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  • 19.11.2014 · IWW-Abrufnummer 143278

    Arbeitsgericht Köln: Urteil vom 18.09.2014 – 11 Ca 10331/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.



    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

    3. Streitwert:17.980,31 EUR.

    Tatbestand

    2

    Die Parteien streiten über die Frage, ob dem Kläger für die von ihm im Rahmen seiner Ausbildung als Psychotherapeut (PiA = Psychotherapeut in Ausbildung) bei der von der Beklagten betriebenen Klinik erbrachten Tätigkeit Entgeltansprüche zustehen. Der Kläger ist promovierter Diplompsychologe, die Beklagte ist Trägerin der … Klinik Köln.

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    Mit Vereinbarung vom 09.12.2009 kamen der Kläger und die … Klinik Köln dahingegen überein, dass der Kläger die Möglichkeit erhielt, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Psychologische Psychotherapeuten vom 18.12.98 (PsychTh-AprV) geforderte praktische Tätigkeit im Umfang von 1.200 Stunden bei der … Klinik Köln im Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 31.01.2011 zu erbringen. Für die Dauer der Tätigkeit in der … Klinik wurde der Kläger gemäß § 1 der Vereinbarung von Herrn Dr. S. betreut werden. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarung wird im Übrigen auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie (Bl. 10 d. A.) Bezug genommen. Diese enthält unter anderem folgende Regelung:

    4

    § 2

    5

    Gegenseitige arbeitsvertragliche Verpflichtungen werden nicht begründet, insbesondere ist der Aufenthalt des Herrn Dr.F in der Klinik für beide Seiten unentgeltlich.

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    Der Kläger wurde während seiner praktischen Tätigkeit über den Zeitraum von 12 Monaten durchgehend auf der allgemeinpsychiatrischen Station 22 der …-Klinik Köln eingesetzt, die über einen Schwerpunkt für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung verfügt. Mit Frau … war zum damaligen Zeitpunkt eine weitere Psychologin auf der Station tätig, wobei der Umfang zwischen den Parteien streitig ist. Während der Tätigkeit in der Klinik nahm der Kläger wöchentlich an zwei sog. Supervisionsstunden teil, wobei es sich jeweils um einen Einzel- und einen Gruppensupervisionstermin (mit anderen Psychotherapeuten in Ausbildung an der Klinik) handelte. Im Rahmen der wöchentlich abgehaltenen zwei Supervisionsstunden konnten Fragen bezüglich der durchgeführten Behandlungen gestellt werden. Zudem erhielten die Praktikanten von Dr. S. Hinweise und Anregungen bezüglich der zu leistenden Tätigkeit. Zudem hat der Kläger bei 2 Erstgesprächen hospitiert. Des Weiteren ist der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der ambulanten DBT-Gruppe für Borderline-Patienten von der Haupttherapeutin – Frau Z. – angeleitet worden. An Tagen an denen Dr. S. krankheits- oder urlaubsbedingt nicht in der Klinik war, ist das gesamte Supervisionsangebot entfallen.

    7

    Der Kläger wurde mit der Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation von psychotherapeutischen Behandlungen durch die Oberärztin der Station - Frau Dr. R. - beauftragt. Im Nachgang zu diesen Patientengesprächen hat er diese sodann im Dokumentationssystem erfasst, wobei eine Rückmeldung nur erfolgte, wenn es dazu Anlass gegeben hat (zum Beispiel, wenn der Kläger wesentliche Informationen erhalten hat).

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    Er hat

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    - wöchentlich mit durchschnittlich 5 Patienten therapeutische Einzelgespräche geführt,

    10

    - bei Episoden therapieschädigenden Verhaltens die im Behandlungsplan für Borderline-Patienten vorgesehene Besprechung von Verhaltensanalysen umgesetzt,

    11

    - in der stationären DBT-Gruppentherapie für Borderline-Patienten als Co-Therapeut mitgewirkt und

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    - im Auftrag der Oberärztin Frau Dr. R. bzw. der Leiterin der Tagesklinik Psychotherapie, Frau Dr. M., psychologische Testungen zur Abklärung des Vorliegens einer Persönlichkeitsstörung durchgeführt und in ausführlichen Befundberichten dokumentiert.

    13

    Darüber hinaus hat er an den wöchentlich stattfindenden Teambesprechungen teilgenommen, wobei er Ergebnisse seiner Behandlungen eingebracht und ggf. durch die Oberärztin neue Patienten für die Durchführung von Einzeltherapie zugewiesen bekommen hat.

