24.04.2023 · IWW-Abrufnummer 234876
Arbeitsgericht Siegburg: Urteil vom 01.12.2022 – 5 Ca 1200/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Arbeitsgericht Siegburg
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.200,00 € festgesetzt.
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Tatbestand:
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Die Parteien stritten u. a. um die Frage der Wirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 19.07.2022.
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Die Klägerin war seit dem XXX bei der Beklagten als Gesundheits- und Krankenpflegeassistentin zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von ca. 2.400,00 € beschäftigt, nachdem sie ab dem XXX die Ausbildung bei der Beklagten absolviert hatte. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet die AVR Anwendung.
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Bei der Beklagten handelt es sich um die XXX in XXX. Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit. Bei ihr besteht eine Mitarbeitervertretung. Die Kompetenz zum Ausspruch von Kündigung steht bei der Beklagten für Pflegepersonal der Personalleitung zu.
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Auf Instagram tauschten sich die Parteien bereits vor der streitgegenständlichen Kündigung aus. Wegen des Inhalts der Konversation wird auf Bl. 58 ff. der Akte Bezug genommen.
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Die Klägerin war für Samstag, den 02.07.2022, und Sonntag, den 03.07.2022, zum Spätdienst eingeteilt. Für die Dienste meldete sie sich bei der Beklagten krank.
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In der Nacht vom 02.07.2022 auf den 03.07.2022 fand im sog. XXX des XXXX die XXX Party statt, auf der die nachfolgenden Fotos der Klägerin entstanden.
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Die Fotos stammen aus dem whatsapp Status der Klägerin und von der homepage des Partyveranstalters. Zu der Party wurde die Klägerin von Arbeitskolleginnen mitgenommen.
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Am 04.07.2022, einem Tag, an dem die Klägerin arbeitsfähig war, übergab sie an die Beklagte eine auf den 04.07.2022 datierende Arbeitsunfähigkeit für die Tage des 02.07. und 03.07.2022. Die Krankmeldung stammte von dem Onlineanbieter XXX.
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Am 05.07.2022 fand ein Gespräch zwischen dem Zeugen XXX, einem weiteren Arbeitnehmer der Beklagten, und der Klägerin statt. Ebenfalls mit Schreiben vom 05.07.2022 ordnete die Beklagte gegenüber der Klägerin an, zukünftig ab dem ersten Tag einer Erkrankung ein ärztliches Attest vorzulegen.
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Die Personalleitung wurde durch den Zeugen XXX am 07.07.2022 darüber informiert, dass die Klägerin an der Party teilgenommen hat.
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Die Beklagte lud die Klägerin zu einem Gespräch unter Beteiligung der Mitarbeitervertretung für den 12.07.2022 ein, um die Vorwürfe aufzuklären. Die Klägerin teilte der Beklagten mit, dass sie den Termin wegen privater Termine nicht wahrnehmen kann. Mit einer weiteren E-Mail vom 12.07.2022 teilte sie ihr mit, an dem Gespräch nicht teilnehmen zu können, weil sie krank sei. Die Wahrnehmung des Gesprächs zu einem Alternativtermin sei ihr wegen ihres bevorstehenden Urlaubs ebenfalls nicht möglich. Die Beklagte informierte die Klägerin daraufhin am 13.07.2022 darüber, dass der dringende Verdacht besteht, dass die Klägerin mit der Krankmeldung am 02.07. eine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hat. Ihr wurde zugleich die Gelegenheit gegeben, sich zu dem gegen sie bestehenden Verdacht zu äußern. Hierfür wurde ihr eine Frist bis zum 15.07.2022 um 12:00 Uhr gesetzt. Mit E-Mail vom 14.07.2022 ließ sie sich zu den gegen sie bestehenden Verdachtsmomenten ein. Wegen der Einzelheiten der E-Mail wird auf Bl. 57 d. A. Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 15.07.2022 hörte die Beklagten die bei ihr bestehende Mitarbeitervertretung zu der beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung an. Wegen der Einzelheiten der Anhörung der Mitarbeitervertretung wird auf Bl. 61 ff. d. A. Bezug genommen. Die Mitarbeitervertretung teilte am 18.07.2022 mit, dass sie zur außerordentlichen Kündigung keine Stellungnahme abgibt und der hilfsweisen ordentlichen Kündigung zustimmt.
