· Fachbeitrag · Sonderkündigungsschutz
Kündigungsschutz eines Bewerbers für den Wahlvorstand
Nimmt der ArbG Äußerungen eines „Wahlbewerbers“ zum Anlass für eine Kündigung, ist diese gemäß § 15 Abs. 3 S. 1 KSchG nur wirksam, wenn Tatsachen vorliegen, die den ArbG zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen. ArbN, die für das Amt des Wahlvorstands zur Durchführung einer Betriebsratswahl kandidieren oder vorgeschlagen werden, sind keine Wahlbewerber im Sinne des BetrVG (BAG 31.7.14, 2 AZR 505/13, Abruf-Nr. 142748). |
Sachverhalt
Der ArbG stellt Verpackungen her. Die Gewerkschaft ver.di hat beim ArbG eine Betriebsversammlung zur Wahl eines Betriebsrats abgehalten. Der ArbN wurde als Kandidat für den Wahlvorstand vorgeschlagen. Die Versammlung nahm insgesamt einen unübersichtlichen Verlauf. Zu einer wirksamen Wahl des Wahlvorstands ist es nicht gekommen.
Zwei Wochen später stellte ver.di einen Antrag beim Arbeitsgericht auf Bestellung eines Wahlvorstands und schlug dafür u.a. auch den ArbN vor. Einige Tage später äußerte dieser sich in einem von ver.di produzierten Video über den ArbG. Der ArbN erklärte im Spot, dass es im Betrieb „Probleme“ gebe, und man „fast behaupten“ könne, dass keine Maschine „zu 100 Prozent ausgerüstet“ wäre. Es fehlten Sicherheitsvorkehrungen. Es wären „keine Fachkräfte vorhanden“, weshalb „das Beherrschen der Maschinen nicht zu 100 Prozent erfüllt“ werde. Das Video wurde auf Facebook und Youtube veröffentlicht. Der ArbG kündigte dem ArbN wegen dieser Äußerungen fristlos.
Entscheidungsgründe
Der 2. Senat des BAG hat die Kündigung für unwirksam erachtet. Zwar finde der Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG keine Anwendung auf Kandidaten für den Wahlvorstand. Dies folge aus einer Auslegung der Vorschrift, welche sich auf Bewerber für den Betriebsrat, nicht aber auf Bewerber für den Wahlvorstand beziehe.
Die seitens des ArbN getätigten Äußerungen seien aber kein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Die Erklärungen in dem Video seien erkennbar darauf gerichtet, zu verdeutlichen, weshalb der ArbN die Bildung eines Betriebsrats für erforderlich ansah. Er habe nicht wahrheitswidrig behaupten wollen, die ArbG beschäftige überwiegend ungelernte ArbN.
Praxishinweis
Der Schutzbereich des § 15 KSchG umfasst nicht die Kandidaten für die Wahl zum Wahlvorstand. Werden ArbN vor ihrer Wahl in den Wahlvorstand gekündigt, verbleibt es daher bei den allgemeinen Regeln zur Wirksamkeit einer Kündigung, ohne Eingreifen eines Sonderkündigungsschutzes.