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  • 12.03.2015 · IWW-Abrufnummer 144030

    Arbeitsgericht Berlin: Urteil vom 04.03.2015 – 54 Ca 14420/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Arbeitsgericht Berlin

    Geschäftszeichen (bitte immer angeben) 54 Ca 14420/14

    Verkündet am 04.03.2015

    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In Sachen
    pp.

    hat das Arbeitsgericht Berlin, 54. Kammer, auf die mündliche Verhandlung vom 04.03.2015

    durch den Richter am Arbeitsgericht Sch. als Vorsitzender
    sowie den ehrenamtlichen Richter Herrn B. und die ehrenamtliche Richterin Frau K.
    für Recht erkannt:

    I.

    Die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung vom 30.09.2014 sind sozial ungerechtfertigt und unwirksam.

    II.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    III.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    IV.

    Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 3566,46 festgesetzt.

    T a t b e s t a n d :

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung infolge der Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland.

    Zwischen den Parteien besteht seit 19.06.1996 ein Arbeitsverhältnis. Die Klägerin war zuletzt als Arbeiterin mit den Aufgaben Bestückung von elektronischen Baugruppen, der Bauelementevorbereitung, Löt- und Montagearbeiten nach technologischen Unterlagen beschäftigt (Bl. 8, 9 d. A.).

    Arbeitsvertraglich sind neben der Grundvergütung in Höhe von zuletzt 6,13 € eine Leistungszulage in Höhe von 5 % (= 0,31 €) bei Erreichen der qualitativen und quantitativen Kennziffern, Schichtzuschläge für die Spätschicht und die Nachtschicht, eine Urlaubsvergütung von 50 % des Stundendurchschnittsverdienstes sowie eine nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte „Sonderzahlung am Jahresende“ zwischen 20 % und 50 % des Stundendurchschnittsverdienstes vereinbart (Bl. 8 d. A.). Abgerechnet hat die Beklagte zuletzt regelmäßig 6,44 € brutto je gearbeitete Stunde (Bl. 10-12 d. A.).

    Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.09.2014 aus dringenden betrieblichen Gründen zum 28.02.2015 und bot der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnis ab 01.03.2015 zu einem Stundenlohn in Höhe von 8,50 € brutto an unter Beibehaltung der vereinbarten Schichtzulagen und gleichzeitigem Wegfall der Leistungszulage, der zusätzlichen Urlaubsvergütung und der Jahressonderzahlung (Bl. 13 d. A.).

    Die Klägerin hat die Änderungen der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt von § 2 KSchG angenommen (Bl. 14 d. A.).

    Mit der am 14.10.2014 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die ausgesprochene Kündigung.

    Die Beklagte versuche, Vergütungsbestandteile, die nicht auf den Mindestlohn anzurechnen seien, zu streichen und durch einen Stundenlohn zu ersetzen, den die Klägerin ohnehin beanspruchen könne. Jährliche Einmalzahlungen seien nicht auf den Mindestlohn anzurechnen. Das folge bereits aus dem Gesetzestext, der den Lohn je Zeitstunde bestimme. Das Mindestlohngesetz erfasse daher nur solche Zahlungen, die in einer bestimmten Zeitstunde gezahlt werden. Da Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld nicht für eine bestimmte Zeitstunde, sondern jährlich zu zahlen seien, könnten diese nicht angerechnet werden. Auch die Leistungszulage sei nicht anrechenbar, da diese nicht für die normale Arbeitsleistung zu zahlen sei.

    Im Übrigen bestreitet die Klägerin die von der Beklagten behaupteten Mehrkosten sowie die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Beklagten durch Einführung der Mindestlöhne.

    Wegen der Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf die Klage (Bl.4-6 d. A.) und den Schriftsatz vom 25.02.2015 (Bl. 55-56 d. A.) nebst Anlagen verwiesen.

    Die Klägerin beantragt,

    1. festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung vom 30. September 2014 zum 28. Februar 2015 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind,
    2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 28. Februar 2015 hinaus fortbesteht.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte behauptet, das der vertraglichen Vergütungsvereinbarung zugrunde liegende Vergütungsangebot beruhe auf einer jahresbezogenen Kalkulation, der eine entsprechende Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde liege. Ziel der Änderungskündigung sei eine Veränderung der Vergütungsstruktur, die nicht zu einer Absenkung der Vergütung führe. Wegen der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 8,50 € je Stunde sei beabsichtigt, die nicht im monatlichen Rhythmus gezahlten Vergütungsbestandteile auf den Stundenlohn umzulegen und somit eine monatliche Zahlung zu bewirken.

