.09.2024 hat der Kläger seinen Klageantrag auf Buchauszugserteilung hinsichtlich der Abrufphase und den Klageantrag auf Auskunft bezüglich der Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags sowie des Namens und der Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers zurückgenommen. Die Beklagte hat in die Teilklagerücknahmen eingewilligt. Einen in der Berufungsbegründung enthaltenen Datumsfehler (Buchauszug bis 24.05.2022, Bl. 226 d.A.) hat der Kläger im Schriftsatz vom 24.09.2024 (S. 1, Bl. 284 d.A.) korrigiert.
13
Der Kläger beantragt daher zu seiner Berufung zuletzt:
I.
Das Teilurteil des Landgerichts München I vom 24.05.2022 zu dem Aktenzeichen 33 O 3122/21 (2) wird geändert und die Beklagte wird über die erstinstanzlich erfolgte Verurteilung hinaus verurteilt,
1.
dem Kläger einen vollständigen Buchauszug gemäß § 87c Abs. 2 HGB für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 über alle Verträge, die in dem Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 provisionsrelevant waren oder bei denen Streit darüber besteht, ob sie provisionsrelevant waren, zu erteilen, wobei der Buchauszug mindestens folgende weitere (über die bisherige Verurteilung hinaus) Angaben für alle Verträge in geordneter Zusammenstellung zu erhalten hat:
k)
Geburtsdatum/Eintrittsalter im Personenversicherungsgeschäft
l)
prämienrelevante Sondervereinbarungen
m)
Versicherungssumme/Zeichnungssumme
n)
Eintritt und Datum des Versicherungsfalls
o)
Aufschubzeit
p)
Abrufphase: zurückgenommen, s.o.
q)
Abweichung vom Regelprämiensatz
r)
bei Dynamisierung des Vertrages:
- Erhöhung der Jahresprämie
- bewertete Versicherungsprämie
- Erhöhung der Versicherungssumme
- Zeitpunkt der Erhöhung
- Anpassungszeitraum
- Steigerungssatz
- ggf. Aussetzungszeiträume
s)
Im Falle der Stornierung:
- Datum der Stornogefahrmitteilung
- Art der Stornogefahrmitteilung
- Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen
2.
dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche ursprünglich von dem Beklagten an die Klägerin vermittelten Verträge nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages der Parteien durch die Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt worden sind und bei denen der jeweilige Kunde im Anschluss an die Kündigung oder Beitragseinschränkung einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche versicherte Risiko oder Produkt bei den Gesellschaften der (...)-Versicherungsgruppe abgeschlossen hat und hierbei insbesondere folgendes anzugeben:
(1)
Name und Anschrift des Kunden
(2)
Art und Inhalt des Vertrages, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
(3)
Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer, der gekündigt oder in den Beiträgen reduziert wurde
(4)
Datum der Wirksamkeit der Kündigung oder Beitragsreduzierung
(5)
Im Falle der Beitragsreduzierung Höhe der Beitragsreduzierung
(6)
Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrags: zurückgenommen, s.o.
(7)
Laufzeit des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages
(8)
Höhe und Fälligkeit der Prämie des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages
(9)
Name und Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers: zurückgenommen, s.o.
II.
14
Sollte der Senat die Berufung in Bezug auf die begehrten Informationen zu Datum und Adressat der Stornogefahrmitteilung zurückweisen, wird hilfsweise beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft für den Zeitraum vom 01.12.2016 bis zum 26.04.2022 über das Datum und den Adressaten der Stornogefahrmitteilung für alle Verträge zu erteilen, aufgrund deren Stornierung die Beklagte von dem Kläger Rückprovisionen fordert oder ihm nicht den ohne die Stornierung des Vertrages fälligen Provisionsanspruch in voller Höhe ausgezahlt hat.
15
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung des Klägers.
16
Darüber hinaus beantragt die Beklagte im Rahmen ihrer Anschlussberufung:
In Abänderung des Teilurteils des Landgerichts München I vom 26.04.2022, Az. 33 O 3122/21, wird die Klage abgewiesen.
17
Der Kläger beantragt
die Zurückweisung der Anschlussberufung.
18
Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, dass sie dem Kläger keinen Buchauszug schulde. Diesem fehle schon das Rechtsschutzbedürfnis; zudem sei sein Verlangen rechtsmissbräuchlich. Jedenfalls sei der Anspruch bereits erfüllt worden. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens lägen die Voraussetzungen des § 87c Abs. 3 HGB nicht vor.
19
Der Senat hat mit Beschluss vom 13.09.2024 Hinweise nach § 139 ZPO erteilt und Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 10.10.2024 angesetzt.
20
Mit per beA sowohl an den Senat als auch an die Kanzlei des Klägervertreters - nicht auch an den Kläger selbst - am Nachmittag des 09.10.2024 übermitteltem Schriftsatz nahm der Beklagtenvertreter zu den Hinweisen Stellung und übersandte gleichzeitig in der Anlage einen umfangreichen Buchauszug. Der Klägervertreter hatte bei Eingang des Schriftsatzes in seiner Kanzlei diese bereits verlassen und ist am Folgetag sogleich nach München zur Verhandlung beim Senat gereist. Er hat den Schriftsatz des Beklagtenvertreters nebst Anlage nicht an den Kläger weitergeleitet.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Hinweisbeschluss des Senats vom 13.09.2024 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.10.2024 Bezug genommen.
II.
22
Die zulässige Berufung der Klagepartei hat sowohl in Bezug auf den weiterverfolgten Buchauszugsanspruch als auch in Bezug auf den Auskunftsanspruch im jeweils tenorierten Umfang (Buchauszug: Tenor Ziffern I. 1. k.-p., Auskunft: Tenor Ziffer I. 2.) Erfolg. Das weitergehende Rechtsmittel des Klägers ist unbegründet; das gilt auch für den im Schriftsatz vom 24.09.2024 neu gestellten Hilfsantrag. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist weit überwiegend unbegründet; es verbleibt weitgehend (mit Ausnahme der Begrenzung von Tenor Ziffer I. 1. h. auf Lebensversicherungsverträge) bei den vom Landgericht ausgeurteilten Bestandteilen des zu erteilenden Buchauszugs (Tenor Ziffern I. 1. a.-j.).
