16.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121517
Bundessozialgericht: Urteil vom 06.04.2012 – B 10 EG 6/11 R
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
B 10 EG 6/11 R
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Februar 2011 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I
Die Klägerin begehrt höheres vorläufiges Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für den dritten bis zwölften Lebensmonat ihres am 21.1.2009 geborenen Sohnes M ... Die Beteiligten streiten insbesondere darüber, ob bei der Ermittlung des während der Bezugszeit erzielten Einkommens aus selbstständiger Arbeit die Beiträge abzuziehen sind, die die Klägerin zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung gezahlt hat.
Die Klägerin war sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes als selbstständige Rechtsanwältin tätig. In ihrem Antrag auf Elterngeld vom 15.4.2009 gab sie an, nach der Geburt ab 19.3.2009 eine Teilzeittätigkeit von ca 25 Wochenstunden auszuüben. Zu ihren Einkommensverhältnissen nach der Geburt teilte sie mit, ihr Gewinn (vor Steuern) liege im 1. Quartal 2009 durchschnittlich bei 4521 Euro im Monat; abzüglich des "Krankenkassenbeitrags" in Höhe von 667,02 Euro, eines "Rentenbeitrags" von 1074,60 Euro und von Steuern in Höhe von ca 1150 Euro verbleibe nach der Geburt ein (Netto-)Gewinn von etwa 1630 Euro monatlich.
Die Stadtverwaltung Koblenz bewilligte der Klägerin Elterngeld für den dritten bis zwölften Lebensmonat des Kindes (21.3.2009 bis 20.1.2010) vorläufig in Höhe des Mindestbetrages von monatlich 300 Euro. Bei der Bemessung des Elterngeldes ging sie auf der Grundlage des Steuerbescheides für das Jahr 2007 von einem durchschnittlichen monatlichen Erwerbseinkommen vor der Geburt von 3451,75 Euro aus und berücksichtigte insoweit den Höchstbetrag von 2700 Euro. Als durchschnittliches monatliches Erwerbseinkommen nach der Geburt legte sie 2296 Euro zugrunde. Die von der Klägerin angegebenen "Krankenkassenbeiträge" berücksichtige sie bei der Berechnung des Einkommens nach der Geburt des Kindes nicht. Da 67 % des sich danach ergebenden Differenzbetrages von 404 Euro unter 300 Euro lägen, stehe nur der Mindestbetrag zu (Bescheid vom 22.5.2009).
Mit ihrem Begehren, bei der Berechnung des Elterngeldes ihre nach der Geburt an die Barmer Ersatzkasse (BEK) gezahlten Beiträge in Höhe von monatlich 667,02 Euro (einschließlich Kosten der Pflegeversicherung) zu berücksichtigen und ihr dementsprechend vorläufig ein Elterngeld in Höhe von monatlich 714,63 Euro zu zahlen, hatte die Klägerin weder im Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 18.6.2009) noch im anschließenden Klage- und Berufungsverfahren (Urteile des Sozialgerichts Koblenz (SG) vom 26.3.2010 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (LSG) vom 17.2.2011) Erfolg.
Das LSG hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Bei den von der Klägerin an die BEK entrichteten Beitr ägen handle es sich nicht um Pflichtbeiträge iS des § 2 Abs 8 S 1 BEEG, sondern um freiwillige Beiträge. Diese würden von dieser Vorschrift nicht erfasst. Daran habe sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 15.12.2008 (BGBl I 2426) nichts geändert. Die fehlende Gleichstellung von freiwilligen Beiträgen und Pflichtbeiträgen in § 2 Abs 8 S 1 BEEG entspreche dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. Dieser habe in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 16/2785 S 38) festgehalten, dass Beiträge für Versicherungen und Altersvorsorge außerhalb des Systems der sozialen Pflichtversicherung nicht abzusetzen seien. Es könne deshalb auch nicht von einer unbewussten Lücke des Gesetzes ausgegangen werden. Die Ungleichbehandlung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung und Beiträgen zur Krankenpflichtversicherung verstoße nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Die Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung halte sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums bei steuerfinanzierten Leistungen.
