06.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122048
Verwaltungsgericht Augsburg: Urteil vom 19.06.2012 – Au 3 K 12.266
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Au 3 K 12.266
Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg
Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache XXX
Wegen Kündigung nach dem Mutterschutz- und Bundeserziehungsgeldgesetz
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg, 3. Kammer, durch XXX
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Juni 2012
am 19. Juni 2012
folgendes Urteil:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen während der Elternzeit für zulässig zu erklären.
1. Die 1973 geborene Beigeladene ist seit dem 1. September 1998 in der Kindertagesstätte der Klägerin beschäftigt, wobei das Arbeitsverhältnis zunächst befristet war. Anfangs war die Beigeladene als Kinderpflegerin tätig, seit dem 1. Dezember 1998 ist sie als Kindergartenleiterin in Vollzeit beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 23. Juli 1998, zuletzt geändert mit 4. Änderungsvertrag vom 5. Dezember 2002, beinhaltet in § 4 Abs. 2, dass die „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ dessen wesentlicher Bestandteil ist.
Mit Schreiben vom 23. August 2011 beantragte die Beigeladene bei der Bischöflichen Finanzkammer A. - durch welche die Vergütung erfolgt - Elternzeit für ein Jahr unter Vorlage einer Geburtsbescheinigung für ihr am 16. August 2011 geborenes Kind und einer Bescheinigung über die Begründung einer Lebenspartnerschaft am 11. Juli 2011. Zugleich erklärte sie, da ihre Lebensweise in der katholischen Kirche leider nicht anerkannt werde, sei sie sich im Klaren darüber, dass dies einen Kündigungsgrund darstelle.
Die Klägerin teilte der Beigeladenen daraufhin mit Schreiben vom 1. September 2011 mit, von katholischen Mitarbeitern werde erwartet, dass sie die Grunds ätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Von der Leitung eines pfarrlichen Kindergartens sei das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre zu verlangen; diese Anforderungen erfülle die Beigeladene nun nicht mehr. Eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses scheide damit aus, der Abschluss eines Auflösungsvertrages werde angeboten. Die Beigeladene erwiderte hierauf mit Schreiben vom 10. September 2011, sie stimme einem Auflösungsvertrag nicht zu, da sie sonst eine „Schuld“ bzw. einen „Fehler“ ihrerseits zugeben würde. Sie stehe zum Lebensmodell der Lebenspartnerschaft und weiterhin zum Glauben.
Mit Schreiben vom 23. September 2011 beantragte die Klägerin bei der Regierung von S. (Gewerbeaufsichtsamt), einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Schluss des Kalendervierteljahres zuzustimmen. Als Mitarbeiterin einer Pfarrkirchenstiftung unterliege die Beigeladene der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse. Gemäß Art. 5 Abs. 2 dieser Grundordnung stelle der Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe einen besonders schweren Loyalitätsverstoß dar, der eine Kündigung nach sich ziehe. Nach der Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz zur Unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse stelle das Eingehen einer derartigen Lebenspartnerschaft einen solchen schwerwiegenden Verstoß im Sinne der genannten Bestimmung der Grundordnung dar. Die Beigeladene sei sich dessen bewusst und habe dies auch zum Ausdruck gebracht. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei demnach nicht möglich, den angebotenen Auflösungsvertrag habe die Beigeladene abgelehnt.
Mit Bescheid der Regierung von * – Gewerbeaufsichtsamt – vom 23. Januar 2012 wurde die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen nicht zugelassen. Das vorgetragene Verhalten der Beigeladenen erfülle keinesfalls den Tatbestand des besonderen Falles im Sinne des § 18 Abs. 1 BEEG. Die Diözese * stelle einen innerkirchlichen Vorgang zur Entscheidung der weltlichen Gewalt. Die staatliche Ordnung habe nicht die Aufgabe, einen solchen Sachverhalt nach kirchenrechtlichen Bestimmungen zu bewerten und zu entscheiden. In Deutschland bestehe keine Staatskirche; die Behörde habe sich somit weltanschaulich neutral zu verhalten und sei an die Wertung der Kirche nicht gebunden. Im Bescheid ist ausgeführt: „Nach weltanschaulich neutralem Verständnis ist der Akt der Scheidung mit Wiederverheiratung vor dem Hintergrund der staatlichen Gesetze legitim“ [sic]. Eine schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten scheide demnach aus, zumal das Arbeitsverhältnis aufgrund der Elternzeit derzeit ruhe.
2. Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Regierung von *, Gewerbeaufsichtsamt, vom 23. Januar 2012 zu verpflichten, eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen für zulässig zu erklären;
hilfsweise den Beklagten zu verpflichten, den Antrag der Klägerin vom 23. September 2011 auf Zulassung der Kündigung der Beigeladenen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Es bestehe ein Anspruch auf die begehrte Zustimmung. Ein besonderer Fall im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes liege vor, da die Beigeladene einen schwerwiegenden Verstoß gegen ihre Loyalitätsobliegenheiten begangen habe, was dazu führe, dass dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar werde. Der Beklagte verkenne die Schwere des Verstoßes. Das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft bzw. das Praktizieren von Homosexualität verstoße gegen Art. 5 Abs. 2 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse, da durch ein solches Verhalten gegen einen Grundpfeiler der katholischen Glaubens- und Sittenlehre gehandelt werde. Insbesondere auch im Codex Juris Canonici sei niedergelegt, dass unter der Ehe und der Gemeinschaft für das ganze Leben der Bund zwischen Mann und Frau verstanden werde. Ein nach der Grundordnung generell als Kündigungsgrund in Betracht kommendes Verhalten schließe die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung aus, wenn es von pastoral, katechetisch oder leitend tätigen Mitarbeitern oder Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind, begangen werde. Von einer Kündigung könne nur abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls diese als unangemessen erscheinen ließen. Auch wenn das staatliche Arbeitsrecht Anwendung finde, sei das verfassungsmäßig garantierte kirchliche Selbstbestimmungsrecht zu berücksichtigen. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid gehe nicht hervor, dass die Behörde diesem Recht Rechnung getragen habe. Ausfluss dieses Rechts sei auch die Entscheidung darüber, ob und wie hinsichtlich der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätspflichten greife. Die von der Kirche dahingehend getroffenen Grundentscheidungen seien zu akzeptieren. Das Verlangen der Klägerin nach Einhaltung der Grundordnung stehe mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang. Das Selbstbestimmungsrecht würde quasi negiert, wenn ein besonderer Fall bereits deshalb nicht angenommen werde, weil das Eingehen einer Lebenspartnerschaft legitim sei. Das Ermessen sei auf Null reduziert, da es der Klägerin keinesfalls zuzumuten sei, die Beigeladene weiter zu beschäftigen; auch lägen Ermessensfehler vor. Die Behörde habe von ihrem Ermessen keinen bzw. fehlerhaft Gebrauch gemacht, da sie sich nicht mit dem vorliegenden Fall auseinandergesetzt und die Interessen der Klägerin nicht berücksichtigt bzw. in dem erforderlichen Maße gewichtet habe. Aus der Mitteilung der Beigeladenen, zum Lebensmodell der Lebenspartnerschaft zu stehen, könne gefolgert werden, dass sich diese mit der katholischen Glaubens- und Sittenlehre gerade nicht identifiziere. Bei den Kirchen hänge die Glaubwürdigkeit maßgeblich davon ab, dass ihre Mitglieder, die in ein Arbeitsverhältnis zu ihnen treten, die kirchliche Ordnung auch in ihrer Lebensführung respektierten.
3. Die Regierung von *, Gewerbeaufsichtsamt, beantragt für den Beklagten
Klageabweisung.
Ein Anspruch auf Zulassung der Kündigung bestehe nicht, es läge kein besonderer Fall vor. Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz verleihe einer Arbeitnehmerin einen besonderen Kündigungsschutz, der nur bei außergewöhnlichen Umständen nicht mehr greife. Im Fall einer Kündigung aufgrund persönlichen Verhaltens seien wegen dieses absoluten Kündigungsschutzes erheblich strengere Anforderungen als im Arbeitsvertragsrecht zu stellen. Erforderlich seien schwere Pflichtverstöße, wie betriebsbedingte Straftaten oder beharrliche, wiederholte Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten. Zwar liege ein Verstoß gegen die vorgenannte Grundordnung vor, jedoch liege darin kein Pflichtverstoß, der einen besonderen Fall rechtfertige. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht werde nicht in Frage gestellt; dies führe aber nicht dazu, dass ein besonders schwerer Fall bejaht werden müsse. Auch hier sei vielmehr eine Abwägung dahingehend vorzunehmen, ob die Interessen der Klägerin aufgrund des Verstoßes ausnahmsweise vorrangig seien gegenüber den gesetzlich geschützten Interessen der Beigeladenen. Die Weiterbeschäftigung während der Elternzeit sei nicht unzumutbar. Zwar könne die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit der Beigeladenen aufgrund des Verstoßes gegen die Loyalitätspflichten beenden, jedoch lägen keine Gründe vor, die ein Abwarten bis zum Ende der Elternzeit nicht zuließen, da eine negative Außenwirkung während dieser Zeit nicht eintrete. Mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Norm stelle sich die Frage der Ermessensreduzierung auf Null nicht.
