01.06.2007 | Kündigungsrecht
Krankheitsbedingte Kündigung: Häufige Kurzerkrankungen als Kündigungsgrund
Weist ein ArbN eine Reihe von Kurzerkrankungen auf, können diese „an sich“ geeignet sein, eine ordentliche Kündigung aus einem personenbedingten Grund sozial zu rechtfertigen (§ 1 Abs. 2 KSchG). Allerdings ist das Kündigungsrecht an eine Reihe weiterer Voraussetzungen gebunden, die die Abschätzung der Erfolgsaussichten in einem Kündigungsschutzprozess für beide Seiten erschweren. Der folgende Beitrag stellt diese Voraussetzungen vor.
Unbestimmter Rechtsbegriff
Bei der Frage, ob die Kündigung eines ArbN aufgrund von krankheitsbedingten Fehlzeiten aus Gründen in der Person bedingt und deshalb sozial gerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 S. 1 KSchG), handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Arbeitsgericht und LAG haben deshalb als Tatsacheninstanzen ihre Entscheidungen danach auszurichten, dass sie bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm des § 1 KSchG keine Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzen. Zudem müssen sie bei der gebotenen Interessenabwägung, bei der ihnen ein Beurteilungsspielraum zusteht, alle wesentlichen Umstände berücksichtigen. Schließlich muss die Entscheidung in sich widerspruchsfrei sein. Diese rechtlichen Gesichtspunkte bestimmen ggf. auch den Prüfungsumfang des BAG im Revisionsverfahren (BAG AP Nr. 40 zu § 1 KSchG 1969 = NZA 03, 816). Hieraus folgt, dass die Tatsacheninstanzen einen erheblichen Beurteilungsspielraum haben, der die realistische Einschätzung der Erfolgsaussichten in einem Kündigungsschutzprozess durchaus erschwert.
Checkliste: Prüfungsschema zur Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen |
Das Prüfungsschema des Kündigungsgrundes „häufige Kurzerkrankungen“ ist dreistufig:
Erste Stufe – Negative Gesundheitsprognose: Eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen kommt nach der ständigen Rechtsprechung des BAG nur in Betracht, wenn – bezogen auf den Kündigungszeitpunkt – objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbilds sprechen. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Krankheiten ausgeheilt sind.
Nach einer Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein kann sich bei einer Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen im Rahmen der Feststellung der Zukunftsprognose aus der Gesamtheit des Krankheitsbildes eine persönliche konstitutionelle Schwäche und damit eine besondere Krankheitsanfälligkeit ergeben. Dann ist nicht entscheidend, dass die jeweilige individuelle Einzelerkrankung ausgeheilt ist (LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 06, 129 = LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 38).
Zweite Stufe – Interessenbeeinträchtigung: Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessenführen, was Teil des Kündigungsgrunds ist. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen des ArbG zu einer derartigen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen, z.B. durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen pro Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten.
Dritte Stufe – Allgemeine Interessenabwägung: Liegt eine solche erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vor, ist in einem dritten Prüfungsschritt im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom ArbG billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen. Dabei ist u.a. zu berücksichtigen,
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Darlegungs- und Beweislast
Der Verteilung und Ausgestaltung der Darlegungs- und Beweislast bezüglich der kündigungsbegründenden bzw. kündigungsausschließenden Umstände kommt in diesen Fällen eine ganz erhebliche Bedeutung zu, hängt die Entscheidung doch maßgeblich von ihrer Überzeugungswirkung hinsichtlich der zu treffenden Fehlzeitenprognose ab. Im Einzelnen gilt dabei Folgendes:
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