    14

    Mit Schreiben der Gewerkschaft ver.di vom 26.11.2013 hat der Kläger die klageweise geltend gemachten Ansprüche gegenüber der … Klinik Köln eingefordert.

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    Der Kläger ist der Ansicht, dass die in § 2 der Vereinbarung vom 09.12.2009 getroffene Regelung sittenwidrig und rechtsunwirksam sei, weil es sich bei der von ihm erbrachten Tätigkeit um eine wirtschaftlich verwertbare Leistung gehandelt habe, für welche die Beklagte ansonsten einen Psychotherapeuten oder Psychologen hätte einstellen und bezahlen müssen. Hierzu trägt er vor, dass er über Dreiviertel seiner Einsatzzeit selbstständige Leistungen erbracht habe. Die Behandlung von Patienten durch ihn sei entgegen der Vereinbarung vom 09.12.2009 nicht in „Absprache mit dem Betreuer“ erfolgt. Die ihm erteilte Anleitung habe sich neben den oben angeführten Anleitungen in der Übernahme der Fallverantwortung für die von ihm behandelten Patienten erschöpft. Die von ihm ausgeübte Tätigkeit habe sich in Art und Umfang nicht signifikant von derjenigen angestellter Psychologen unterschieden.

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    Des Weiteren habe es auf der gesamten Station, auf der er eingesetzt wurde, keinen Psychotherapeuten gegeben, den er in Fragen der Behandlungsplanung um Rat hätte fragen können. Das psychotherapeutische Angebot auf der Station 22 sei daher überwiegend vom Kläger selbst aufrechterhalten worden.

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    Der Kläger behauptet, dass die von ihm erbrachten Tätigkeiten in Art und Umfang denen eines angestellten Psychologen mit vergleichbarer Wochenarbeitszeit entsprächen. Fest angestellt Psychologen mit einer Wochenarbeitszeit von 19,75 Stunden verbrächten etwa 2/3 ihrer Arbeitszeit im therapeutischen Kontakt mit Patienten und etwa 1/3 im Austausch mit anderen Teammitgliedern. In ähnlicher Weise sei auch bei ihm 2/3 seiner Arbeitszeit auf den therapeutischen Kontakt mit Patienten und 1/3 auf den Austausch mit anderen Teammitgliedern entfallen. Bezüglich der vom Kläger tabellarisch dargelegten Auflistung der Arbeitszeitverteilung wird im Übrigen auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 04.08.2014 (Bl. 72 d. A.) Bezug genommen. Bezüglich der ihm zuteil gewordene Supervision trägt der Kläger im Übrigen vor, dass die Teilnahme an der Oberarztvisite, an der Teambesprechung und an der Teamsupervision auf der Station für alle stationär tätigen Psychologen in ihre Arbeitszeit falle. Zudem habe eine Rücksprache mit fallverantwortlichen Personen gerade einmal in zehn kurzen Rücksprachen stattgefunden. Lediglich die von Dr. S. wöchentlich angebotene Einzel- und Gruppensupervision stelle ein eigens zur Anleitung der Psychotherapeuten in Ausbildung bereitgestelltes Angebot der Beklagten dar.

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    Der Kläger ist der Ansicht, einen Entgeltanspruch für die geleisteten Dienste zu haben und dass eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 gemäß der Anlage 3 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) zu erfolgen habe. Hieraus ergäbe sich für die für den Zeitraum von Februar bis Dezember 2010 eine Vergütung von 3.075,10 €, was bei einer wöchentlichen Anzahl von 25 Stunden einer Vergütung von 1.996,82 € entspräche, wovon 75 % in Ansatz gebracht würden (= 1.497,61 €). Für den Monat Januar 2011 ergäbe sich ein Vergütungsanspruch in Höhe von 1.506,60 €. Die auf Grundlage der Entgeltstufe 13 errechneten Beträge ergeben einen Gesamtbetrag in Höhe der Klageforderung.

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    Der Kläger hat mit Klageschrift vom 19.12.2013 zunächst Klage gegen die …-Klinik Köln (ursprüngliche Beklagte zu 1)) erhoben und diese mit Schriftsatz vom 30.12.2013 auf die jetzige Beklagte (ursprüngliche Beklagte zu 2)) als Trägerin der …-Klinik Köln erweitert. Im Gütetermin am 20.02.2014 hat der Kläger die Klage gegen die ursprüngliche Beklagte zu 1) zurückgenommen.