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Mit Schreiben vom 19.07.2022 sprach die Beklagte eine außerordentliche fristlose, hilfsweise ordentliche, Kündigung aus.
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Mit der am 29.07.2022 beim Arbeitsgericht Siegburg eingegangenen und der Beklagten am 03.08.2022 zugestellten Klage hat sich die Klägerin gegen die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung gewandt.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass die streitgegenständliche Kündigung aufgrund des Fehlens eines Kündigungsgrundes unwirksam sei. Die Beklagte stelle den Ablauf der Ereignisse tendenziös dar, so dass sich ein vollkommen falsches Bild ergebe. Die Klägerin behauptet, dass sie um 2:30 Uhr von ihrer Kollegin, der Zeugin XXX, zurückgefahren worden sei, da es ihr nicht gutgegangen sei.
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Gegenüber dem Zeugen XXX habe sie behauptet, sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig gefühlt zu haben. Dies habe nicht ganz der Wahrheit entsprochen. Die fiebrige Erkrankung sei im Gespräch nur in den Vordergrund gestellt worden, um die in Wirklichkeit vorrangig relevanten psychischen Gründe nicht nennen zu müssen. Sie habe in einer neurologischen Abteilung gearbeitet und diese Problematik gegenüber dem Zeugen XXX nicht offenlegen wollen, da es sich bei der Erkrankung ‒ zumindest teilweise ‒ um das Resultat einer innerbetrieblichen Mobbingsituation gehandelt habe. Dies sei auch anhand der Sachverhaltsangaben der Gegenseite nachvollziehbar. Es gäbe massive Auseinandersetzungen innerhalb der Belegschaft, wozu auch die hier zugrundeliegenden Denunziationen und anonymen Hinweise gehören würden, was letztlich zu einem weit überdurchschnittlichen Krankenstand und einer größeren Personalfluktuation in der Abteilung geführt habe. Sie habe jedenfalls keine Veranlassung gehabt, ihre Teilnahme an der Party in Abrede zu stellen. Sie habe erklärt, dass sie auf Drängen ihrer Kollegen zunächst mitgefahren, dann aber nach Hause zurückgekehrt sei, weil sie sich nicht wohlgefühlt habe. Die Darstellung des Gesprächs zwischen ihr und dem Zeugen XXX am 05.07.2022 sei nicht richtig. Offensichtlich habe die Beklagte nur eine Sachverhaltskonstellation gesucht, die einen möglichen Kündigungsgrund hergeben könnte. Sie habe den Zeugen XXX nicht belogen. Die Arbeitsunfähigkeit werde durch die vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vollumfänglich bewiesen. Die Beklagte greife selbige mit unzutreffenden und unsachlichen Argumenten an. Ohnehin wäre sie ja nicht verpflichtet gewesen, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Der die Arbeitsunfähigkeit bescheinigende Arzt habe ihre Arbeitsunfähigkeit nach einer sorgfältigen Befragung in einem Videotelefonat festgestellt. Es gebe keine Veranlassung für die Beklagte, die Feststellungen des bescheinigenden Arztes in Zweifel zu ziehen.
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Die Klägerin behauptet, dass sie für den 02.07. und 03.07.2022 aus psychischen Gründen krankgeschrieben worden sei.