4. Mit Beschluss des Gerichts vom 27. Februar 2012 wurde die Arbeitnehmerin der Klägerin zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene stellte keinen Antrag.
5. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen für zulässig erklärt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Auch ein Anspruch der Klägerin auf (erneute) Verbescheidung ihres Antrags auf Zulässigkeitserklärung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts besteht nicht (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Denn im Ergebnis hat die Regierung von O., Gewerbeaufsichtsamt, mit Bescheid vom 23. Januar 2012 zu Recht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin nicht zugelassen.
1. Die Klägerin bedarf gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beigeladenen einer Erklärung der zuständigen Behörde, dass die Kündigung zugelassen wird.
a) Nach Art. 137 Abs. 3 Satz 1 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 (WRV), der auf Grund von Art. 140 des Grundgesetzes (GG) Bestandteil des Grundgesetzes ist, ordnet und verwaltet jede Religionsgemeinschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.
Nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche umfasst die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch das Wirken in der Welt entsprechend der religiösen Aufgabe der Kirche. Hierzu gehört insbesondere auch das caritative Wirken im Bereich der Krankenpflege und allgemein der Fürsorge für hilfsbedürftige Menschen einschließlich deren Erziehung und Ausbildung (vgl. BVerfG vom 4.6.1985 BVerfGE 70, 138/163).
Die von der Kirche getragene vorschulische Kindererziehung ist nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche als Beitrag zur umfassenden Bildung des Menschen zu sehen und damit eine ihrer Angelegenheiten im Sinne des Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV (vgl. Can. 794 § 1 und Can. 795 des Codex Juris Canonici von 1983 – CIC; BVerfG vom 17.2.1981, BVerfGE 57, 220/243; BAG vom 25.4.1978 BAGE 30, 247).
b) Soweit die Kirchen den rein „innerkirchlichen“ Bereich nicht verlassen, ist ihr Handeln der staatlichen Regelungsbefugnis und damit auch der Kontrolle durch staatliche Gerichte grundsätzlich entzogen (vgl. BVerwG vom 30.10.2002 BVerwGE 117, 145/148; BayVGH vom 4.10.1995 VGH n.F. 48, 115 = NVwZ-RR 1996,447). Verlässt indes die Kirche durch das Handeln ihrer Einrichtungen den innerkirchlichen Bereich und bedient sie sich zur Regelung ihrer Rechtsbeziehungen der Rechtsformen des staatlichen Rechts, unterstellt sie diese Rechtsbeziehungen auch der Geltung staatlichen Rechts und letztendlich auch der staatlichen Gerichtsbarkeit. Ob eine Maßnahme dem innerkirchlichen Bereich zuzuordnen ist oder den staatlichen Bereich berührt, entscheidet sich danach, was materiell, der Natur der Sache oder Zweckbindung nach als eigene Angelegenheit der Kirche anzusehen ist (vgl. BVerfG vom 1.6.1983 NJW 1983, 2569). Übt die Kirche ihre Tätigkeit etwa durch Angehörige des geistlichen Standes, Kirchenbeamte oder durch Mitglieder einer Ordensgemeinschaft aus, so sind die sich hieraus ergebenden Rechtsbeziehungen staatlichen Regelungen und der staatlichen Rechtsprechung entzogen (vgl. Steiner in: Festschrift für Richardi, 2007, S. 980 f.; BVerwG vom 30.10.2002 a.a.O.; BayVGH vom 4.10.1995 a.a.O.)
Beschäftigen kirchliche Einrichtungen jedoch weltliches Personal aufgrund von Arbeitsverträgen, so unterstellen sie selbst die entsprechenden Rechtsbeziehungen dem staatlichen Recht in Gestalt des Arbeitsrechts nach den §§ 611 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und den speziellen Vorschriften zur Regelung von Arbeitsverhältnissen.
Zu diesen speziellen Vorschriften gehören unzweifelhaft auch die Regelungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes und dabei auch das Kündigungsverbot mit Ausnahmeregelung während der Elternzeit in § 18 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BEEG. Dabei handelt es sich um ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV, demnach um eine potentielle Schranke für die kirchliche Selbstverwaltungsgarantie. Denn Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV erkennen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht an, ziehen ihm zugleich aber eine Grenze mit den „Schranken des für alle geltenden Gesetzes“. Einen Ausnahmetatbestand für die Kirchen sieht das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz nicht vor. Es ist daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dem Selbstbestimmungsrecht gegenüber dem durch § 18 BEEG zu schützenden Rechtsgut nicht von vornherein größeres Gewicht zuerkannte bzw. zuerkennen wollte (v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, 3. Aufl. 1996, S. 121 f.). Damit ergibt sich die Notwendigkeit der Rechtsgüterabwägung, um der Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck Rechnung zu tragen (BVerfG vom 4.6.1985 a.a.O.); wobei dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beizumessen ist (BVerfGE vom 18.9.1998 NJW 1999, 349 und vom 13.12.1983 BVerfGE 66, 1).
c) Zuständig für die Entscheidung, ob eine Kündigung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG zuzulassen ist, ist vorliegend nach § 18 Abs. 1 Satz 3 BEEG und § 1 Nr. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Sicherheitstechnik, des Chemikalien- und Medizinprodukterechts (ASiMPV) und Nr. 7.5 der Anlage zu dieser Verordnung das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung von O..