    Es sei zulässig, typische Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld und zusätzliches Urlaubsgeld auf die Mindestlohnansprüche anzurechnen, wenn die Zahlung des anteiligen Betrages regelmäßig und unwiderruflich zu dem zum Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkt erfolge.

    Das Mindestlohngesetz beinhalte keine Regelung zur Anrechenbarkeit von Einmalzahlungen. Der Gesetzgeber habe unter Hinweis auf Rechtsprechung des EUGH nach einer Stellungnahme des Bundesrats ausdrücklich abgelehnt, entsprechende Regelungen ins Gesetz aufzunehmen. Daraus sei zu schlussfolgern, dass der Gesetzgeber die Anrechenbarkeit solcher Zahlungen für zulässig halte.

    Die Klägerin erhalte nach Umlage der Vergütungsbestandteile Leistungszulage, Urlaubsgeld und Jahressonderzahlung auf den Stundenlohn im Vergleich zum Jahr 2014 eine um fast 3.000,00 € höhere Bruttovergütung zzgl. eventueller Schichtzulagen.

    Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hätten die Parteien nicht mit einem Eingriff von außen in ihre vertragliche Vergütungsvereinbarung rechnen können. Es bestehe deshalb ein berechtigtes Interesse und ein dringendes betriebliches Erfordernis, die vertragliche Vereinbarung der Gesetzeslage anzupassen. Das sei die Rechtsfolge für die Störung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage (BAG 13.03.1987, 7 AZR 792/85). Die Klarstellung sei auch in Bezug auf die Leistungszulage erforderlich, die bei Erreichen der qualitativen und quantitativen Kennziffern, also für die Normalleistung des Arbeitnehmers, gezahlt werde.

    Bei der Änderungskündigung sei nicht auf die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzustellen, sondern allein auf das Angebot des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis unter bestimmten anderen Bedingungen fortzusetzen. Der Klägerin seien die angebotenen Änderungen auch zuzumuten, da sich die Arbeitsbedingungen nicht änderten und die Vergütung nicht reduziere. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vergütungsabsenkung sei nicht anwendbar, weil eine solche nicht erfolge. Die Kündigung sei gleichwohl erforderlich gewesen, um den wirtschaftlichen Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

    Die Beklagte befinde sich in einer stabilen, dennoch angespannten wirtschaftlichen Lage. Bereits im Jahre 2013 habe die Beklagte einen Gesamtumsatzrückgang von 46,6 % im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen gehabt. Das Jahresergebnis habe nach Steuern lediglich 110.000 € betragen. Im Jahr 2014 rechne die Beklagte mit keiner wesentlichen Änderung der Ertragslage. Gleiches gelte für 2015. Aufgrund steigender Lohnkosten durch Neueinstellung von Mitarbeitern werde sich das Umsatzvolumen geringfügig erhöhen, nicht aber der Ertrag. Für laufende Aufträge seien Preiserhöhungen nicht möglich.

    Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes ergebe sich bei Einrechnung der Einmalzahlungen und Zulagen für alle betroffenen Mitarbeiter eine Steigerung in Höhe von 23.143,05 € brutto. Für den Fall der zusätzlichen Zahlung von Urlaubsgeld, Jahressonderzahlung und Leistungszulage seien zusätzliche Lohnkosten in Höhe von 92.410,10 € im Vergleich zum Jahr 2014 zu erwarten. Damit würde noch eine Gewinnerwartung in Höhe von 17.589,90 € für 2015 bestehen. Mit Blick auf unkalkulierbare Risiken könne der Betrieb anderenfalls nicht aufrechterhalten werden.

    Ein Abfangen durch andere Maßnahmen sei der Beklagten nicht möglich. Die Materialeinkäufe unterlägen den Weltmarktpreisen und seien nicht beeinflussbar. Die Kosten für Energie, Unterhaltung des Maschinenparks des Gebäudes und in der Verwaltung könnten nicht abgesenkt werden.

    Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich, da alle Mitarbeiter von einer Änderungskündigung betroffen seien.

    Wegen der Einzelheiten und des weiteren Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 09.01.2015 (Bl. 35-43 d. A.) nebst Anlagen verwiesen.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

    I.

    Der Antrag zu 1 ist ohne weiteres zulässig gem. § 4 KSchG. Der Kläger hat die ihm angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen, so dass es keine Bedenken gegen die Antragstellung in der gewählten Form gibt.

    Für den Antrag zu 2 ist hingegen ein Feststellungsinteresse nicht ersichtlich. Die Klägerin wird nach Annahme des geänderten Vertragsangebots unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG weiterbeschäftigt. Die Weiterbeschäftigung erfolgte auch über den Zeitpunkt des 28. Februar 2015 hinaus, so dass nicht erkennbar ist, mit welchem Ziel die Feststellung begehrt wird, dass das Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht.