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Des Weiteren ist sie der Ansicht, dass die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden sei. Selbst wenn es zutreffend sein sollte, dass die Kündigungserklärung am 18.07.2022 um 18:00 Uhr in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen worden sein soll, so wäre dies kein normaler Zeitpunkt mehr gewesen, an welchem sie mit dem Zugang einer solchen Erklärung hätte rechnen müssen, wenn sie zu Hause gewesen wäre. Man werde deshalb auch nicht fiktiv von einem Zugang im rechtlichen Sinne am 18.07.2022 sprechen können. Die für die Kündigung maßgeblichen Umstände hätte die Beklagte am 04.07.2022 erfahren, die für die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB maßgebliche Frist sei daher am 18.07.2022 abgelaufen.
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Die ordnungsgemäße Beteiligung der Mitarbeitervertretung an der Kündigung bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen. Die Mitwirkung der Mitarbeitervertretung sei nicht schlüssig dargetan.
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Darüber hinaus sie aus dem Schreiben der Beklagten vom 05.07.2022 der Verzicht auf weitergehende Konsequenzen zu entnehmen. Wenn die Beklagte dort lediglich versucht, von ihr in Zukunft Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Tag der Erkrankung zu verlangen. Ein solches Verlangen mache nur dann Sinn, wenn man keine weiteren Konsequenzen aus den aufgetretenen Unklarheiten zu ziehen beabsichtige.
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Die Klägerin beantragt,
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1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 19.07.2022 nicht beendet worden ist, sondern ungekündigt und zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
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Des Weiteren beantragt sie für den Fall, dass sie mit dem Klageantrag zu 1) obsiegt,
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.600,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2022 zu zahlen und
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3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 2.600,50 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2022 zu zahlen.
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Die Beklagte behauptet, dass der Zeuge XXX am 04.07.2022 von anonymer Seite einen Hinweis darauf erhalten habe, dass die Klägerin am Wochenende auf einer Party war. Hierzu habe er die Fotos mit dem WhatsApp-Status der Klägerin von einer ihrer Kolleginnen erhalten. Die Klägerin habe dem Zeugen XXX gegenüber im Gespräch vom 05.07.2022 erklärt, dass sie am Wochenende nicht an einer Party teilgenommen habe. Sie habe erklärt, dass sie das ganze Wochenende mit 30-40 Grad Fieber im Bett gelegen habe und nicht in der Lage gewesen sei, auf eine Party zu gehen. Am 07.07.2022 habe er die Personalabteilung der Beklagten über die Vorkommnisse in Kenntnis gesetzt.
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Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Stellungnahme der Klägerin nicht geeignet sei, den dringenden Verdacht auszuräumen, dass sie am 02.07.2022 und 03.07.2022 eine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht habe. Ihre Stellungnahme stehe im vollständigen Widerspruch zu den Angaben, die sie im Gespräch am 05.07.2022 gegenüber dem Zeugen XXX gemacht habe. Die vorliegenden Fotos würden dokumentieren, dass die Klägerin ‒ offensichtlich frei von jedweden Krankheitssymptomen ‒ am 02.07.2022 an der XXX Party im XXX teilgenommen hat. Die Einlassung der Klägerin, wonach sie zwischen 0:45 Uhr und 2:30 Uhr eine kurzfristige Besserung ihres Gesundheitszustands erfahren habe und daher an der Party habe teilnehmen können, halt sie für eine Schutzbehauptung.
