· Fachbeitrag · Kündigung
Wann ist die Kündigung im Kleinbetrieb treuwidrig?
Ist das KSchG auf einen Betrieb als organisatorische Einheit wegen Beschäftigung von nicht mehr als zehn ArbN nicht anwendbar, gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit des ArbG. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen verstößt die Kündigung des ArbG eines Kleinbetriebs gegen Treu und Glauben (Arbeitsgericht Düsseldorf 31.8.15, 6 Ca 751/15, Abruf-Nr. 145375). |
Sachverhalt
Eine ArbN, die langjährig als Sachbearbeiterin im Büro des Kreisverbands einer politischen Partei beschäftigt war, wehrte sich gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses. Beim Kreisverband waren lediglich fünf ArbN beschäftigt. Die ArbN ist der Ansicht, der Kreisverband sei kein eigenständiger ArbG, sondern ein unselbstständiger Teil der Partei insgesamt.
Für den Fall, dass das KSchG keine Anwendung finde, beruft sich die ArbN darauf, dass zumindest das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme hätte gewahrt werden müssen. Vorrangig sei eine Kündigung gegenüber einem der ArbN mit erheblich kürzerer Betriebszugehörigkeit und ohne Unterhaltspflichten vorzunehmen gewesen.
Überdies verlangt die ArbN, dass ihr erteiltes Zeugnis berichtigt wird. Sie verweist auf ihre jahrzehntelange, von den Mitgliedern der unterschiedlichen Parteigremien anerkannte Arbeit.
Entscheidungsgründe
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage insgesamt abgewiesen. Es hält das KSchG für nicht anwendbar. Im Betrieb des Kreisverbands seien unstreitig nicht mehr als zehn ArbN beschäftigt. Die ArbN des Landesverbands könnten nicht hinzugerechnet werden, da Landes- und Kreisverband keinen gemeinsamen Betrieb unter einheitlicher Leitung betrieben. Es gebe weder eine personelle oder technisch-organisatorische Verknüpfung der Arbeitsabläufe, noch fänden sich Anzeichen für einen gemeinsamen Einsatz der Betriebsmittel.
Zwar könne auch eine außerhalb der Anwendbarkeit des KSchG ausgesprochene Kündigung ausnahmsweise gegen Treu und Glauben verstoßen und deshalb unwirksam sein. Die Kammer fand jedoch keine Anzeichen für eine unzulässige Diskriminierung oder Maßregelung durch den ArbG. Im Kleinbetrieb dürfe der ArbG grundsätzlich eine Kündigung aussprechen, wenn aus seiner Sicht ein Vertrauensverlust eingetreten und diese Einschätzung nicht erkennbar aus der Luft gegriffen sei.
Die Klage sei auch erfolglos, soweit die ArbN verlangt, ein neues von ihr formuliertes Zwischenzeugnis zu erhalten. Es genüge nicht, dass das erteilte Zeugnis unrichtig sei. Wegen der Formulierungshoheit des ArbG hätte die ArbN nur obsiegen können, wenn das Ermessen des ArbG im Hinblick auf die jeweils von ihr beanspruchten Formulierungen auf null reduziert gewesen wäre. Dies habe sich aus dem Vortrag der ArbN aber nicht ergeben. Zudem sei von ihr nicht ausreichend dargelegt worden, aufgrund welcher Umstände es gerechtfertigt gewesen sei, eine überdurchschnittliche Leistung zu bescheinigen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Praxishinweis
Der ArbG, der einen sogenannten „Kleinbetrieb“ mit nicht mehr als zehn ArbN führt, darf in der Regel ohne Gründe im Sinne des KSchG kündigen, wenn er zu einem ArbN kein Vertrauen mehr hat und dies nicht (erkennbar) vorschiebt. Ausnahmetatbestände wie Verstöße gegen §§ 138, 242 BGB oder das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB werden zwar als „Rettungsanker“ im Kündigungsschutzverfahren oft vom ArbN behauptet. Dazu muss er aber konkreten Tatsachenvortrag bringen und diesen gegebenenfalls beweisen. Das gelingt in der gerichtlichen Praxis meist nicht.
Weiterführender Hinweis
- Wann ist eine Kündigung zum „nächstmöglichen Zeitpunkt“ ausreichend? BAG in AA 15, 24