17.09.2019 · IWW-Abrufnummer 211189
Arbeitsgericht Siegburg: Urteil vom 07.08.2019 – 3 Ca 992/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Arbeitsgericht Siegburg
Verkündet am 07.08.2019
Urteil
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
In pp.
3
hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Siegburg
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auf die mündliche Verhandlung vom 07.08.2019
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durch den [Richter 1] [Richter 2] Richter 3]
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für Recht erkannt:
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1. Die Klage wird abgewiesen.
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2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
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3. Streitwert: 7.200,00 €
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Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 05.04.2019 sowie über die Verpflichtung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung der Klägerin.
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Die am XX geborene, ledige Klägerin wurde vom 07.10.2013 bis zum 06.10.2016 bei der Beklagten zur Altenpflegerin ausgebildet und ist seitdem als solche bei ihr beschäftigt. Bei der Beklagten sind mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit tätig.
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Mit Schreiben vom 24.09.2018 mahnte die Beklagte die Klägerin wegen deren Verhaltens im Rahmen der Dienstbesprechung vom 19.09.2018 ab, in der es zu Auseinandersetzungen über den von der Klägerin beantragten Urlaub gekommen war. Unter dem 06.11.2018 erfolgte dann eine Ermahnung wegen fehlender Uhrzeitangaben und Unterschriften in Leistungsnachweisen der Klägerin. Unter dem 17.12.2018 wurde die Klägerin schließlich abgemahnt, da sie eine Patientin, die sie am 08.12.2018 und 09.12.2018 im Spätdienst aufsuchen sollte, nicht versorgt hatte, wobei die Klägerin dies damit entschuldigte, dass die Patientin die Tür nicht geöffnet habe. Für diesen Fall besteht jedoch eine Anweisung der Beklagten, zunächst die Patientin und dann die Pflegedienstleitung telefonisch zu informieren, damit diese die Abweichung von den vorgesehenen Leistungen dokumentieren kann. Zumindest Letzteres tat die Klägerin, die mit der Patientin auch nicht telefonisch gesprochen hatte, nicht.
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Am 02.04.2019 fuhr die Klägerin dann eine weitere Patientin, der sie am späten Abend die Nachttablette geben sollte, erst gar nicht an, sondern beschränkte sich auf einen Anruf bei der Patientin. Zuvor hatte sie bei ihrem abendlichen Aufsuchen der gleichen Patientin bereits die Tablette für die Nacht bereit gelegt. Den Leistungsnachweis für den nächtlichen Besuch zeichnete Klägerin jedoch trotzdem ab und bestätigte auf dem Tagestourennachweis, die Patientin in der Zeit von 22:55 Uhr bis 23:06 Uhr versorgt zu haben. Das Verhalten fiel auf, als die folgende Schicht die Nachtablette vorfand und von der Patientin erfuhr, dass die Klägerin am Vorabend nur angerufen hatte.
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Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 05.04.2019 fristlos hilfsweise ordentlich zum 30.06.2019. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 24.04.2019 erhobenen Klage.
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Sie behauptet, am 19.09.2018 sei sie darüber ungehalten gewesen, dass die bereits erfolgte Genehmigung eines bereits gebuchten Urlaubs nicht mehr habe gelten sollen. Bei der Patientin, die sie Anfang Dezember 2018 habe aufsuchen sollen, habe niemand die Tür geöffnet und sei trotz des Versuchs, die Patientin anzurufen, niemand erreichbar gewesen. Die Pflegedienstleitung habe sie nicht angerufen, da diese in der Vergangenheit Anrufe eher als Störung empfunden habe. Bei der Patientin vom 02.04.2019 habe die Weisung bestanden, die Wohnung nicht zu betreten, wenn die Patientin schlafe. Für sie sei bereits beim ersten (abendlichen) Besuch der Patientin absehbar gewesen, dass sie nicht vor 23:00 Uhr bei der Patientin sein könne und diese dann schlafe. Daher habe sie die Tablette bereit gelegt und die Patientin telefonisch an die Tabletteneinnahme erinnert.
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Die Klägerin beantragt,
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1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 05.04.2019, zugegangen am 05.04.2019, nicht beendet wird;
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2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 05.04.2019, zugegangen am 05.04.2019, nicht beendet wird;
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3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 30.06.2019 hinaus fortbesteht;
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4. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits als Altenpflegekraft weiter zu beschäftigen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, die Klägerin habe am 19.09.2018 die Pflegedienstleitung massiv beschimpft, habe mit Arbeitsunfähigkeit gedroht und eine Eigenkündigung ausgesprochen. Auch sei die Pflegedienstleitung bei dem Vorfall aus Dezember 2018 für Anrufe empfänglich gewesen und zudem jemand bei der Patientin daheim gewesen. Am 02.04.2019 habe die Klägerin der Patientin telefonisch erklärt, dass sie nicht mehr komme.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbesteht, im Übrigen ist sie unbegründet.