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Die Beklagte ist der Ansicht, dass wenn tatsächlich eine psychische Belastungsstörung vorgelegen haben sollte, so nicht erklärbar sei, weshalb diese nur kurzfristig am Wochenende des 02.07.2022 und 03.07.2022, also rund um die von der Klägerin besuchte Party zu einer Arbeitsunfähigkeit geführt habe, dann aber am Morgen des 04.07.2022 schon wieder ausgeheilt gewesen ist. Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 04.07.2022 sei die Klägerin selbst nach ihrem eigenen Vortrag nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Sie habe davon ausgehen müssen, dass die Klägerin eine Erkrankung vorgetäuscht habe. Mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe die Klägerin den Zweck verfolgt, sich dienstfrei zu verschaffen und an der XXX Party teilzunehmen. Das gesamte Verhalten sei darauf angelegt, die Teilnahme an der Party zu vertuschen. Dem Attest vom 04.07.2022 komme insoweit kein wie auch immer gearteter Beweiswert für eine tatsächlich bestehende Arbeitsunfähigkeit zu. Der untersuchende Arzt, den die Klägerin lediglich per Ferndiagnose konsultiert hat, habe am 04.07.2022 nur mit einer gesunden Klägerin Kontakt gehabt. Der Arzt habe deshalb aus eigener Kenntnis und abgeleitet aus dem gesunden Zustand der Klägerin am 04.07.2022 überhaupt keine eigenen Erkenntnisse über den Gesundheitszustand der Klägerin am 02.07. und 03.07.2022 gehabt. Er sei vielmehr uneingeschränkt auf die für ihn nicht weiter überprüfbaren Angaben der Klägerin angewiesen. Eine Untersuchung der Klägerin könne weder stattgefunden haben, noch werde dies von ihr behauptet. Sie trage lediglich vor, dass die Arbeitsunfähigkeit nach einem per Videotelefonie geführten Gespräch mit dem Arzt festgestellt und von ihm bescheinigt worden sei. Wie der Arzt indes in einem Gespräch, dass er mit einer nach eigener Feststellung an diesem Tag gesunden Person geführt hat, dann rückwirkend für zwei Tage aus eigener Erfahrung eine Arbeitsunfähigkeit feststellen können solle, werde das Geheimnis der Klägerin bleiben.
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Das Argument der Klägerin, wonach sie eigentlich gar keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die beiden Tage gebraucht hat, spreche nicht für das tatsächliche Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit, sondern dafür, dass sie bewusst versucht habe, bei der Beklagten einen falschen Eindruck über ihren Gesundheitszustand am Wochenende des 02.07. und 03.07.2022 hervorzurufen. Mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, für deren Vorlagen zu diesem Zeitpunkt gar keine Notwendigkeit bestanden hat, habe die Klägerin offensichtlich jedweden Zweifel daran, dass sie angeblich tatsächlich arbeitsunfähig krank gewesen sei, im Keim zu ersticken versucht.
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Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe sie eingehalten. Der Zeuge XXX sei nicht dazu berechtigt, bei der Beklagten Kündigungen auszusprechen. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB beginne aber erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe. Aufgrund der Kenntniserlangung der Personalleitung am 07.07.2022 von den streitgegenständlichen Vorgängen sei der frühestmögliche Zeitpunkt, an dem die 2-Wochen-Frist zu laufen beginne, der 07.07.2022. Tatsächlich werde man für den Beginn der Frist sogar einen noch späteren Zeitpunkt annehmen müssen, weil die 2-Wochen-Frist nicht zu laufen beginne, wenn der Arbeitnehmer zur Aufklärung des Kündigungssachverhalts zeitnah angehört wird. Die Anhörung der Klägerin sei mit ihrer Stellungnahme vom 14.07.2022 abgeschlossen gewesen.
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Der Zugang der Kündigung am 19.07.2022 sei damit unter allen denkbaren Gesichtspunkten rechtzeitig. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die am 19.07.2022 um 18:00 Uhr in den Briefkasten der Klägerin eingeworfene Kündigung erst am 20.07.2022 als zugegangen gelte, sei die 2-Wochen-Frist gem. § 626 BGB eingehalten.
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Die Mitarbeitervertretung habe sie mit Schreiben vom 15.07.2022 wirksam angehört.
