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  • 01.04.2005 | Kündigungsrecht

    Verhaltensbedingte Kündigung: Strafanzeige gegen den Arbeitgeber

    von VRiLAG Dr. Wilfried Berkowsky, Halle

    Zeigt der ArbN den ArbG bei Behörden (z.B. Gewerbeaufsichtsamt) an oder erstattet gar Strafanzeige, sind Konflikte vorprogrammiert. Ein solches Verhalten begründet i.d.R. ein erhebliches – subjektives – Interesse des ArbG an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem betreffenden ArbN. Der Beitrag zeigt auf, worauf in diesen Fällen zu achten ist.  

     

    Fallgruppen sind stark einzelfallbezogen

    Sowohl die Anzeige des ArbN als auch die Reaktion des ArbG gleichen dem berühmten „Stich ins Wespennest“. Beide Handlungen tangieren eine Unzahl rechtlicher Gesichtspunkte, die für die Entscheidung eines solchen Falls relevant werden können – oder auch nicht. Das führt dazu, dass einschlägige Entscheidungen meist extrem einzelfallbezogen ausfallen, Ergebnisse also nur schwer zu prognostizieren sind. Die Brisanz ist vornehmlich darin begründet, dass der ArbN nach Auffassung des BVerfG mit der Erstattung einer Strafanzeige ein von der Rechtsordnung eingeräumtes Grundrecht, nämlich die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG wahrnimmt (BVerfG AP Nr. 170 zu § 626 BGB = NZA 01, 888). Immer wenn grundrechtlich geschützte Positionen im Kündigungsrecht in Stellung gebracht werden, wird die Sache schwierig, das Ergebnis eines Kündigungsschutzprozesses kaum vorhersehbar.  

     

    Fallgruppe 1: Falsche Anzeige – berechtigte Kündigung

    Außerhalb dieses Problemkreises stehen allerdings bewusst unwahre und leichtfertig falsche Anzeigen. In einem solchen Fall bleibt wenig abzuwägen. Es ist allenfalls zu fragen, ob die Vertragsbeziehung zwischen ArbG und ArbN durch diese – konkrete – Anzeige so erheblich beeinträchtigt worden ist, dass eine außerordentliche Kündigung möglich ist oder evtl. nur eine ordentliche, und ob nicht zuvor eine einschlägige Abmahnung erklärt worden sein muss. Diese Fragen lassen sich nur unter Abwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten. Entscheidend ist die Schwere des mit der (falschen) Anzeige verbundenen Vorwurfs und das Motiv. Je verwerflicher dies ist, umso eher kann außerordentlich gekündigt werden (exemplarisch LAG Hamm NZA-RR 04, 475).  

     

    Fallgruppe 2: Der gutgläubige Erstatter einer falschen Anzeige