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  • 01.06.2006 | Prozessführung

    Was Sie bei der Beseitigung von rechtswidrigen Rechtswegverweisungen beachten müssen

    von VRiLAG i.R. Dr. Hans Georg Rummel, Duisburg

    Zwischen den Arbeitsgerichten und den ordentlichen Gerichten herrschen nicht selten unterschiedliche Auffassungen, wer für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig ist. Das zunächst angegangene Gericht ist aus nachzuvollziehenden Gründen mit einer Abgabe/Verweisung des Rechtsstreits bisweilen schnell bei der Hand. Manchmal weigern sich auch beide Gerichte, den Rechtsstreit zu übernehmen. Der Beitrag zeigt auf, wie in diesen Fällen die Rechtslage ist und was der Anwalt tun kann.  

     

    Checkliste: Der prozessuale Ablauf der Rechtswegbestimmung

    Das Verhältnis der Arbeitsgerichtsbarkeit zu den ordentlichen Gerichten ist keine Frage der sachlichen Zuständigkeit, sondern eine solche des zulässigen Rechtswegs (BAG AP Nr. 7 zu § 48 ArbGG 1979 = NZA 92, 954; BAG AP Nr. 42 zu § 36 ZPO = NZA 93, 522; BGH NJW 98, 909).  

     

    Das Verfahren bezüglich der Bestimmung des Rechtswegs ist in §§ 17, 17a GVG geregelt; für das Arbeitsgericht gilt zusätzlich § 48 ArbGG.  

     

    Das Gericht prüft seine Zuständigkeit von Amts wegen. Hält es sich nicht für zuständig, weist es die Parteien darauf hin. Es spricht dann seine Unzuständigkeit aus und verweist den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs (§ 17a Abs. 2 S. 1 GVG). Hält es den beschrittenen Rechtsweg hingegen für zulässig, kann es dies vorab aussprechen. Rügt eine Partei die Zulässigkeit des Rechtswegs, muss es dies tun (§ 17a Abs. 3 GVG). Eine Entscheidung, dass der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, ist für andere Gerichte bindend (§ 17a Abs. 1 GVG). Ebenso muss das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, die Entscheidung des verweisenden Gerichts hinnehmen (§ 17a Abs. 2 S. 3 GVG).  

     

    Gegen die Beschlüsse, mit denen das Gericht seine Zuständigkeit bejaht oder verneint, ist die sofortige Beschwerde gegeben (§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG). Trifft ein oberes Landesgericht (etwa LAG) die Entscheidung, ist die Rechtsbeschwerde gem. §§ 574 ff. ZPO gegeben. Sie setzt eine Zulassung (wegen grundsätzlicher Bedeutung oder Divergenz) voraus. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht vorgesehen (BAG AP Nr. 2 zu § 78 ArbGG 1979 = NZA 95, 1223).  

     

    Abgabe ohne Beschluss kann rückgängig gemacht werden

    Daraus, dass der Gesetzgeber ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben hat, folgt, dass eine bloße Abgabe des Rechtsstreits an ein anderes Gericht rückgängig gemacht werden kann. Oftmals erklären sich vor allem anwaltlich nicht vertretene Parteien auf eine entsprechende Anfrage des Gerichts vorschnell mit einer Abgabe des Rechtsstreits einverstanden. Kommt ein später von der Partei eingeschalteter Anwalt zu der Auffassung, dass das ursprünglich angegangene Gericht doch zuständig war, kann er auf die Rücksendung der Akten dringen. Teilt das ursprünglich angegangene Gericht seine Ansicht nicht, kann er einen förmlichen, der Anfechtung unterliegenden Verweisungsbeschluss beantragen.  

     

    Musterformulierungen: Bitte um Aktenrücksendung wegen fehlerhafter Abgabe
    • An das Arbeitsgericht ... (Abgebendes Gericht)
    In dem Rechtsstreit X . /. Y, Az. ...
    bestelle ich mich kraft beigefügter Vollmacht zum Prozessbevollmächtigen des ...

     

    Ich bitte darum, die an das Amtsgericht ... übersandten Akten (dortiges Az ... ) zurückzufordern und nach Rücksendung der Akten den Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht zu verhandeln.

     

    Sofern das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu ihm nach wie vor für unzulässig halten sollte, wird förmlicher Verweisungsbeschluss beantragt.

     

    Begründung:
    Entgegen der im gerichtlichen Schreiben vom ... vertretenen Auffassung, ist das Arbeitsgericht ... das Gericht des zulässigen Rechtswegs. Das ergibt sich aus ... (ausführen).

     

    Da eine formlose Abgabe der Akten an ein anderes Gericht keine Bindungswirkung entfaltet, wird um Rückforderung der Akten gebeten. Sollte das Gericht in der Frage des zulässigen Rechtswegs bei seiner unrichtigen Auffassung bleiben, bedarf es des Erlasses und der Zustellung eines förmlichen Verweisungsbeschlusses, damit ich gegen diesen Beschluss Rechtsmittel einlegen kann.

     

    • An das Amtsgericht ... (Empfängergericht)
    In dem Rechtsstreit X ./. Y, Az. ...

     

    hat das Arbeitsgericht ... die Sache formlos an das Amtsgericht ... abgegeben und die Akten nach dort übersandt.

     

    Wie dem Ausdruck des beigefügten Schriftsatzes an das Arbeitsgericht zu entnehmen ist, ist das Arbeitsgericht für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Es wird daher um Rücksendung der Akten an das Arbeitsgericht gebeten.

    Bei förmlichem Beschluss muss Beschwerdefrist eingehalten werden

    Liegt hingegen ein förmlicher Beschluss vor und versäumt die Partei die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde, so lassen sich die Rechtsfolgen der Entscheidung im Allgemeinen nicht mehr beseitigen. Im Wege der Berufung kann die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs nicht mehr zur Überprüfung gestellt werden (§ 17a Abs. 5 GVG; § 65 ArbGG).