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  • 17.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144261

    Arbeitsgericht Augsburg: Urteil vom 22.10.2014 – 10 Ca 1518/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Arbeitsgericht Augsburg

    v. 22.10.2014

    Az.: 10 Ca 1518/14

    In dem Rechtsstreit
    A.
    A-Straße, A-Stadt
    - Klägerin -
    Prozessbevollmächtigte/r:
    Rechtsanwälte B.
    B-Straße, B-Stadt
    gegen
    C.
    C-Straße, C-Stadt
    - Beklagte -
    Prozessbevollmächtigte/r:
    Rechtsanwälte D.
    D-Straße, D-Stadt
    hat die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Augsburg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2014 durch die Richterin am Arbeitsgericht N. und die ehrenamtlichen Richter N. und N.
    für Recht erkannt:
    Tenor:

    1.

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlosen Kündigungen vom 23.05.2014 und 06.06.2014 beendet worden ist.
    2.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    3.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 31/50, die Beklagte zu 19/50.
    4.

    Der Streitwert wird auf 8.503,60 € festgesetzt.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei außerordentlichen und zwei ordentlichen Kündigungen.

    Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 01.06.1999 als Erzieherin beschäftigt. Sie ist seitdem als pädagogische Fachkraft in einer Wohngruppe der Beklagten für Menschen mit Behinderung tätig.

    Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag vom 28.12.1999 finden auf das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes Bayern (AVR Bayern) Anwendung.

    § 6 und 7 der sich aus Anlage 9 des AVR Bayern ergebenden Arbeitsrechtsregelung über die berufliche Mitarbeit in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und ihrer Diakonie für den Bereich der privatrechtlichen Dienstverhältnisse (ARR berufliche Mitarbeit) lauten auszugsweise wie folgt:

    § 6 Loyalitätsobliegenheiten

    (1) Die Glaubwürdigkeit der Kirche wird auch daran gemessen, in welcher Weise diakonische Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen ihr Leben gestalten und ihre Aufgaben erfüllen. Das Recht, Kritik zu üben, wird durch die persönliche Loyalitätspflicht des Dienstnehmers bzw. der Dienstnehmerin nicht berührt.

    (2) ...

    (3) Von anderen christlichen Dienstnehmern wird erwartet, dass sie Schrift und Bekenntnis achten, sich loyal gegenüber der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern verhalten und dazu beitragen, die Werte des Evangeliums in der Einrichtung zur Geltung zu bringen.

    (4) ...

    § 7 Verstöße gegen Loyalitätsobliegenheiten

    (1) ...

    (2) Insbesondere im Falle des Wegfalls einer Voraussetzung zur Begründung des Dienstverhältnisses nach §§ 2, 3 und 4 oder eines Verstoßes gegen eine Loyalitätsobliegenheit nach § 6 kann als letzte Maßnahme eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht gezogen werden....

    (3) Für eine Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen werden insbesondere folgende Loyalitätsverstöße als schwerwiegend angesehen:

    ...

    - eine schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlung

    Die Klägerin stellt im Internet auf der Plattform "Mydirtyhobby.com" pornografische Filme und Bilder von sich ein, auf denen sie eindeutig erkennbar ist. Sie tritt unter dem Pseudonym "Julia Pink" auf und gab unter diesem Namen auch ein Interview auf der Plattform. Die Plattform wird im Internet unter anderem damit beworben, dass die Möglichkeit besteht, eigene Videos hochzuladen und damit Geld zu verdienen.

    Nachdem die Beklagte von den Internetaktivitäten der Klägerin Kenntnis erlangt hatte, hörte sie diese zunächst am 09.05.2014 mündlich hierzu an. Mit Schreiben vom 13.05.2014 forderte die Beklagte die Klägerin unter Fristsetzung bis 20.05.2014 auf, die entsprechenden Seiten aus dem Internet zu nehmen und verbindlich und in Schriftform zu bestätigen, dass sie derartige Aktivitäten zukünftig dauerhaft und endgültig unterlasse bzw. einstelle. Mit Schreiben ihre Prozessbevollmächtigten vom 16.05.2014 lehnte es die Klägerin ab, ihre Aktivitäten im Internet einzustellen.

    Nach ordnungsgemäß durchgeführter Beteiligung der Mitarbeitervertretung hat die Beklagte deshalb am 23.05.2014 die außerordentliche Kündigung und am 28.05.2014 die hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen.

    Mit Schreiben vom 21.05.2014 wurde die Klägerin aufgefordert, mitzuteilen, ob sie mit ihrer Internetaktivität Einkünfte erzielt hat. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.05.2014 ließ die Klägerin mitteilen, dass sie aus dieser Tätigkeit nur negative Einkünfte erzielt hat.

