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  • · Fachbeitrag · Arbeitszeugnis

    Bei einem polemischen Arbeitszeugnis riskieren ArbG die Vollstreckung

    von Ass. jur. Petra Wronewitz, Bonn

    | Ein Zeugnis, das polemisch und in grob unsachlichem und ironischem Stil verfasst ist und bei dessen Vorlage sich der ArbN der Lächerlichkeit preisgeben würde, erfüllt nicht die Mindestanforderungen an die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses. Damit ist der titulierte Zeugniserteilungsanspruch nicht erfüllt und dem ArbG drohen Zwangsmaßnahmen. |

     

    Sachverhalt

    In einem Kündigungsschutzprozess schlossen ArbG und ArbN im Gütetermin einen rechtskräftigen Beendigungsvergleich. Dieser sah unter anderem vor, dass das Arbeitsverhältnis zum 15.10.16 beendet wurde. Außerdem sollte der ArbG ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis erteilen.

     

    Der ArbG erteilt in der Folgezeit kein entsprechendes Zeugnis. Die ArbN beantragte daher beim Arbeitsgericht, ein Zwangsgeld festzusetzen, ersatzweise Zwangshaft. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag statt. Gegen den Zwangsgeldbeschluss legte der ArbG Beschwerde ein. Während des Beschwerdeverfahrens übermittelte der ArbG ein auf den 27.10.16 datiertes - mit „Zeugnis“ überschriebenes - Schreiben mit dem Inhalt:

     

    • Zeugnis

    “Frau H war bei uns als Gebäudereinigungskraft, speziell im Objekt A Arkaden, eingesetzt. Geschlechterbezogen war Frau H sehr beliebt.

     

    Ihre Aufgaben hat Frau H nach Anweisungen sehr bemüht erledigt. Die Anstrengungen Ihrer Tätigkeit hat Frau H sehr regelmäßig mit Schöpferpausen bedacht und Ihre Arbeitszeiten nach Ihren Anforderungen ausgeführt.

     

    Wir wünschen Frau H für die Zukunft alles Gute.“

     

    Das Gericht half der Beschwerde des ArbG (Arbeitsgericht Aachen 5.1.17, 7 Ca 3337/15) nicht ab und legte dem LAG Köln die Sache zur Entscheidung vor.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LAG Köln (14.2.17, 12 Ta 17/17, Abruf-Nr. 192563) hielt die zulässige Beschwerde für unbegründet. Der ArbG erfülle die titulierte Verpflichtung zur Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses nicht. Das Schreiben vom 27.10.16 erfülle den Zeugnisanspruch nicht.

     

    Zwar könne im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens kein bestimmter Inhalt eines Arbeitszeugnisses erzwungen werden (siehe: BAG 14.2.17, 9 AZB 49/16, Abruf-Nr. 192577). Es sei aber hinsichtlich der titulierten Verpflichtung zu überprüfen, ob überhaupt ein Zeugnis erteilt wurde, das den formalen und inhaltlichen Mindestanforderungen genüge. Wolle der ArbN aber die inhaltliche Richtigkeit eines Zeugnisses überprüfen, müsse er den etwaigen Zeugnisberichtigungsanspruch in einem Erkenntnisverfahren geltend machen. Dies gelte auch, wenn ein Vergleichstext ausdrücklich verlangt, dass das Zeugnis „wohlwollend“ zu formulieren sei.

     

    Ein Zeugnis hingegen, das - wie im vorliegenden Fall - polemisch und in grob unsachlichem und ironischem Stil verfasst sei und bei dessen Vorlage sich der ArbN der Lächerlichkeit preisgeben würde, erfülle nicht die Mindestanforderungen an die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses. Damit sei auch der titulierte Anspruch nicht erfüllt. Sehr deutlich führt das LAG Köln aus: „Das einzige, was in dem Schreiben vom 27.10.16 den Bezug zu einem Arbeitszeugnis herstellt, ist die Überschrift ‚Zeugnis‘ sowie die Benennung des Namens und einer Tätigkeitsbeschreibung der Gläubigerin.“

     

    Relevanz für die Praxis

    ArbG sollten sich hüten, auf diese Art und Weise ihren Unmut gegenüber ehemaligen Mitarbeitern zu äußern. Zwar ist ArbG zuzugestehen, dass sie bei manchen Zeugnissen einen Spagat zwischen inhaltlicher Wahrheit und Wohlwollen vollbringen müssen. Polemik und abwertende Äußerungen sind aber fehl am Platz. Darüber hinaus sollten auch formale Anforderungen eingehalten werden:

     

    • Keine Fehler in Orthographie und Interpunktion,
    • keine Flecken,
    • keine Knicke,
    • leserliche Unterschrift des Vorgesetzten,
    • auf üblichem Firmenbriefpapier verfasst.

     

    Quelle: Ausgabe 07 / 2017 | Seite 118 | ID 44703311