    II.

    Die Klage ist – soweit sie zulässig ist - auch begründet. Die Arbeitsbedingungen sind aufgrund der ausgesprochenen Änderungskündigung vom 30. September 2014 nicht wirksam geändert worden.

    1.

    Die Klage wurde form- und fristgerecht gem. § 4 KSchG erhoben.

    2.

    Der Ausspruch einer Änderungskündigung mit dem Ziel der Streichung von Leistungszulage, zusätzlichem Urlaubsgeld und der Jahressonderzuwendung ist bereits unzulässig.

    2.1
    Aufgrund des Gesetzes zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns vom 11.08.2014 (im Folgenden MiLoG) ist die Beklagte ab 01. Januar 2015 verpflichtet, einen Mindestlohn in Höhe von 8,50 € je Zeitstunde an die Klägerin zu zahlen. Diese Verpflichtung besteht für die Beklagte von Gesetzes wegen. Des Ausspruchs einer Änderungskündigung bedurfte es dafür zunächst nicht.

    2.2
    Der gesetzliche Mindestlohnanspruch entsteht nur dann, wenn das dem jeweiligen Arbeitnehmer gezahlte Arbeitsentgelt einschließlich aller anrechenbaren Entgeltbestandteile die Höhe des gesetzlichen Anspruchs nicht bereits erreicht oder darüber hinausgeht.

    a) Es ist daher zunächst ein Vergleich zwischen dem Mindestlohnanspruch je Arbeitsstunde und dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt je Stunde vorzunehmen. Sodann ist zu prüfen, welche weiteren Lohnbestandteile als Gegenleistung für die Arbeitsleistung gezahlt werden wie Zulagen, Zuschläge, aber ggf. auch - unter bestimmten Voraussetzungen - Einmalzahlungen. Diese können in der Summe den Mindestlohn übersteigen. Voraussetzung dafür ist, dass diese weiteren Lohnbestandteile auf den Mindestlohn anrechenbar sind.

    b) Was auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen ist, muss sich aus der gesetzlichen Regelung selbst ergeben. Das Mindestlohngesetz enthält jedoch keine Definition des Mindestlohns und damit auch keine Regelungen, welche Vergütungsbestandteile zum Mindestlohn zu zählen sind.

    Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen „Isbir“ (7. November 2013 - C-522/12 - Rn. 36 ff., ABl. EU 2014 Nr. C 9, 14; unter Hinweis auf 14. April 2005 - C-341/02 - [Kommission/Deutschland] Rn. 39, Slg. 2005, I-2733) gibt auch die Richtlinie 96/71 selbst keinen Anhaltspunkt für eine inhaltliche Definition des Mindestlohns. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können die Zulagen und Zuschläge, die nicht durch die Rechtsvorschriften oder die Praktiken des Mitgliedstaats als Bestandteile des Mindestlohns definiert werden und die das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers und der von ihm erhaltenen Gegenleistung verändern, nicht aufgrund der Richtlinie 96/71 als derartige Bestandteile betrachtet werden (Urteile Sähköalojen ammattiliitto, C-396/13 v. 12.02.2015; Kommission/Deutschland, C-341/02 vom 14.04.2005, EU:C:2005:220, Rn. 39, und Isbir, EU:C:2013:711, Rn. 38).

    Folgerichtig hat das Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit einer Mindestlohnklage im Abfallgewerbe klargestellt, dass die „Zulagen und Zuschläge, die durch die nationalen Rechtsvorschriften oder Praktiken des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt wird, nicht als Bestandteile des Mindestlohns definiert werden und die das Verhältnis zwischen der Leistung des Arbeitnehmers auf der einen und der ihm erbrachten Gegenleistung auf der anderen Seite verändern“, „nicht aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie 96/71 als derartige Bestandteile betrachtet werden“ können (BAG v. 16.04.2014, 4 AZR 802/11, NZA 2014, 1277-1282).

    Mit anderen Worten: Da das Mindestlohngesetz keine Regelung beinhaltet, ob und ggf. welche Entgeltbestandteile anrechenbar sind, muss davon ausgegangen werden, dass der Mindestlohn lediglich der Vergütung der „Normal“leistung dient. Es ist also festzustellen, welche Leistungen im Arbeitsverhältnis die Normalleistung vergüten. Diese sind anzurechnen. Es kommt also darauf an, ob eine Leistung im konkreten Fall das vergütet, was der Arbeitnehmer „normalerweise” tun muss oder ob eine Zahlung für überobligatorische Leistungen erfolgt (vgl. insoweit auch Ulber, RdA 2014, 176).

    c) Schon aus diesen Gründen ist es kaum nachvollziehbar, dass die Bundesregierung auf die ausdrückliche Bitte des Bundesrats einer Klarstellung, welche Lohnbestandteile auf das gesetzlichen Mindestlohnstundenentgelt anrechenbar sind (vgl. BT-Drucks. 18/1558, Anlage 3, S. 61 f.), nicht gesetzgeberisch reagiert hat. Gerade die von der Bundesregierung in ihrer Antwort zitierten Entscheidungen des EuGH stellen klar, dass eine Definition der auf den Mindestlohn anzurechnenden Lohnbestandteile durch Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedslandes als erforderlich angesehen wird (vgl. BT-Drucks. 18/1558, Anlage 4, S. 67).

