Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 23.12.2009 | Vertragsinhalt

    Vertragsklauseln: Die unangemessene Benachteiligung

    von VRiLAG a.D. und RA Dr. Lothar Beseler, Meerbusch und RA Christian Nohr, FA Arbeitsrecht, Essen

    Im dritten und letzten Teil der Serie zum Thema „Wirksame/Unwirksame Vertragsklauseln“ geht es um unangemessene benachteiligende Klauseln.  

     

    Die unangemessene Benachteiligung

    Eine Klausel ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei sind auch grundrechtlich geschützte Positionen zu beachten. Es ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Art, Gegenstand, Zweck und besondere Eigenarten des jeweiligen Geschäfts sind zu berücksichtigen (BAG 18.11.08, 3 AZR 192/07, Abruf-Nr. 093969).  

     

    Rechtsprechungsübersicht: Unangemessene Benachteiligung

    Klauselinhalt  

    Status  

    Fundstelle  

    Klauseln einer monatlich zu zahlenden Leistungszulage unter Ausschluss jeden Rechtsanspruchs.  

    Unwirksam  

    BAG AA 07, 179, Abruf-Nr. 072811  

    Vertragsstrafenabrede, die „im Falle eines gravierenden Vertragsverstoßes“ eine Vertragsstrafe in Höhe des ein- bis dreifachen Monatsgehalts vorsieht, wobei die Höhe vom ArbG nach der Schwere des Verstoßes festgelegt wird. Die vereinbarte Vertragsstrafe muss die zu leistende Strafe und die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann.  

    Unwirksam  

    BAG 18.8.05, 8 AZR 65/05,  

    Abruf-Nr. 062791  

    Vertragsstrafenabrede, wonach „für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von zwei durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommen“ verlangt werden kann und „im Falle einer dauerhaften Verletzung der Verschwiegenheitspflicht oder des Wettbewerbsverbots jeder angebrochene Monat als eine erneute Verletzungshandlung“ gilt. Es ist nicht erkennbar, wann eine „dauerhafte Verletzung“ vertraglicher Pflichten vorliegen soll, die zu einer monatlich erneut fällig werdenden Vertragsstrafe führt, und wann ein einmaliger Vertragsverstoß gegeben sein soll, für den nur eine einmalige Vertragsstrafe vorgesehen ist.  

    Unwirksam  

    BAG 14.8.07, 8 AZR 973/06,  

    Abruf-Nr. 093968  

    Klauseln, wonach im Falle einer berechtigten ArbG-seitigen fristlosen Kündigung die noch nicht geleisteten Tantiemen verwirkt sind. Sie haben den Rechtscharakter einer Vertragsstrafe.  

    Unwirksam  

    LAG Rheinland-Pfalz 6.3.09, 9 Sa 277/08,  

    Abruf-Nr. 094085  

    Klauseln, nach denen der ArbN vom ArbG übernommene Studiengebühren auch dann erstatten muss, wenn der ArbG dem ArbN nach Abschluss des Studiums keinen Arbeitsvertrag anbietet.  

    Unwirksam  

    BAG 18.12.08, 3 AZR 192/07,  

    Abruf-Nr. 093969  

    Klauseln, die eine Rückzahlungsverpflichtung für die in der Vorlesungszeit fortgezahlte Ausbildungsvergütung vorsehen, die diese jedoch für jeden Monat der späteren Tätigkeit anteilig mindern, soweit sie keine Verpflichtung des ArbG enthalten, den „Volontär“ nach erfolgreichem Abschluss des Studiums auch tatsächlich zu beschäftigen (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB) und nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, soweit die Klausel den „Volontär“ im Unklaren lässt, zu welchen Arbeitsbedingungen er nach erfolgreichem Abschluss des Studiums vom ArbG beschäftigt werden soll.  

    Unwirksam  

    BAG 18.3.08, 9 AZR 186/07,  

    AA 08, 185,  

    Abruf-Nr. 083153  

    Verfallklauseln für die schriftliche und die gerichtliche Geltendmachung von je weniger als drei Monaten.  

    Unwirksam  

    BAG 10.3.08, 10 AZR 152/07,  

    Abruf-Nr. 093970  

    Ausschlussfristen, die für den ArbN zum Anspruchsverlust führen; sie widersprechen einer ausgewogenen Vertragsgestaltung.  