    Daraufhin hat die Beklagte nach ordnungsgemäß durchgeführter Beteiligung der Mitarbeitervertretung am 06.06.2014 eine weitere außerordentliche Kündigung und am 11.06.2014 eine weitere ordentliche Kündigung ausgesprochen.

    Mit ihrer am 11.06.2014 beim Arbeitsgericht Augsburg eingegangenen Klage und der am 23.06.2014 beim Arbeitsgericht Augsburg eingegangenen Klageerweiterung begehrt die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen.

    Zur Begründung trägt sie vor.

    Die Ausübung der pornografischen Tätigkeit sei rein privater Natur und habe nichts mit ihrer Tätigkeit als Erzieherin zu tun. Sie habe insbesondere durch die Verwendung des Pseudonyms stets Privates und Berufliches strikt getrennt. Die Bezeichnung der Produktion von pornografischen Bildern und Videos als schwerwiegende persönliche Verfehlung zeuge von einer stark antiquierten Denkweise. Ihre berufliche Tätigkeit würde jedenfalls nicht unter ihrem privaten Hobby leiden.

    Bezüglich der außerordentlichen Kündigung vom 23.05.2014 sei die 2 Wochen-Frist nicht eingehalten. Die Beklagte habe spätestens am 08.05.2014 Kenntnis von den pornografischen Aktivitäten der Klägerin erhalten, so dass die die 2 Wochen-Frist spätestens am 22.05.2014 abgelaufen sei.

    Richtig sei, dass die Klägerin keine Nebentätigkeitsgenehmigung eingeholt habe. Dies rechtfertige jedoch ohne vorherige Abmahnung keine Kündigung. Im Übrigen habe sie aus dieser Nebentätigkeit nur negative Einkünfte erzielt. Außerdem habe sie trotz Ausübung der Nebentätigkeit ihre arbeitsvertraglichen Pflichten stets zu 100 Prozent erfüllt.

    Die Klägerin beantragt zu zuletzt

    I.

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 23.05.2014 beendet worden ist.
    II.

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung vom 28.05.2014 beendet worden ist.
    III.

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 06.06.2014 beendet worden ist.
    IV.

    Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.11.2014 hinaus fortbesteht.
    V.

    Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die weitere ordentliche Kündigung vom 11.06.2014 beendet worden ist.

    Die Beklagte beantragt

    Klageabweisung.

    Zur Begründung trägt sie vor:

    Die Klägerin habe mir ihren pornographischen Aktivitäten ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt.

    Die ARR berufliche Mitarbeit finde auf das Dienstverhältnis Anwendung.

    Das Verhalten der Klägerin stelle sich als schwere sittliche Verfehlung im Sinne des § 7 Abs. 3 ARR berufliche Mitarbeit dar und sei daher ein Kündigungsgrund.

    Der Klägerin sei im Rahmen ihres Dienstverhältnisses nämlich auch die Verpflichtung eingegangen, ihr persönliches Leben so zu gestalten, dass es nicht in Widerspruch zu den ethischen Ansprüchen der Diakonie stehe. Die Internetaktivitäten offenbarten eine Haltung der Klägerin, die im Widerspruch zu dem von der Beklagtenpartei vertretenen sexualethischen Standpunkt stehe, wie er in den Leitlinien kirchlichen Lebens dargestellt sei. Darin sei der Grundsatz enthalten, dass das Sexualleben neben der körperlich-sexuellen Beziehung auch einer seelisch-geistigen Beziehung zwischen den Partnern bedürfe.

    Im Übrigen seien die pornografischen Aktivitäten der Klägerin nicht vereinbar mit der Tätigkeit einer pädagogische Fachkraft für Menschen mit Behinderung, die sich mit Fragestellungen der Bewohner und deren Eltern zum Thema Sexualität auseinandersetzen müsse.

    Das Bekanntwerden der pornografischen Aktivitäten sei geeignet, das Vertrauensverhältnis der Eltern zu der Einrichtung zu schädigen.

    Die Klägerin habe darüber hinaus mit ihrer Tätigkeit Einkünfte erzielt und damit eine nicht genehmigte Nebentätigkeit ausgeübt.

    Hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den gesamten Akteninhalt hingewiesen.
    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist teilweise begründet. Die außerordentlichen Kündigungen vom 23.05.2014 und vom 06.06.2014 sind unwirksam, die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 28.05.2014 beendet das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.11.2014.

    Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund darstellt, vollzieht sich zweistufig. Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist.

    Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG-Urteil vom 08.05.2014, AZ: 2 AZR 249/13).