23
Dabei war nicht mehr über den Antrag des Klägers auf Mitteilung der Abrufphase [Berufungsantrag vom 01.09.2022 Ziff. I. 1. p) ] sowie über den Auskunftsantrag hinsichtlich der Versicherungsscheinnummer/Vertragsnummer des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages und des Namens und der Anschrift des den Anschlussvertrag vermittelnden Vermittlers [Berufungsanträge vom 01.09.2022 Ziff. I. 2. (6) + (7) ] zu entscheiden, da die Klagepartei die Klage insoweit wirksam mit Zustimmung der Beklagten gemäß § 269 Abs. 1 ZPO zurückgenommen hat (Schriftsatz vom 24.09.2024 S. 1, 4, Bl. 284, 287 d.A.; Protokoll vom 10.10.2024 Seite 2).
24
Soweit der Kläger im Berufungsantrag (Ziffer I.1.s - 3 Spiegelstrich) die Verurteilung zur Mitteilung der Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen im Falle der Stornierung begehrt, hat das Landgericht ihm genau dieses bereits zugesprochen [Tenor des Landgerichtsurteils Ziffer I.j) - dritter Spiegelstrich].
25
1. Die zulässige Berufung des Klägers hat im tenorierten Umfang (Tenor Ziffern I. 1. k.-p.) Erfolg, soweit sie sich gegen die Teilabweisung des Buchauszugsanspruchs durch das Landgericht wendet. Sie ist diesbezüglich nur insoweit erfolglos, als der dem Kläger zu erteilende Buchauszug nicht die Angabe des Versicherungsfalls sowie von Datum und Adressat einer Stornogefahrmitteilung enthalten muss - auch der diesbezüglich gestellte Hilfsantrag ist unbegründet; ferner ist das Geburtsdatum nur bei Lebensversicherungen mitzuteilen, das Eintrittsdatum braucht daneben nicht mehr mitgeteilt zu werden.
26
1.1. Die Buchauszugsklage ist zulässig.
27
1.1.1. Ihr fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
28
Zwar kann das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ausnahmsweise fehlen, wenn die Gerichte als Teil der Staatsgewalt "unnütz bemüht" werden (BGH WuM 2014, 558 [BGH 04.06.2014 - VIII ZR 4/13] Rn. 18). Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn die beklagte Partei die Verpflichtung zur Herausgabe bestimmter Gegenstände nicht in Abrede stellte und die Klagepartei die bereit gestellten Gegenstände nach Vorankündigung hätte abholen können (BGH aaO Rn. 20). Das ist grundsätzlich auch denkbar, wenn die beklagte Klagepartei einen von der beklagten Seite ordnungsgemäß angebotenen und bereitgestellten Buchauszug nicht abholt (Emde IHR 2023, 97 Rn. 46).
29
Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Parteien über Fragen des materiellen Rechts unterschiedliche Auffassungen vertreten, die zu dem Streitgegenstand des vom Kläger betriebenen Rechtsstreits gehören und in dessen Rahmen also geklärt würden (BGH aaO Rn. 21 i.V.m. Rn 23).
30
Hier trägt die Beklagte zwar vor, dass sie einen Buchauszug für die Klagepartei bereitgestellt habe; diesen könne der Kläger nach Vorankündigung abholen. Jedoch enthält dieser Buchauszug nach den eigenen Angaben der Beklagten nur die aus ihrer Sicht erforderlichen Angaben, nicht die nicht provisionsrelevanten (Schriftsatz vom 19.05.2021 S. 2, Bl. 91 d.A.). Die Frage, welche Angaben alle derart provisionsrelevant sind und welche nicht, ist zwischen den Parteien hochumstritten. Sie war im Rahmen dieses Rechtsstreits zu klären.
31
Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Beklagtenvertreter dem Klägervertreter (sowie dem Senat) am Nachmittag vor der mündlichen Verhandlung noch einen umfangreichen Buchauszug als Anlage zum Schriftsatz vom 09.10.2024 übersandt hat (Anlage KMP 1). Denn auch dies ändert nichts an dem nach wie vor bestehenden, in diesem Rechtsstreit zu klärenden Streit über die Frage, welche Angaben provisionsrelevant sind. Insbesondere enthält auch dieser neue Buchauszug nicht sämtliche Angaben, die zu erteilen die Beklagte nach diesem Urteil verpflichtet ist. Überdies streiten die Parteien über die (Teil)-Erfüllungswirkung dieser Art der Buchauszugsübersendung; auch diese Frage galt es in vorliegendem Rechtsstreit zu entscheiden.
32
1.1.2. Der Klageantrag auf Erteilung des Buchauszugs ist bestimmt genug (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
33
Dem steht entgegen der Meinung der Beklagten nicht entgegen, dass der Kläger ihn für Verträge verlangt, die "provisionsrelevant waren oder bei denen Streit darüber besteht, ob sie provisionsrelevant waren". Dies ist nur die Wiederholung des gesetzlichen Anwendungsbereiches der Anspruchsgrundlage § 87c Abs. 2 ZPO, wonach der Buchauszug über Geschäfte verlangt werden kann, für die dem Handelsvertreter Provision gebührt. Der Antrag betont also nur nochmal die gesetzlichen Grenzen des Anspruchs. Das macht ihn nicht unbestimmt. Im Gegenteil: Der Handelsvertreter hätte sich sogar noch weitergehend darauf beschränken können, nur allgemein einen Buchauszug, ohne Benennung der jeweiligen Einzelangaben, die er begehrt, zu verlangen, weil sich selbst dann noch dessen Inhalt hinreichend klar aus dem Gesetz ergeben würde (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 35).