    20

    Der Kläger beantragt,

    21

    die Beklagte zu verurteilen, an ihn 17.980,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2011 zu zahlen.

    22

    Die Beklagte beantragt,

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    die Klage abzuweisen.

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    Die Beklagte beruft sich auf die Ausschlussfrist des § 37 TVöD und ist der Ansicht, dass dem Kläger der geltend gemacht Anspruch nicht zustehe, weil bei den vom Kläger erbrachten Tätigkeiten der Ausbildungsaspekt im Vordergrund gestanden habe. Dies ergäbe sich unter anderem daraus, dass fest angestellte Psychologische Psychotherapeuten – anders als der Kläger – keine gesonderte Supervision an der Klinik erhalten würden. Im Übrigen sei die Beteiligung an der Behandlung von Patienten sehr wohl nach Absprache mit dem Betreuer Dr. S. erfolgt, welcher hierfür von der Klinik der Beklagten im Umfang einer halben Stelle (ca. 4 Stunden täglich) freigestellt worden sei. Darüber hinaus habe der Kläger auch die Gelegenheit gehabt, an allen relevanten Besprechungen auf der Station teilzunehmen. Dies habe ihm die Möglichkeit gegeben, innerhalb der Station über seine Arbeit mit den Patienten zu berichten sowie „feed-back“ und Beratung zu erhalten. Der Kläger habe regelmäßig wöchentlich an den Teamsitzungen (ca. 2 Stunden) und unregelmäßig an der Oberarztvisite (3 Stunden) teilgenommen.

    25

    Des Weiteren sei es nicht richtig, dass die Oberärztin den Kläger mit der psychotherapeutischen Behandlung von Patienten einfach „beauftragt“ hätte. Vielmehr sei der Kläger stets im Einzelfall gefragt worden, ob er Zeit und Interesse an begleitenden Gesprächen mit Patienten habe, die immer primär von einem fallverantwortlichen Arzt behandelt worden seien. Dabei sei es auch vorgekommen, dass der Kläger die Übernahme von Gesprächen abgelehnt habe. Der Kläger hätte zudem immer die Möglichkeit gehabt, Frau M., die Oberärztin der Traumaambulanz und der Borderline-Ambulanz zu kontaktieren. Soweit der Kläger behauptet, dass auf der Station des Klägers keine andere Psychologin eingesetzt worden sei, sei dies schon deshalb falsch, weil die Oberärztin der Station selbst Psychologin sei.

    26

    Die Tatsache, dass der Kläger über den gesamten Zeitraum seiner Tätigkeit auf derselben Station eingeteilt war, sei zwar unüblich, dies habe aber dem ausdrücklichen Wunsch des Klägers entsprochen.

    27

    Wegen der weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf die zu Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, Bezug genommen.

    28

    Entscheidungsgründe:

    29

    Die zulässige Klage ist unbegründet.

    30

    I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm geltend gemachte Vergütung. Ein solcher ergibt sich weder aus den spezialgesetzlichen Regelungen, bezüglich der Psychotherapeuten in Ausbildung noch aus §§ 611, 612 BGB.

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    1. Gemäß § 5 Abs. 1 PsychThG besteht die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten (…) aus einer praktischen Tätigkeit, die von theoretischer und praktischer Ausbildung begleitet wird (…). Die auf Grundlage von § 8 Abs. 1 PsychThG erlassene Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Psychologische Psychotherapeuten (PsychTh-APrV) sieht für die praktische Tätigkeit eine Leistung von mindestens 1.800 Stunden vor, von denen mindestens 1.200 Stunden an einer psychiatrischen klinischen Einrichtung (…) zu erbringen ist (§ 1 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 PsychTh-APrV).

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    Eine gesetzliche Grundlage, nach der Psychotherapeutin in Ausbildung für die gesetzlich vorgesehene praktische Tätigkeit einen Anspruch auf Entgelt zusteht, ist jedoch gerade nicht vorhanden. Ein solcher ergibt sich weder aus der Ausbildungsverordnung noch aus dem PsychThG und auch nicht aus anderen gesetzlichen Regelungen (LArbG Hamm, Urteil v. 29.11.2012 – 11 Sa 74/12, Rn. 98 – nach juris). Insbesondere ergibt sich ein Entgeltanspruch auch weder aus §§ 17, 25 noch aus §§ 26, 25 BBiG, weil das BBiG gemäß § 7 PsychThG für die Ausbildung von Psychologischen Psychotherapeuten keine Anwendung findet.