Die Klägerin hat beim Bundessozialgericht (BSG) die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt sinngemäß eine Verletzung von § 2 Abs 3 und 8 BEEG. Die Rechtsauffassung des LSG, wonach bei der Berechnung des nach der Geburt erzielten Einkommens die an die BEK gezahlten Beiträge nicht zu berücksichtigen seien, könne keinen Bestand haben. Die Kosten der Krankenversicherung seien von ihr auch während des Bezuges von Elterngeld zu tragen. Dabei hänge die Höhe der Beiträge von der Höhe der Erwerbseinkünfte ab. Werde Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erzielt, sei der vor der Geburt gezahlte Beitrag weiter zu entrichten. Liege das Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze sei ein reduzierter Beitrag zu zahlen. Mithin seien diese Beiträge ebenso wie Pflichtbeiträge bei der Berechnung des Elterngeldes vom Einkommen abzuziehen. Anderenfalls würden Selbstständige gegenüber abhängig Beschäftigten benachteiligt. Das von ihr prognostizierte Einkommen betrage unter Berücksichtigung der an die BEK gezahlten Beiträge in Höhe von monatlich 667,02 Euro (inklusive Kosten zur Pflegeversicherung) netto 1633,39 Euro. Damit ergebe sich ein vorläufiger Zahlungsanspruch auf Elterngeld in Höhe von monatlich 714,63 Euro.
Die Klägerin beantragt, die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. Februar 2011 und des Sozialgerichts Koblenz vom 26. März 2010 aufzuheben, den Bescheid der Stadtverwaltung Koblenz vom 22. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 18. Juni 2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für den dritten bis zwölften Lebensmonat ihres Sohnes M. (21.3.2009 bis 20.1.2010) vorläufig Elterngeld in monatlicher Höhe von 714,63 Euro zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Freiwillige Beitr äge zur gesetzlichen Krankenversicherung seien nach § 2 Abs 8 S 1 BEEG nicht abzugsfähig. Dadurch werde der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt, denn zwischen gesetzlich Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten bestünden deutliche Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat am 5.4.2012 haben die Beteiligten erklärt, sie seien sich darüber einig, dass nach den Angaben der Klägerin im Antragsformular alle Tatsachen vorgelegen hätten, die ein Anspruch der Klägerin auf Elterngeld für das erste Lebensjahr ihres am 21.1.2009 geborenen Sohnes gemäß § 1 BEEG voraussetze.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.
1. Die Klägerin verfolgt im Revisionsverfahren ihr Begehren auf Zahlung eines vorläufigen Elterngeldes in Höhe von 714,63 Euro monatlich für den dritten bis zwölften Lebensmonat ihres am 21.1.2009 geborenen Kindes (21.3.2009 bis 20.1.2010) im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG) weiter.
Mit der Anfechtungsklage greift sie die Bewilligung von vorläufigem Elterngeld in Höhe von monatlich 300 Euro an (Bescheid vom 22.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.6.2009). Der Zulässigkeit dieser Klage steht nicht entgegen, dass die vorläufige Entscheidung noch nicht durch eine endgültige ersetzt worden ist (vgl hierzu bereits BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 13; zum Verhältnis der vorläufigen zur endgültigen Entscheidung auch BSG Urteil vom 15.12.2011 - B 10 EG 1/11 R - RdNr 25, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die Bewilligung vorläufiger Leistungen nach § 8 Abs 3 BEEG ist ein eigenständiger Verwaltungsakt iS des § 31 S 1 SGB X, der gesondert mit Widerspruch und Klage angefochten werden kann (vgl Becker in Buchner/Becker, BEEG/MuSchG, 8. Aufl 2008, § 8 BEEG RdNr 16; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG, Stand Dezember 2011, § 8 BEEG RdNr 15; zur Bindungswirkung einstweiliger Verwaltungsakte allg auch BSGE 67, 104, 109 f = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 10 f; BSGE 96, 119 = SozR 4-2500 § 240 Nr 5, RdNr 12).