34
1.2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß §§ 92 Abs. 2, 87c Abs. 2 HGB.
35
Der Anspruch ist entstanden; der Kläger war als Versicherungsvertreter für die Beklagte tätig. Der Anspruch ist auch nicht durch Erfüllung gemäß § 362 BGB erloschen.
36
1.2.1. Erfüllung ist nicht dadurch eingetreten, dass die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 19.05.2021 anbot, einen Buchauszug nach Terminvereinbarung mit im Schreiben bezeichneten Mitarbeitern der Beklagten abzuholen.
37
Es ist schon zweifelhaft, ob der Buchauszugsanspruch allein durch die Bereitstellung des ordnungsgemäß erstellten Auszugs zur Abholung erfüllt werden könnte (bejahend OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 10938 Rn. 3; Emde IHR 2023, 97 Rn. 43). Dagegen spricht, dass allein die Begründung eines Annahmeverzugs durch Bereitstellung und ordnungsgemäßes Angebot der geschuldeten Gegenstände grundsätzlich noch keine Erfüllungswirkung zeitigt (BGH WuM 2014, 558 [BGH 04.06.2014 - VIII ZR 4/13] Rn. 18 i.V.m. Rn. 20; BeckOK BGB/Lorenz, 71. Ed. 1.8.24, BGB § 293 Rn. 12). Das ändert sich erst, wenn der Schuldner den geschuldeten Gegenstand gemäß § 372 BGB hinterlegt (BeckOK BGB/Lorenz, aaO, § 293 Rn. 12). Letzteres ist hier nicht geschehen.
38
Jedenfalls hat vorliegend die Beklagte nach ihrem Vortrag lediglich die ihrer Meinung nach erforderlichen Informationen in den angebotenen Buchauszug aufgenommen (Schriftsatz vom 19.05.2021 S. 2, Bl. 91 d.A.). Tatsächlich schuldet sie aber nach Ansicht des Senats mehr, namentlich z.B. auch die Angabe provisionsrelevanter Sondervereinbarungen und der Versicherungssumme (s.u.). Damit liegt bereits kein ordnungsgemäßes Angebot eines Buchauszugs vor.
39
1.2.2. Auch indem der Beklagtenvertreter einen Buchauszug als Anlage zum Schriftsatz vom 09.10.2024 (am Tag vor der mündlichen Verhandlung vor dem Senat) per beA sowohl an den Senat schickte als auch an den Klägervertreter, ist keine (Teil-) Erfüllung des Buchauszugsanspruchs des Klägers gemäß § 362 BGB eingetreten.
40
1.2.2.1. Durch die Übersendung hat die Beklagte die von ihr geschuldete Leistung nicht gemäß § 362 Abs. 1 BGB an den Gläubiger - also den Kläger - bewirkt. Diesem hatte sie den Buchauszug nämlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung unstreitig nicht übermittelt. Auch der Klägervertreter hat dies nach seinem unbestrittenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung nicht getan und hatte auch keine Gelegenheit, dies zu tun, da er bei Eingang des Schriftsatzes am Nachmittag des 09.10.2024 bereits nicht mehr in der Kanzlei war und am Folgetag zum Verhandlungstermin nach München reiste.
41
Zwar steht der Leistung an den (empfangszuständigen) Gläubiger die Leistung an eine Mittelsperson mit Empfangszuständigkeit gleich (BGH NJW 2023, 1287 [BGH 14.02.2023 - XI ZR 537/21] Rn. 27). Eine solche Mittelsperson war der Klägervertreter hier jedoch nicht. Denn ihm fehlte die Empfangszuständigkeit für die Entgegennahme des Buchauszugs. Der gesetzliche Umfang der Prozessvollmacht (§ 81 ZPO) berechtigt den Rechtsanwalt gerade nicht zur Empfangnahme der Hauptsache (Stein/Jonas/Jacoby, 23. Aufl. 2016, § 81 Rn. 22; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 81 Rn. 8; Zöller/Althammer, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 81 Rn. 7). Das ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu § 81 Hs. 4 ZPO, wonach die Prozessvollmacht nur zur Empfangnahme der zu erstattenden Kosten berechtigt. Eine über den gesetzlichen Umfang hinausgehende Bevollmächtigung des Anwalts auch zur Entgegennahme der Hauptsache wurde vom Klägervertreter verneint und von der Beklagten auch nicht behauptet. Die vom Klägervertreter vorgelegte Vollmachtsurkunde enthält eine entsprechende Weiterung nicht.
42
1.2.2.2. Auch eine Erfüllung nach § 362 Abs. 2 BGB liegt nicht vor. Der Kläger hat, wie dargelegt, weder den Klägervertreter dazu ermächtigt, die Hauptsache in Form des Buchauszugs in eigenem Namen entgegenzunehmen, noch hat er die Beklagte dazu ermächtigt, die Leistung an den Klägervertreter zu erbringen (vgl. zu diesen Erfordernissen BGH NJW 2023, 1287 [BGH 14.02.2023 - XI ZR 537/21] Rn. 29).
43
1.3. Dem Buchauszugsanspruch steht nicht der Rechtsmissbrauchseinwand gemäß § 242 BGB entgegen.
44
Dieser kann bei dem zwingenden Anspruch des Handelsvertreters gemäß § 87c Abs. 2 HGB nur ganz ausnahmsweise greifen (Hopt/Hopt, 43. Aufl. 2024, HGB § 87c Rn. 13). Es genügt nicht, dass der Vertreter früher nie Abrechnungen beanstandet hatte (Hopt/Hopt aaO). Das Buchauszugsverlangen des Klägers ist daran gemessen hier nicht rechtsmissbräuchlich. Der Kläger hat vielmehr ein berechtigtes Interesse an der Überprüfung der Provisionsberechnungen der Beklagten. Das gilt umso mehr, als die Beklagte erhebliche - vom Kläger bestrittene - Negativsalden zulasten des Klägers von 18.649,49 € (gegenüber der AVAD, Schriftsatz vom 04.08.2021 S. 2, Bl. 113 d.A.) bzw. 24.453,94 € (in der Widerklage) infolge von Stornierungen behauptet und einfordert.