2. Bei der Entscheidung über die Zulassung einer Kündigung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG ist eine Abwägung zu treffen zwischen der Bedeutung der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses für das kirchliche Selbstbestimmungsrecht und dem Schutzzweck des Kündigungsverbotes in § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG.
a) Das Tatbestandsmerkmal des „besonderen Falles“ in § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG - bei dessen Präzisierung vorliegend das kirchliche Selbstverwaltungsrecht zu berücksichtigen ist – stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar und unterliegt in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Prüfung. Dem Gewerbeaufsichtsamt als zuständige Behörde ist insoweit kein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BVerwG vom 18.8.1977 BVerwGE 54, 276 und BayVGH vom 29.2.2012 NZA-RR 2012, 302 jeweils zum vergleichbaren § 9 des Mutterschutzgesetzes - MuSchG; VG Augsburg vom 7.12.2010 Az. Au 3 K 10.967; Rancke Handkommentar Mutterschutz/Elterngeld/Elternzeit, 1. Aufl. 2007, im Folgenden: Rancke, HK-MuSchG/ BEEG, RdNr. 30 zu § 18 BEEG). Wann ein besonderer Fall angenommen werden kann, ist im Gesetz nicht bestimmt; er ist nicht gleichzusetzen mit dem wichtigen Grund in § 626 Abs. 1 BGB (vgl. Buchner/Becker/Bulla, Mutterschutz- und Bundeserziehungsgeldgesetz, 7. Aufl. 2003, RdNr. 24 zu § 18 BErzGG; VGH BW vom 20.2.2007 NZA-RR 2007, 290). Bereits der Wortlaut der Vorschrift, aber auch der Sinn und Zweck des Kündigungsverbots, sprechen für eine äußerst enge Auslegung der Ausnahmen vom Verbotstatbestand. Aber auch dann, wenn ein solcher besonderer Fall vorliegt, darf die Kündigung nur in Ausnahmefällen für zulässig erklärt werden. Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben, trifft die zuständige Behörde eine Ermessensentscheidung (§ 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG; vgl. BayVGH vom 6.3.2012 Az. 12 ZB 10.2202
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein besonderer Fall nur dann anzunehmen, wenn außergewöhnliche Umstände es rechtfertigen, die vom Gesetz grundsätzlich als vorrangig angesehenen Interessen des Elternzeit in Anspruch nehmenden Arbeitnehmers hinter die Interessen des Arbeitgebers an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG vom 30.9.2009 BVerwGE 135, 67 m.w.N. und vom 18.8.1977 a.a.O. zum Begriff des besonderen Falles in § 9 MuSchG).
b) Die besonderen Belange der Klägerin als kirchliche Arbeitgeberin sind in diese Abwägung einzustellen.
aa) Die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (im Folgenden: GrO) ist infolge der Einbeziehung wesentlicher Bestandteil des zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bestehenden Arbeitsvertrages. Nach Art. 4 Satz 1 dieser Grundordnung, die in Anhang II Nr. 1 des Arbeitsvertragsrechts der Bayerischen (Erz-)Diözesen - ABD, in der ab 1. Oktober 2005 geltenden Fassung, enthalten ist, wird von katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwartet, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Satz 2 legt fest, dass insbesondere im pastoralen, katechetischen und erzieherischen Dienst sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica tätig sind, das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre erforderlich ist. Dies gilt nach Satz 3 auch für leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gemäß § 4 Abs. 4 GrO haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kirchenfeindliches Verhalten zu unterlassen (Satz 1). Sie dürfen in ihrer persönlichen Lebensführung und in ihrem dienstlichen Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, nicht gefährden (Satz 2). Die Eingehung einer Lebenspartnerschaft ist nach der Erklärung des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz vom 24. Juni 2002 mit diesen Loyalitätsobliegenheiten nicht vereinbar, sondern widerspricht der Auffassung über Ehe und Familie, wie sie die katholische Kirche lehrt. Dies wird in Can. 1055 § 1 CIC bekräftigt, nach dem durch die Ehe bzw. den Ehebund, Mann und Frau unter sich die Gemeinschaft des ganzen Lebens begründen.
bb) Die über die Einbeziehung der Grundordnung erfolgte arbeitsvertragliche Unterscheidung hinsichtlich katholischer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die mit ihr verbundene Ungleichbehandlung der Beigeladenen wegen ihrer Religion ist nach § 9 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gerechtfertigt.