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    2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zahlung des beantragten Entgelts gegen die Beklagte aus §§ 611, 612 BGB.

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    a. Gemäß § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Vorliegend haben die Parteien in § 2 der Vereinbarung vom 09.12.2009 die Abrede getroffen, dass der Aufenthalt des Klägers in der Klinik für beide Seiten unentgeltlich erfolgen sollte. Damit gibt es zwischen den Parteien eine Vereinbarung, die gerade keine Vergütung vorsieht.

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    b. Die Vereinbarung ist auch wirksam, so dass hier für § 612 BGB kein Raum ist.

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    aa. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 138 BGB, wonach ein Rechtsgeschäft nichtig ist, das gegen die guten Sitten verstößt. Zwar entspricht es im Rahmen von Praktikantentätigkeiten der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum, dass ein Praktikant im Falle der Vereinbarung eines unentgeltlichen Tätigwerdens eine übliche Vergütung nach §§ 611, 612 BGB verlangen kann, wenn dieser im Rahmen seiner Tätigkeit über einen längeren Zeitraum Leistungen erbringt, die nicht vorrangig Aus- und Fortbildungszwecken dienen, sondern ganz überwiegend im betrieblichen Interesse liegen (vgl. LAG Hamm, Urteil v. 29.11.2012 – 11 Sa 74/12, Rn. 101 – nach juris). Ein solcher Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

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    aa. In § 1 der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung vom 09.12.2009 ist ausdrücklich geregelt, dass die Beschäftigung des Klägers in der Klinik der Beklagten zur Erbringung der nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 PsychTh-AprV geforderten praktischen Tätigkeit erfolgt. Des Weiteren haben die Parteien in § 2 der Vereinbarung ausdrücklich geregelt, dass der Aufenthalt des Klägers für beide Seiten unentgeltlich sein soll. Demzufolge liegt die Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass die Tätigkeit des Klägers nicht vorrangig Ausbildungszwecken dient beim Kläger (vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 08.02.2008, Rn. 35, zitiert nach juris).

    38

    Für die vom Kläger im Wesentlichen vorgetragenen Behauptungen, dass er wie ein in Vollzeit tätiger Psychologischer Psychotherapeut in der Klinik der Beklagten tätig war und diese Tätigkeit nicht überwiegend seinen Ausbildungszwecken diente, ist der Kläger beweisfällig geblieben. Vielmehr ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Klägers, wenn man diesen als zutreffend unterstellt, dass die von ihm bei der Klinik der Beklagten im Zeitraum vom 01.02.2010 bis zum 31.01.2011 erbrachten Tätigkeiten überwiegend seiner Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten dienten. Nicht zuletzt ergibt sich dies bereits aus der Tatsache, dass der Kläger selbst sich die absolvierten Stunden für den Nachweis der praktischen Tätigkeit gem. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 PsychTh-ArPrV berücksichtigen lässt.

