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  • 01.07.2006 | Arbeitsvertragsinhalt

    Aktuelle Rechtsprechung zur Erstattungspflicht von Ausbildungskosten durch den Arbeitnehmer

    von RiArbG Klaus Griese, Hamm

    Durch die Rechtsprechung des BAG sind die Voraussetzungen, nach denen der ArbN verpflichtet sein kann, entstandene Aus- oder Fortbildungskosten bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückzuzahlen, in den letzten Jahren präzisiert worden. Sie sind damit weitestgehend berechenbar. Die Checkliste gibt einen Überblick.  

     

    Checkliste: Erstattungspflicht des ArbN für Ausbildungskosten

    Nach der Rechtsprechung kommt eine Verpflichtung des ArbN zur Rückzahlung solcher Kosten nur in Betracht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:  

     

    • Zwischen den Parteien muss ausdrücklich eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen worden sein.

     

    • Eine solche Vereinbarung ist nur rechtswirksam, wenn sie einer gerichtlichen Inhaltskontrolle standhält. Das ist unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben (Art. 12 GG) im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen. Die Rückzahlungsvereinbarung ist nur wirksam, wenn nach den Umständen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses davon ausgegangen werden kann (auf diesen Zeitpunkt ist abzustellen, BAG AP Nr. 15 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = NZA 92, 211), dass

     

    • es sich um eine Ausbildung handelt, durch die der ArbN einen geldwerten Vorteil (etwa bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch zusätzliche Qualifikation) erlangt (BAG AP Nr. 18 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = NZA 94, 937). Nicht zulässig ist eine Rückzahlungsverpflichtung, wenn es um eine Ausbildung geht, die nur dazu dient, den ArbN überhaupt vertragsgerecht einsetzen zu können. Denn die Kosten einer Ausbildung hat i.d.R. (§§ 3 ff. BBiG) der Ausbildende zu tragen (BAG AP Nr. 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = NZA 96, 205; BAG AP Nr. 18 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = NZA 94, 937);

     

    • der Umfang der Fortbildungsmaßnahme erheblich ist;

     

    • die Höhe der Kostenbelastung für den ArbG erheblich ist;

     

    • der ArbN nicht unverhältnismäßig lange gebunden ist. Die zulässige Bindungsdauer beträgt – je nach Kosten und Aufwand sowie nach Vorteilen für den ArbN – zwischen sechs Monaten und fünf Jahren nach Beendigung der Aus- oder Fortbildung (BAG AP Nr. 37 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = DB 06, 220; BAG AP Nr. 33 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = MDR 04, 1244);

     

    • das Arbeitsverhältnis vorzeitig durch Eigenkündigung des ArbN oder durch arbeitnehmerseitig veranlasste Kündigung des ArbG (wegen vertragswidrigen Verhaltens des ArbN) beendet wird. Eine betriebsbedingte Kündigung führt nicht zu einer Verpflichtung auf Rückzahlung der Ausbildungskosten (BAG AP Nr. 34 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = NZA 04, 1035).
     

    Geltungserhaltende Reduktion bei fehlenden Voraussetzungen

    Ist zwar eine Rückzahlungsvereinbarung nach den o.g. Grundsätzen möglich, aber die Rückzahlungssumme zu hoch, die Bindungsdauer zu lang oder haben die Parteien die Rückzahlung auch für den Fall vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis durch nicht vom ArbN zu vertretende Gründe vorzeitig beendet wird, kommt eine „geltungserhaltende Reduktion“ in Betracht (BAG AP Nr. 18 und 23 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe = NZA 94, 937 bzw. NZA 96, 532). Die Vereinbarung ist also nicht rechtsunwirksam, sondern wird auf das zulässige Maß zurückgeführt.  

     

    Keine geltungserhaltende Reduktion bei Formulararbeitsverträgen

    Ist die Rückzahlungsvereinbarung in einem vom ArbG vorgegebenen Formularvertrag oder in einem Verbrauchervertrag (§ 310 Abs. 3 BGB) getroffen worden, gilt § 307 BGB. Eine geltungserhaltende Reduktion kommt dann nicht in Betracht. Das BAG hat aktuell dazu entschieden (BAG 11.4.06, 9 AZR 610/05, Abruf-Nr. 061670):