45
1.4. Der Kläger hat Anspruch auf einen Buchauszug, der über die vom Landgericht bereits ausgeurteilten Informationen (Tenor Ziffern I.1. a.-j., hierzu unten 3.) auch die im Tenor unter Ziffern I.1. k.-p. genannten Angaben, die der Kläger mit seiner Berufung begehrt, zu enthalten hat (unten 1.4.2.). Demgegenüber hat er keinen Anspruch auf die Angabe des Versicherungsfalls und des Datums sowie des Adressaten von Stornogefahrmitteilungen (unten 1.4.3.).
46
1.4.1. Grundsätzlich muss der Buchauszug die im Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsverhältnisse vollständig widerspiegeln, soweit sie sich aus den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 14). Welche Angaben über die Geschäfte für die Provision des Handelsvertreters im Einzelfall von Bedeutung sind, hängt von der zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer geltenden Provisionsregelung ab. Diese ergibt sich in erster Linie aus der zwischen ihnen getroffenen Provisionsvereinbarung und aus den zwingenden gesetzlichen Regelungen (§ 87a Abs. 2-4 HGB) sowie, soweit eine besondere Vereinbarung nicht getroffen wurde, aus den dispositiven gesetzlichen Vorschriften (§§ 92, 87, 87a Abs. 1 HGB) (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 14).
47
Der Buchauszug soll es dem Handelsvertreter ermöglichen, sich über seine Provisionsansprüche Klarheit zu verschaffen und die ihm vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnungen zu überprüfen (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 15). Dabei darf die Erteilung des Buchauszugs keine Vorwegnahme der Entscheidung enthalten, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht; nur die zweifelsfrei nicht provisionspflichtigen Geschäfte können daher bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 15).
48
Da gemäß § 87c Abs. 2 HGB der Buchauszug nur über Geschäfte zu erteilen ist, für die dem Handelsvertreter Provision gebührt, sind in ihn grundsätzlich nur solche Umstände aufzunehmen, die die vermittelten Verträge, also die Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmer und seine Kunden betreffen, nicht dagegen Tatsachen, die allein dem Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter entspringen (BGH NJW 2001, 2333, 2334; Flohr/Wauschkuhn/Fröhlich, 3. Aufl. 2023, § 87c Rn. 51; Hopt/Hopt, HGB, 43. Aufl. 2024, § 87c Rn. 15).
49
1.4.2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf die Angaben gemäß dem Tenor Ziffern I.1. k.-p.:
Geburtsdatum bei Lebensversicherungsverträgen (Tenor I.1.k.)
50
Der Kläger begehrt mit seiner Berufung die Angabe von Geburtsdatum und Eintrittsalter im Personenversicherungsgeschäft. Sein Rechtsmittel hat insoweit Erfolg, als ihm das Geburtsdatum im Lebensversicherungsgeschäft mitzuteilen ist.
51
Die Beklagte räumt ein, dass das Geburtsdatum und Eintrittsalter der versicherten Person in seltenen Ausnahmen relevant sei (Schriftsatz vom 05.12.2022 S. 12, Bl. 252 d.A.). Konkret stellen die vorgelegen Provisionsbestimmungen für Lebensversicherungsverträge (Anlage Bb2 S. 10) auf das 70. Lebensjahr des Versicherungsnehmers ab. Ein bei Vertragsschluss minderjähriger Versicherungsnehmer erhält unstreitig ein Sonderkündigungsrecht, wenn er volljährig wird (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 7, Bl. 232 d.A.; Schriftsatz vom 05.12.2022 S. 13, Bl. 253 d.A.). Dass es sich hierbei um eher seltene Fallkonstellationen handeln mag, ändert nichts daran, dass der Kläger die begehrten Informationen benötigt, um beurteilen zu können, ob ein solcher Fall bei einem vermittelten Vertrag vorliegt.
52
Es genügt allerdings die Aufnahme des Geburtsdatums in den Buchauszug; daneben braucht das Eintrittsalter nicht mehr gesondert aufgenommen zu werden: Anhand des mitzuteilenden Geburtsdatums sowie des gleichfalls anzugebenden Policierungsdatums (Tenor Ziffer I.1.c.) kann der Kläger das Eintrittsalter ohne nennenswerten Aufwand errechnen.
53
Die Mitteilungspflicht bezieht sich nur auf das Lebensversicherungsgeschäft, weil nur für dieses die Provisionsrelevanz vom Kläger vorgetragen wurde.
54
Demgegenüber war entgegen der Beklagtenmeinung die Angabe nicht auf die vom Kläger vermittelten Verträge zu beschränken. Eine Relevanz des Lebensalters nur für die Abschlussprovision und also nur für die vom Kläger selbst vermittelten Verträge lässt sich der Provisionsbestimmung Anlage Bb2 S. 10 nicht entnehmen.
Prämienrelevante Sondervereinbarungen (Tenor I.1.l.)
55
Die Berufung des Klägers hat auch in diesem Punkt Erfolg. Der Kläger hat klargestellt, dass es ihm hierbei um die Abreden gemäß Teil A.1 (3) und (4) der Anlage Bb1 (Allgemeine Provisionsbestimmungen) geht. Die dort aufgeführten Sondervereinbarungen - etwa der Abschluss einer Gruppen- oder Sammelversicherung - sind ausdrücklich für die Anwendbarkeit der Provisionsvereinbarungen von Bedeutung und also provisionsrelevant. Die Sondervereinbarungen sind daher in den Buchauszug aufzunehmen (BGH NJW 2001, 2333, 2334; BeckRS 2024, 24091 Rn. 16).