    Der gesetzliche Verzicht auf die Definition, welche Lohnbestandteile auf den Mindestlohn anrechenbar sind, wird nicht dadurch ersetzt, dass die Bundesregierung statt entsprechender Regelungen im Gesetz ihre Vorstellungen auf einer Internetseite kommuniziert.

    d) Maßgeblich ist, welche einzelnen Leistungen mit dem Mindestentgelt vergütet werden sollen. Es wird keine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung vorgenommen, sondern die Arbeitgeberleistungen daraufhin überprüft, welcher Teil funktional mit dem Mindestentgelt verknüpft ist und welche Leistungen dies nicht sind (vgl. Ulber, RdA 2014, 176).

    Das Bundesarbeitsgericht hat mit seiner durch den EuGH im Grundsatz bestätigten Rechtsprechung zur „funktionalen Gleichwertigkeit“ daher maßgeblich auf den Zweck der Leistung abgestellt (BAG v. 16.04.2014, 4 AZR 802/11, NZA 2014, 1277-1282; EuGH v. 07.11.2013, C-522/11 (Isbir), NZA 2013, 259, Rn 37 ff).

    Bei der Anrechnung von Leistungen auf den Mindestlohn ist darauf abzustellen, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung ihrem Zweck nach diejenige Arbeitsleistung des Arbeitnehmers entgelten soll, die mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist. Daher ist dem erkennbaren Zweck des Mindestlohns, den der Arbeitnehmer als unmittelbare Leistung für die verrichtete Tätigkeit begehrt, der zu ermittelnde Zweck der jeweiligen Leistung des Arbeitgebers, die dieser aufgrund anderer (individual- oder kollektivrechtlicher) Regelungen erbracht hat, gegenüberzustellen. Besteht danach - ähnlich wie bei einem Günstigkeitsvergleich mit Sachgruppenbildung nach § 4 Abs. 3 TVG - eine funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen, ist die erbrachte Leistung auf den zu erfüllenden Anspruch anzurechnen. Zur Beurteilung der „funktionalen Gleichwertigkeit“ ist es erforderlich, die „Funktion“ zu bestimmen, die die reale Leistung des Arbeitgebers hat, um sodann festzustellen, ob sie sich auf diejenige vom Arbeitnehmer geleistete oder zu leistende Arbeit bezieht, die mit dem gesetzlichen Mindestlohn abgegolten sein soll. Für diese Bestimmung der Funktion ist jedenfalls dann der subjektive Wille des Arbeitgebers nicht entscheidend, wenn die Leistung nach einer an anderer Stelle als in dem Gesetz über den Mindestlohn erfolgt und sich ihre Funktion aus dieser Regelung ergibt (BAG v. 16.04.2014, 4 AZR 802/11, NZA 2014, 1277-1282, mwN für einen durch Rechtsverordnung eingeführten tariflichen Mindestlohn).

    e) Schließlich ist im Zusammenhang mit der Anrechenbarkeit von Leistungen, insbesondere von jährlich zu leistenden Einmalzahlungen der Fälligkeitszeitpunkt auch für die Frage der Anrechenbarkeit der Leistungen auf den Mindestlohn beachtlich.

    § 2 MiLoG verpflichtet den Arbeitgeber, spätestens am Ende des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die zu vergütende Arbeitsleistung erbracht wurde, den Mindestlohn zu zahlen. Nach der Begründung des Entwurfs sind dabei grundsätzlich nicht nur die vereinbarten, sondern sämtliche geleistete Arbeitsstunden zum Mindestlohnsatz auszuzahlen (vgl. BT-Drucks. 18/1558, S. 34). Nach der dahinterstehenden gesetzgeberischen Wertung ist grundsätzlich eine längere Verzögerung der Auszahlung mit dem Zweck des Mindestlohns unvereinbar. Damit muss spätestens nach zwei Monaten im Durchschnitt der Mindestlohn erreicht sein. Eine Anrechnung im Übrigen ist unzulässig (vgl. Ulber, RdA 2014, 176). Daraus folgt, dass die Anrechnung zu späteren Zeitpunkten geleisteter Einmalzahlungen auf den Mindestlohn unzulässig ist, wenn ohne diese zum Fälligkeitszeitpunkt für das gesetzliche Mindestentgelt der Mindestlohn im Durchschnitt nicht erreicht wird.

