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  • · Fachbeitrag · Abmahnung

    Wenn der Inhalt der Abmahnung zu unbestimmt ist

    | ArbN können in entsprechender Anwendung von § 242, § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen, wenn die Abmahnung inhaltlich zu unbestimmt ist. Doch wann ist das der Fall? | 

    1. In welchen Fällen besteht ein Anspruch auf Entfernung?

    Der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte besteht, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des ArbN beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt (BAG 2.11.16, 10 AZR 596/15, Abruf-Nr. 190038; BAG 19.7.12, 2 AZR 782/11, Abruf-Nr. 130540). Darüber hinaus ist eine Abmahnung auch dann aus der Personalakte zu entfernen, wenn sie statt eines konkret bezeichneten Fehlverhaltens nur pauschale Vorwürfe enthält (BAG 27.11.08, 2 AZR 675/07; BAG 9.8.84, 2 AZR 400/83).

     

    Zudem hat der ArbN einen Entfernungsanspruch, wenn die vom ArbG in der Abmahnung geäußerten rechtlichen Schlussfolgerungen nicht zutreffen (BAG 27.11.08, 2 AZR 675/07). Die genaue Bezeichnung eines Fehlverhaltens erfordert damit einerseits, dass der ArbG den der Abmahnung zugrunde liegenden Sachverhalt konkret darlegt und andererseits, dass er konkret erklärt, aus welchem Grund er das Verhalten des ArbN für pflichtwidrig hält. Dabei müssen sich nach der Rechtsprechung des BAG die Anforderungen an die Konkretisierung der in der Abmahnung enthaltenen Rüge an dem orientieren, was der ArbG wissen kann.

     

    • Beispiel

    Der ArbN wird wegen einer quantitativen Minderleistung abgemahnt. Hier reicht es aus, wenn die Arbeitsergebnisse und deren erhebliches Zurückbleiben hinter den Leistungen vergleichbarer ArbN dargestellt werden, verbunden mit der Rüge des ArbG, dass aus seiner Sicht der ArbN seine Leistungsfähigkeit pflichtwidrig nicht ausgeschöpft hat (BAG 27.11.08, 2 AZR 675/07, Abruf-Nr. 164524).

     

    2. Ein Fall aus der jüngsten Praxis

    In einem Fall vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (12.1.24, 7 Ca 1347/23, Abruf-Nr. 240429) hatte die Abmahnung keinen Bestand, weil sie zu unbestimmt war. Im Wesentlichen ging es um angeblich unangemessene Äußerungen des ArbN gegenüber Kollegen über Mitarbeiter. Der ArbN bestritt dies. Auf seine Frage im Personalgespräch, weshalb keine Namen derjenigen ArbN genannt würden, die die Vorwürfe an die Personalbetreuung herangetragen hätten, äußerte die Personalreferentin, dass die ArbN eingeschüchtert seien und sich lediglich vertraulich an die Vorgesetzten sowie die Personalbetreuung gewandt hätten. Auch in der Abmahnung selbst erfolgte keine namentliche Benennung.

     

    Das Arbeitsgericht Köln stellte klar, dass dieser Vorgang nicht für eine Abmahnung reiche. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich der ArbN tatsächlich in der ihm vorgeworfenen Art und Weise verhalten habe. Die Abmahnung sei inhaltlich zu unbestimmt. Die „anderen Mitarbeiter“, gegenüber denen er die Äußerungen getätigt haben soll, würden in der Abmahnung nicht benannt, obwohl sie dem ArbG im Zeitpunkt der Abmahnung unstreitig bekannt gewesen seien. Da sich die Anforderungen an die Konkretisierung der in der Abmahnung enthaltenen Rüge an dem orientierten, was der ArbG wissen könne, sei die Abmahnung nicht hinreichend konkret.

     

    Für den ArbN als Adressat der Abmahnung diene die konkrete Nennung der Namen der Zeugen auch dazu, überprüfen zu können, ob die Abmahnung inhaltlich richtig sei oder nicht; pauschale Vorwürfe ohne die Nennung der Zeugen würden diese Anforderung nicht erfüllen.

     

    Der ArbG sei auch nicht berechtigt, zum Schutz der Zeugen die Namen in der Abmahnung nicht zu nennen. Die Kammer verkenne nicht, dass hierdurch ein Konflikt zwischen dem ArbN und den Zeugen im Hinblick auf den Wahrheitsgehalt der in der Abmahnung enthaltenen Vorwürfe entstehen könne. Einen solchen Konflikt habe ein ArbG, der den Aussagen der Zeugen im Hinblick auf ein angebliches Fehlverhalten eines ArbN vertraue, allerdings hinzunehmen. Es sei auch nicht ersichtlich, welche konkrete Gefahr den Zeugen durch ihre Nennung in der Abmahnung drohe.

     

    Musterformulierung / Abmahnung wegen Beleidigung

    Abmahnung

     

    Anrede,

    am Freitag, den 15.12.23, kam es auf der Weihnachtsfeier in unserer Betriebsstätte zu folgendem Vorfall, den Sie verursacht haben:

     

    Gegen 21.30 Uhr haben Sie Ihrem Kollegen Herrn Marvin M. zugerufen, dieser sei ein „Wichser“. Zudem betitelten Sie ihn auch als „Arschloch“. Ihre Arbeitskollegen haben versucht, Sie zu beruhigen. Sie haben daraufhin lediglich geäußert, sie seien 23 Jahre beschäftigt und man könne Ihnen gar nichts. Weiterhin haben Sie Ihrem direkten Vorgesetzten Herrn Kevin U. unter weiteren Beschimpfungen den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt. Zudem haben Sie weitere Schimpfwörter verwendet und den Abteilungsleiter Herrn Peter L. in erheblichem Umfang beleidigt.

     

    Mit diesem Verhalten haben Sie gegen Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen und den Betriebsfrieden in erheblichem Maße gestört. Auch auf betrieblichen Feiern sind Beschimpfungen und Beleidigungen von Kollegen und Vorgesetzten zu unterlassen.

     

    Wir erwarten von Ihnen, dass solche Vorkommnisse sich in Zukunft nicht wiederholen. Wir dulden in unserem Betrieb keine Beleidigungen gegenüber Kollegen und Mitarbeitern, Vorgesetzten, Kunden oder anderen Personen. Sollten Sie dieser Erwartung nicht entsprechen, müssen Sie im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung rechnen.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Unterschrift Arbeitgeber

     
    Quelle: Ausgabe 04 / 2024 | Seite 70 | ID 49968858