Versicherungssumme (Tenor I.1.m.)
56
Die Berufung des Klägers hat Erfolg, soweit er die Aufnahme der Versicherungssumme in den Buchauszug begehrt. Nach nicht bestrittenem Klägervortrag (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 10, Bl. 235 d.A.) richtet sich die Höhe der Prämie nach der Höhe der Versicherungssumme. Die Höhe der Prämie ist aber wiederum für die Provisionshöhe maßgeblich, § 87b Abs. 2 HGB. Folglich ist die Versicherungssumme mittelbar provisionsrelevant und also in den Buchauszug aufzunehmen (Staub/Emde, 6. Aufl. 2021, HGB, § 87c Rn. 183). Der Hinweis der Beklagten darauf, dass der Handelsvertreter im Antragsprozess ursprünglich einmal selbst dem Kunden bei Beantragung der Versicherung die Versicherungssumme und die dafür zu zahlende Prämie genannt habe (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 7), führt zu keiner anderen Bewertung: Der Vertreter soll mit dem Buchauszug kontrollieren können, was die Beklagte am Ende für eine Versicherungssumme mit dem Kunden vereinbart und in ihre Bücher geschrieben hat.
57
Demgegenüber hat der Kläger keinen Anspruch auf Mitteilung auch einer Zeichnungssumme: Nach unbestrittenem Beklagtenvortrag hat der Kläger keine Kapitalanlagegeschäfte vermittelt (Schriftsatz vom 05.12.2022 S. 14).
Aufschubzeit (Tenor I.1.n.)
58
Die Berufung des Klägers ist insoweit begründet, die Aufschubdauer ist in den Buchauszug aufzunehmen. Sie ist nach den Vereinbarungen der Parteien für die Provision des Klägers von Bedeutung: Anlage Bb2 S. 9 letzter Absatz (Gewichtungsfaktor) sowie Anlage Bb2 S. 10 letzter Absatz (Korrekturfaktor).
Abweichungen vom Regelprämiensatz (Tenor I.1.o.)
59
Die Berufung des Klägers ist diesbezüglich begründet. Gewährt die Beklagte einem Versicherungsnehmer etwa einen gesonderten Rabatt und weicht so vom Regelprämiensatz ab, hat dies u.U. Einfluss auf die Provisionshöhe des Handelsvertreters (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 8, Bl. 233 d.A.). Die konkrete Vereinbarung der Parteien (Ziffer C 1.5 Anlage Bb2) sieht diesbezügliche Korrekturfaktoren vor, die Einfluss auf die Provisionshöhe haben. Entsprechende provisionsrelevante Änderungen sind in den Buchauszug aufzunehmen (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Der Vortrag der Beklagten, grundsätzlich solche Abweichungen nicht gewährt zu haben (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 9), ist nicht erheblich. Denn genau dies soll der Kläger mit dem Buchauszug überprüfen können.
Dynamisierung des Vertrages (Tenor I.1.p.)
60
Die Berufung des Klägers ist in diesem Punkt begründet. Der Kläger bekommt nach unbestrittenem Klägervortrag eine Dynamikprovision, die nach den zu zahlenden Beiträgen berechnet wird (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 9, Bl. 234 d.A.). Im Buchauszug sind daher etwaige Dynamisierungen inklusive der diesbezüglichen Berechnungsgrundlagen anzugeben (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Entgegen der Meinung der Beklagten genügt es nicht, anzugeben, wann sich der Beitrag um wie viel erhöht hat: Der Kläger muss prüfen können, ob die diesbezügliche Angabe plausibel ist, er muss die Beitragserhöhung rechnerisch nachvollziehen können. Auch kann die Beklagte den Kläger nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er die automatischen Anpassungen auch ohne die Zusatzangaben im Buchauszug auf Plausibilität prüfen könne (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 9). Der Buchauszugsanspruch gemäß § 87c Abs. 2 HGB ist nämlich nicht zu etwaigen alternativen Kontrollmöglichkeiten subsidiär.
61
1.4.3. Demgegenüber hat der Kläger keinen Anspruch auf die Angabe des Versicherungsfalls über die Mitteilung eines etwaigen Stornogrundes nach Tenor Ziffer I.1.j. hinaus. Gleiches gilt für die Angabe des Datums und des Adressaten von Stornogefahrmitteilungen. Bezüglich letzterem ist auch der hilfsweise gestellte Auskunftsantrag erfolglos. In diesem Umfang ist die Berufung des Klägers unbegründet.
62
1.4.3.1. Der Kläger bedarf nicht der Mitteilung des Versicherungsfalls über die Mitteilung eines etwaigen Stornogrundes nach Tenor Ziffer I.1.j. hinaus.
63
Zwar kann der Eintritt des Versicherungsfalls unstreitig zu einem Sonderkündigungsrecht der Beklagten führen. Nach unbestrittenem Beklagtenvortrag müsste die Beklagte jedoch dieses Sonderkündigungsrecht innerhalb eines Monats nach dem Versicherungsfall ausüben. Es ist daher vorliegend ausgeschlossen, dass es noch zu ggf. die Provision des Klägers beeinflussenden Sonderkündigungen der Beklagten für die hier streitgegenständlichen Verträge kommt, weil der Auskunftszeitraum nur bis April 2022 reicht. Soweit die Beklagte eine solche Sonderkündigung infolge eines Versicherungsfalls für einen solchen streitgegenständlichen Vertrag früher schon ausgeübt und also wegen des Versicherungsfalls den betreffenden Vertrag storniert haben sollte, muss sie den Grund hierfür (also den Versicherungsfall) schon nach Tenor Ziffer I.1.j. angeben.