    2.3
    Gemessen an diesen Grundsätzen kann von einer Anrechenbarkeit des zusätzlichen Urlaubsgeldes und der jährlichen Sonderzuwendung auf den gesetzlichen Mindestlohanspruch der Klägerin nicht ausgegangen werden.

    a) Eine arbeitsvertragliche Vergütungsabrede ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag vorformuliert, der Klägerin in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen handelte (§ 305 Abs. 1 BGB), bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Auf die vorformulierte Vergütungsregelung konnte die Klägerin keinen Einfluss nehmen.

    Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG v. 13.02.2013, 5 AZR 2/12, NZA 2013, 1024-1026, mwN).

    b) Zum Zeitpunkt der von der Beklagten ausgesprochenen Änderungskündigung betrug das pro Stunde an die Klägerin zu leistende Bruttoentgelt 6,44 € (Summe aus Grundvergütung und Leistungszulage). Dieser Betrag liegt 2,06 € unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns.

    c) Grundsätzlich dürfte eine Leistungszulage, die die über Normalleistungen hinausgehenden Leistungen bei Erreichen bestimmter quantitativer und qualitativer Vorgaben honorieren soll, nicht auf den Mindestlohn anrechenbar sein. Indes kann zugunsten der Beklagten im vorliegenden Fall und mangels anderweitigen Vortrags der Parteien davon ausgegangen werden, dass die als Leistungszulage bezeichnete Zahlung für die Normalleistungen der Klägerin gewährt wurde. Im Arbeitsvertrag der Parteien sind keine quantitativen und qualitativen Kennziffern bestimmt, von denen die Leistungszulage der Klägerin abhängig gewesen sein soll, und die Parteien haben solche auch nicht vorgetragen. Auch indizieren die von der Klägerin eingereichten Abrechnungen eine Zahlung für die normale Tätigkeit, da die Leistungszulage für jede von der Klägerin abgerechnete Stunde berechnet und sie zudem nicht gesondert ausgewiesen wurde. Vielmehr wurde jede Stunde undifferenziert mit einem Faktor von 6,44 € brutto berücksichtigt. Damit ist die Leistungszulage im Falle der Klägerin auf den Mindestlohnanspruch anrechenbar. Für die Berücksichtigung beim Mindestlohn bedurfte es daher auch keiner Änderungskündigung.

    d) Das von der Beklagten bislang gezahlte zusätzliche Urlaubsgeld ist hingegen nicht auf den Mindestlohnanspruch anrechenbar.

    Der im Arbeitsvertrag als Urlaubsvergütung bezeichnete Anspruch ist nach der übereinstimmenden Auffassung der Arbeitsvertragsparteien entgegen seiner Bezeichnung ein zusätzliches Urlaubsgeld. Als Urlaubsentgelt im Sinne von § 11 BUrlG kann es schon aufgrund der vereinbarten Höhe von 50 % des Stundendurchschnittsverdienstes nicht verstanden werden. Dies widerspräche der individualvertraglich unabdingbaren Regelung des § 11 BUrlG, wonach sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten dreizehn Wochen vor Antritt des Urlaubs bemisst.

    Das zusätzliche Urlaubsgeld wird nicht für eine Normalleistung der Klägerin gezahlt. Es dient der Kompensation der Zusatzkosten, die ihr während der Erholung im Urlaub entstehen. Das Urlaubsgeld ist damit funktional darauf gerichtet, die Wiederherstellung und den Erhalt der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers zu unterstützen und nicht als Vergütung der Normalleistung zu betrachten. Zweck des zusätzlichen Urlaubsgeldes als spezieller Form der Sonderzahlung ist es, dem Arbeitnehmer während des Urlaubs zusätzliche Leistungen zukommen zu lassen.

    Der Arbeitsvertrag beinhaltet auch keine besondere Anrechnungsklausel, wonach unter bestimmten Voraussetzungen das zusätzliche Urlaubsgeld auf andere betriebliche Leistungen anrechenbar wäre. Ein Zusammenhang zur Vergütung der normalen Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich. Ausdrücklich ist zudem im Arbeitsvertrag bestimmt, dass es nur für die Zeit des Erholungsurlaubs und nicht für andere Freistellungen gewährt wird. Die Zahlung ist von der Arbeitsleistung der Klägerin nicht abhängig, sondern allein von der Urlaubsgewährung, also z.B. selbst nach einer Langzeiterkrankung.

    d) Auch eine Anrechenbarkeit der arbeitsvertraglich vereinbarten „Sonderzahlung zum Jahresende“ auf den Mindestlohnanspruch ist nicht gegeben.

    aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur tariflichen Jahressonderzahlung folgt der Zweck derselben aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird. Dabei komme der Bezeichnung der Sonderzahlung zusätzliche Indizwirkung zu (BAG v. 22. Oktober 2003, 10 AZR 152/03 zu II 1 b der Gründe, NZA 2004, 444-447).

