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Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko auch in der Pandemie
| Das LAG Düsseldorf hat klargestellt, dass der Arbeitgeber das Betriebsrisiko auch während der Coronapandemie trägt. Er muss die Arbeitnehmer auch entlohnen, wenn er sie wegen einer Betriebsschließung nicht einsetzen kann. |
Die Klägerin war seit dem 1.4.16 bis zum 30.4.20 bei der Beklagten, die eine Spielhalle betreibt, als Spielstättenmitarbeiterin zu einem Stundenlohn von 9,35 EUR brutto beschäftigt. Pandemiebedingt war die Beklagte zunächst aufgrund behördlicher Allgemeinverfügung gezwungen, ihren Betrieb ab dem 16.3.20 zu schließen. Kurze Zeit später untersagte § 3 Abs. 1 Nr. 6 der Coronaschutzverordnung NRW (CoronaSchVO) vom 22.3.20 den Betrieb von Spielhallen. Bei Aufrechterhaltung des Betriebs hätte die Klägerin nach Maßgabe des Dienstplans im Monat April 2020 insgesamt 62 Stunden gearbeitet. Da das Arbeitsverhältnis der Klägerin aufgrund ihres Eintritts in den Ruhestand am 1.5.20 endete, bezog sie kein Kurzarbeitergeld. Die Beklagte hatte für den Zeitraum März und April 2020 staatliche Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 15.000 EUR erhalten.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage u.a. Annahmeverzugslohn für 62 ausgefallene Arbeitsstunden im Monat April 2020. Sie hat gemeint, dass die Arbeitgeberin auch in der Pandemie das Betriebsrisiko trage. Die Beklagte hingegen vertritt die Auffassung, dass der Lohnausfall zum allgemeinen Lebensrisiko der Klägerin gehöre, weil ihr aufgrund der behördlich angeordneten bzw. veranlassten Betriebsschließung die Annahme der Arbeitskraft der Klägerin nicht möglich war.
Die 8. Kammer des LAG Düsseldorf hat der Klägerin ebenso wie das Arbeitsgericht Wuppertal die Vergütung für die ausgefallenen 62 Arbeitsstunden in Höhe von insgesamt 666,19 EUR brutto ‒ bestehend aus Grundvergütung, Nacht- und Sonntagszuschlägen für die geplanten Schichten ‒ zugesprochen. Dies folgt aus § 615 S. 1 BGB i.V.m. § 615 S. 3 BGB, weil die Beklagte sich im Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung befand. Nach der gesetzlichen Wertung des § 615 S. 3 BGB trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Dies sind Ursachen, die von außen auf den Betrieb einwirken und die Fortführung des Betriebs verhindern. Nach der bisherigen Rechtsprechung erfasst dies auch Fälle höherer Gewalt, wie z.B. Naturkatastrophen, Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Witterungsverhältnisse. Um ein solches Ereignis handelt es sich bei der aktuellen Pandemie. Dass die durch die CoronaSchVO bedingte staatliche Schließung dieses Risiko zulasten der Spielhalle verwirklichte, ändert daran nichts. Auch eine durch eine Pandemie begründete Betriebsschließung rechnet zum Betriebsrisiko i.S.v. § 615 S. 3 BGB. Es ist mangels klarer Abgrenzbarkeit nicht darauf abzustellen, ob diese Schließung eine gesamte Branche, die zunächst als solche abzugrenzen wäre, oder nur einzelne Betriebe dieser Branche, ggfs. bundesweit, nur in einzelnen Ländern oder aber örtlich begrenzt erfasst. Deshalb kann nicht auf die Reichweite des behördlichen Verbots abgestellt werden. Ein Fall, in dem die Klägerin ihre Arbeitskraft überhaupt nicht mehr verwerten konnte, was ggfs. zu deren allgemeinen Lebensrisiko gehört, war nicht gegeben.
Das LAG hat die Revision zugelassen.
Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 30.3.21, 8 Sa 674/20