64
1.4.3.2. Auch das Datum und den Adressaten einer Stornogefahrmitteilung braucht die Beklagte nicht mitzuteilen.
65
Eine Stornogefahrmitteilung an den Kläger als Versicherungsvertreter betrifft schon nicht, wie das Landgericht zutreffend erläutert hat (LGU S. 14), die Ausführung des vermittelten Geschäfts mit dem Kunden durch den Unternehmer, über die allein der Buchauszug zu erstellen ist (BGH NJW 2001, 2333, 2335 unter II.2.c; MüKoHGB/Ströbl, 5. Aufl. 2021, HGB § 87c Rn. 42). Soweit der Kläger die Mitteilung von etwaigen Stornogefahrmitteilungen begehrt, die die Beklagte an andere Vertreter - etwa an den Nachfolger des Klägers - geschickt habe, wäre eine derartige Mitteilung keine genügende Bestandserhaltungsmaßnahme der Beklagten (BGH NJW 2012, 3305 [BGH 28.06.2012 - VII ZR 130/11] Rn. 24) und also auch nicht für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Provisionsanspruchs des Klägers gemäß § 87a Abs. 3 HGB rechtlich von Belang. Deshalb ist auch der vom Kläger an dieser Stelle hilfsweise gestellte Antrag auf eine entsprechende Auskunftserteilung unbegründet.
66
2. Die zulässige Berufung des Klägers hat im tenorierten Umfang (Tenor Ziffer I. 2.) Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung des Auskunftsanspruchs wendet.
67
2.1. Die Auskunftsklage ist zulässig.
68
Der Antrag ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt genug. Die begehrte Auskunft bezieht sich nur auf solche Verträge, die der Kläger vermittelt hat und die nach der Beendigung des Handelsvertretervertrages durch den Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt wurden und bei denen der Kunde im Anschluss einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche Risiko abgeschlossen hat. Damit ist der Auskunftsgegenstand hinreichend eingegrenzt und klar bestimmbar.
69
2.2. Die Auskunftsklage ist im tenorierten Umfang begründet.
70
2.2.1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Auskunftsanspruch aus § 87c Abs. 3 HGB. Die Norm ist neben dem Buchauszugsanspruch gemäß § 87c Abs. 2 HGB anwendbar und ergänzt diesen, wobei es zu inhaltlichen Überschneidungen kommen kann (BGH IHR 2012, 63 Rn. 53). Eine Einschränkung dergestalt, dass der Anspruch aus § 87c Abs. 3 HGB erst nach Erteilung des Buchauszugs greifen würde, ist der Norm nicht entnehmbar und würde dem Interesse beider Seiten an einem schnellen und effizienten Verfahrensfortgang widersprechen.
71
2.2.2. Der Auskunftsanspruch besteht dem Grunde nach. Nach § 87c Abs. 3 HGB kann der Vertreter Auskunft über Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind und die sich nicht schon aus dem Buchauszug oder der Abrechnung ergeben (MüKo HGB/Ströbl, 5. Aufl. 2021, § 87c Rn. 69, 67).
72
Der Kläger begehrt die Auskunft, um zu erkennen, ob die Beklagte den von dem Kläger betreuten Versicherungsbestand auf neue Vermittler übertragen hat, die dann auf die Versicherungsnehmer zugegangen sind und sie zu einer sogenannten Umdeckung veranlasst haben (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5, Bl. 230 d.A.). Ein etwaig abgeschlossener Ersatzvertrag über dasselbe Risiko ist in der Tat oft - und auch hier - das einzige objektive Indiz, dass ein Fall unzulässiger Umdeckung vorliegen könnte mit der Folge, dass der Provisionsanspruch des Klägers gemäß § 87a Abs. 3 HGB unberührt bliebe (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 68). Die Information über einen derartigen neuen Ersatzvertrag ist auch keine Angabe, die gemäß § 87c Abs. 2 im Buchauszug über die vom Kläger vermittelten Verträge, für die er Provision erhält, enthalten wäre. Folglich kann der Kläger hierüber Auskunft nach § 87c Abs. 3 HGB verlangen.
73
Zwar muss in einem Prozess, in dem die Beklagte unter Berufung auf § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB von dem Kläger die Rückforderung gezahlter Provisionen fordert (wie hier mit der Widerklage), grundsätzlich die Beklagte darlegen und ggf. beweisen, dass sie die Nichtausführung des alten, von dem Kläger vermittelten Vertrages nicht zu vertreten hat (OLG Düsseldorf ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39; Hopt/Hopt, 43. Aufl. 2024, HGB § 87a Rn. 30). Im Zweifel müsste also die Beklagte beweisen, dass sie nicht in zu vertretender Weise die Umdeckung des Vertrages veranlasst oder sonst gefördert hat. Dieser Gesichtspunkt steht allerdings einem Auskunftsanspruch des Klägers in Bezug auf die Ersatzverträge, die ein gewichtiges Indiz für eine solche Umdeckung darstellen können, nicht entgegen (a.A. OLG Düsseldorf ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39). Maßgeblich für § 87c Abs. 3 ZPO ist nicht die prozessuale Verteilung der Darlegungslast im (Folge-)Prozess, sondern die materiellrechtliche Wesentlichkeit der Information für den Provisionsanspruch. Das folgt aus dem Wortlaut der Norm wie auch aus ihrem Zweck, den Handelsvertreter umfassend über solche Umstände zu informieren, die sich nicht aus den Büchern des Unternehmers ergeben, aber dennoch für seine Provisionsansprüche erheblich sind (Flohr/Wauschkuhn/Fröhlich, 3. Aufl. 2023, HGB § 87c Rn. 70). Für den Provisionsanspruch des Klägers ist aber eine von der Beklagten zu vertretende Umlenkung des Versicherungsnehmers auf einen neuen, den Kläger nicht mehr zur Provision berechtigenden Ersatzvertrag - und also auch bereits die Existenz eines derartigen Ersatzvertrages als wesentliches Indiz hierfür - von Bedeutung, weil sich die Beklagte dann schon deswegen nicht mehr auf § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB berufen könnte.
