· Fachbeitrag · Sozialversicherungsrecht
Entscheidung des LSG Stuttgart verunsichert erneut Honorarärzte und Krankenhäuser
von RAin Janine Schmitt, Nürnberg, www.roedl.de
(LSG Baden-Württemberg 17.4.13, L 5 R 3755/11, Abruf-Nr. 131531) |
Sachverhalt
Der Kläger war als Facharzt für Anästhesie über einen längeren Zeitraum für ein Krankenhaus tätig. Grundlage der Tätigkeit war ein „Honorarvertrag“ über den Einsatz als freiberuflicher Arzt. Der Honorarvertrag sah die stundenweise Erbringung anästhesiologischer Leistungen je nach Auftragsanfrage durch das Krankenhaus vor. Die Bezahlung erfolgte auf Stundensatzbasis. Neben der Tätigkeit im Krankenhaus war der Kläger noch in einem weiteren Krankenhaus und einer Klinik als Honorararzt tätig, sowie in einer Anästhesiepraxis als Vertreter auf Honorarbasis. Der Kläger war nicht als Arzt niedergelassen. Mit seiner Klage (in erster Instanz SG Mannheim 16.6.11, S 15 R 2545/09) wandte er sich gegen die Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, blieb in beiden Instanzen jedoch erfolglos.
Entscheidungsgründe
Das LSG entschied, dass sich der Kläger in einem abhängigen Arbeitsverhältnis befand. Die Sozialversicherungspflicht wurde u.a. damit begründet, dass das Krankenhaus die vom Kläger vorgenommenen Anästhesieleistungen dem Kläger nur im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses hätte übertragen dürfen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Berechtigung eines Arztes zur stationären Behandlung von Krankenhauspatienten in einem Krankenhaus als allgemeine Krankenhausleistung, die abhängige Beschäftigung in diesem Krankenhaus voraussetze. Nach Auffassung des Gerichts komme nur ausnahmsweise die Kooperation mit niedergelassenen Ärzten in Betracht.
Das LSG begründet die notwendige Versorgung im Krankenhaus durch angestellte Ärzte insbesondere damit, dass nur diese verbindlich in die Organisations- und Weisungsstruktur des Krankenhauses eingebunden werden könnten. Dieses Erfordernis ergebe sich schon aus dem Ziel der Qualitätssicherung, denn bei eigenem Personal könne am ehesten davon ausgegangen werden, dass dieses nach dem Maßstab höchstmöglicher Qualifikation ausgewählt, angeleitet und überwacht wird.
Das LSG betont in seiner Entscheidung, dass jeder Arzt, der als „selbstständiger Dritter“ in der Hauptabteilung des Krankenhauses tätig wird, grundsätzlich berechtigt sein müsse, außerhalb dieses Krankenhauses Patienten zu behandeln. Nur auf dieser Grundlage kann das Krankenhaus ihn außerhalb einer Anstellung im Rahmen einer Kooperation dazu berechtigen, auch (eigene oder fremde) Patienten im Krankenhaus zu behandeln. Es wird angenommen, dass die Ausübung des ärztlichen Berufs regelmäßig in freier Niederlassung oder in einem Angestelltenverhältnis erfolge. Die vom Kläger betriebene Form der selbstständigen Ausübung des freien ärztlichen Berufs widerspreche dem gesetzlich und gewohnheitsrechtlich fixierten Berufsbild jedenfalls dann, wenn es an einer Niederlassung fehle. Auch berufsrechtlich sei deshalb der Anästhesist, der nur anästhesiologische Leistungen erbringt, verpflichtet, einen Ort der Niederlassung zu wählen.
Die Entscheidung geht zudem näher auf die Auslegung und Bedeutung des neu gefassten § 2 KHEntgG - welcher die „Krankenhausleistungen“ definiert - ein.
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Zu der Neuregelung des § 2 KHEntgG führte das Gericht aus, dass der Gesetzgeber hiermit nicht klarstellen wollte, dass Krankenhäuser bei der Erbringung ihrer Leistungen auf Honorarärzte zurückgreifen können. Der Wortlaut der Neuregelung lasse nicht erkennen, dass nicht „fest“ angestellte Ärzte auch überhaupt nicht angestellte Ärzte sein können. Andernfalls hätte es des Begriffs „fest“ überhaupt nicht bedurft. Zumindest aber würde der Gesetzgeber eine Niederlassung des Arztes, der für das Krankenhaus tätig wird, fordern.
Praxishinweis
Das Urteil widerspricht ganz offensichtlich dem Gesetzgeberwillen: Dieser hat mit Einführung des neuen § 2 KHEntgG gerade „nicht festangestellte Ärzte“ zulassen wollen. Es kann davon ausgegangen werden, dass hinter der Änderung der Vorschrift in erster Linie die Absicht des Gesetzgebers stand, die Kooperation zwischen Krankenhäusern und Ärzten zu fördern. Zudem sollte die Neuerung gerade zu mehr Rechtssicherheit beitragen.
Das vorliegende Urteil des LSG trägt nun - sowohl bei Krankenhäusern als auch bei den als Honorarärzten tätigen Ärzten - zu erneuter Verunsicherung bei. Es ordnet den Status „Honorararzt“ unerwartet und nach den tatsächlichen Gegebenheiten ein. Das LSG betont, dass die vertragliche Gestaltung unbeachtlich ist, da der sozialversicherungsrechtliche Status nicht zur Disposition steht. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Ob es zu diesem Urteil eine weitere Entscheidung geben wird, bleibt vorerst abzuwarten.