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cc) Das Verlangen der Klägerin nach Einhaltung der vorgenannten Loyalitätsobliegenheiten bzw. der Vorschriften der katholischen Glaubens- und Sittenlehre steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Insbesondere stellt die Klägerin hierdurch an die Loyalität ihrer Arbeitnehmer keine unannehmbaren Anforderungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 4.6.1985 a.a.O.) ermöglicht das Selbstbestimmungsrecht den Kirchen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und spezifische Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer verbindlich zu machen. Denn die Anwendung des staatlichen Arbeitsrechts auf die kirchlichen Arbeitsverhältnisse hebt deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ im Sinne der Selbstverwaltungsgarantie nicht auf. Dies hat zur Folge, dass hier die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung einzelner Loyalitätspflichten der Beigeladenen zugrunde zu legen sind, soweit die Verfassung das Recht der Kirche anerkennt, hierüber selbst zu befinden (vgl. BAG vom 8.9.2011 NJW 2012, 1099; VGH BW vom 26.5.2003 NZA-RR 2003, 629). Es bleibt demnach grundsätzlich den verfassten Kirchen überlassen zu bestimmen, was die „Glaubwürdigkeit der Kirche und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind“ (vgl. Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 5 GrO) erfordert, welches die zu beachtenden „Grundsätze der katholischen Glaubens – und Sittenlehre“ sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 GrO) und welche „Loyalitätsverstöße“ (vgl. Art. 5 Abs. 2 GrO) aus „kirchenspezifischen Gründen “ als „schwerwiegend“ anzusehen sind. Die Entscheidung, ob und wie bei innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der Loyalitätsanforderungen greifen soll, ist ebenfalls grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit (vgl. BAG vom 8.92011 a.a.O.). Durch die Anwendung dieser Vorgaben begibt sich das Gericht auch nicht in Widerspruch zu den Grundprinzipien der Rechtsordnung, wie sie im allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie in dem Begriff der "guten Sitten" (§ 138 Abs. 1 BGB) und des ordre public ihren Niederschlag gefunden haben (vgl. BVerfG vom 4.6.1985 a.a.O.).
Die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft durch die Beigeladene zählt zum privaten Lebensbereich, der grundsätzlich außerhalb der Einflusssphäre der Klägerin steht und durch die arbeitsvertraglichen Pflichten nur insoweit eingeschränkt wird, wie sich das private Verhalten auf den kirchlichen Bereich auswirkt. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG) der Beigeladenen umfasst zwar regelmäßig auch die Freiheit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu schließen. Die in den Grundrechtsnormen enthaltene objektive Wertordnung gilt als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts und wirkt deshalb auch auf das Privatrecht ein (vgl. BVerfG vom 14.2.1973 BVerfGE 34, 269, 280). Damit gewinnt der verfassungsrechtliche Persönlichkeitsschutz für das Arbeitsverhältnis und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten Bedeutung (vgl. BAG vom 27.2.1985 BAGE 48, 122). Dieses Grundrecht besteht jedoch nicht uneingeschränkt, vielmehr sieht die verfassungsrechtliche Garantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, wie dargelegt, vor, dass auch für die Kindertagesstätten als erzieherische Einrichtungen spezielle Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer verbindlich festgelegt werden.
Zudem besteht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte – deren Beachtung verfassungsrechtlich geboten ist (vgl. BVerfG vom 14.10.2004 BVerfGE 111, 307) – jedenfalls ein Abwägungsgebot zwischen dem Recht der beigeladenen Arbeitnehmerin auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens einerseits und den geschützten Rechten der Klägerin als kirchliche Arbeitgeberin andererseits (Art. 8, 9 und 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention vom 4.11.1950 – EMRK, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des Gesetzes vom 7.8.1952 mit Gesetzeskraft gilt, BGBl II, S. 685; BAG vom 8.9.2011 a.a.O.). Geschützt ist hierbei die Eigenständigkeit von Religionsgemeinschaften gegen unzulässige staatliche Einmischung (vgl. EGMR vom 3.2.2011 NZA 2011, 277 und vom 23.9.2010 NZA 2011, 279). Dies ist im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen.
c) Die Bedeutung des Kündigungsverbotes ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen.
aa) Der Sonderkündigungsschutz zielt darauf ab, den Arbeitnehmern bei der Inanspruchnahme von Elternzeit die Sorge um ihren Arbeitsplatz zu nehmen; die Vorschrift des § 18 Abs. 1 BEEG soll gewährleisten, dass ihr Arbeitsverhältnis während der Elternzeit grundsätzlich im rechtlichen Bestand unverändert bleibt (vgl. BVerwG vom 30.9.2009 a.a.O.).