    Die arbeitsvertraglich vereinbarte und auch ausdrücklich so bezeichnete Sonderzahlung am Jahresende dient nicht dazu, die normale Arbeitsleistung der Klägerin, die mit dem Mindestlohn entgolten werden soll, zu vergüten. Sie steht insbesondere nicht in einem Verhältnis zur erbrachten Arbeitsleistung, sondern dient erkennbar dem Zweck, die Betriebstreue zu belohnen und zu fördern. So sieht der Arbeitsvertrag eine Staffelung der Höhe der zu leistenden Jahressonderzahlung nach der Anzahl der bisherigen Beschäftigungszeiten vor. Mit steigender Betriebszugehörigkeit erhöht sich demgemäß die Jahressonderzahlung. Voraussetzung ist also allein das Erreichen einer bestimmten Betriebszugehörigkeit und zwar unabhängig davon, ob in dieser Zeit Arbeitsleistungen erbracht wurden. Die arbeitsvertragliche Regelung stellt zudem ebenfalls allein auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die Zugehörigkeit zum Betrieb ab. Eine Abhängigkeit von der normalen Arbeitsleistung ist nicht ersichtlich.

    bb) Zudem spricht gegen die Anrechenbarkeit, dass diese Sonderzahlung als Einmalzahlung erst am Jahresende für das gesamte Jahr rückwirkend erfolgt und damit weit außerhalb des letzten Fälligkeitszeitpunktes gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 MiLoG.

    Zutreffend weist Ulber in diesem Zusammenhang darauf hin, es dürfe nicht verkannt werden, dass für die betroffenen Arbeitnehmer bei zeitlich nach hinten verlagerten Einmalzahlungen eine nicht unerhebliche Belastung entsteht. Denn die betroffenen Arbeitnehmer müssen für einen längeren Zeitraum mit einem Entgelt auskommen, das unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegt. Im Falle des gesetzlichen Mindestlohnes ist zu berücksichtigen, dass es sich überwiegend um Arbeitnehmer handele, die finanziell von der Hand in den Mund leben. Je geringer das Entgelt ist, umso bedeutsamer wird der Zeitpunkt der Auszahlung des Entgelts. Daher sei davon auszugehen, dass jede Unterschreitung der monatlichen Stundenentgelte diese Arbeitnehmer schwer belastet (vgl. Ulber, RdA 2014, 176).

    Zwar strebt die Beklagte mit der ausgesprochenen Änderungskündigung die Umlage der jährlichen Zahlung auf eine Stundenvergütung und damit die Auszahlung zu den gesetzlich geregelten Fälligkeitszeitpunkten für den Mindestlohn an. Diese Umlage kommt jedoch schon wegen der fehlenden funktionalen Gleichwertigkeit hier nicht in Betracht (vgl. vorstehende Ausführungen unter Abschn. II. 2.3 e) aa) der Entscheidungsgründe.

    2.4
    Fehlt es an der Anrechenbarkeit der anderweitigen Vergütungsbestandteile auf den Mindestlohn, sind alle Handlungen, die darauf gerichtet sind, gleichwohl eine Anrechnung zu erreichen, objektiv als Umgehung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs und damit als unzulässig anzusehen. Sie dienen letztlich dazu, den Anspruch auf den Mindestlohnstundensatz in Höhe von derzeit 8,50 € zu unterschreiten. Die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung ist damit bereits aus diesem Grund unzulässig. Sie ist zudem geeignet, den betroffenen Arbeitnehmer aus Angst vor einem Arbeitsplatzverlust von der Durchsetzung seiner Ansprüche auf Mindestlohn abzuhalten und die angebotenen Änderungen der Arbeitsbedingungen schon aus diesem Grund, unter Umständen vorbehaltlos zu akzeptieren.

    Soweit der betroffene Arbeitnehmer daher die angebotenen geänderten Arbeitsbedingungen annimmt, wäre die dadurch zustande gekommene Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien wegen der in § 3 MiLoG geregelten Unabdingbarkeit des Mindestlohns unwirksam.

    3.