74
Dazu passt, dass es beim Buchauszugsanspruch, der gleichfalls den Zweck hat, dem Vertreter Klarheit über seine Provisionsansprüche zu verschaffen (BGH BeckRS 2024, 24091 Rn. 15), allgemeiner Meinung entspricht, dass auch Stornogründe mitgeteilt werden müssen (BGH NJW 2001, 2333, 2335; OLG Düsseldorf ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 35; Staub/Emde, 6. Aufl. 2021, HGB § 87c Rn. 185), obwohl hier ebenso gilt, dass der Prinzipal für das Nichtvertreten dieser Gründe grundsätzlich gemäß § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB die Behauptungslast trägt.
75
Der Kläger hat vorliegend - anders als im zitierten Fall des OLG Düsseldorf (ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39 a.E.) - die angeblichen Umdeckungen auch nicht lediglich unbeachtlich ins Blaue hinein behauptet. Der Kläger trägt vor, dass die Beklagte mithilfe der Vermittler, auf die die Beklagte nach dem Ausscheiden des Klägers den von ihm betreuten Versicherungsbestand übertragen habe, derartige Umdeckungen vorgenommen habe und in der Folge den Kläger unzulässigerweise mit entsprechenden Rückprovisionen belastet und dem neuen Vermittler neue Provisionen gutgeschrieben habe (Schriftsatz vom 01.09.2022 S. 5 f., Bl. 230 f.). Diese Behauptung ist hier nicht prozessual unbeachtlich. Das wäre erst dann der Fall, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aufs Geratewohl" aufgestellt worden wäre. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist dabei Zurückhaltung geboten; in der Regel wird nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte sie rechtfertigen können (BGH BeckRS 2021, 37995 Tz. 28; NJW 2021, 3721 [BGH 16.09.2021 - VII ZR 190/20] Tz. 23). Von letzterem kann hier angesichts des Umstands, dass die Beklagte mit ihrer noch in erster Instanz anhängigen Widerklage Rückprovisionsansprüche in ganz erheblicher Größenordnung (über 24.000 €) infolge von erfolgten Stornierungen gegen den Kläger geltend macht (LGU S. 9), nicht ausgegangen werden.
76
2.2.3. Der Auskunftsanspruch umfasst den tenorierten Inhalt (Tenor Ziff. I.2.).
77
In zeitlicher Hinsicht war die Auskunft in Einschränkung des Klägerantrags auf im Stornohaftungszeitraum gekündigte oder in der Beitragszahlung eingeschränkte Verträge zu begrenzen (vgl. Staub/Emde, 6. Aufl. 2021, HGB § 87c Rn. 190 zur Parallelproblematik beim Buchauszug). Nur für diese Zeit droht dem Vertreter eine Haftung auf Rückzahlung nicht verdienter Provisionen (Staub/Emde, aaO, § 92 Rn. 18); nur für diese Zeit muss er sich also gegen eine solche ggf. mit dem Hinweis auf eine unzulässige Umdeckung verteidigen können.
78
Der Anspruch umfasst nicht die Angaben des genauen Inhalts des Ersatzvertrags (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 65), namentlich nicht die von dem Kläger im Berufungsantrag unter Ziffer I.2 (7) und (8) geforderten Informationen (Laufzeit des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages; Höhe und Fälligkeit der Prämie des Anschluss- oder Ergänzungsvertrages). Dieser bedarf der Kläger für einen etwaigen Anspruch aus § 87a Abs. 3 HGB nicht (OLG Hamm ZVertriebsR 2018, 375 Rn. 65).
79
3. Die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist weit überwiegend unbegründet.
80
3.1. Sie ist gemäß § 524 ZPO zulässig. Die Beklagte hat sie in der ihr gesetzten Berufungserwiderungsfrist eingelegt und begründet.
81
3.2. Die Anschlussberufung ist weit überwiegend unbegründet.
82
Mit der Anschlussberufung wendet sich die Beklagte gegen die bereits vom Landgericht ausgeurteilten Bestandteile des Buchauszugs [Tenor des Landgerichtsurteils Ziffern I. a) bis j) ]. Die Anschlussberufung hat mit Ausnahme einer Beschränkung der Angabe der Vertragslaufzeit auf den Bereich der Lebensversicherungen keinen Erfolg, es bewendet daher weitgehend bei der landgerichtlichen Verurteilung (Tenor dieses Urteils Ziffern I.1.a.-j.).
83
Wie oben dargestellt besteht grundsätzlich ein Anspruch aus § 87c Abs. 2 ZPO auf Erteilung eines Buchauszugs. Dieser ist nicht durch Erfüllung erloschen.
84
Die einzelnen schon vom Landgericht bereits ausgeurteilten Angaben sind in den Buchauszug aufzunehmen, weil sie provisionsrelevant sind. Die Anschrift des Kunden (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.a.) dient der genauen Identifizierung des Kunden und muss daher mitgeteilt werden (OLG München ZVertriebsR 2019, 372 Rn. 74). Das Antragsdatum (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.b) ist anzugeben, weil es der Überprüfung dient, ob die Tätigkeit des Handelsvertreters bedeutsam wurde und es die Zuordnung erleichtert (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185); wegen letzterem ist das Antragsdatum entgegen der Ansicht des Beklagtenvertreters (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 12) auch für von dem Kläger betreute Bestandsverträge bedeutsam. Aus dem gleichen Grund bedarf es auch der Mitteilung der Versicherungspolice, namentlich der Policenummer und des Datums (Tenor dieses Urteils Ziffern I.1.c+d) (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Die Angaben gemäß dem Tenor des Landgerichts Ziffern I.f) bis I.i) (= Tenor dieses Urteils Ziffern I.1.f.-i.) sind prämienrelevant und also provisionsrelevant (vgl. BGH NJW 2003, 2333, 2335 unter e, Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185). Für die Angabe der Laufzeit des Vertrages (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.k.) gilt dies allerdings nach unbestrittenem Beklagtenvortrag (Schriftsatz vom 09.10.2024 S. 13 oben) nur für Lebensversicherungsverträge, weshalb diese Angabe auf solche Verträge zu beschränken war. Die Angaben zu den Stornierungen (Tenor dieses Urteils Ziffer I.1.j.) sind wegen § 87a Abs. 3 HGB von Bedeutung (Staub/Emde, aaO, § 87c Rn. 185).