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Die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BT-Drs. 16/1889 S. 27) beinhaltet, dass die Regelungen der §§ 17 bis 21 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) inhaltlich unverändert übernommen werden bzw. wurden. Zur Notwendigkeit des Elterngeldgesetzes wird u.a. ausgeführt, es sei eine verfassungsrechtlich vorgegebene staatliche Aufgabe, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Familien ihre jeweils gewählten Formen des Miteinanderlebens und Füreinandersorgens verwirklichen können; durch kontinuierliche Erwerbsbiographien bleibe die wirtschaftliche Selbständigkeit der Partner gewahrt (BT-Drs. 16/1889 S. 14 und 16). Die Begründung zur Kündigungsschutzregelung des § 18 BErzGG des Regierungsentwurfs zum Bundeserziehungsgeldgesetz vom 16. August 1985 (BR-Drs. 350/85) nennt als Ziel des Gesetzes, die Förderung der ständigen Betreuung eines Kindes in der ersten Lebensphase durch ein Elternteil sowie die Schaffung von mehr Wahlfreiheit für die Entscheidung zwischen der Tätigkeit in der Familie und außerhäuslicher Erwerbstätigkeit. Dies könne nur erreicht werden, wenn die Mutter oder der Vater in der Regel während der Zeit des Erziehungsurlaubs keine Kündigung zu befürchten brauche. Der Zweck der Ausnahmeregelung vom Kündigungsschutz und der Begriff des besonderen Falles sind dahingehend umschrieben worden: "Dieser Kündigungsschutz kann aber nicht uneingeschränkt gelten. Es muss insbesondere ausgeschlossen werden, dass die wirtschaftliche Existenz des Betriebes gefährdet wird.“ Die ursprünglich zu § 9 MuSchG entwickelte Auslegung des Begriffs des besonderen Falls hat sich der Gesetzgeber des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes demnach - ausweislich der vorgenannten Gesetzesmaterialien - ausdrücklich zu Eigen gemacht (vgl. BVerwG vom 30.9.2009 a.a.O.).
bb) Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 BEEG liegt ein besonderer Fall im dargelegten Sinn u.a. bei besonders schweren Verstößen des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten vor, wenn dies dazu führt, dass dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wird (vgl. BayVGH vom 30.11.2004 a.a.O.) Dementsprechend beschreibt Nr. 2.1.6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kündigungsschutz bei Elternzeit vom 3. Januar 2007 (Bundesanzeiger 2007, Nr. 5 S. 247), die Behörde habe davon auszugehen, dass ein besonderer Fall insbesondere dann gegeben sei, wenn besonders schwere Verstöße des Arbeitnehmers gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder vorsätzliche strafbare Handlungen des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen.
cc) Bei einer Arbeitnehmerin in Elternzeit scheidet eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, der Arbeitsleistung, aus; in Betracht kommen allerdings schwerwiegende Verletzungen fortbestehender arbeitsvertraglicher Nebenpflichten (vgl. BayVGH vom 30.11.2004 a.a.O.). Einer ordentlichen verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigung im vollständig ruhenden Arbeitsverhältnis während der Elternzeit wird die Behörde nur ganz ausnahmsweise zustimmen können (vgl. Rancke in HK-MuSchG/BEEG RdNr. 33 zu § 18 BEEG, der dies unter Verweis auf BVerwG vom 21.10.1970 a.a.O. nur als zulässig erachtet, wenn der Kündigungsgrund so belastend für den Arbeitgeber ist, dass eine weitere Fortführung des Arbeitsverhältnisses existenzgefährdend sein könnte).