    Unwirksam  

    BAG 31.8.05, 5 AZR 545/04,  

    Abruf-Nr. 053366  

    Der ohne Gegenleistung erklärte formularmäßige Verzicht des ArbN auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage.  

    Unwirksam  

    BAG 6.9.07, 2 AZR 722/06, AA 08, 87,  

    Abruf-Nr. 081152  

    Die in einem AGB-Vertrag enthaltene Erklärung des ArbN, auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung zu verzichten. Die „Verzichtserklärung“ kann nach dem Erscheinungsbild der Ausgleichsquittung eine Überraschungsklausel (§ 305c Abs. 1 BGB) sein und mangels verständlicher und klarer Darstellung der wirtschaftlichen Folgen gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) verstoßen). Ein solcher Verzicht verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, wenn er nicht ausreichend klar erkennen lässt, welche Ansprüche erfasst sein sollen.  

    Unwirksam  

    LAG Berlin-Brandenburg 5.6.07, 12 Sa 524/07,  

    Abruf-Nr. 093971;  

    LAG Düsseldorf 13.4.05,  

    12 Sa 154/05,  

    Abruf-Nr. 052404  

    Eine zu starke Schwankungsbreite bei Arbeit auf Abruf zu einem Stundenkontingent von mindestens 4 Stunden monatlich und einer darüber hinausgehenden Verpflichtung zur Ableistung von Überstunden, hier: tatsächlich durchschnittlich 100 Arbeitsstunden im Monat.  

    Unwirksam  

    BAG 7.12.05, 5 AZR 535/04,  

    Abruf-Nr. 061986; LAG Düsseldorf LAGE § 14 TzBfG Nr. 41  

    Doppelte Schriftformklausel, die beim ArbN den Eindruck erweckt, jede spätere vom Vertrag abweichende mündliche Abrede sei gemäß § 125 S. 2 BGB nichtig. Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden Vorrang vor AGB. Eine zu weit gefasste doppelte Schriftformklausel ist irreführend.  

    Unwirksam  

    BAG 20.5.08, 9 AZR 382/07,  

    Abruf-Nr. 082857  

    Generelle, einschränkungslose Freistellungsklauseln.  

    Unwirksam  

    LAG München LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 2;  

    a.A. LAG Köln  

    NZA-RR 06, 342  

    Verzicht auf nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Karenzentschädigung in einer Ausgleichs- oder Erledigungsklausel.  

    Wirksam  

    BAG 19.11.08,  

    10 AZR 671/07,  

    Abruf-Nr. 093972  

    Doppelte Schriftformklausel, die das Entstehen einer betrieblichen Übung ausschließt.  

    Wirksam  

    BAG 20.5.08, 9 AZR 382/07,  

    Abruf-Nr. 082857  

    Klauseln mit einer Reinigungskraft, wonach die Arbeitspflichten während der Schulferienzeiten ruhen sollen, soweit diese Zeiten nicht durch Urlaub ausgefüllt werden. Trotz einer von § 611 BGB abweichenden Regelung (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB) fehlt die unangemessene Benachteiligung, weil das Reinigungsobjekt geschlossen ist und keine Reinigungsarbeiten anfallen.  

    Wirksam  

    BAG 10.1.07, 5 AZR 84/06,  

    AA 07, 105,  

    Abruf-Nr. 071553  

    Probezeit von drei Monaten.  

    Wirksam  

    BAG 6.12.04, 6 AZR 127/04,  

    Abruf-Nr. 050029  

    Befristete Arbeitszeiterhöhung, wenn die Befristung auf Umständen beruht, die die Befristung eines Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG sachlich rechtfertigen können. Liegt kein Grund i.S. des § 14 Abs. 1 TzBfG vor, ist zu prüfen, ob der Klauselinhalt generell und unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellt.  

    Wirksam  

    BAG 8.8.07,  

    7 AZR 855/06, Abruf-Nr. 093973; BAG 18.6.08, 7 AZR 245/07, Abruf-Nr. 093974  

     

     

    Quelle: Ausgabe 01 / 2010 | Seite 6 | ID 132443