85
4. In Bezug auf die Kostenentscheidung gilt:
86
4.1. Da das erstinstanzliche Urteil ein Teilurteil war, war die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz dem in erster Instanz noch ausstehenden Schlussurteil vorzubehalten (BGH NJW 1984, 1901, 1902 [BGH 17.04.1984 - IX ZR 153/83]; BeckOK ZPO/Bacher, 54. Ed. 1.9.2024, ZPO § 254 Rn. 33.1).
87
4.2. Demgegenüber war über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden, da über die in den zweiten Rechtszug gelangten Ansprüche ohne Einschränkung durch Vollendurteil entschieden wurde (BGH NJW 1984, 1901, 1902 [BGH 17.04.1984 - IX ZR 153/83]).
88
Maßgeblich waren insoweit die §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Dabei geht der Senat in Bezug auf die Berufung des Klägers hinsichtlich des Buchauszugsanspruchs (Teilstreitwert 3.000 €, s.u. Ziffer 7.) von einem kostenmäßigen Unterliegen der Klagepartei von ca. 1/3 aus (zurückgenommener Antrag bezüglich der Abrufphase, kein Erfolg der Anträge auf Versicherungsfall und Stornogefahrmitteilungen), in Bezug auf die Berufung des Klägers hinsichtlich des Auskunftsbegehrens (Teilstreitwert 5.000 €, s.u. Ziffer 7.) von einem Unterliegen der Klagepartei von ca. 2/5 (teilweise zurückgenommene und im Übrigen zurückgewiesene Anträge auf Informationen über die Inhalte der neuen Verträge), in Bezug auf die Anschlussberufung (Teilstreitwert 1.000 €, s.u. Ziffer 7.) von einem nur geringfügigen, nach dem Rechtsgedanken des § 92 II Nr. 1 ZPO nicht kostenrelevanten Unterliegen der Klagepartei. Dies führt insgesamt zu einem kostenmäßigen Unterliegensanteil der Klagepartei von (1/3 x 3.000 € + 2/5 x 5.000 €) / (3.000 € + 5.000 € + 1.000 €) = 3.000 € / 9.000 € = 1/3.
89
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Hinsichtlich der Vollstreckung des Buchauszugs und der Auskunft (Tenor Ziffer I.) war § 711 Satz 1 ZPO anzuwenden, wobei der Senat das Interesse der Klagepartei an der Vollstreckung der beiden Ansprüche auf 10.000 € (jeweils 5.000 €) schätzt. Bezüglich der Vollstreckung wegen der Kosten des Berufungsverfahrens gilt § 711 Satz 2 ZPO.
90
6. (Nur) soweit der Senat der Berufung der Klagepartei in Bezug auf den Auskunftsanspruch stattgegeben hat (Tenor Ziffer I.2.), war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugunsten der Beklagten zuzulassen.
91
Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 15.06.2023 (Az. 16 U 355/20) in einer vergleichbaren Fallkonstellation einen nämlichen Auskunftsanspruch mit der tragenden Begründung abgewiesen, dass der vermeintliche Auskunftsbedarf der Klägerin auf etwaige Rückforderungsansprüche der Beklagten ziele, für die die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet sei (ZVertriebsR 2024, 302 Rn. 39). Von dieser Rechtsansicht weicht der Senat vorliegend ab, indem er den Auskunftsanspruch ungeachtet der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im (Folge-)Prozess für gegeben erachtet. Diese Divergenz in einer tragenden Rechtsfrage entfällt nicht dadurch, dass das OLG Düsseldorf (aaO Rn. 39 a.E.) seine Abweisung danach und daneben auch noch mit einer unbeachtlichen Behauptung des Klägers ins Blaue hinein begründet hat (vgl. MüKoZPO/Krüger, 6. Aufl. 2020, ZPO, § 543 Rn. 15).
92
Im Übrigen besteht ein Grund zur Zulassung der Revision nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen ansonsten nicht vor.
93
7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO.
94
Der Kläger hat sein Interesse an der von ihm geführten Berufung mit 8.000 € beziffert: 3.000 € für die Berufung der Klagepartei gegen die Teilabweisung des Buchauszugsanspruchs; 5.000 € für die Berufung der Klagepartei gegen die Abweisung des Auskunftsanspruchs (Berufungsbegründung S. 11, Bl. 236 d.A.). Diese Schätzung, der die Beklagte nicht entgegengetreten ist, hält der Senat für plausibel und legt sie der Gebührenstreitwertberechnung zugrunde.
95
Mit der Anschlussberufung wendet sich die Beklagte gegen die Teilverurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs. Maßgeblich ist also das Interesse der Beklagten, den Buchauszug nicht erteilen zu müssen, mithin grundsätzlich der voraussichtliche Aufwand der Beklagten an der Buchauszugserstellung (BGH NJW 2019, 604 [BGH 21.11.2018 - XII ZB 351/18] Rn. 2). Diesen schätzt der Senat mangels anderer Anhaltspunkte vorliegend auf 1.000 €.