d) Die Abwägung entfällt hier nicht wegen offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung. Der Rechtsstreit um die Rechtswirksamkeit der Kündigung ist vor den Arbeitsgerichten auszutragen (vgl. Rancke, HK-MuSchG/ BEEG, RdNr. 2 zu § 18 BEEG). Daher hat das Gewerbeaufsichtsamt nicht im Rahmen des vorgelagerten besonderen Kündigungsschutzes nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG - gleichsam parallel zum Arbeitsgericht - über die Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu befinden (vgl. BVerwG vom 2.7.1992 BVerwGE 90, 287 zum Sonderkündigungsschutz für Schwerbehinderte). Eine Pflicht des Gewerbeaufsichtsamtes zur Verweigerung der Zustimmung zur Kündigung aus Gründen des Arbeitsrechts kann allenfalls dann in Betracht kommen, wenn die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel offen zutage liegt (vgl. BayVGH vom 9.3.1995 Az. 12 B 93.3543
e) Die Abwägung entfällt nicht wegen einer sogenannten Sinnentleerung des Arbeitsverhältnisses. Der Kündigungsschutz nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG setzt ein Arbeitsverhältnis voraus, das – die Inanspruchnahme der Elternzeit hinweggedacht – sinnvoll Bestand haben kann (vgl. BVerwG vom 30.9.2009 und vom 18.8.1977 jeweils a.a.O.). Nur in diesem Rahmen wird der Beigeladenen eine an den Fortbestand dieses Verhältnisses anknüpfende Planungssicherheit gewährleistet. Eine sinngerechte Aufrechterhaltung eines Arbeitsverhältnisses ist danach für den Fall der Betriebsstilllegung - mit Blick darauf, dass keine Arbeitsleistung mehr erbracht werden kann - als unmöglich erachtet worden. Vorliegend ist demgegenüber eine wesens- und sinngerechte Fortsetzung der Rechtsbeziehungen möglich, da die Arbeitsleistung bei der Klägerin weiterhin tatsächlich erbracht werden kann.
3. Die Abwägung fällt zu Lasten der Klägerin aus, weshalb die Klage abzuweisen ist.
a) Die Beigeladene hat sich zwar durch das Eingehen der eingetragenen Lebenspartnerschaft in Widerspruch zu den berechtigten Loyalitätserwartungen der Klägerin gesetzt und damit eine während der Elternzeit fortbestehende arbeitsvertragliche Nebenpflicht verletzt, was nach kirchlichem Verständnis einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß darstellt. Deshalb liegt jedoch nicht bereits zwangsläufig ein besonderer Fall im dargelegten Sinn vor, da der besondere Kündigungsschutz während der Elternzeit – neben dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz – sonst letztendlich ins Leere ginge.
Nach den maßgeblichen kirchlichen Vorschriften liegt ein Loyalitätsverstoß der Beigeladenen, damit eine „Anknüpfungstatsache“ für die Annahme eines besonderen Falles vor (vgl. BayVGH vom 29.2.2012 a.a.O.). Ob der vorgetragene Loyalitätsverstoß aus arbeitsrechtlicher Sicht hinreichend schwer wiegt, um eine Kündigung zu rechtfertigen, bleibt zwar, wie dargelegt, der Entscheidung der Arbeitsgerichte vorbehalten. Jedenfalls ist aber nicht davon auszugehen, dass die beabsichtigte ordentliche Kündigung offensichtlich unwirksam wäre.
Die nach Art. 5 Abs. 2 GrO generell als Kündigungsgrund in Betracht kommende Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft rechtfertigt nach Art. 5 Abs. 3 GrO eine Kündigung, wenn die Beigeladene „leitend tätig“ ist. Hierfür spricht die Beschäftigung als Kindergartenleiterin sowie § 2 der Dienstordnung für pädagogisches Personal in den katholischen Kindertageseinrichtungen (s. Teil C.7 des ABD), der die Aufgaben der Leitung festlegt. Gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GrO kann von der Kündigung allerdings ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls diese als unangemessen erscheinen lassen. Diesbezügliche Anhaltspunkte sind nicht vorgetragen. Auch erscheint eine Kündigung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts im Hinblick auf die Verfahrensvorschrift des Art. 5 Abs. 1 GrO zumindest nicht offensichtlich unverhältnismäßig. Danach muss der kirchliche Dienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderungen nicht mehr erfüllt, durch „Beratung“ versuchen, dass der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt. Unabhängig davon, dass ein solches Gespräch vor dem Ausspruch der beabsichtigten Kündigung noch stattfinden kann, hat die Beigeladene gegenüber der Klägerin bereits zum Ausdruck gebracht, dass sie zum „Lebensmodell“ der Lebenspartnerschaft stehe, demnach nicht bereit ist, diese aufzugeben. Zudem greift Art. 5 Abs. 5 Satz 2 GrO - wonach im Falle des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche ungültigen Ehe eine Weiterbeschäftigung jedenfalls dann ausscheidet, wenn sie unter öffentliches Ärgernis erregenden oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigenden Umständen geschlossen wird – hier nicht. Denn die Beigeladene hat ihre Lebenspartnerschaft lediglich gegenüber ihrer Arbeitgeberin angezeigt, ohne öffentlichen Ärger zu erregen oder die Glaubwürdigkeit der Klägerin in Frage zu stellen bzw. in Mitleidenschaft zu ziehen.
b) Der dargelegte Verstoß der Beigeladenen gegen ihre arbeitsvertragliche Nebenpflicht führt hier nach Abwägung der beiderseitigen Interessen aber nicht dazu, dass der Klägerin die Aufrechterhaltung des bestehenden Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit, die nach Aktenlage am 15. August 2012 enden wird, schlechthin unzumutbar ist.