Mit der Leistungsklage macht die Klägerin einen Anspruch auf vorläufiges Elterngeld in Höhe von 714,63 Euro geltend. Sie begründet dieses Begehren damit, dass beim nachgeburtlichen Einkommen die von ihr an die BEK gezahlten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 667,02 Euro abzuziehen seien.
2. Zu Recht ist das LSG in Übereinstimmung mit dem SG zu der Auffassung gelangt, dass der Klägerin im Rahmen der vorläufigen Bewilligung für den dritten bis zwölften Lebensmonat ihres am 21.1.2009 geborenen Sohnes kein höheres vorläufiges Elterngeld als der vom Beklagten gezahlte Mindestbetrag von 300 Euro monatlich zusteht.
Der Anspruch der Klägerin auf vorläufiges Elterngeld für den dritten bis zwölften Lebensmonat (21.3.2009 bis 20.1.2010) ihres am 21.1.2009 geborenen Kindes richtet sich nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Spätere Gesetzesänderungen sind hier nicht einschlägig.
a) Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Dass die Klägerin diese Voraussetzungen nach ihren Angaben im Antragsformular im streitigen Zeitraum erfüllte, haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt. In ihrem Antrag vom 15.4.2009 hat die Klägerin angegeben, dass sie nach der Geburt des Kindes eine nach § 1 Abs 1 Nr 4 und Abs 6 1. Alt BEEG elterngeldunschädliche Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden ausübt.
b) Für die Höhe des Elterngeldes ist gemäß § 2 Abs 1 S 1 BEEG das in den letzten zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit maßgebend. Es beträgt (in der Regel) 67 % dieses durchschnittlichen Einkommens, höchstens 1800 Euro monatlich.
Für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person - wie hier - ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt, das durchschnittlich geringer ist als das durchschnittlich erzielte vorgeburtliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit, wird gemäß § 2 Abs 3 S 1 BEEG Elterngeld in Höhe von (in der Regel) 67 % des Unterschiedsbetrages zwischen dem maßgeblichen monatlichen Durchschnittseinkommen vor und nach der Geburt gezahlt, wobei nach § 2 Abs 3 S 2 BEEG als vor der Geburt durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit - wie hier - höchstens der Betrag von 2700 Euro anzusetzen ist.
Bei erziehungsbedingter Reduzierung des Einkommens aus einer Erwerbstätigkeit - etwa wie hier durch Beschränkung auf eine Teilzeittätigkeit - beträgt das Elterngeld demnach grundsätzlich 67 % des Differenzbetrages zwischen dem maßgeblichen monatlichen Durchschnittseinkommen vor und nach der Geburt (dazu Becker in Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 RdNr 21 ff; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 191 ff; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuSchG, Stand September 2011, § 2 BEEG RdNr 36 ff). Liegt der so errechnete Betrag unter 300 Euro, besteht nach § 2 Abs 5 BEEG Anspruch auf das Mindestelterngeld von 300 Euro monatlich.
