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  • · Fachbeitrag · Werk- und Arbeitsvertrag

    BAG entscheidet zur Abgrenzung zwischen Werks- und Arbeitsvertrag

    von Dr. Guido Mareck, DirArbG Siegen

    Mangelt es einem Vertrag an einem vertraglich abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt in der Regel kein Werkvertrag, sondern ein Arbeitsvertrag, unabhängig von der Bezeichnung durch die Parteien in Betracht (BAG 25.9.13, 10 AZR 282/12, Abruf-Nr. 133280).

     

    Sachverhalt

    Der ArbN war aufgrund mehrerer als „Werkvertrag“ überschriebener jeweils befristeter Verträge für das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege tätig. In diesem Zusammenhang bearbeitete er Fundmeldungen und Fundberichte, erstellte Denkmalverzeichnisse, erfasste und bewertete Maßnahmen und brachte Veränderungsvorschläge ein. Darüber hinaus war er mit der Aktualisierung der Bayerischen Denkmalliste bzw. der Mitarbeit hieran und einer digital abrufbaren kartografischen Darstellung von Bau- und Bodendenkmälern betraut.

     

    Die Eingabe von Daten erfolgte dabei jeweils vor Ort in der Dienststelle des Gebietes, das ihm der ArbG für seine Mitarbeit zuwies. Der ArbN war darüber hinaus dazu gehalten, die in einem Projekthandbuch aufgeführten Richtlinien zu beachten.

     

    Der ArbN ist der Auffassung, es bestehe kein werkvertragliches Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem ArbG, sondern ein Arbeitsverhältnis. Daher erhob er nach Ablauf der letzten Befristung Entfristungsklage nach § 17 TzBfG, die letztinstanzlich vor dem BAG erfolgreich war.

     

    Entscheidungsgründe

    Der 10. Senat des BAG stellt klar, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien um ein Arbeitsverhältnis und nicht um eine freie Mitarbeit im Rahmen von Werkverträgen handelt. Darüber hinaus betont das BAG, das Arbeitsverhältnis sei nicht wirksam nach den Vorschriften des TzBfG befristet gewesen.

     

    Dabei führt das BAG aus, bei der Abgrenzung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einer freien Mitarbeit im Rahmen eines Werkvertrags komme es nicht auf die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung des Vertrags, sondern auf die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses an. Insofern sei eine Gesamtwürdigung der Umstände vorzunehmen. Für ein Arbeitsverhältnis spreche die persönliche Abhängigkeit und die Weisungsgebundenheit des ArbN gegenüber dem ArbG. Entscheidend sei darüber hinaus, dass bei einem Arbeitsverhältnis die Arbeitsleistung als solche und nicht ein dem ArbN als eigene Leistung zurechenbares und abnahmefähiges Werk geschuldet sei.

     

    Der Werkunternehmer sei dem gegenüber selbstständig. Er organisiere die für die Erreichung des Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen Voraussetzungen. Dabei entscheide er selbst über die Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgs.

     

    Zwar sei die Erstellung von Denkmalverzeichnissen auch im Rahmen eines Werkvertrags möglich. Hierbei habe es sich hingegen nur um eine Teiltätigkeit des ArbN gehandelt. Er habe darüber hinaus die Erfassung und Bewertung von Maßnahmen, die Einbringung von Vorschlägen und zahlreiche weitere Dienstleistungen geschuldet. Die Richtlinien des ArbG hätten überdies im Einzelnen vorgegeben, wie und mit welchen Hilfsmitteln die Arbeiten zu erledigen seien. Der ArbN sei darüber hinaus in die Arbeitsabläufe des ArbG eingebunden gewesen. Er habe weder in zeitlicher noch in organisatorischer Hinsicht selbst entscheiden können, wie er einen bestimmten Erfolg herbeiführe. Auch der Arbeitsort sei dem ArbN im Rahmen der Weisungen des ArbG vorgegeben gewesen.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung stellt klar, dass nicht die Parteibezeichnung für die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis oder ein Werkvertrag vorliegt, entscheidend ist. Auch die Begleitregelungen, wie Gewährleistungs- oder Nachbesserungsrecht und deren Aufnahme in das Vertragsgewerk vermag ein tatsächlich vorliegendes Arbeitsverhältnis nicht zu einem Werkvertrag zu machen. Entscheidendes Kriterium ist, ob Arbeitsleistung oder ein bestimmter abgrenzbarer und abnahmefähiger Erfolg geschuldet wird. Eine selbstständige Tätigkeit außerhalb eines Arbeitsverhältnisses ist nur anzunehmen, wenn das Vertragsverhältnis so durchgeführt wird, dass es egal ist, wann, an welchem Ort und mit welchen Mitteln das geschuldete Werk hergestellt wird.

     

    Dies bedeutet für den ArbG, dass eine „Flucht in den Werkvertrag“, um die langfristigen Bindungen im Arbeitsverhältnis und die damit einhergehenden Abeitnehmerschutzvorschriften zu vermeiden, nur begrenzt möglich ist. Zwar lassen sich viele Leistungen, die im Betrieb notwendig sind, oft sowohl im Rahmen eines Arbeits- als auch eines Dienstvertrags erbringen. Ein „echter“ und von der Rechtsprechung anerkannter Werkvertrag liegt aber nur vor, wenn dem „Werkunternehmer“ die volle wirtschaftliche und tatsächliche Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit verbleibt.

     

    Die reine Bezeichnung und einige „salvatorische“ Klauseln im Vertrag sind nicht ausreichend, um den ArbN zum „freien Mitarbeiter“ zu machen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Erbengemeinschaft keine Arbeitsvertragspartei: LAG Hamm in AA 13, 118
    • Kriterien der Zuweisung eines neuen Arbeitsorts: BAG in AA 13, 120
    • Rechtswegzuständigkeit bei Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers: BAG in AA 13, 60
    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 46 | ID 42534392