    Indem die Klägerin auf einer Plattform im Internet pornografisch tätig war, hat sie gegen wirksam auferlegte Loyalitätspflichten aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen und damit eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Dieser Verstoß gegen § 6 ARR berufliche Mitarbeit stellt einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar. Die durchzuführende Interessenabwägung ergibt allerdings, dass eine Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist und damit die außerordentliche Kündigung vom 23.05.2014 unwirksam ist.

    Die Klägerin hat sich im Rahmen ihres Dienstverhältnisses verpflichtet, sich auch in ihrem außerdienstlichen Verhalten nicht in Widerspruch zu den ethischen Ansprüchen der Diakonie zu stellen. Gegen diese Verpflichtung hat die Klägerin mit ihren pornografischen Aktivitäten im Internet verstoßen. Ihr Verhalten ist unvereinbar mit der in den Leitlinien kirchlichen Lebens festgeschriebenen kirchlichen Sexualethik und damit eine schwere persönliche sittliche Verfehlung im Sinne des § 7 Abs. 3 ARR. Aus diesen Leitlinien ergibt sich nämlich, dass das Sexualleben neben der körperlich-sexuellen Beziehung einer geistig-seelischen Beziehung bedarf.

    Das Verlangen der Beklagten von ihren Mitarbeitern den ethischen Ansprüchen der Kirche auch im Privatleben gerecht zu werden, steht auch im Einklang mit verfassungsrechtlichen Vorgaben.

    Der Klägerin steht das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit gemäß § 2 Abs. 1 GG zu. Daher ist der Arbeitgeber in der Regel nicht berechtigt, außerdienstliches Verhalten, das sich nicht auf den dienstlichen Bereich auswirkt, mit einer Kündigung zu sanktionieren (vgl. zu BAG Urteil vom 08.09.2011, Az: 2 AZR 543/10).

    Dieses Recht ist allerdings in kirchlichen Arbeitsverhältnissen durch das durch Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der verfassten Kirchen eingeschränkt.

    Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen findet auf diese zwar das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Allerdings hebt die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht nicht deren Zugehörigkeit zu den eigenen Angelegenheiten der Kirche auf. Das ermöglicht es den Kirchen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und dazu die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer spezifisch festzulegen. (vgl. BVerfG Urteil vom 04.06.1985, 2 BvR 1718/83, BAG Urteil vom 08.09.2011 Az: 2 AZR 543/10, LAG Hamm Urteil vom 14.06.2013, Az: 10 Sa 18/13).

    Damit richtet sich die Frage, welche kirchlichen Grundverpflichtungen für ein Arbeitsverhältnis maßgebend sind, was die Glaubwürdigkeit der Kirche erfordert und welche Loyalitätsverstöße als schwerwiegend anzusehen sind, nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben - jedenfalls soweit diese Maßstäbe im Einklang mit den Grundprinzipien der Rechtsordnung stehen. Die Auffassung der Allgemeinheit zur den entsprechenden ethischen Fragen ist damit unerheblich. (vgl. LAG Hamm a. a. O.)

    Die sexualethischen Vorstellungen der Kirche, die Anerkennung einer schweren persönlichen sittlichen Verfehlung als Kündigungsgrund und die die Auferlegung von Loyalitätspflichten auch im privaten Bereich stehen grundsätzlich im Einklang mit unserer Rechtsordnung. Ein Verstoß gegen verfassungsrechtliche Vorgaben liegt damit nicht vor.

    Die außerordentliche Kündigung vom 23.05.2014 ist dennoch unwirksam, da der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist.

    Die Arbeitsgerichte haben zwar bei der Beurteilung, ob eine kündigungsrelevante Loyalitätspflichtverletzung vorliegt, kirchliche Maßstäbe zugrunde zu legen, sind aber im übrigen verpflichtet umfassend zu prüfen, ob die Kündigung nach § 626 BGB bzw. § 1 KSchG zulässig ist (vgl. BVerfG a. a. O).

    Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist der Beklagten zumutbar, so dass eine außerordentliche Kündigung ausscheidet. Die pornografischen Aktivitäten erfolgten ausschließlich in der Freizeit der Klägerin und hatten bisher keinen konkreten Einfluss auf ihre dienstliche Tätigkeit. Die Klägerin hat sich auch - jedenfalls bis zum Ausspruch der Kündigung - darum bemüht, ihre Aktivitäten nicht allgemein bekannt werden zu lassen, in dem sie ein Pseudonym verwendete. Sie hat auch keine strafbaren Handlungen begangen. Im Übrigen ist im Rahmen der Interessenabwägung und Zumutbarkeitsprüfung auch die lange Beschäftigungszeit der Klägerin zu berücksichtigen.