    Die ausgesprochene Änderungskündigung erweist sich jedoch auch mangels ausreichenden Vortrags zu einem betriebsbedingten Kündigungsgrund als unwirksam.

    a) Eine Änderungskündigung ist nach der Legaldefinition aus § 2 Satz 1 KSchG ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigungserklärung muss als zweites Element ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen hinzukommen. Das Änderungsangebot ist Bestandteil der Kündigung. Kündigung und Angebot bilden eine Einheit; es handelt sich also um ein einheitliches Rechtsgeschäft (BAG v. 16.09.2004, 2 AZR 628/03, NZA 2005, 635-637).

    b) Die Beklagte stützt die Kündigung auf dringende betriebliche Gründe. Die eine ordentliche Änderungskündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist (BAG v. 23.06.2005, 2 AZR 642/04, NZA 2006, 92-98 mwN).

    Für die Änderungskündigung nach § 2 KSchG, deren Änderungsangebot die Klägerin unter Vorbehalt angenommen hat, müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung zunächst die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen, wobei in diesem Zusammenhang die soziale Rechtfertigung der angebotenen Vertragsänderung überprüft werden muss. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung, wie vorliegend, ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers demzufolge daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gem. § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (LAG Berlin v. 30.09.1997, 9 Sa 56/97, mwN, zitiiert nach juris).

    Spricht der Arbeitgeber zum Zwecke der Herabsetzung von Arbeitsentgelten und Sozialleistungen eine Änderungskündigung aus, liegt darin ebensowenig wie bei einer Beendigungskündigung schon selbst eine vom Arbeitsgericht nur beschränkt nachprüfbare unternehmerische Entscheidung. Anderenfalls wäre der vom Gesetz gewollte Schutz der Arbeitnehmer gegen betriebsbedingte Kündigungen der vorliegenden Art weitgehend gegenstandslos, da der Arbeitgeber dann die ausgesprochene Kündigung, von Fällen offenbaren Missbrauchs abgesehen, stets erfolgreich mit dem Hinweis verteidigen könnte, sie stelle eine nicht zu überprüfende Unternehmerentscheidung dar. Deshalb stellt auch die Absicht des Arbeitgebers, Entgelte und Sozialleistungen im ganzen Betrieb oder in einer bestimmten Abteilung des Betriebes einzusparen, für sich betrachtet nicht eine unternehmerische Entscheidung dar. Daher kommt eine Entgeltkürzung nur in Betracht, wenn sonst der Betrieb stillgelegt oder die Belegschaft reduziert werden müsste.

    Anders verhält es sich jedoch beim Arbeitsentgelt bzw. beim Abbau von Sozialleistungen, die wie vorliegend, Entgeltcharakter haben. Der Unternehmer trifft keine wirtschaftliche, technische oder organisatorische Maßnahme im Rahmen seines Organisationsrechts, die zu einem Wegfall des Arbeitsplatzes oder zur Änderung der Arbeitszeit führt und die in einer marktwirtschaftlichen Ordnung hinzunehmen ist, sondern er will seine finanziellen Verpflichtungen ändern. Finanzielle Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern haben aber grundsätzlich keine andere Qualität als Verpflichtungen gegenüber Lieferanten oder Banken bzw. Drittunternehmen. Der Zwang zu sparen ist ebensowenig ein Grund zur Entgeltkürzung wie zur Kürzung von Forderungen anderer Vertragspartner. Der Arbeitnehmer hat nicht versprochen, je nach den wirtschaftlichen Erfordernissen des Unternehmens zu unterschiedlichem Entgelt zu arbeiten. Die Änderungskündigung zur Lohnsenkung ist deshalb kein Primärinstrument, sondern lediglich Ausschluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenüber der Beendigungskündigung. Sie ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn sonst der Arbeitsplatz wegfiele, d.h. wenn ein verständig denkender Unternehmer das Unternehmen nicht weiterführen würde oder konkrete Tätigkeiten aufgäbe. Eine Entgeltsenkung für die gesamte Belegschaft kommt in Betracht, wenn sonst die Arbeitsplätze aller Arbeitnehmer insgesamt gefährdet werden. Dieses Tatbestandsmerkmal kann man auch mit wirtschaftlicher Notlage umschreiben oder Bestandsgefährdung des Unternehmens. Es reicht jedenfalls nicht aus, dass das Unternehmen einmal Verluste gemacht hat, schon gar nicht, dass einzelne Abteilungen rote Zahlen schreiben (LAG Berlin v. 30.09.1997, 9 Sa 56/97, mwN, zitiiert nach juris).

    c) Die Beklagte hat gemessen an diesen Grundsätzen nicht ausreichend vorgetragen, dass die Einführung des Mindestlohns sie in eine derartige wirtschaftliche Notlage gebracht habe, dass der Bestand des Unternehmens in Gefahr ist.

