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  • 01.09.2005 | Kündigungsrecht

    Kündigung wegen Mitverzehrs entwendeter Nahrungsmittel ist nicht immer wirksam

    von VRiLAG i.R. Dr. Hans Georg Rummel, Duisburg
    Der Umstand, dass der ArbN eine vom ArbG herausgegebene Verhaltensanordnung (hier: Verbot des Verzehrs von Ware ohne Vorliegen eines Kassenbons), u.U. verbunden mit ausdrücklicher Kündigungsandrohung bei Zuwiderhandlung, missachtet, rechtfertigt jedenfalls dann nicht „automatisch“ eine verhaltensbedingte Kündigung, wenn dem hohen Bestandsschutzinteresse des ArbN, fehlender Wiederholungsgefahr und fehlender Schädigung des ArbG im Wesentlichen nur dessen Interesse an einer Generalprävention gegenübersteht (LAG Düsseldorf 11.5.05, 12 (11) Sa 115/05, Abruf-Nr. 052281).

     

    Sachverhalt

    Die 1947 geborene Klägerin war seit 1978 in dem Warenhaus der Beklagten als Abteilungshilfe im Bereich Molkereiprodukte beschäftigt. Die Parteien hatten eine Altersteilzeitvereinbarung mit einer Arbeitsphase vom 1.11.02 bis 15.4.05 und einer Freistellungsphase vom 16.4.05 bis 30.9.07 geschlossen. In einer „Betrieblichen Ordnung“ und in einer internen Mitteilung war festgelegt, dass bei jeder Ware, die im Haus verzehrt wurde, grundsätzlich der Kassenbon vorzuweisen sei. Mit Aushang war bekannt gegeben, dass der Verzehr von unbezahlter Ware zur Kündigung führe.  

     

    Am 10.8.04 ließ sich die ebenfalls im Bereich Molkereiprodukte tätige Frau J. in der Backstube zwei Brötchen und an der Wursttheke zwei Stücke Fleischwurst geben. Anschließend bot sie der Klägerin eines der Brötchen an. Diese lehnte zunächst ab, nahm das Brötchen dann aber doch an und verzehrte es. Nach den gerichtlichen Feststellungen konnte die Klägerin nach den Umständen nicht im Zweifel darüber sein, dass Frau J. die beiden Brötchen ohne Bezahlung „akquiriert“ hatte. In der späteren Befragung gab Frau J. an, dass die Klägerin bereits zwei oder drei Mal zuvor ein Brötchen mitgegessen habe.  

     

    Auf Grund der Vorfälle wurde Frau J. fristlos gekündigt. Der Klägerin gegenüber erklärte die Beklagte unter dem 23.8.04 eine fristlose und unter dem 30.8.04 eine fristgerechte Kündigung. Die Kündigungsschutzklage war hinsichtlich beider Kündigungen erfolgreich.