Welches Einkommen aus Erwerbstätigkeit als maßgebliches monatliches Durchschnittseinkommen vor und nach der Geburt zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus § 2 Abs 1 S 2 BEEG. Danach ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit "die Summe der positiven Einkünfte aus Land-und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit iS von § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 bis 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 (des § 2 BEEG) zu berücksichtigen". Mit der Wortwahl "Summe der Einkünfte" verweist § 2 Abs 1 S 2 BEEG nicht nur auf die im EStG genannten (Erwerbs-)Einkunftsarten, sondern auch auf die nach steuerrechtlichen Bestimmungen ermittelten Einkünfte iS des § 2 Abs 1 und Abs 2 EStG selbst (vgl BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 3 RdNr 20 f; BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 7 RdNr 24 ff; BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 8 RdNr 23 ff). Dieser einkommensteuerrechtliche Begriff wird elterngeldrechtlich durch die Maßgaben des § 2 Abs 7 bis 9 BEEG modifiziert. Dabei wird in Anlehnung an die Kategorisierung des Steuerrechts zwischen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit als Überschusseinkünften (§ 2 Abs 7 BEEG; § 2 Abs 2 S 1 Nr 2, §§ 8 bis 9a, §§ 19 bis 19a, §§ 38 ff EStG) und den übrigen Erwerbseinkünften als Gewinneinkünften unterschieden (§ 2 Abs 8 und 9 BEEG; § 2 Abs 2 S 1 Nr 1, §§ 4 bis 7k, §§ 13 bis 18 EStG).
Bei Selbstständigen - wie der Klägerin - ist das zu berücksichtigende Erwerbseinkommen entweder nach Maßgabe des § 2 Abs 8 BEEG oder nach Maßgabe des § 2 Abs 9 BEEG zu ermitteln. Da die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung geschaffene Sonderregelung des § 2 Abs 9 BEEG (hierzu BSG SozR 4-7837 § 2 Nr 5 RdNr 23 ff) nur Bestimmungen für die Ermittlung des vorgeburtlichen Einkommens enthält, kann das nachgeburtliche Einkommen aus einer elterngeldunschädlichen Erwerbstätigkeit nur nach Maßgabe des § 2 Abs 8 BEEG ermittelt werden.
§ 2 Abs 8 S 1 BEEG enthält den Grundsatz, dass als Einkommen aus selbstständiger Arbeit "der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Gewinn zu berücksichtigen" ist. Nach § 2 Abs 8 S 2 BEEG ist Grundlage der Einkommensermittlung bei Selbstständigen der Gewinn, der sich aus einer mindestens den Anforderungen des § 4 Abs 3 EStG entsprechenden Berechnung ergibt, also der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben. § 2 Abs 9 BEEG sieht demgegenüber vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen abweichend von Abs 8 als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit der durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn gilt, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt.
Da im Falle der Klägerin das vor der Geburt des Kindes erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit mangels Vorliegens des maßgeblichen Steuerbescheides für das Jahr 2008 nicht ermittelt werden konnte und auch das Einkommen aus der nachgeburtlichen Nebentätigkeit der Klägerin noch nicht für den gesamten Bezugszeitraum feststand, hat die Stadtverwaltung Koblenz zu Recht eine vorläufige Bewilligung des Elterngeldes auf der Grundlage des glaubhaft gemachten Einkommens vorgenommen (vgl § 8 Abs 3 BEEG). Insofern ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass dabei die entsprechend belegten Angaben der Klägerin berücksichtigt worden sind. Was die der Elterngeldberechnung zugrunde gelegten Beträge anbelangt, besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit. Als Durchschnittseinkommen vor der Geburt des Kindes hat der Beklagte ohnehin den Höchstbetrag von 2700 Euro angesetzt. Die Klägerin wendet sich nur dagegen, dass ihre Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit nach der Geburt bei der Anwendung des § 2 Abs 3 BEEG unberücksichtigt geblieben sind.