    Die außerordentliche Kündigung vom 06.06.2014, die auf die fehlende Nebentätigkeitsgenehmigung gestützt wird, ist ebenfalls unwirksam, da eine ohne Genehmigung ausgeübte Nebentätigkeit außerhalb der Arbeitszeit, die die dienstliche Tätigkeit nicht beeinträchtigt, ohne vorherige Abmahnung in der Regel weder eine außerordentliche noch eine ordentliche Kündigung rechtfertigen würde.

    Allerdings beendet die ordentliche Kündigung vom 28.05.2014 das Arbeitsverhältnis wirksam zum 30.11.2014.

    Die ordentliche Kündigung ist gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG als verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer eine Vertragspflicht erheblich verletzt hat, eine Abmahnung erfolgt ist oder entbehrlich ist, und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen der beiden Parteien billigenswert und angemessen erscheint (vgl. LAG Hamm a. a. O.).Eine Abmahnung ist unter anderem dann entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung für die Zukunft nicht zu erwarten steht. (vgl. BAG Urteil vom 09.06.2011, Az. 2 AZR 381/10).

    Wie ausgeführt hat die Klägerin eine ihr wirksam auferlegte persönliche Loyalitätspflicht erheblich verletzt.

    Eine Abmahnung war entbehrlich, da die Klägerin mit Schreiben vom 13.05.2014 aufgefordert wurde, ihre Internetaktivitäten dauerhaft einzustellen. Die Klägerin wurde in dem Schreiben auch darauf hingewiesen, dass die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Erwägung zieht. Die Klägerin hat durch ihren Prozessbevollmächtigten darauf unmissverständlich schriftlich erklären lassen, dass sie die Aktivitäten nicht einstellen werde. Aus dem Schreiben vom 16.05.2014 geht auch hervor, dass sie die Kündigungsdrohung ernst genommen hat, da sich das Schreiben auch mit der Frage auseinandersetzt, ob das Verhalten der Klägerin eine Kündigung rechtfertigt. Der weitere Ausspruch einer formellen Abmahnung hätte daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Verhaltensänderung der Klägerin bewirkt und war damit entbehrlich.

    Die Interessenabwägung ergibt, dass das Beendigungsinteresse der Beklagten das Interesse der Klägerin sowohl an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als auch an der Achtung seines Privat- und Familienleben überwiegt.

    Zwar hat die Klägerin auch ein erhebliches Interesses an dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisse. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung 15 Jahre bei der Beklagten beanstandungsfrei beschäftigt. Die Verletzung der Loyalitätspflichten spielt sich im privaten Bereich ab. Eine Auswirkung auf ihre Tätigkeit war bisher auch im Rahmen der Sexualerziehung der Bewohner nicht erkennbar.

    Im konkreten Fall überwiegt dennoch das Beendigungsinteresse der Beklagten.

    Denn es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Loyalitätsverstoß der Klägerin nicht hinter verschlossenen Türen, sondern im Internet und damit derart in der Öffentlichkeit abspielt, dass Kollegen, Eltern und Bewohner der Wohngruppe nicht nur jederzeit davon erfahren können, sondern auch der Klägerin bei ihren pornografischen Aktivitäten zusehen können. Zwar hat die Klägerin ein Pseudonym verwendet. Sie ist jedoch durch die im Internet stehenden Fotos und Filme erkennbar.

    Die Glaubwürdigkeit der Kirche würde erheblich darunter leiden, wenn bekannt wird, dass die Beklagte die in der Öffentlichkeit ausgeübten pornografischen Aktivitäten der Klägerin duldet.

    Darüber hinaus betreffen die Pflichtverstöße der Klägerin zwar nicht ihr dienstliches Verhalten, können aber Auswirkungen auf ihre Arbeit haben Die Klägerin ist unstreitig in einem Bereich tätig, in dem Sexualerziehung eine Rolle spielt. Unabhängig davon wie die Klägerin die Sexualerziehung vornimmt, besteht die Gefahr, dass Eltern, die ihre Kinder bewusst in einer kirchlichen Einrichtung angemeldet haben, das Vertrauen in die Klägerin bzw. in die Einrichtung verlieren. Darüber hinaus könnte die Klägerin von den Bewohnern nicht mehr ernstgenommen wird, wenn sie Sexualerziehung im christlichen Sinne betreibt.

    Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin keinen kirchenspezifischen Beruf ausübt, sondern eine auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bekanntlich gesuchte Tätigkeit. Sie wird damit grundsätzlich keine Schwierigkeiten haben, eine neue Stelle zu finden.

    Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 2 GKG festgesetzt, die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs.1 ZPO.

    RechtsgebieteGG, ARR, BGBVorschriftenArt. 2 Abs. 1 GG; § 7 Abs. 3 ARR; § 626 Abs. 1 BGB