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  • · Fachbeitrag · Beratungspraxis

    Der praktische Fall: Zu oft beim Arzt?

    |  Der folgende Beitrag in „Arbeitsrecht aktiv“ beschäftigt sich mit Arztbesuchen einer ArbN innerhalb der Arbeitszeit. Hierbei wird auf die gesetzliche Regelung in § 616 BGB, der den Vergütungsanspruch eines ArbN regelt, der für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist, eingegangen. Ebenso wird die Möglichkeit einer konkludenten oder auf einer betrieblichen Übung basierenden Absprache zwischen den Arbeitsvertragsparteien hinsichtlich von Arztbesuchen besprochen. Darüber hinaus werden Handlungsoptionen des ArbG aufgezeigt, wenn der ArbN die gesetzlichen oder vertraglichen Grenzen bei solchen Besuchen überschreitet. |

     

    • Sachverhalt

    Die ArbN A ist mit vier weiteren Schreibkräften zusammen im Schreib- und Servicepool der G-GmbH mit Schreib- und Büroaufgaben betraut. Ihre regelmäßige Arbeitszeit liegt zwischen 8.00 und 14.00 Uhr von montags bis donnerstags und am Freitag zwischen 8.00 und 13.30 Uhr. In der Vergangenheit war die A durchschnittlich zweimal jährlich während der o.g. Arbeitszeiten bei einem Arzt. Diese Arztbesuche entsprechen im Wesentlichen dem Durchschnitt der Arztbesuche während der Arbeitszeit auch der anderen Mitarbeiterinnen.

    Im letzten halben Jahr suchte nunmehr die A durchschnittlich ein- bis zweimal pro Monat innerhalb der o.g. Arbeitszeit verschiedene Ärzte auf, ohne dass im Anschluss eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt bzw. von der A angezeigt wurde. Personalleiter P der G-GmbH ist der Auffassung, ein solch intensive ärztliche Betreuung der A während der Arbeitszeit sei zu viel.

    In einem Gespräch mit der A vertritt diese die Auffassung, sie habe durch die Handhabung der G-GmbH und insbesondere des P in der Vergangenheit ein Recht auf Arztbesuche innerhalb der Arbeitszeit erworben. Diese dienten überdies der Gesundheitsförderung, die auch dem ArbG zugutekomme, hierfür wolle sie wertvolle Freizeit nicht opfern.

     

    Die A hat sich zwar das Gespräch mit P zu Herzen genommen, beide sind jedoch der Auffassung, um Unklarheiten zu vermeiden, den Besuch der Ärzte innerhalb der Arbeitszeit auf eine arbeitsvertragliche Rechtsgrundlage stellen zu wollen. So vereinbaren ArbG und A in einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag Folgendes: „ArbN haben bei Aufsuchen des Arztes für die hierbei notwendige Zeit Anspruch auf Fortzahlung ihres Durchschnittsverdienstes, sofern die ärztliche Untersuchung oder Behandlung während der Arbeitszeit medizinisch unvermeidbar ist. Das Gleiche gilt für ärztlich verordnete Behandlungen. Von der Bezahlung ausgeschlossen sind ärztliche Untersuchungen oder Behandlungen sowie ärztlich verordnete Behandlungen, die lediglich praxisablaufbedingt während der Arbeitszeit durchgeführt werden sollen. Soweit eine ärztliche Bescheinigung verlangt wird, sind etwaige Kosten vom ArbG zu tragen.“

    An einem Donnerstag ist die A während der Arbeitszeit von 12.00 bis 14.00 Uhr wegen einer Narkosebehandlung abwesend. Im Rahmen einer Bestätigung bescheinigt der behandelnde Arzt der A, dass in seiner Praxis Narkosebehandlungen bis maximal 12.30 Uhr durchgeführt werden, da nach der Narkose die Patienten im Aufwachraum zu liegen haben, bis sie problemlos abgeholt werden könnten. Daher sei eine solche Behandlung zumindest nach 13.00 Uhr nicht möglich.

    Hier ist P der Auffassung, es habe sich um keinen medizinisch unvermeidbaren Arzttermin gehandelt, lediglich praxisablaufbedingt sei eine Untersuchung bzw. eine Narkosebehandlung während der Arbeitszeit erfolgt.