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  • · Fachbeitrag · Direktionsrecht

    Hund am Arbeitsplatz: Erst geduldet, dann vertrieben ‒ geht das?

    | Wird das Verbot, Hunde zum Arbeitsplatz mitzubringen, nicht durchgesetzt, wird damit das Verbot nicht aufgehoben. |

     

    Sachverhalt

    Die ArbN ist seit 2013 in Vollzeit und im Schichtdienst an fünf Tagen in der Woche als Spielhallenaufsicht beschäftigt. Der ArbG betreibt Spielhallen mit üblichem Publikumsverkehr und bietet dort Snacks und Getränke an. Ausweislich der arbeitsvertraglich vereinbarten Stellenbeschreibung sind Haustiere in der Spielhalle verboten.

     

    Im Jahr 2019 schloss die ArbN mit der Hundehilfe Deutschland e.V. einen Tierüberlassungsschutzvertrag. Seitdem brachte sie das Tier stets mit zur Arbeit. Die Hündin war während der Arbeitszeit nicht angebunden und lief regelmäßig frei in der Spielhalle herum. Verschiedene wechselnde Vorgesetzte erhoben keine Einwände und untersagten die Anwesenheit der Hündin nicht. Mit Schreiben vom 7.3.25 bat der Geschäftsführer des ArbG die ArbN unter Bezugnahme auf die Stellenbeschreibung, es künftig zu unterlassen die Hündin mit zur Arbeit zu bringen.

     

    Mit ihrer einstweiligen Verfügung verlangt die ArbN, dem ArbG aufzugeben, die Mitnahme der Hündin während ihrer Arbeitszeiten in die Spielhalle bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache zu dulden. Sie meint, der Weisung stehe die seit langem gelebte betriebliche Praxis entgegen. Die Weisung sei zudem ermessensfehlerhaft. Mangels alternativer Betreuungsmöglichkeit sei sie auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen. Der ArbG verweist auf das arbeitsvertragliche Verbot, das weder ausdrücklich noch stillschweigend abbedungen sei. Kollegen und Kunden hätten sich über die Hündin beschwert.

     

    Der Antrag der Klägerin vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf (21.3.25, 9 Ga 14/25) war erfolglos. Der Verfügungsanspruch sei angesichts der arbeitsvertraglichen Regelung zweifelhaft. Die Hinnahme durch Vorgesetzte, ohne dass dargetan sei, dass diese zur Vertragsänderung berechtigt seien, dürfte nicht genügen. Ob der ArbG sein Ermessen zutreffend ausgeübt habe, habe das Arbeitsgericht offengelassen. Es fehle jedenfalls die Dringlichkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die ArbN habe nicht dargetan, warum ihr nahestehende Personen die Hündin nicht betreuen könnten. Gleiches gelte für eine gewerbliche Betreuung der Hündin.

     

    Mit ihrer Berufung verfolgt die ArbN ihren Antrag auf einstweilige Verfügung weiter. Die 8. Kammer führte im Terminierungsbeschluss aus, die ArbN möge ihre Hündin zum Termin mitbringen.

     

    Entscheidungsgründe

    Das LAG Düsseldorf (8.4.25, 8 GLa 5/25, Abruf-Nr. 247736) teilte in der mündlichen Verhandlung mit, dass es davon ausgehe, dass das vertragliche Verbot weiterbestehen dürfte. Die bloße Nichtdurchsetzung eines Verbots führe nicht zu dessen Aufhebung. Es spreche viel dafür, dass der ArbG dies durchsetzen dürfe, weil Kunden die Spielhalle zum Beispiel aufgrund einer Tierhaarallergie oder Angst vor Hunden gegebenenfalls erst gar nicht aufsuchten. In der Verhandlung führte der ArbG an, dass ArbN in anderen von ihm betriebenen Spielhallen begännen, sich auf die von der ArbN gelebte Praxis zu berufen.

     

    Die Kammer teilte mit, dass die Berufung der ArbN wenig Aussicht auf Erfolg habe. Um die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und eine Gewöhnung der Hündin an andere Betreuungsmöglichkeiten zu ermöglichen, schlossen die Parteien auf Vorschlag des Gerichts einen Vergleich ‒ auch zur Erledigung der Hauptsache. Die ArbN dürfe ihre Hündin bis zum 31.5.25 an den Arbeitsplatz mitbringen, danach jedoch nicht mehr.

     

    Relevanz für die Praxis

    Welche Punkte sollte der ArbG beachten, wenn er Hunde im Unternehmen zulassen möchte? Die Checkliste gibt wichtige Hinweise.

    Checkliste / Zehn Tipps für ArbG zum Thema „Hund am Arbeitsplatz“

    • 1. Es gibt es keinen Anspruch des ArbN auf das Mitbringen seines Hundes an den Arbeitsplatz. Sowohl das Weisungsrecht nach § 106 GewO als auch das Hausrecht erlauben es dem ArbG, das Mitbringen des Hundes am Arbeitsplatz frei zu regeln.
    • 2. Eine Pflicht zur Erlaubnis kann aber geboten sein, wenn zum Beispiel behinderte Menschen auf das Tier angewiesen sind, um ihre Arbeit ausführen zu können (zum Beispiel Blindenführhund).
    • 3. Nimmt der ArbN sein Tier entgegen einer Weisung des ArbG mit in das Büro, kann dies zu einer Abmahnung und bei weiterem Mitbringen zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.
    • 4. Wird bereits bei anderen ArbN das Mitbringen des Hundes gestattet, ist nach dem AGG auch weiteren ArbN das Mitbringen des Hundes zu gestatten. Vertragen sich die Hunde aber nicht, ist entweder allen ArbN das Mitbringen zu untersagen oder es ist ein Zeitplan auszuarbeiten, wer wann seinen Hund in das Büro mitnehmen darf.
    • 5. Der ArbG darf zu jedem Zeitpunkt die Erlaubnis der Mitnahme des Hundes widerrufen.
    • 6. Wenn der ArbG seinen Hund mitbringt, heißt das nicht automatisch, dass die Mitarbeitenden hierauf ebenfalls einen Anspruch haben.
    • 7. Nimmt der ArbN den Hund mit ins Büro, haftet er als Tierhalter gemäß § 833 BGB für Schäden, die durch den Hund entstehen. So musste eine ArbN in einem Fall Schadenersatz für die Verletzungen einer Kundin leisten, die über den Hund der Verkäuferin im Ladeneingang stolperte und stürzte (OLG Hamm 15.2.13, 19 U 96/12, Abruf-Nr. 132473).
    • 8. Ein ArbG darf Beschäftigten verbieten, ihren Hund mit an den Arbeitsplatz zu nehmen. Dies gilt auch für den Begleithund einer ArbN mit posttraumatischer Belastungsstörung (LAG Rheinland-Pfalz 8.9.22, 2 Sa 490/21). Ausschlaggebend war, dass andere Mitarbeitende sich vor dem Tier fürchteten.
    • 10. Der ArbG sollte das Vorhandensein einer Tierhalterhaftpflichtversicherung zur Bedingung für seine Zustimmung machen. Auch sollte er deutlich mitteilen, dass der ArbN in den Pausen mit dem Hund „Gassi“ gehen muss und nicht während der Arbeitszeit. Der ArbG sollte sich ein tierärztliches Attest vorlegen lassen, dass der Hund gesund ist. Zudem muss geklärt sein, wer den Hund beaufsichtigt, wenn der Tierhalter in ein Meeting oder zu einem Auswärtstermin muss.
     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2025 | Seite 86 | ID 50395621