Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 17.09.2015 · IWW-Abrufnummer 145313

    Sozialgericht Stuttgart: Urteil vom 16.12.2014 – S 16 KR 6359/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Sozialgericht Stuttgart
    Az.: S 16 KR 6359/11
    Verkündet am 16. Dezember 2014
    Im Namen des Volkes
    Urteil
    in dem Rechtsstreit
    - Klägerin -
    Proz.-Bev.: Rechtsanwalt
    gegen
    AOK Baden-Württemberg
    vertreten durch den Geschäftsführer der Bezirksdirektion Ludwigsburg-Rems-Murr-Kreis
    - Beklagte -
    Die 16. Kammer des Sozialgerichts Stuttgart
    hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 2014 durch
    den Richter am Sozialgericht ..... als Vorsitzender
    sowie die ehrenamtlichen Richter ...... und ......
    für Recht erkannt:
    Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 28. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2011 verurteilt, der Klägerin Krankengeld für die Zeit vom 15. Juli 2011 bis 25. August 2011 in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
    Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
    Tatbestand
    Streitig ist ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 15. Juli 2011 bis 25. August 2011.
    Die 1959 geborene Klägerin war ab 1. Juni 2011 als Altenpflegerin bei der A. Sozial gGmbh beschäftigt und aufgrund dessen bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 3. Juni 2011 erkrankte sie an Gelenkschmerzen im Bereich des Unterschenkels arbeitsunfähig. Die Arbeitsunfähigkeit wurde am selben Tag von der Internistin E. festgestellt (Diagnose: M 25.56). Ab dem 8. Juni 2011 stellte der Orthopäde Dr. K. mit fortlaufenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen weitere Arbeitsunfähigkeit der Klägerin fest. Am 4. Juli 2011 bescheinigte er der Klägerin mit einer Folgebescheinigung Arbeitsunfähigkeit wegen Gonarthrose und Chondromalacia patellae bis voraussichtlich 14. Juli 2011. Ebenfalls unter dem Datum „04.07.11“ stellte er der Klägerin einen Auszahlschein für Krankengeld aus. Darin attestierte er eine Arbeitsunfähigkeit „bis auf weiteres“ und nannte als letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit den 14. Juli 2011.
    Am selben Tag (14. Juli 2011) stellte sich die Klägerin auch in der chirurgischen Ambulanz des K.-O.-Krankenhauses vor. Dort wurde ein subkutaner Strecksehnenausriss des linken Ringfingers diagnostiziert und eine konservative Therapie mittels Stack´scher Schiene verordnet. Über diese Erkrankung informierte der Orthopäde Dr. K. die Beklagte mit Befundbericht vom 6. Juli 2011 und teilte mit, dass die Klägerin leichte Tätigkeiten nicht ausüben könne. Als therapeutische Maßnahme in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit auslösende Diagnose sei ggf. eine Operation vorgesehen. Zu der Frage, ob der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit absehbar sei, machte er keine Angaben.
    Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete am 14. Juli 2011. Der Arbeitgeber zahlte das Arbeitsentgelt bis zu diesem Tag fort. Zum 15. Juli 2011 schloss die Klägerin mit der PGS Baden-Württemberg GmbH einen Arbeitsvertrag über eine Vollzeitanstellung als examinierte Pflegefachkraft in der häuslichen Alten und Krankenpflege. Am 15. Juli 2011 stellte der Orthopäde Dr. K. der Klägerin eine Erstbescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund nicht näher bezeichneter Verletzung von Muskeln und Sehnen (Diagnose: T 14.6 G) aus. Als voraussichtlich letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit gab er den 25. August 2011 an. Auf Hinweis der Beklagten stornierte die PGS Baden-Württemberg GmbH daraufhin die Anmeldung der Klägerin zur Krankenversicherung der Arbeitnehmer.
    Mit Bescheid vom 28. Juli 2011 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab: Der Anspruch auf Krankengeld richte sich nach dem Versicherungsverhältnis, das am Tag nach der ärztlichen Feststellung bestehe. Nachdem der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeit am 15. Juli 2011 bescheinigt habe, sei somit der 16. Juli 2011 für den Anspruch auf Krankengeld ausschlaggebend. An diesem Tag sei die Klägerin nicht mehr versichert gewesen, so dass für die Arbeitsunfähigkeit ab dem 15. Juli 2011 kein Krankengeld ausgezahlt werden dürfe.
    Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, sie sei seit dem 3. Juni 2011 durchgehend erkrankt. Während der Krankheit habe sie einen Unfall erlitten. Diese Erkrankung dauere nach Angaben der behandelnden Ärzte acht Wochen. Am 15. Juli 2011 sei fälschlicherweise eine Erstbescheinigung ausgestellt worden. Dies werde der behandelnde Orthopäde berichtigen und eine Folgebescheinigung ausstellen. Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin eine ärztliche Bescheinigung des behandelnden Orthopäden vor. Darin bestätigte Dr. K. unter dem 5. September 2011, dass die Klägerin seit dem 3. Juni 2011 bis zum 25. August 2011 durchgehend krankgeschrieben gewesen sei.
    Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und die Bescheinigung über ihre voraussichtliche Dauer erforderten wegen ihrer Tragweite für den Versicherten und ihrer arbeits und sozialversicherungsrechtlichen sowie wirtschaftlichen Bedeutung besondere Sorgfalt. Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit sei Voraussetzung für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und für den Anspruch auf Krankengeld. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssten die Voraussetzungen des Anspruchs auf Krankengeld bei zeitlich befristeter Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und dementsprechender Gewährung von Krankengeld für jeden Bewilligungsabschnitt bzw. jede Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigung erneut festgestellt werden. Danach sei es bei längerfristigem Krankengeldbezug mit einer einmaligen Krankenmeldung bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit nicht getan. Viel-mehr sei der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengelds auch dann anzuzeigen, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestehe. Die Meldepflicht sei auf den jeweiligen konkreten Leistungsfall bezogen. Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handle es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung seien grundsätzlich von ihm zu tragen. Der Klägerin sei eine Folgebescheinigung bis 14. Juli 2011 ausgestellt worden. Ihre Mitgliedschaft habe an diesem Tag mit dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung geendet. Eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei erst am 15. Juli 2011 ausgestellt worden. Am Folgetag (16. Juli 2011) habe keine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden. Bei dieser Sach- und Rechtslage könne für die Zeit ab 15. Juli 2011 kein Krankengeld gewährt werden.
    Am 11. November 2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart erhoben.
    Sie trägt vor, sie habe ihr Arbeitsverhältnis bei der Arbeiterwohlfahrt zum 14. Juli 2011 gekündigt, jedoch ab dem 15. Juli 2011 ein Anschlussanstellungsverhältnis gehabt. Ihr neuer Arbeitgeber habe sie bei der Beklagten anmelden wollen. Eine Mitarbeiterin der Beklagten habe ihm jedoch die Auskunft erteilt, dass eine Anmeldung wegen der noch bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht möglich sei. Aufgrund dieser Information sei sie von ihrem neuen Arbeitgeber einbestellt und ein weiterer Arbeitsvertrag geschlossen worden, wonach das Arbeitsverhältnis erst ab dem 26. August 2011 beginne. Sie habe für die Zeit vom 15. Juli 2011 bis 25. August 2011 kein Arbeitsentgelt erhalten. Sie sei in diesem Zeitraum über ihren Ehemann familienversichert gewesen. Der behandelnde Orthopäde habe sie durchgehend bis einschließlich 25. August 2011 krankgeschrieben. Zu einer Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit sei es nicht gekommen. Dass am 15. Juli 2011 irrtümlich eine Erstbescheinigung und nicht eine Folgebescheinigung ausgestellt worden sei, sei für die Beurteilung der Rechtslage unbeachtlich. Es handle sich um einen Schreibfehler, welcher von dem Arzt mit der im Widerspruchsverfahren vorgelegten Bestätigung korrigiert worden sei. Die Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund des Sehnenausrisses sei erst am 15. Juli 2011 ausgestellt worden, da zuvor noch die Krankmeldung wegen der Diagnosen Chondromalazie und Verdacht auf Gonarthrose gelaufen sei. Nachdem diese Arbeitsunfähigkeit bis zum 14. Juli 2011 festgestellt worden sei, habe sie sich am 15. Juli 2011 erneut beim behandelnden Arzt vorgestellt und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten. Die Arbeits-unfähigkeits-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erlaubten eine rückwirkende Bescheinigung über das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit. An diese Richtlinie habe sich der behandelnde Arzt gehalten. Auch die Beklagte müsse sich an den Richtlinien festhalten lassen. Sie könne sich deshalb nicht darauf berufen, dass sie (die Klägerin) sich am 14. Juli 2011 beim Arzt habe vorstellen müssen, um eine nahtlose Folgebescheinigung zu erhalten. Im vorliegenden Fall liege ein Ausnahmefall vor.