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I. Der zu dem Kündigungsschutzantrag nach § 4 KSchG hinzutretende Feststellungsantrag, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht, bedarf eines eigenständigen, über das Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung hinausgehenden Feststellungsinteresses. Der Antrag ist daher nur zulässig, wenn weitere mögliche Beendigungstatbestände in den Prozess eingeführt werden. Solche sind vorliegend nicht ersichtlich, so dass es an dem nötigen Feststellungsinteresse fehlt.
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II. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 05.04.2019 aufgelöst worden. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB ist gegeben.
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1. Nach dieser Vorschrift kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Das Gesetz kennt folglich keine „absoluten“ Kündigungsgründe. Vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d. h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 –, BAGE 134, 349-367).
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Ein wichtiger Grund zur Kündigung kann nicht nur in einer erheblichen Verletzung der vertraglichen Hauptleistungspflichten liegen. Auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. Da die ordentliche Kündigung die übliche und grundsätzlich ausreichende Reaktion auf die Verletzung einer Nebenpflicht ist, kommt eine außerordentliche Kündigung nur in Betracht, wenn das Gewicht dieser Pflichtverletzung durch erschwerende Umstände verstärkt wird (BAG, Urteil v. 12.05.2010 -2 AZR 845/08 – juris, Rn 19).
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Insbesondere ist der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies gilt für einen vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit der Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Nicht anders zu bewerten ist es, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die geleistete Arbeitszeit mit Hilfe des Arbeitsplatzrechners in einer elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren, und er hierbei vorsätzlich falsche Angaben macht. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine ihm gegenüber dem Arbeitgeber bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB – zum Ganzen: BAG, Urteil vom 09.06.2011 - 2 AZR 381/10 – juris Rn. 14).
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Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG, Urteil vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 –, BAGE 134, 349-367).
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Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Kündigung wirksam ist, gilt nämlich das Prognoseprinzip. Zweck einer verhaltensbedingten Kündigung ist nicht eine Sanktion für die begangene Pflichtverletzung, sondern die Vermeidung künftiger Pflichtenverstöße - ggf. selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Die fragliche Pflichtverletzung muss sich deshalb noch für die Zukunft belastend auswirken. Eine entsprechende Prognose ist berechtigt, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch künftig erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzten. Das ist häufig ungewiss (BAG, Urteil v. 26.11.2009 - 2 AZR 751/08 – juris, Rn. 10). Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Die ordentliche wie die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose. Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist. Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt selbst bei Störungen des Vertrauensbereichs durch Straftaten gegen Vermögen oder Eigentum des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 –, BAGE 134, 349-367).
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2. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist vorliegend ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung gegeben.
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a) Zunächst hat die Klägerin ein Verhalten an den Tag gelegt, das an sich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung darstellt. Die im Außendienst tätige Klägern hat nämlich nicht nur ihre Hauptpflicht verletzt, indem sie am 02.04.2019 trotz vorheriger Abmahnung eines vergleichbaren Fehlverhaltens wiederholt eine Arbeitsanweisung nicht befolgt, indem sie eine ihr zugewiesene Patientin nicht versorgt hat bzw. die ihr im Zusammenhang mit der Nichtversorgung der Patientin gegebenen Arbeitsanweisungen im Bezug auf die Dokumentation (bzw. den hierzu dienenden Anruf bei der Pflegedienstleitung) nicht beachtet hat; sie hat auch ihre Arbeit bzw. Arbeitszeit falsch dokumentiert, indem sie sowohl konkrete Zeitangaben zur Versorgung der Patienten gemacht hat, die falsch waren, da sie die Patientin unstreitig lediglich angerufen hat, als auch die Pflegedokumentation bereits vor und ohne tatsächliche Erbringung der Leistung abgezeichnet hatte. Ob sie dabei auch den Tatbestand des Arbeitszeitbetruges verwirklicht und sich strafbar gemacht hat, kann offen bleiben, da es auf die strafrechtliche Wertung nach dem oben Ausgeführten nicht ankommt. Entscheidend ist, dass die Klägerin das in sie gesetzte Vertrauen grundlegend gestört hat. Sie hat nicht nur unter Inkaufnahme nachteiliger gesundheitlicher Auswirkungen eine Patientin unversorgt gelassen, für die die Gabe der Nachtablette durch den Pflegedienst vorgesehen war, wobei nach der Lebenserfahrung viel dafür spricht, dass für die Patientin nicht nur die Einnahme der Tablette erforderlich, sondern auch die Hilfestellung durch einen Pflegedienst dabei erforderlich war und dem wahrscheinlich auch eine ärztliche Verordnung zugrunde lag. Sie hat auch falsche Angaben über die von ihr für die Beklagte erbrachten Pflegeleistungen gemacht, was bei Nichtentdeckung ihrer Vorgehensweise eine fehlerhafte Pflegedokumentation wenn nicht gar eine falsche Abrechnung der Leistung durch die Beklagte zur Folge gehabt hätte. Sie hat damit zusätzlich den geschäftlichen Ruf der Beklagten aufs Spiel gesetzt und in Kauf genommen, dass diese dem Verdacht des Abrechnungsbetruges ausgesetzt wird. Dieses Fehlverhalten ist so schwerwiegend, dass die Klägerin nicht damit rechnen konnte, die Beklagte werde ihr Verhalten tolerieren, so dass es einer diesbezüglichen Abmahnung nicht bedurfte.