Zu Gunsten der Beigeladenen spricht zunächst der Schutzzweck des § 18 Abs. 1 BEEG, der Arbeitnehmern während der Elternzeit grundsätzlich die Sorge um ihren Arbeitsplatz nehmen und eine kontinuierliche Erwerbsbiographie erhalten will. Auch ist das Verhalten der Beigeladenen legitim, kann also keineswegs mit den eine Ausnahme von diesem Kündigungsschutz begründenden, beispielhaft angeführten strafbaren Handlungen des Arbeitnehmers gleichgesetzt werden. Der im Rahmen der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck kommende Wunsch der Beigeladenen, mit ihrer Partnerin in einer nach bürgerlichem Recht geordneten Partnerschaft bzw. im gesetzlich vorgesehenen Rahmen zu leben, ist grundrechtlich und durch Art. 8 und 12 EMRK geschützt. Zudem ruhen die arbeitsvertraglichen Hauptpflichten während der Elternzeit, so dass sich die Lebenspartnerschaft bzw. praktizierte Homosexualität nicht im Rahmen der erzieherischen Arbeit der Beigeladenen auswirken kann. Wobei zu berücksichtigen ist, dass diese ihre Tätigkeit auch bisher, trotz der bestehenden Homosexualität, beanstandungsfrei ausführte. Insofern liegt auch keine Situation vor, die den Betrieb der Kindertagesstätte gefährden würde.
Zu Gunsten der Klägerin ist der nach kirchlichem Verständnis schwere Loyalitätsverstoß in die Abwägung einzustellen. Die Klägerin hat als Trägerin einer katholischen Einrichtung das verfassungsrechtlich geschützte Recht, auch als solche zu wirken und in Erscheinung zu treten. Sie versteht erzieherische Bildung im Sinne der Erfüllung eines religiösen Auftrags und erwartet von einer katholischen Kindergartenleiterin auch eine private Lebensführung im Sinne der Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre. Das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ist nach kirchlichem Verständnis mit dieser Glaubens- und Sittenlehre unvereinbar. Nach Art. 9 und 11 EMRK wird gewährleistet, dass sich die Menschen aufgrund einer sie verbindenden religiösen Auffassung zusammenfinden und ihre Angelegenheiten nach Maßstäben ordnen können, die nicht vom Staat oder der jeweils herrschenden öffentlichen Meinung über die Natur des Menschen korrigiert werden dürfen, und zwar auch dann, wenn die betreffenden Aussagen einem Teil oder auch der Mehrheit der Bevölkerung nicht nachvollziehbar erscheinen mögen.
Maßgeblich geschwächt wird das Interesse der Klägerin an der Auflösung des bestehenden Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit allerdings dadurch, dass die Beigeladene durch ihr Verhalten die Glaubwürdigkeit der Kirche nicht gefährdet hat. Denn die Beigeladene hat ihre Lebenspartnerschaft nicht nach außen bzw. an die Öffentlichkeit getragen, sondern lediglich gegenüber der Klägerin angezeigt. Aufgrund ihres Verhaltens wurde die Angelegenheit auch nicht von den Medien aufgegriffen, dies erfolgte erst nach Klageerhebung durch die Klägerin. Das im Rahmen der mündlichen Verhandlung von Seiten der Klägerin vorgelegte Schreiben der Beigeladenen vom 27. Februar 2012 führt insofern zu keiner anderen Beurteilung. Die hierin als Möglichkeit angesprochene öffentliche Kampagne ist seitens der Beigeladenen tatsächlich nicht erfolgt. Zudem betonte diese, dass sie nicht beabsichtigt habe, das Schreiben bzw. die Angelegenheit zu veröffentlichen. Auch verwies sie darauf, weiterhin zum Glauben stehe. Im Übrigen bleibt es der Klägerin unbenommen, nach Ablauf der Elternzeit, das Eingehen der Lebenspartnerschaft der Klägerin zum Anlass für den Ausspruch der beabsichtigten ordentlichen Kündigung zu nehmen und insoweit die nach ihrem Verständnis –auch mit Blick auf die Glaubwürdigkeit - gebotene Konsequenz zu ziehen.
Nach alledem ist hier kein besonderer Fall im dargelegten Sinn gegeben, so dass mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen kein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Zulässigkeitserklärung durch das Gewerbeaufsichtsamt besteht.
Folglich ist auch kein Anspruch auf erneute Verbescheidung des Antrags der Klägerin vom 23. September 2011 gegeben (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz - GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,-- EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.