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  • · Fachbeitrag · Kündigungsrecht

    Keine Kündigung, weil Fehler eines Kollegen übersehen wurde

    | Eine seit 26 Jahren beschäftigte Bankangestellte muss weiterbeschäftigt werden, wenn sie zwar einen schweren Fehler begangen hat, zuvor aber nie abgemahnt wurde und für die Zukunft nicht mit weiteren Fehlern gerechnet werden muss. |

     

    So entschied es das Hessische LAG (7.2.2013, 9 Sa 1315/12, Abruf-Nr. 132230) im Fall einer Bankmitarbeiterin, die Überweisungsbelege prüfen und gegebenenfalls korrigieren musste. An einem Tag prüfte sie 603 Belege innerhalb von weniger als 1,4 Sekunden, 105 Belege innerhalb von 1,5-3 Sekunden und nur 104 Belege in mehr als 3 Sekunden. Dabei übersah sie einen Zahlungsbeleg, der durch einen Arbeitskollegen von 62,40 EUR auf 222.222.222,22 EUR korrigiert worden war. Der vorprüfende Arbeitskollege war bei einem Sekundenschlaf auf die Taste „2“ der PC-Tastatur geraten und hatte diese länger gedrückt gehalten. Durch eine systeminterne Prüfungsroutine wurde der Fehler bemerkt und berichtigt. Die Bank hat der Mitarbeiterin die vorsätzliche Täuschung über ihre Arbeitsleistungen vorgeworfen. Sie habe Belege nicht geprüft, sondern ohne Prüfung freigegeben. Sie hat der Mitarbeiterin fristlos, hilfsweise fristgerecht gekündigt.

     

    Das LAG hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Eine vorsätzliche Schädigung des ArbG oder eine vorsätzliche Manipulation des Arbeitsablaufs läge nicht vor. Nach der Vorbearbeitung durch den Arbeitskollegen könne der Mitarbeiterin nur noch eine unterlassene Kontrolle des Überweisungsträgers vorgeworfen werden. Dies sei zwar ein schwerer Fehler gewesen. Die für eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen notwendige negative Prognose sei nach Abwägung aller Umstände aber nicht erkennbar. Deshalb sei der beklagten Bank hier eine Abmahnung statt einer Kündigung noch zumutbar gewesen. Auch die von der Bank begehrte Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht haben die Richter zurückgewiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür lägen nicht vor. Nach wie vor sei eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit möglich.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 127 | ID 42224989