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b) Dieses Verhalten rechtfertigt auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die ausgesprochene außerordentliche Kündigung. Zwar ist die Klägerin einschließlich der Zeit des Berufsausbildungsverhältnisses schon seit fünfeinhalb Jahren bei der Beklagten beschäftigt gewesen. Sie hat jedoch innerhalb weniger Monate zweimal Arbeitsanweisungen bewusst außer Acht gelassen. Die Beklagte hat den ersten Verstoß von Dezember 2018 noch abgemahnt, zumal es dort, unterstellt man die Einlassung der Klägerin als richtig, lediglich darum ging, dass die Klägerin einen vorgeschriebenen Anruf bei der Pflegedienstleitung unterlassen hat. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass dieser Anruf auch dazu diente, die erbrachten Pflegeleistungen korrekt zu dokumentieren. Bei dem der Kündigung zu Grunde liegenden Fehlverhalten ist die Klägerin jedoch trotz der erfolgten Abmahnung sogar hierüber hinausgegangen und hat selbst die Pflegeleistungen bewusst falsch dokumentiert. Da sie dies bereits bei ihrem Besuch bei der Patientin am frühen Abend tat, wird offenbar, dass sie planmäßig handelte, was ein Augenblicksversagen ausschließt. Ihre hierzu gegebene Einlassung zur Erklärung ihres Verhaltens ist dabei nicht nachvollziehbar. Soweit sie sich auf eine Weisung beruft, die Patientin nicht mehr aufzusuchen, wenn diese schläft, hat sie trotz Bestreitens der Weisung durch die Beklagte nicht dargetan, von wem eine solche Weisung wann erfolgt sein soll. Es fehlt auch an jeglichen Angaben dazu, welches Alternativverhalten ihr für einen solchen Fall aufgegeben war und inwieweit sie sich hieran gehalten hat. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass eine solche Weisung nicht existiert. Hinzu kommt, dass selbst bei Existenz einer solchen Weisung auch die Einlassung der Klägerin nicht nachvollziehbar ist, es sei für sie bereits bei ihrem ersten Besuch bei der Patientin am frühen Abend voraussehbar gewesen, dass sie die Patientin nicht mehr rechtzeitig aufsuchen werde können. Es fehlt hierzu an jeglichen Angaben dazu, wie der planmäßige zeitliche Ablauf der Patientenversorgung sein sollte und welche Umstände vorlagen, die für die Klägerin bereits am frühen Abend absehbar machten, dass der Plan nicht einzuhalten war. Selbst wenn dem aber so wäre, würde dies nicht das Vorgehen der Klägerin rechtfertigen, die Leistung als erbracht zu dokumentieren und damit eine falsche Abrechnung der Beklagten gegenüber der Patientin zu riskieren. Eine derart planmäßige, die Interessen der Beklagten völlig außer Acht lassende Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten macht der Beklagten auch unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit der Klägerin deren Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar. Die Klage war mithin, da auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ersichtlich gewahrt wurde, vollumfänglich abzuweisen, wobei der Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin nicht zur Entscheidung angefallen ist, da davon auszugehen ist, dass dieser lediglich als uneigentlicher Hilfsantrag gestellt werden sollte. Ein Weiterbeschäftigungsantrag ist nämlich auch dann, wenn er nicht als uneigentlicher Hilfsantrag gestellt wurde, stets als solcher auszulegen (Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 23.06.2016 – 4 Ta 118/16 –, Rn. 1, juris).
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III. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i. V. m. § 91 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 42 Abs. 2 GKG festgesetzt.
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