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  • · Fachbeitrag · Bewerbung

    Fingierte Testbewerbung zum Nachweis der Altersdiskriminierung

    Allein der Altersunterschied zwischen zwei unterschiedlich behandelten Bewerbern lässt noch keine Diskriminierung wegen Alters vermuten. Notwendig ist größtmögliche Vergleichbarkeit der Personen, der Bewerbungssituation und das Fehlen anderer Aspekte. Eine fiktive Testbewerbung kann gegen Gesetze verstoßen (LAG Schleswig-Holstein 9.4.14, 3 Sa 401/13, Abruf-Nr. 141428).

     

    Sachverhalt

    Der ArbG suchte Servicetechniker bzw. -ingenieure im Innendienst. Ein 50-Jähriger bewarb sich. Er verfügte über die nach der Ausschreibung notwendigen Kenntnisse. Einige der geforderten Praxiserfahrungen lagen aber mehrere Jahre zurück. Er schickte zusätzlich eine Testbewerbung eines von ihm fingierten, 18 Jahre jüngeren Bewerbers ab, der auch über die nach der Ausschreibung notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügte. Dafür hatte er sich einen in Teilen ähnlichen Lebenslauf mit anderen Tätigkeiten ausgedacht und Briefkopfbögen von Schulen sowie teilweise existenten und nichtexistenten Firmen genutzt bzw. kreiert. Zudem erstellte er Zeugnisse und verwendete ein altes Foto. Die Praxiserfahrungen des fiktiven Bewerbers waren aktueller und spezieller. Der ArbG lud den fiktiven Bewerber zum Vorstellungsgespräch ein, das dieser absagte. Dem 50-jährigen schickte der ArbG später eine allgemeine Absage. Dieser klagte auf Zahlung einer Entschädigung von mindestens 10.500 EUR.

     

    Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster, das dem Bewerber 2.000 EUR zusprach, legten beide Parteien Berufung ein. Das LAG wies die Klage ab.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach dem LAG liegen keine Indizien vor, die vermuten lassen, der Bewerber sei „wegen“ seines Alters nicht zum Bewerbungsgespräch eingeladen und damit benachteiligt worden. Über das Bestehen eines Altersunterschieds hinaus habe der Bewerber keine Indizien dargelegt. Inszenierte Testbewerbungen seien nach der Gesetzesbegründung zum AGG zwar zulässig, müssten aber einen konkreten Anlass haben, Strafgesetze beachten und dürfen nicht rechtsmissbräuchlich sein. Dies sei im vorliegenden Fall bedenklich, aber nicht entscheidungsrelevant.

     

    Praxishinweis

    Testbewerbungen sind - innerhalb vom LAG Schleswig-Holstein leider nicht genau definierter Grenzen - grundsätzlich zulässig. Aber wenn aufgrund konkreter Tatsachen, die im Arbeitsleben üblicherweise von Bedeutung sind, für den getesteten ArbG Raum für eine andere Auswahlentscheidung besteht, liegt keine Vermutung für eine Altersdiskriminierung vor. Der ArbG hatte hier also einen entscheidenden Vorteil für sich genutzt: Er hatte seine Auswahlentscheidung auf die nach der Papierform aktuelleren Erfahrungen des fiktiven Bewerbers im Bereich der elektronischen Entwicklung und den von diesem jahrelang durchgeführten Kundensupport gestützt.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2014 | Seite 98 | ID 42691130