    39

    Nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum an regelmäßig drei Tagen in der Woche in der Klinik der Beklagten tätig. Der Kläger räumt selbst ein, dass er hierbei Supervision im Rahmen von 2 Stunden die Woche (jeweils eine Stunde im Einzelformat und eine Stunde im Gruppenformat) erhalten habe. Festangestellte Psychologische Psychotherapeuten erhalten unstreitig keine Supervision. Bereits dieser Umstand stellt ein wesentliches Indiz dafür dar, dass die Tätigkeit des Klägers im wesentlichen Ausbildungszwecken diente. Die von dem Kläger angebotenen Einzelgespräche wurden zudem im Vorfeld mit dem Betreuer Dr. S. und/oder mit Frau Dr. R. abgesprochen. Die Behandlung der Patienten im übrigen und die Fallverantwortung lag dabei zu keinem Zeitpunkt bei ihm. Auch insoweit unterschied sich seine Tätigkeit von der eines fest angestellten Psychotherapeuten. Wenn er einzelne Tätigkeiten bereits überwiegend selbständig durchgeführt hat, spricht dies für seine Fähigkeiten, spricht aber nicht gegen den Ausbildungszweck, der ja gerade durch die praktische Arbeit an die selbständige und dann eigenverantwortliche Tätigkeit heranführen soll. Soweit der Kläger vorgetragen hat, dass die Teilnahme an der Oberarztvisite, an der Teambesprechung und an der Teamsupervision auf der Station für alle stationär tätigen Psychologen in den Bereich ihrer Arbeitszeit falle, spricht auch dieser Umstand nicht gegen die Einordnung der Tätigkeit des Beklagten als im Wesentlichen seiner Ausbildung dienend. Auch wenn die Teambesprechungen und die Oberarztvisite in die normale Arbeitszeit von stationär tätigen Psychologen fallen, so diente sie im Falle des Klägers jedenfalls auch dessen Ausbildung. Allein die Tatsache, dass fest angestellte und fertig ausgebildete Psychologen ebenfalls an diesen Besprechungen teilnehmen, spricht nicht per se gegen eine Einordnung seiner Tätigkeit als im Wesentlichen der Ausbildung dienend. Die gegenteilige Auffassung würde zu dem nicht nachvollziehbaren Ergebnis führen, dass jedes Tätigwerden im Umfang eines festangestellten und fertig ausgebildeten Psychotherapeuten gegen ein ausbildungsspezifisches Tätigwerden des jeweiligen PiAs sprechen würde. Diese Auffassung würde Sinn und Zweck der praktischen Ausbildung von PiAs jedoch zuwiderlaufen, da eine praktische Ausbildung ihrem Wesen nach nur darin liegen kann, dass der jeweilige Auszubildende auch die Aufgaben wahrnimmt, die ein bereits fertig ausgebildeter Psychotherapeut verrichtet.

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    Das der Kläger einzelne Therapiestunden mit den Patienten selbstständig durchgeführt hat, steht dem Umstand, dass seine Tätigkeit in der Klinik der Beklagten vorrangig Ausbildungszwecken diente ebenfalls nicht entgegen. Beachtliches Gewicht kommt hierbei nämlich der Tatsache zu, dass der Kläger unstreitig keine Fallverantwortung für die von ihm betreuten Patienten übernommen hat. Die Tatsache, dass eine Rückmeldung nur dann erfolgte, „wenn es dazu Anlass gab, z.B. wenn er wesentliche Informationen erhalten hat, die weitergegeben werden müssen“ spricht ebenfalls für den Ausbildungscharakter der vom Kläger durchgeführten Tätigkeiten, da die Fallverantwortung eben nicht bei ihm lag. Soweit die Informationen nicht wesentlich waren, bekam der Fallverantwortliche jedenfalls durch die vom Kläger durchgeführte Dokumentation hiervon Kenntnis.

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    Gemäß § 2 Abs. 1 PsychTh-APrV dient die praktische Tätigkeit nach § 1 Abs. 3 S. 1 PsychTh-APrV „dem Erwerb praktischer Erfahrungen in der Behandlung von Störungen mit Krankheitswert (…) sowie von Kenntnissen anderer Störungen, bei denen Psychotherapie nicht indiziert ist“. Allein die Tatsache, dass der Kläger einzelne Therapiegespräche mit Patienten selbst durchgeführt hat, läuft diesem Zweck nicht entgegen, sondern fördert diesen. Entscheidendes Gewicht, kommt dabei aber der Tatsache zu, dass die Fallverantwortung gerade nicht beim Kläger lag. Kern der psychotherapeutischen Tätigkeit ist die Durchführung von Therapiegesprächen mit den jeweiligen Patienten. Im Rahmen der Ausbildung eines Psychologischen Psychotherapeuten ist es daher erforderlich, dass der jeweilige Auszubildende auch selbst „aktiv“ wird und Beratungsgespräche durchführt.

    42

    Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem Vortrag des Klägers, dass er nicht nur von dem ihm zugewiesenen Betreuer – Dr. S. – sondern auch von anderen ihm übergeordneten Mitarbeitern der Klinik betreut wurde. So hatte der Kläger insbesondere auch im Vorfeld seiner Mitarbeit in der ambulanten DBT-Gruppentherapie mehrfach Gelegenheit zur Hospitation in der stationären DBT-Gruppentherapie bei Frau Z., wobei während der Mitarbeit des Klägers als Co-Therapeut in der ambulanten DBT Gruppe von Frau Z. auch regelmäßig Vorbesprechungen angesetzt wurden.