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Des Weiteren stelle ihr Schreiben vom 05.07.2022 kein Verzicht auf weitergehende Konsequenzen im Hinblick auf das streitgegenständliche Verhalten der Klägerin dar. Die Klägerin sei mit dem Schreiben nicht abgemahnt worden, sondern lediglich dazu aufgefordert worden, künftig ab dem 1. Tag der Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Das Schreiben stelle unter keinem Denkbaren Gesichtspunkt eine Abmahnung dar. Zum Zeitpunkt des 05.07.2022 sei ihr auch der zugrundeliegende Pflichtverstoß der Klägerin noch gar nicht bekannt gewesen. Sie sei zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgegangen, dass die Klägerin sich ihr gegenüber wahrheitsgemäß und redlich verhalten und richtig angegeben habe, an dem Wochenende nicht an einer Party teilgenommen zu haben. Sie habe deshalb keine Veranlassung gehabt, zu diesem Zeitpunkt über weitere disziplinarische Konsequenzen nachzudenken, weil sie aufgrund der Angabe der Klägerin tatsächlich davon ausgehen habe müsse, dass die Klägerin am 02.07. und 03.07.2022 mit hohem Fieber erkrankt gewesen sei und eben nicht an der Party teilgenommen habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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I. Der zulässige Klageantrag zu 1) ist unbegründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist aufgrund der außerordentlichen, fristlosen Kündigung vom 19.07.2022 beendet worden.
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1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, das heißt typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG v. 16 Dezember 2010 - 2 AZR 485/08, Juris).
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Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Der Verdacht muss auf konkrete - vom Kündigenden ggf. zu beweisende - Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus. Der Umfang der Nachforschungspflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Auch der dringende Verdacht einer nicht strafbaren, gleichwohl erheblichen Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten kann ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB sein (vgl. m. w. N. BAG v. 24. Mai 2012 ‒ 2 AZR 206/11, NZA 2013, 137-142, juris).
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2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die erkennende Kammer aufgrund des gegebenen Sachverhalts und dem im Rahmen des Kammertermins gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Klägerin zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin zu Lasten der Beklagten ihre Arbeitsunfähigkeit für die Tage am 02.07.2022 und 03.07.2022 vorgetäuscht hat und nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Dies begründe vorliegend eine Tatkündigung und nicht „nur“, wie von der Beklagten ausgesprochen, eine Verdachtskündigung.
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Die Überzeugung der erkennenden Kammer ergibt sich daraus, dass die Klägerin auf den abgebildeten Fotos am Tage ihrer angeblich bestehenden Arbeitsunfähigkeit bester Laune und wie ersichtlich bei bester Gesundheit an der XXX Party teilgenommen hat, während sie sich für die Dienste am 02.07. und 03.07.2022 gegenüber der Beklagten arbeitsunfähig meldete. Bereits aus diesem Umstand und zusätzlich aus der Tatsache, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst am 04.07.2022 ausgestellt wurde, ist der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeit erschüttert. Es gilt damit für die Klägerin die volle Darlegungs- und Beweislast, dass sie tatsächlich arbeitsunfähig an den Tagen erkrankt war und somit berechtigter Weise der Arbeit ferngeblieben ist. Dies gelingt der Klägerin zur Überzeugung der erkennenden Kammer in keiner Weise.