    Die Klägerin legt die mit der ..... Baden-Württemberg GmbH geschlossenen Arbeitsverträge vom 28. Juni 2011 und 22. August 2011 vor. Sie beantragt,
    den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld für die Zeit vom 15. Juli 2011 bis 25. August 2011 in gesetzlicher Höhe zu bezahlen.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Zur Begründung verweist sie zunächst auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids. Ergänzend erwidert sie, die Kontaktaufnahme mit dem neuen Arbeitgeber der Klägerin sei zwingend notwendig gewesen, um den Anspruch auf Krankengeld zu klären. Eine Anmeldung durch den Arbeitgeber könne nur erfolgen, wenn Arbeitsentgelt gezahlt werde. Sei dies der Fall, ruhe der Anspruch auf Krankengeld. Tatsächlich sei der Klägerin kein Arbeitsentgelt gezahlt worden, so dass die Anmeldung auf den 26. August 2011 berichtigt worden sei. Es sei korrekt, dass nach den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung zwei Tage rückwirkend ausgestellt werden könne. Dies ändere jedoch nichts am Feststellungstag. Nur dieser sei für das Entstehen des Anspruchs auf Krankengeld maßgeblich. Die Klägerin sei bis zum 14. Juli 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Am 15. Juli 2011 sei dann eine Arbeitsunfähigkeit (Erstbescheinigung) ab demselben Tag ärztlich festgestellt worden. Der Anspruch auf Krankengeld habe somit am 16. Juli 2011 begonnen. An diesem Tag habe jedoch keine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld mehr vorgelegen. Die Arztanfrage vom 6. Juli 2011 genüge für eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung nicht. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sei zwar nicht unbedingt an eine Form gebunden. Auch habe der behandelnde Orthopäde auf der Arztanfrage die Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Er habe jedoch nicht angegeben, wie lange diese voraus-sichtlich dauern werde. Zudem könne nach den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien eine Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nur nach einer körperlichen Untersuchung festgestellt werden. Eine solche sei am 6. Juli 2011 nicht erfolgt. Sofern die Arztanfrage dennoch als Nachweis gewertet werde, so könne sie die Arbeitsunfähigkeit jedoch (entsprechend einem Auszahlschein) nur rückwirkend bescheinigen.
    Die Kammer hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2013 persönlich angehört. In der Folge hat sie den behandelnden Orthopäden Dr. K. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen (Zeugenauskunft vom 15. April 2014).
    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist zulässig und begründet.
    Der angefochtene Bescheid vom 28. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Oktober 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 15. Juli 2011 bis 25. August 2011.
    Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Keinen Krankengeldanspruch haben Familienversicherte (§ 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 10 SGB V). Wer als Versicherter Anspruch auf Krankengeld hat, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das bei Entstehen des Krankengeldanspruchs besteht (BSG vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R – zit. nach Juris, Rz. 12; BSG vom 2. November 2007 - B 1 KR 38/06 R – zit. nach Juris, Rz. 12). Der Anspruch auf Krankengeld entsteht - abgesehen von Fällen der stationären Behandlung - von dem Tag an, der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Dies gilt nicht nur für die erstmalige Bewilligung von Krankengeld, sondern auch für die Fortgewährung bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit (BSG vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 37/06 R – zit. nach Juris, Rz. 15).
