03.03.2011 | AGG
Geschlechtsspezifische Benachteiligung wegen Schwangerschaft bei Besetzung
Bewirbt sich eine schwangere ArbN um eine Stelle und besetzt der ArbG, dem die Schwangerschaft bekannt ist, diese Stelle mit einem Mann, so hat die ArbN eine geschlechtsspezifische Benachteiligung dann glaubhaft gemacht, wenn sie außer der Schwangerschaft weitere Tatsachen vorträgt, welche eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts vermuten lassen. An diesen weiteren Tatsachenvortrag sind keine strengen Anforderungen zu stellen (BAG 27.1.11, 8 AZR 483/09, Abruf-Nr. 110599). |
Sachverhalt
Die ArbN war beim ArbG im Bereich „International Marketing“, dem der „Vicepresident“ E. vorstand, als eine von drei Abteilungsleitern beschäftigt. Im September 2005 wurde die Stelle des E. frei. Der ArbG besetzte diese mit einem Mann und nicht mit der damals schwangeren ArbN. Diese begehrt die Zahlung einer Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts. Sie habe die Stelle wegen ihrer Schwangerschaft nicht erhalten. Bei der Bekanntgabe dieser Entscheidung sei sie auf ihre Schwangerschaft angesprochen worden. Der ArbG behauptet, für die getroffene Auswahl sprächen sachliche Gründe. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das LAG hatte sie zunächst abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der 8. Senat des BAG hat zunächst die Entscheidung des LAG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Er hatte angenommen, die ArbN habe Tatsachen vorgetragen, die ihre geschlechtsspezifische Benachteiligung nach § 611a Abs. 1 BGB (gültig bis 17. 8.06) vermuten lassen könnten. Bei seiner erneuten Entscheidung hat das LAG nach Beweisaufnahme angenommen, dass auch die weiteren von der ArbN vorgetragenen Tatsachen keine Vermutung für eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts bei der Beförderungsentscheidung begründen. Es hat die Klage wiederum abgewiesen. Auf die Revision der ArbN hat der Senat die Entscheidung des LAG erneut aufgehoben und die Sache wieder zur neuen Verhandlung sowie Entscheidung an das LAG zurückverwiesen, weil diesem bei der Tatsachenfeststellung und bei der Verneinung der Vermutung einer Benachteiligung der ArbN Rechtsfehler unterlaufen sind.
Praxishinweis
Das Problem der Rechtsprechung - sowohl des BAG als auch der Instanzgerichte - bei Ansprüchen aus §§ 15, 21 AGG ist vor allem die in der Praxis schwer zu handhabende unklare Regelung der Beweislast in § 22 AGG. Nach dieser Norm muss die/der Anspruchsteller(in) lediglich Vermutungstatsachen für eine Benachteiligung aus den Gründen des § 1 AGG vortragen, wobei allein das Vorliegen bestimmter Merkmale in der Person der/des Anspruchstellers/in nicht ausreicht.
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