· Fachbeitrag · Grundrecht Arbeitsschutz
Experte verrät fünf Fallen im Arbeitsschutz, die Arbeitgeber häufig übersehen
| Das Thema Arbeitsschutz ist aktuell in aller Munde. Die Internationale Arbeitsorganisation hat den Arbeitsschutz kürzlich zu einem weltweiten Grundrecht erklärt. Somit verpflichten sich alle Mitgliedstaaten ab sofort, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu schützen.Doch trotz aller Vorschriften werden immer wieder Lücken aufgedeckt, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber schwere Folgen nach sich ziehen können: „Es gibt noch einige Unternehmen, in denen Arbeitsschutz leider noch als lästig angesehen wird. Die meisten Unternehmen tun bereits sehr viel, aber trotzdem passieren immer noch Unfälle“, weiß Stefan Ganzke, Sicherheitskultur-Experte und Gewinner des deutschen Arbeitsschutzpreises. Im Folgenden verrät er fünf typische Fallen im Arbeitsschutz, die nicht übersehen werden dürfen. |
Falle 1: Die Gefährdungsbeurteilung fehlt
Noch immer gibt es Bereiche, die im Rahmen der Arbeitssicherheit vergessen werden: Dazu zählt die Gefährdungsbeurteilung. Arbeitgeber haben die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. Auf dieser Basis werden anschließend die nötigen Maßnahmen zum Arbeitsschutz ergriffen, um ein sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen.
Doch leider wird diese Arbeit immer noch zu oft allein von den Sicherheitsingenieuren und Fachkräften für Arbeitssicherheit durchgeführt, weil Führungskräfte entweder keine Zeit dafür haben oder kein richtiges Onboarding erhalten haben.
Falle 2: Die Rahmenbedingungen sind unzureichend
Die staatlichen und versicherungsrechtlichen Vorgaben sollen für gesunde und sichere Arbeitsplätze sorgen. Konkret bedeutet das zum Beispiel: Wenn Maschinen unsicher sind, weil Mitarbeiter von allen Seiten hineinfassen können, ist das eine klare Abweichung von den Regelungen.
Dasselbe gilt für Schutzausrüstung, die nicht korrekt ist oder sogar gänzlich fehlt. In explosionsgefährdeten Bereichen sind beispielsweise ableitfähige Sicherheitsschuhe zu tragen. Ist das nicht der Fall, kann es unter bestimmten Rahmenbedingungen zu einer Explosion kommen.
Falle 3: Entscheidungen ohne die Mitarbeiter treffen
Leider kommt es immer noch häufig vor, dass Führungskräfte, Fachkräfte für Arbeitsschutz und Sicherheitsingenieure aus dem „Elfenbeinturm“ Entscheidungen zum Arbeitsschutz treffen, ohne die Mitarbeiter mit einzubeziehen. Dabei ist es gerade im Arbeitsschutz wichtig, gemeinsam nach Lösungsstrategien zu suchen ‒ beispielsweise im Rahmen eines Workshops, in dem es um die Vorteile des Arbeitsschutzes geht. Nur so lässt sich dauerhaft Akzeptanz für sicheres Verhalten schaffen.
Falle 4: Negative Einstellung pflegen
Viele Arbeitnehmer stehen dem Arbeitsschutz grundsätzlich eher skeptisch oder kritisch gegenüber. Häufig hat das direkt oder indirekt mit dem Verhalten der Führungskraft zu tun, die dem Thema gegenüber ebenfalls eher negativ eingestellt ist. An dieser Einstellung zu arbeiten, ist immens wichtig. Nur so können auch die Beschäftigten die Überzeugung annehmen, dass Arbeitsschutz wichtig und sinnvoll ist.
Falle 5: Kein Feedback geben
Führungskräfte, die sehen, dass ein Mitarbeiter eine Aufgabe gut und sicher erledigt hat, sollten unbedingt Anerkennung dafür zeigen! Nur so lassen sich im gesamten Unternehmen sichere Verhaltensweisen etablieren. Wichtig ist aber auch der umgekehrte Fall: Wer bemerkt, dass ein Verhalten nicht korrekt und sicher ist, muss das ansprechen ‒ und zwar in kollegialem Ton. Auf keinen Fall sollte man Mitarbeiter, die sich unsicher verhalten, abmahnen. Stattdessen sollte eine offene Gesprächskultur gepflegt werden, in der man Fehler ohne Angst ansprechen kann.
Quelle |
- WandelWerker Consulting GmbH, Anna Ganzke & Stefan Ganzke