· Fachbeitrag · Aufhebungsvertrag
Wann führt eine Aufhebungsvereinbarungzu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld?
Ein wichtiger Grund nach § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags liegt nicht allein in der Möglichkeit, durch diesen eine außergewöhnlich hohe Abfindung zu erlangen. Allerdings kann eine zur Verkürzung der Sperrzeit führende „besondere Härte“ nach § 159 Abs. 3 Nr. 2b SGB III vorliegen, wenn eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses auf Dauer sinnlos erscheint und der Vertrag „Outplacement-Maßnahmen“ umfasst (SG Darmstadt 16.12.13, S 1 AL 419/14, Abruf-Nr. 141496). |
Sachverhalt
Der ArbN ist seit 2000 als Anwendungsadministrator bei der ArbG tätig. Seit November 2008 war er arbeitsunfähig krank. Im Dezember 2008 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag, der ein Ausscheiden im März 2009 und eine Abfindung von 75.900 EUR vorsah. Zudem wurde die Unterstützung bei der Jobsuche durch einen Personalvermittler geregelt.
Die Agentur für Arbeit verhängte eine Sperrzeit. Hiergegen wendet der ArbN ein, er habe für die Aufhebung einen wichtigen Grund gehabt. Der ArbG hätte wegen Personalabbaus über kurz oder lang betriebsbedingt gekündigt, was auch der Betriebsrat bestätigt habe. Für ihn habe keine Perspektive mehr im Unternehmen bestanden. Die Abfindung habe deutlich über der „Regelabfindung“ gelegen. Daher liege ein wichtiger Grund für den Aufhebungsvertrag vor.
Entscheidungsgründe
Das Sozialgericht vernahm Zeugen zu der Frage, ob der ArbG tatsächlich eine betriebsbedingte Kündigung geplant habe. Die Frage wurde verneint, denn der ArbG hatte betriebsbedingte Kündigungen durch freiwillige Vereinbarungen wie Aufhebungsverträge vermieden. Daher entschied das Sozialgericht, dass die Sperrzeit rechtswirksam angeordnet worden sei. Es habe kein wichtiger Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags vorgelegen. Eine hohe Abfindung, die nur durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu erlangen sei, stelle keinen wichtigen Grund nach § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III dar.
Das Gericht verkürzte aber die Sperrzeit nach § 159 Abs. 3 Nr. 2b SGB III von zwölf auf sechs Wochen. Eine solche Verkürzung setzt voraus, das „eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde“. Eine solche „besondere Härte“ liege vor, weil das Ausscheiden des ArbN Teil eines umfassenden Personalabbaus sei und er seinen Arbeitsplatz nur dadurch hätte sichern können, dass an seiner Stelle „ein anderer ArbN hätte ausscheiden müssen“. Zudem habe ihm auch der Betriebsrat zur Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags geraten, sodass eine dauerhafte Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses als aussichtslos erschienen sei. Überdies zeige die im Aufhebungsvertrag vorgesehene Outplacement-Maßnahme, dass „sich der ArbN nicht einfach achtlos über die Interessen der Versichertengemeinschaft hinweggesetzt“ habe.
Praxishinweis
Die hier vereinbarte Abfindung beträgt bei der etwa achtjährigen Beschäftigung etwa 9.500 EUR pro Jahr, also etwa zwei Gehälter pro Jahr. Die „Regelabfindung“ von einem halben Gehalt pro Jahr der Tätigkeit hätte bei rund 20.000 EUR gelegen. Die verhängte Sperrzeit war für den ArbN also finanziell zu verkraften. Unter solchen Umständen kann man den durch die Sperrzeit bedingten finanziellen Verlust, der auch bei guten Gehältern höchstens bei etwa 7.000 bis 8.000 EUR liegt, verschmerzen.
Dass das Sozialgericht dennoch eine besondere Härte und eine Verringerung der Sperrzeitdauer von zwölf auf sechs Wochen annahm, kann nicht ohne Weiteres verallgemeinert werden. Gerade bei geringen Abfindungen sollte der ArbN genau abwägen, ob eine Erhöhung der Abfindungssumme die mit der Sperrfrist verbundenen finanziellen Nachteile kompensiert.
Checkliste / Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG) |
|
Weiterführende Hinweise
- Zur Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten: LSG Baden-Württemberg in AA 14, 62
- Minijob-Höchstverdienst und Kürzung von BAföG-Leistungen in AA 13, 145