Zunächst führen die streitigen Versicherungsbeiträge nicht zu einer Minderung des Gewinns der Klägerin. Beiträge zur (freiwilligen) gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung sind keine im Rahmen des § 4 Abs 3 EStG abzugsfähigen Betriebsausgaben, denn nach der Definition des § 4 Abs 4 EStG fallen darunter nur die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Ob Beiträge zu Versicherungen Betriebsausgaben (bzw Werbungskosten iS des § 9 Abs 1 S 1 EStG) sind, beurteilt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach der Art des versicherten Risikos (vgl etwa BFHE 157, 152, 153; 167, 366, 367; 225, 119, 122). Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches (bzw berufliches) Risiko, sind die Beiträge Betriebsausgaben (bzw Werbungskosten). Gefahren, die in der Person begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko zu erkranken oder pflegebedürftig zu werden, stellen grundsätzlich außerbetriebliche (außerberufliche) Risiken dar. Das allgemeine Risiko krankheits- oder pflegebedingt Vermögenseinbußen hinnehmen zu m üssen, wird deshalb von der Rechtsprechung des BFH (vgl BFHE 95, 447, 448 ff; 137, 19, 21 f; 157, 152, 153; 225, 119, 123) bei wertender Betrachtung der privaten Lebensführung zugerechnet. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung können mithin einkommensteuerrechtlich in der Regel nur als Sonderausgaben berücksichtigt werden (vgl § 10 Abs 1 Nr 3 EStG in der im Veranlagungszeitraum 2009 geltenden Fassung).
Die von der Klägerin an die BEK gezahlten Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung sind auch nicht nach der elterngeldrechtlichen Maßgabe des § 2 Abs 8 S 1 BEEG abzugsfähig. Der Wortlaut dieser Vorschrift ("aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung") verlangt eine Verknüpfung zwischen Beitragsleistung und Erwerbstätigkeit: Die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung müssen unmittelbar aufgrund dieser - also der vor bzw nach der Geburt des Kindes ausgeübten - Erwerbst ätigkeit geleistet werden. Dazu gehören insbesondere die von selbstständig Erwerbstätigen aufgrund einer entsprechenden Versicherungspflicht gezahlten Beiträge, wie etwa die Pflichtbeiträge von versicherungspflichtigen, selbstständigen Künstlern und Publizisten zu ihrer Sozialversicherung (vgl §§ 1, 15 ff Künstlersozialversicherungsgesetz), von versicherungspflichtigen Landwirten zur Alterssicherung der Landwirte (vgl §§ 1, 70 Abs 1 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte), zur Krankenversicherung der Landwirte (vgl §§ 2, 47 Abs 1, 49 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte) und zur gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 2 Abs 1 Nr 5, § 150 Abs 1 S 2 SGB VII) oder von versicherungspflichtig selbstständig Tätigen iS des § 2 SGB VI (zB selbstständig tätige Lehrer und Erzieher, Hebammen, Handwerker) zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl §§ 2, 169 Nr 1, 173 SGB VI).
Von dem Begriff der Pflichtbeiträge iS des § 2 Abs 8 S 1 BEEG werden hingegen nicht Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung erfasst, die aufgrund einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden (vgl § 2 Abs 1 SGB IV; § 9 Abs 1 SGB V; § 20 Abs 3 SGB XI). Grund dieser Beitragsentrichtung ist nicht unmittelbar die ausgeübte Erwerbstätigkeit, sondern die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung, und zwar unabhängig davon, ob die versicherte Person abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist. Diese freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wird entweder durch einen freiwilligen Beitritt oder eine freiwillige Fortführung einer zuvor bestehenden, jedoch endenden Pflichtversicherung begründet (vgl § 2 Abs 1 SGB IV; § 9 Abs 1 SGB V). Dass die freiwillige Mitgliedschaft unabhängig von der ausgeübten Erwerbstätigkeit ist, zeigt sich auch an der Beitragsbemessung, die sich nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds richtet (vgl dazu im Einzelnen § 240 SGB V). Unerheblich ist es insoweit, wenn die Beiträge im Einzelfall bei einem Mitglied - mangels anderweitiger Einkünfte - allein auf der Grundlage des Erwerbseinkommens berechnet werden.