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Dass die Klägerin die Neigung hat, die Unwahrheit zu sagen ergibt sich bereits aus ihren Einlassungen im Verfahren. So räumt sie ein, dass sie dem Zeugen XXX gegenüber im Gespräch vom 05.07.2022 mitgeteilt hat, wegen Grippesymptomen sich unwohl und fiebrig gefühlt zu haben. Dies habe nicht ganz der Wahrheit entsprochen. Dies hat aber nicht nur nicht ganz, sondern wie man unschwer auf den Fotos erkennen kann, gar nicht der Wahrheit entsprochen. Auf den Grund für die Lüge kommt es nicht an, gelogen ist gelogen. Deshalb ist die erkennende Kammer zudem der Überzeugung, dass die weitere Einlassung der Klägerin, wonach sie sich in einer innerbetrieblichen Mobbingsituation befunden haben soll, nicht der Wahrheit entspricht. Dass die Klägerin sich mit, zumindest einem Teil ihrer Kolleginnen, bestens versteht, ergibt sich daraus, dass sie mit selbigen trotz der angeblich bestehenden Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Zweitageserkrankung auf der XXX Party feiern ging, anstatt ihre Krankheit auszukurieren. Dazu, wie dies zusammenpassen soll, wird von der Klägerin nichts substantiiert zu vorgetragen. Die Klägerin konnte der erkennenden Kammer nicht ansatzweise erklären, wie es sein kann, dass sie angeblich am 02.07.2022 und 03.07.2022 aufgrund einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig gewesen sein soll, sie aber zugleich in der Nacht vom 02.07.2022 auf den 03.07.2022 wieder so gesund gewesen sein soll, dass sie sich nachts am 03.07.2022 um 0:45 Uhr kurzfristig entschlossen habe, an der XXX Party teilzunehmen. Ebenfalls ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, wie der die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellende Arzt zu der Annahme gelangt sein soll, dass die Klägerin lediglich an 2 Tagen, nämlich genau denen, an denen sie an der XXX Party teilnehmen wollte, aufgrund einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig erkrankt sein soll, während sie am Folgetag, dem 04.07.2022 tatsächlich wieder arbeitsfähig war. Derartige kurzfristige psychische Erkrankungen gibt es nicht. Ausgeschlossen ist, dass ein Facharzt für psychische Erkrankungen bei einer ordnungsgemäßen Untersuchung und der Feststellung einer tatsächlichen psychischen Erkrankung die Klägerin an einem Tag, an dem sie gesund ist, rückwirkend für 2 Tage krankgeschrieben hätte, ohne weitere therapeutische Schritte zu unternehmen. Dies erst Recht nicht, wenn der Arzt wüsste, dass die Klägerin just an den Tagen, an denen sie aufgrund einer psychischen Erkrankung arbeitsunfähig gewesen sein soll, auf der XXX Party mit Arbeitskolleginnen feiern war. Auch die Einlassung der Klägerin im Kammertermin, wonach sie sich noch hätte viel länger krankschreiben lassen können, vermögen die Überzeugung der erkennenden Kammer nicht einmal im Ansatz zu erschüttern. Die diesbezügliche Einlassung verstand die Kammer nämlich so, dass die Klägerin in der Lage ist, sich ohne eine tatsächliche Erkrankung auch länger krankschreiben zu lassen. Wie einfach dies ist, ist gerichtsbekannt. Dass die Klägerin nicht an einer psychischen Erkrankung litt, ergibt sich zudem daraus, dass sie nach den streitgegenständlichen Vorfällen diesbezüglich nicht weiter therapiert wurde.
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Auch das Argument der Klägerin, wonach sie eigentlich gar keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den streitgegenständlichen Zeitraum gebraucht habe, spricht zur Überzeugung der erkennenden Kammer gerade dafür, dass sie sich diese nur besorgt hat, um damit bei der Beklagten erst gar keine Bedenken an der angeblichen Arbeitsunfähigkeit aufkommen zu lassen. Denn ohne eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss selbst der Klägerin klar gewesen sein, dass die Beklagte ihr die angebliche Arbeitsunfähigkeit nicht abnehmen wird, wenn die Beklagte davon Kenntnis erlangt, dass die Klägerin während der vermeintlichen Arbeitsunfähigkeit nachts auf der XXX Party feiern geht und dies auch noch im eigenen whatsapp Status verbreitet. Dafür, dass die Klägerin genauso planvoll vorgegangen ist, wie die Beklagte es ihr vorwirft und wovon die erkennende Kammer überzeugt ist, sprechen zudem ihre Äußerungen betreffend die Arbeitgeberin auf Instagram. Aus diesen lässt sich klar erkennen, dass die Klägerin an der Arbeit bei der Beklagten gar kein Interesse mehr hat. Dies führt kumulativ mit den Vorgängen vom 02.07. und 03.07.2022 und den vorgelegten Partybildern der Klägerin bei der erkennenden Kammer zu der Überzeugung, dass sich die Klägerin des „Mittels“ der vorgetäuschten Erkrankung zur ungestörten Teilnahme an der XXX Party bediente, ohne zuvor und danach zu den angeordneten Diensten zu erscheinen.