    Entgegen der Ansicht der Beklagten kann die Rechtsprechung zur Änderungskündigung zum Zwecke der Lohnabsenkung auch ohne weiteres auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden, obgleich für die konkret betroffene Klägerin selbst im Ergebnis der Änderungskündigung eine höhere Vergütung steht als vorher. Denn die höhere Vergütung ist nicht die Folge der Änderungskündigung, sondern der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns. Es sind daher die Höhe des Vergütungsanspruchs der Klägerin nach Einführung des Mindestlohns unter Berücksichtigung der anrechenbaren Leistungen der Arbeitgeberin mit deren Höhe zum Zeitpunkt nach Wirksamwerden der Änderungskündigung zu vergleichen. Danach steht fest, dass sich durch die Änderungskündigung der Vergütungsanspruch der Klägerin im Vergleich zum Zustand ohne Änderungskündigung sehr wohl vermindert hat. Zudem bleibt auch die Ausgangslage für den Ausspruch der Änderungskündigung dieselbe. Denn die Beklagte beruft sich ja gerade darauf, dass sie aufgrund außerbetrieblicher Umstände (hier die gesetzliche Mindestlohneinführung) in eine wirtschaftliche Schieflage gerate oder geraten könnte, die die Notwendigkeit der kollektiven Absenkung der Lohnkosten nach sich ziehen würde.

    Diese Notwendigkeit hat die Beklagte indes nicht plausibel dargelegt. Es ist nach ihrem Vorbringen zwar nachvollziehbar, dass die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zu einer Erhöhung von Lohnkosten führt. Es ist aber nicht erkennbar, warum diese Kostenerhöhung zwingend dazu führen müsste, dass die höheren Lohnkosten die Einstellung des Betriebes und/oder den Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin nach sich ziehen. Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte nach eigenem Vorbringen (vgl. Schriftsatz vom 09.01.2015, Seite 7, Bl. 41 d. A.) noch im Jahr 2014 - also in Kenntnis und Erwartung der absehbaren Einführung des gesetzlichen Mindestlohns - zusätzlich Arbeitnehmer eingestellt hat.

    Der Vortrag der Beklagten ist schließlich in Bezug auf die Arbeitskosten, Lohnstückkosten und Materialkosten weitgehend pauschal. Sie beschränkt sich insoweit auf die schlagwortartigen und damit auch nicht im Ansatz nachvollziehbaren Behauptungen, dass diese Kosten durch sie nicht beeinflussbar seien. Gleiches trifft auf die pauschalen Darlegungen zu den Kosten für Energie, Unterhaltung des Maschinenparks und des Gebäudes zu. Der Beklagten ist es insgesamt nicht gelungen eine auf den ganzen Betrieb bezogenes Konzept mit Kosten und Erträgen sowie mehr oder weniger vorhandenem Einsparpotential darzulegen.

    Ein betriebsbedingter Kündigungsgrund ist somit nicht dargetan, die Kündigung damit also auch sozialwidrig im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG.

    III.

    Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 12a Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 92 ZPO. Die Beklagte hat als Unterliegende die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Zwar ist der Kläger mit seinem Antrag zu 2 unterlegen. Da dieser aber ohne eigenen Wert bleibt, wirkt sich das nicht auf die Kostenquote aus.

    Der Streitwert wird gem. §§ 39, 40, 42 Abs. 3 GKG, 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 2 ff. ZPO festgesetzt. Er entspricht einem Vierteljahresverdienst der Klägerin. Dabei bleibt der Antrag zu 2 ohne Wertansatz.

    Rechtsmittelbelehrung
    Gegen dieses Urteil kann von den Parteien Berufung eingelegt werden.
    Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft bzw. einer Arbeitgebervereinigung oder eines Zusammenschlusses solcher Verbände eingereicht werden.
    Die Berufungsschrift muss innerhalb
    einer Notfrist von einem Monat
    bei dem
    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg,
    Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin ,
    eingegangen sein.
    Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt werde.
    Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb
    einer Frist von zwei Monaten
    in gleicher Form schriftlich zu begründen.
    Der Schriftform wird auch durch Einreichung eines elektronischen Dokuments im Sinne des § 46 c ArbGG genügt. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Internetseite unter www.berlin.de/erv.
    Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
    Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder einer ähnlichen Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt. Dies gilt nicht bei Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 174 ZPO.
    Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
    Das Zustellungsdatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
    Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten.
    Weitere Statthaftigkeitsvoraussetzungen ergeben sich aus § 64 Abs.2 ArbGG :
    "Die Berufung kann nur eingelegt werden,
    a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
    b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
    c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
    d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe."