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  • 01.03.2006 | Prozesskostenhilfe

    Wann darf eine PKH-Bewilligung trotz Zahlungsrückstand nicht aufgehoben werden?

    von RA Christian Stake, FA Arbeitsrecht, Werne
    1. Hat der Zahlungsrückstand seine Ursache darin, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partei verschlechtert haben, so ist vorrangig zu prüfen, ob nicht eine Änderungsentscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO in Betracht kommt. Eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen Rückstands mit der Ratenzahlung ist nämlich unzulässig, wenn die festgesetzten Raten der Leistungsfähigkeit der Partei nicht (mehr) entsprechen.  
    2. Bittet die Partei unter Hinweis darauf, dass sie auf die Unterstützung durch das Sozialamt angewiesen sei, um Zahlungsaufschub, muss das Arbeitsgericht diesen als Abänderungsantrag ausdeutenden Stundungsantrag förmlich vorbescheiden und die Ratenzahlungsanordnung aus dem PKH-Bewilligungsbeschluss gem. § 120 Abs. 4 S.1 Hs. 2 ZPO aufheben. Wer Sozialhilfe bezieht, erfüllt schon allein aus diesem Grunde die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH-Bewilligung ohne Ratenzahlungsverpflichtungen.  

     

    Praxishinweis

    Wann eine PKH-Bewilligung aufgehoben werden kann, ergibt sich aus § 124 ZPO. Das ist z.B. nach § 124 Nr. 4 ZPO der Fall, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder eines sonstigen Betrags in Rückstand ist.  

     

    Aufgehoben werden kann also schon, wenn eine seit drei Monaten fällige Monatsrate nicht gezahlt worden ist. Es wird nicht etwa verlangt, dass die Partei mit drei Monatsraten in Rückstand ist (Stein/Jonas/Bork, § 124 ZPO, Rn. 24). Allerdings rechtfertigt eine unpünktliche Zahlung allein noch keine Aufhebung der PKH (OLG Schleswig JurBüro 93, 691). Die Partei muss entsprechend den Gedanken der §§ 280, 286 BGB nachweisen, dass der Rückstand unverschuldet ist (Musielak/Fischer, § 124 ZPO, Rn. 9). Deshalb muss das Gericht die Partei vor der Aufhebungsentscheidung auf die Rückstände hinweisen (OLG Brandenburg FamRZ 02, 1419). Gibt sie auf einen solchen Hinweis keine Stellungnahme ab, kann dementsprechend davon ausgegangen werden, dass der Zahlungsrückstand nicht unverschuldet ist (OLG Stuttgart JurBüro 86, 297). Die PKH-Bewilligung darf dann nach § 124 Nr. 4 ZPO aufgehoben werden, ohne dass es einer weiteren Aufklärung seitens des Rechtspflegers bedarf (OLG Hamm JurBüro 92, 621).  

     

    Eine Aufhebung der PKH-Bewilligung wegen Rückstands mit der Ratenzahlung ist unzulässig, wenn eine Zahlungsanordnung zu Unrecht getroffen worden ist (OLG Düsseldorf FamRZ 93, 1474). Eine PKH-Partei befindet sich nämlich auch dann nicht in einem den Zahlungsverzug begründenden Rückstand, wenn Raten gegen sie von vornherein nicht hätten festgesetzt werden dürfen, weil die Partei schon im Zeitpunkt der PKH-Bewilligung zur Ratenzahlung nicht im Stande gewesen ist (OLG Düsseldorf JurBüro 87, 914; OLG Celle FamRZ 97, 1089; OLG Koblenz JurBüro 99, 371). Dies bedeutet, dass im Rahmen einer Entscheidung nach § 124 Nr. 4 ZPO die subjektiven Voraussetzungen der PKH-Bewilligung nochmals geprüft werden müssen (OLG Karlsruhe OLGR 98, 368; OLG Koblenz OLGR 99, 120). Dem steht nicht entgegen, dass es zu einem früheren Zeitpunkt versäumt wurde, Beschwerde einzulegen (KG Berlin JurBüro 84, 1251). Ein Verschulden ist auch zu verneinen, wenn die Partei die Ratenzahlungen in der erlaubten Erwartung einstellt, einem von ihr gestellten Änderungsantrag werde stattgegeben (OLG Zweibrücken JurBüro 92, 412).