An der Unterscheidung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten hat entgegen der Auffassung der Klägerin auch die Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht in den Jahren 2007/2009 nichts geändert: In der gesetzlichen Krankenversicherung wurde mit Wirkung vom 1.4.2007 in § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V eine Auffang-Versicherungspflicht für Personen geschaffen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben (vgl Art 1 Nr 2 Buchst a cc, Art 46 Abs 1 GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 26.3.2007, BGBl I 378). In der privaten Krankenversicherung wurde mit Wirkung vom 1.1.2009 in § 193 Abs 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ebenfalls eine Auffang-Versicherungspflicht eingeführt, insbesondere für Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (freiwillig) versichert oder versicherungspflichtig sind, verbunden mit einem Kontrahierungszwang zum Basistarif (§ 193 Abs 5 VVG, vgl Art 11, 12 Abs 2 Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23.11.2007, BGBl I 2631; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen: BVerfGE 123, 186, 193 ff, 235 ff = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 13 ff, 154 ff). Hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige sind demnach nach wie vor grundsätzlich nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig (vgl § 5 Abs 5 SGB V). Sie haben lediglich unter den in § 9 SGB V festgelegten Voraussetzungen ein Recht auf freiwillige Versicherung (Versicherungsberechtigung iS des § 2 Abs 1 SGB IV). Die von dieser Personengruppe gezahlten Beiträge sind mithin keine unmittelbar aufgrund der selbstständigen Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung iS des § 2 Abs 8 S 1 BEEG.
3. Die in § 2 Abs 8 S 1 BEEG geregelte Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Versicherungsbeiträgen selbstständig Erwerbstätiger auf Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung, die unmittelbar aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleistet werden, verstößt nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht gegen Art 3 Abs 1 GG. Soweit die Klägerin hierin eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Selbstständigen gegenüber den abhängig Beschäftigten sieht, verkennt sie, dass auch bei Erwerbstätigen, die ein Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit haben, bei der Ermittlung des für die Höhe des Elterngeld maßgeblichen Einkommens nach § 2 Abs 7 S 1 BEEG nur "die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person" abzugsfähig sind. Mit der beschränkten Abzugsfähigkeit der Beiträge zur Sozialversicherung wollte der Gesetzgeber die Einkommen der selbstständig Erwerbstätigen mit den Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit gleich behandeln (vgl BT-Drucks 16/2785 S 37 f). Nur diejenigen, die unmittelbar aufgrund der Erwerbstätigkeit Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zu zahlen haben, sollten diese bei der Ermittlung des für die Höhe des Elterngeldes maßgeblichen (Netto-)Einkommens abziehen können. Nur dann ist - so die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien - bei der aufgrund der großen Zahl möglicher Einzelfallkonstellationen gebotenen typisierenden Betrachtung sichergestellt, dass nur solche Aufwendungen abgezogen werden, die bei einer im Bezugszeitraum des Elterngeldes unterbrochenen oder eingeschränkten Tätigkeit entfallen oder reduziert sind (vgl BT-Drucks aaO S 38; dazu auch Becker in Buchner/Becker, MuSchG/BEEG, 8. Aufl 2008, § 2 BEEG RdNr 32 f, 42 f; Fuchsloch/Scheiwe, Leitfaden Elterngeld, 2007, RdNr 172, 186; Pauli in Hambüchen, BEEG/EStG/BKGG, § 2 BEEG RdNr 26, 28, Stand 11/09; Jaritz in Roos/Bieresborn, MuschG, § 2 BEEG RdNr 98, 100, 109, Stand September 2011).
Auch die Gleichbehandlung von Beitr ägen zur freiwilligen Krankenversicherung und zur privaten Krankenversicherung ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Zwar werden erstere nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds und letztere nach dem versicherten Risiko berechnet. Diesen Unterschied musste der Gesetzgeber jedoch nicht zum Anlass für eine differenzierte Regelung nehmen. Vielmehr durfte er die Abzugsfähigkeit von Beiträgen davon abhängig machen, dass diese unmittelbar aufgrund der betreffenden Erwerbstätigkeit geleistet werden. Diese Voraussetzung erfüllen beide Arten von Krankenversicherungsbeiträgen nicht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.