· Fachbeitrag · Arbeitszeugnis
Sag zum Abschied leise Servus: Was gilt bei der Abschlussformel im Arbeitszeugnis?
von RA/FA Arbeitsrecht und Notar Armin Rudolf, ADIURO Rechtsanwälte Tesche, Berndt PartG mbB, Hannover
| Muss der ArbG neben einer Beurteilung des Verhaltens und der Führung ausscheidenden ArbN auch eine persönliche Abschlussformel quasi als Widmung zukommen lassen, die sich auf Dank und/oder Wünsche erstreckt? In diese vom BAG bislang verneinte Frage ist nach Entscheidungen der LAGe Düsseldorf und München nun wieder Bewegung gekommen. |
1. LAG Düsseldorf versus LAG München
Das LAG Düsseldorf entschied in seinem Urteil vom 12.1.21 (3 Sa 800/20, Abruf-Nr. 221118), dass ein ArbN, dem in seinem Arbeitszeugnis ein einwandfreies Verhalten und (zumindest leicht) überdurchschnittliche Leistungen attestiert werden, auch einen Rechtsanspruch auf den Ausspruch von Dank und guten Wünschen für die Zukunft habe, soweit dem nicht im Einzelfall berechtigte Interessen des ArbG entgegenstehen. Das folge aus dem Rücksichtnahmegebot gemäß § 241 Abs. 2 BGB, welches die Leistungspflicht nach § 109 GewO konkretisiere.
Demgegenüber meinte das LAG München ein halbes Jahr später (15.7.21, 3 Sa 188/21, Abruf-Nr. 224633), dass kein Anspruch darauf bestehe, dass (gute) Wünsche für die private Zukunft in die Schlussformel eines Endzeugnisses aufgenommen werden. Gemeinsam ist den vorerwähnten Entscheidungen, dass kein Rechtsanspruch auf die Äußerung eines ‒ tatsächlich nicht vorhandenen ‒ Bedauerns über das Ausscheiden eines Mitarbeiters bestehe.
2. Bisherige Rechtsprechung des BAG
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG (11.12.12, 9 AZR 227/11, Abruf-Nr. 123826) haben ArbN grundsätzlich keinen Anspruch auf die Aufnahme einer persönlichen Schlussformel in einem Arbeitszeugnis. Maßgeblich ist nach der Auffassung des BAG die Bestimmung in § 109 Abs. 2 S. 1 GewO. Danach muss ein Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Dadurch wird der ArbG nach Auffassung des BAG nicht verpflichtet, einem ArbN persönliche Empfindungen, wie gute Wünsche für die Zukunft, zu bescheinigen. Schließlich richte sich das Zeugnis nicht in erster Linie an den ausscheidenden Mitarbeiter persönlich, sondern diene ihm vor allem als Bewerbungsunterlage und insoweit Dritten, insbesondere potenziellen künftigen ArbG, als Grundlage für die Personalauswahl.
3. Argumente des LAG Düsseldorf
Das LAG Düsseldorf führt in seiner oben genannten Entscheidung aus, es sei anerkannt, dass eine positive Schlussformulierung zu Dank und guten Zukunftswünschen in einem Arbeitszeugnis geeignet sein kann, die Bewerbungschancen von ArbN zu erhöhen. Weiter sei anerkannt, dass eine entsprechende Formulierung in einem Arbeitszeugnis dasselbe aufwertet.
Dies führe dazu, dass der kundige Zeugnisleser entgegen der Ansicht des BAG nicht etwa in Kenntnis dessen Rechtsprechung zum Fehlen eines Rechtsanspruchs auf Aufnahme einer Schlussformel in Arbeitszeugnissen keine negativen Rückschlüsse aus dem Fehlen einer wenigstens Dank und gute Wünsche aussprechenden Klausel ziehen wird. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sich dem die Üblichkeit solcher Schlussformeln in Zeugnissen einerseits und die BAG-Rechtsprechung zu einem fehlenden Rechtsanspruch hierauf andererseits kennenden, kundigen Zeugnisleser negative Rückschlüsse geradezu aufdrängen werden, wenn ihm ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer durchschnittlichen oder sogar überdurchschnittlichen Leistungs- und Führungsbeurteilung vorgelegt wird, welches weder Dank für die geleistete Arbeit noch gute Wünsche für die Zukunft enthält.
Qualifizierte Arbeitszeugnisse haben eine erhebliche Bedeutung für die Bewerbungschancen von ArbN auf dem Arbeitsmarkt. Wenn bestimmte Schlussformeln in Zeugnissen üblich sind, werden sie in Zeugnissen jedenfalls derjenigen ArbN, denen eine durchschnittliche oder sogar bessere Leistung und ein entsprechendes Verhalten bescheinigt wird, erwartet. Fehlten sie, stelle dies, so das LAG Düsseldorf, die positive Aussagekraft des Zeugnisses grundlegend infrage. Damit liege entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BAG eine unzulässige Auslassung vor, mit der gegen den Grundsatz der Zeugnisklarheit verstoßen werde.
4. Ausblick
Es bleibt abzuwarten, ob das BAG an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält. Der Termin zur Entscheidung über die unter dem Aktenzeichen 9 AZR 146/21 eingelegte Revision wurde auf den 25.1.22 anberaumt. Wir werden in AA Arbeitsrecht aktiv darüber berichten.
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