28.07.2011 | Außerordentliche Kündigung
Fristlose Kündigung bei extremer Situation?
Wenn eine extreme Drucksituation Anlass für eine Drohung des ArbN war, scheitert eine außerordentliche Kündigung des ArbG, die dieser gerade wegen der unberechtigten Drohung ausgesprochen hat (Sächsisches LAG 21.1.11, 3 Sa 181/10, Abruf-Nr. 112364). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Einer schwerbehinderten ArbN wurden in einem Personalgespräch Leistungs- und Verhaltensmängel vorgeworfen. An dem Gespräch nahmen mehrere leitende ArbG-Vertreter teil. Die ArbN behauptete, hierbei sei es zu Handgreiflichkeiten ihrer Vorgesetzten gekommen. Sie kündigte Strafanzeige an. Der ArbG kündigte ihr daraufhin fristlos. Die fristlose Kündigung hielten das Arbeitsgericht Leipzig und das LAG für unwirksam, weil sie sich in einer extremen Drucksituation befand und eine Abmahnung fehlte. Das Gericht sah in der Drohung einen untauglichen, aber situationsbedingten Versuch der Verteidigung und berücksichtigte zugunsten der ArbN, dass andere ArbN von der Drohung nichts erfuhren, sodass die Autorität der Vorgesetzten nicht litt. Zudem zeigten andere Vorfälle, dass Abmahnungen eine Verhaltensänderung der ArbN bewirkten.
Praxishinweis
Hintergrund der Entscheidung ist die BAG-Rechtsprechung, dass eine Strafanzeige gegen den ArbG ohne den Versuch einer zumutbaren innerbetrieblichen Klärung eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung sein kann (BAG NZA 07, 502).