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3. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es ist eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (BAG v. 10 Juni 2010 - 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227, 1231, juris).
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Die durchzuführende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Fortführungsinteresse der Klägerin bei Weitem überwiegt. Zugunsten der Klägerin kann insoweit lediglich berücksichtigt werden, dass die Klägerin bis zu dem streitgegenständlichen Vorfall noch nicht abgemahnt worden ist. Bei dem planvollen Vorgehen der Klägerin, welches gekoppelt mit dem Versuch der unberechtigten Erlangung von Entgeltfortzahlung verbunden ist, überwiegt das sofortige Beendigungsinteresse der Beklagten das Fortführungsinteresse der Klägerin bei weitem. Ein derart betrügerisches Verhalten ist der Beklagten nicht, auch nicht bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten. Zugunsten der Beklagte ist insoweit auch zu berücksichtigen, dass eine Duldung des entsprechenden Verhaltens eine verheerende Signalwirkung für ihre weiteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hätte. Zudem ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die öXXX Klägerin aufgrund ihrer Ausbildung und dem bestehenden gravierenden Fachkräftemangel jederzeit eine neue adäquate Beschäftigung finden wird.
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Die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung scheitert auch nicht aufgrund einer fehlenden Abmahnung, da sie bei dem vorliegenden Sachverhalt aufgrund der besonderen Schwere des dem Kläger vorgeworfenen Verstoßes entbehrlich war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine frühere Abmahnung bei besonders schweren Verstößen entbehrlich, da der Arbeitnehmer von vornherein nicht mit einer Billigung seines Verhaltens rechnen kann und er sich bewusst sein muss, dass er seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt (vgl. m. w. N. ErfK/Müller-Glöge, 13. Auflage 2013, § 626 BGB, Rdnr. 29 e). Es ist selbstverständlich, dass die Klägerin nicht davon ausgehen durfte, dass die Beklagte ein derartiges Verhalten dulden wird. Daher ist auch nicht die Abmahnung als milderes Mittel erforderlich. Zudem wäre die Beklagte bei dem erkennbaren Trennungswillen der Klägerin nicht ausreichend davor geschützt, dass die Klägerin auch während des Laufes der Kündigungsfrist sich falsche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verschafft. Wie einfach dies ist, ist gerichtsbekannt.
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4. Die außerordentliche, fristlose Kündigung ist auch nicht wegen Überschreitens der 2-Wochen-Frist gem. § 626 Abs. 2 BGB unwirksam. Zur Überzeugung der erkennenden Kammer steht fest, dass die Kündigung der Klägerin am 20.07.2022 zugegangen ist, da sie am Abend des 19.07.2022 der Klägerin in den Briefkasten eingeworfen wurde. Dies ergibt sich aus dem vom Zeugen Keiner eigenhändig abgezeichneten Einwurf Bestätigung auf der Durchschrift der streitgegenständlichen Kündigung.
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Entgegen der Ansicht der Klägerin war die Frist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen, da bei der von der Beklagten gewählten Verdachtskündigung die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB solange gehemmt ist, wie der Arbeitgeber dazu benötigt, den Arbeitnehmer unverzüglich anzuhören. Vorliegende war die unverzügliche Anhörung der Klägerin mit deren schriftlichen Stellungnahme vom 14.07.2022 beendet. Ein vorzeitiger Beginn der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist nicht gegeben, da die Klägerin durch die Beklagte zuvor nicht wirksam angehört werden konnte. Sie teilte der Beklagte schließlich im Hinblick auf die zuvor anvisierten Anhörungsgespräche mit, dass die Corona positiv ist.
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5. Die Kündigung ist auch nicht wegen der fehlenden Mitwirkung der Mitarbeitervertretung gem. § 31 MAVO unwirksam.