    43

    Zwar bestehen im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragene quantitative Arbeitszeit durchaus Parallelen zu der Arbeitsverteilung fest angestellter Psychologen. Beachtet werden muss jedoch auch in diesem Zusammenhang, dass nach der vom Kläger erbrachten Tätigkeit, sowohl in dem Teil, welcher dem therapeutischen Kontakt zu den Patienten zuzuordnen ist, als auch in dem Teil, welcher dem Austausch mit den Kollegen diente, nicht angenommen werden kann, dass der Ausbildungszweck nicht im Vordergrund standen sondern ganz überwiegend betrieblichen Interessen dienten.

    44

    bb. Selbst wenn man vorliegend unterstellt, dass der Kläger in einem Umfang Tätigkeiten für die … Klinik Köln der Beklagten erbracht hat, die im Ergebnis nicht vorrangig seinen Ausbildungszwecken dienten, fehlt es im Übrigen an dem für die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB erforderlichen subjektiven Element. Im Falle des sogenannten Lohnwuchers muss zusätzlich zu dem nach § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen auffälligen Missverhältnis (Staudinger BGB, Neubearbeitung 2011, § 138, Rn. 229) ein zusätzlicher Umstand vorliegen, aus dem geschlossen werden kann, dass der Vertragspartner die Not oder einen anderen, den Arbeitnehmer hemmenden Umstand in verwerflicher Weise zu seinem Vorteil ausgenutzt hat (BAG, Urteil v. 16.05.2012 – 5 AZR 268/11). Ein solcher Umstand ist vorliegend jedoch nicht gegeben.

    45

    Wie bereits dargestellt, enthalten die für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten einschlägigen gesetzlichen Grundlagen keinen Entgeltanspruch. Zwar kann es im Einzelfall durchaus üblich sein, dass die ausbildende Klinik mit dem jeweiligen Auszubildenden eine entsprechende Vergütungsvereinbarung trifft, eine solche Vereinbarung erfolgt dann jedoch auf freiwilliger und gerade nicht auf gesetzlicher Grundlage. Soweit der Kläger vorträgt, dass in Baden-Württemberg nach einer Vereinbarung mit der vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft … die Psychologen in Ausbildung eine Vergütung erhalten und eine entsprechende Vereinbarung mit den Universitätskliniken des Landes Baden-Württemberg getroffen worden sei, stellt dies einen Einzelfall dar, der nicht auf den Rest der Bundesrepublik übertragbar ist. Vielmehr spricht diese Einzelfallregelung für das Gebiet des Landes Baden-Württemberg gerade dafür, dass es den üblichen „Gepflogenheiten“ entspricht, dass für die praktische Tätigkeit während der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten keine Vergütung vereinbart wird.

    46

    Alleine aus dem Umstand, dass die Klinik der Beklagten mit ihren Auszubildenden – im Einklang mit den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen – keine Vergütungsabrede trifft, können noch keine Rückschlüsse auf die Erfüllung des subjektiven Tatbestands des § 138 BGB durch die Beklagte gezogen werden. Im Übrigen trägt der Kläger auch keine Umstände vor, aus denen sich die Erfüllung des subjektiven Tatbestands ergibt. Vom Kläger wird auch nicht bestritten, dass die Klinik der Beklagten keinem anderen PiA eine Vergütung entrichtet hat oder dies jemals getan hat. Die Annahme, dass die Beklagte (auch) den subjektiven Tatbestand des § 138 BGB erfüllt hat, entbehrt somit jeder tatsächlichen Grundlage.

    47

    Zwar wird teilweise die Ansicht vertreten, dass auf das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit verzichtet werden kann, wenn durch ein Rechtsgeschäft ein Zustand herbeigeführt wird, „den die Rechtsordnung nicht zulassen kann“ (MüKoBGB/Armbrüster, 6. Auflage 2012, § 138, Rn. 129). Ein solcher Fall liegt jedoch hier nicht vor, weil die fehlende gesetzliche Regelung für die Vergütung von Psychotherapeut in Ausbildung gerade dafür spricht, dass es sich hierbei um einen Umstand handelt, der von der Rechtsordnung sehr wohl zugelassen wird.

    48

    Mangels Hauptanspruch besteht kein Anspruch auf Zinsen.

    49

    II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert war im Urteil festzusetzen und ergibt sich aus dem bezifferten Zahlungsantrag.

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    RECHTSMITTELBELEHRUNG

    Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

    Landesarbeitsgericht Köln
    Blumenthalstraße 33
    50670 Köln
    Fax: 0221-7740 356

    eingegangen sein.

    Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.

    Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

    Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

    1. Rechtsanwälte,

    2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

    3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

    Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

    * Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

    RechtsgebietArbeitsrecht