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Der Arbeitgeber muss gemäß §§ 30 Abs. 1, 31 Abs. 1 MAVO der Mitarbeitervertretung die Gründe für die Kündigung darlegen. Zwar entsprechen die Regelungen der §§ 30, 31 MAVO nicht in vollem Umfang der des § 102 BetrVG. Sie sind ihr aber nachgebildet, so dass es gerechtfertigt ist, die dort maßgeblichen Grundsätze für die Auslegung heranzuziehen (vgl. BAG v. 16.Oktober 1991 ‒ 2 AZR 156/91, juris). Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG muss der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen (BAG v. 22. April 2010 ‒ 2 AZR 991/08; v. 5. November 2009 ‒ 2 AZR 676/08, juris). Dabei muss der Arbeitgeber seinen Wissensstand richtig an den Betriebsrat weitergeben, grundsätzlich sind von ihm die Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, die Beschäftigungsdauer, die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitzuteilen (BAG v. 26. September 2002 ‒ 2 AZR 424/01, NZA 2003, 991; v. 31. Januar 1996 ‒ 2 AZR 181/95, juris).
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Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzung ist die erkennende Kammer der Überzeugung, dass die Beklagte die bei ihr bestehende Mitarbeitervertretung zu der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung ordnungsgemäß angehört hat. Mit Anhörungsschreiben vom 15.07.2022 hat die Beklagte der Mitarbeitervertretung dezidiert die aus ihrer Sicht für die Kündigung zugrundeliegenden Umstände geschildert. Damit hat sie den Anforderungen der §§ 30, 31 MAVO genüge getan.
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6. Selbstverständlich ist die Kündigung auch nicht aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 05.07.2022 unwirksam. Darin einen Kündigungsverzicht sehen zu wollen, ist schlicht nicht nachvollziehbar. Erkennbar wurde mit dem Schreiben einzig und allein die Anordnung getroffen, dass die Klägerin zukünftig ab dem ersten Tag einer Erkrankung eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen hat. Wie die Klägerin zu der Annahme gelangt, dass ein solches Verlangen nur dann einen Sinn mache, wenn man keine weiteren Konsequenzen aus den aufgetretenen Unklarheiten zu ziehen beabsichtige, ist nicht verständlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erlischt das Kündigungsrecht durch Verzicht insgesamt, wenn der Kündigungsberechtigte wegen des ihm bekannten Kündigungssachverhalts eine Abmahnung ausspricht und sich die für die Kündigung maßgebenden Umstände nicht später geändert haben (10. 11. 1988 - 2 AZR 215/88 - AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 3; 10. 12. 1992 - 2 ABR 32/92 - AP ArbGG 1979 § 87 Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 103 Nr. 33). Dies ist vorliegend nicht erfolgt. Weder hat die Beklagte mit dem Schreiben vom 05.07.2022 erkennbar auf irgendein Kündigungsrecht verzichtet, noch hatte sie zu diesem Zeitpunkt von den die Kündigung tragenden Umständen vollständige Kenntnis. Denn wie bereits zuvor erwähnt, räumte die Klägerin im Verfahren ein, dass sie den Zeugen XXX im Gespräch vom 05.07.2022 zumindest teilweise belogen hat. Dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt von den tatsächlichen kündigungsrelevanten Tatsachen positive Kenntnis gehabt hat, ist daher ausgeschlossen.
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II. Die zulässige Klage ist, soweit sie sich gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung richtet, unbegründet und abzuweisen. Entsprechend den zuvor getroffenen Feststellungen ist das Arbeitsverhältnis bereits durch die außerordentliche, fristlose Kündigung vom 19.07.2022 beendet worden. Mithin fehlt es an einem zum ordentlichen Kündigungstermin kündbarem Arbeitsverhältnis
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III. Über die Klageanträge zu 2) und 3) ist nicht zu entscheiden, da die innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten ist.
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IV. Die Berufung ist nicht gesondert zuzulassen. Zulassungsgründe nach § 64 Abs. 3 ArbGG sind nicht gegeben.
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V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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VI. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG und § 3 ZPO.