    Ausgehend hiervon steht der Klägerin Krankengeld für die streitbefangene Zeit vom 15. Juli 2011 bis 25. August 2011 zu. Die Klägerin ist in diesem Zeitraum weiterhin bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen. Zwar hat mit Ablauf des 14. Juli 2011 das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der A.t Sozial gGmbh und damit grundsätzlich auch ihre Mitgliedschaft als versicherungspflichtige Beschäftigte geendet (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 190 Abs. 2 SGB V). Auch ist durch das Anschlussarbeitsverhältnisses bei der P. Baden-Württemberg GmbH keine neue Mitgliedschaft für den streitigen Zeitraum begründet worden. Dabei kann für die Entscheidung des Rechtstreit dahinstehen, wie sich der Umstand auswirkt, dass die Klägerin und die P. Baden-Württemberg GmbH den ursprünglich zum 15. Juli 2011 abgeschlossenen Arbeitsvertrag mit Vertrag vom 22. August 2011 nachträglich abgeändert und den Beginn des Arbeitsverhältnisses auf den 26. August 2011 verschoben haben. Die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Beschäftigter beginnt nach § 186 Abs. 1 SGB V nämlich mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis. Voraussetzung ist allerdings, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf (Fort)Zahlung des Arbeitsentgelts hat (Kassler Kommentar/Peters, SGB V, 2010, § 186 Rn. 10; Becker/Kingreen/Michels, SGB V, 4. Aufl., § 186 Rn. 5 jeweils unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien BT-Drucks. 13 /9741, S. 12). Denn Arbeiter und Angestellte sind gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung nur dann versicherungspflichtig, wenn sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Dies ist bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht der Fall gewesen. Sie hat - wie sie selbst vorträgt - für die Zeit bis 25. August 2011 kein Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV) erhalten. Ein gesetzlicher Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat ihr gegenüber dem neuen Arbeitgeber auch nicht zugestanden, da das Arbeitsverhältnis noch nicht vier Wochen bestanden hat (vgl. § 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz - EFZG-).
    Die Mitgliedschaft der Klägerin aus der (beendeten) Beschäftigung bei der A.t Sozial gGmbh ist jedoch über den 14. Juli 2011 hinaus aufrechterhalten geblieben. Denn die Voraussetzungen, unter denen eine Pflichtmitgliedschaft gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ausnahmsweise über das Ende des Beschäftigungsverhältnisses hinaus fortbesteht, sind im Falle der Klägerin erfüllt gewesen. Nach dieser Vorschrift bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger erhalten, solange ein Anspruch auf Krankengeld besteht oder Krankengeld tatsächlich bezogen wird. Für das Fortbestehen der Mitgliedschaft genügt es dabei, wenn am letzten Tag des Beschäftigungs- bzw. Versicherungsverhältnisses alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind, dass ein Krankengeldanspruch mit Beginn des nächsten Tages entsteht (BSG vom 4. März 2014 - B 1 KR 17/13 R – zit. nach Juris, Rz. 16).
    So hat es sich im Streitfall verhalten. Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 14. Juli 2011 sind die Voraussetzungen für einen nahtlos anschließenden Krankengeldanspruch der Klägerin gegeben gewesen.
    Die Klägerin ist über das Beschäftigungsende hinaus bis zum 25. August 2011 durchgehend arbeitsunfähig krank gewesen. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der Auskunft des sachverständigen Zeugen Dr. K. und den vorliegenden medizinischen Unterlagen. Danach hat die Klägerin Anfang Juli 2011 einen Strecksehnenausriss am linken Ringfinger erlitten, der eine Ruhigstellung und Schonung der linken Hand für die Dauer von ca. acht Wochen erfordert hat. Für die Kammer besteht kein Zweifel daran, dass die Klägerin mit dieser gesundheitlichen Einschränkung ihren Beruf als Pflegefachkraft im Streitzeitraum nicht hat verrichten können. Die Beklagte stellt dies auch nicht in Abrede. Auf eine andere, körperlich leichtere Tätigkeit hat die Klägerin nicht verwiesen werden können. Endet das Arbeitsverhältnis - wie im Streitfall - nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, ändert sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwar der Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit (vgl. BSG vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R – zit. nach Juris, Rz. 13; vom 14. Februar 2001 - B 1 KR 30/00 R - zit. nach Juris, Rz. 13). Denn nun ist nicht mehr auf die konkreten Verhältnisse am letzten Arbeitsplatz, sondern vielmehr (abstrakt) auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen. Handelt es sich dabei – wie im Falle der Klägerin – um einen Ausbildungsberuf, scheidet eine „Verweisung“ auf einen anderen Beruf jedoch aus. Denn es ist gerade die Funktion des Krankengeldes, dem krankenversicherten Arbeitnehmer die Möglichkeit offenzuhalten, nach Beseitigung des Leistungshindernisses seine bisherige Arbeit oder zumindest seinen Beruf wieder aufzunehmen.
    Auch die weiteren Voraussetzungen eines Krankengeldanspruchs haben in der Zeit vom 15. Juli 2011 bis 25. August 2011 vorgelegen. Insbesondere ist die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für den gesamten Zeitraum ärztlich festgestellt und der Beklagten angezeigt worden. Eine Nachweislücke ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht eingetreten. Zwar müssen bei zeitlich befristeter Arbeitsunfähigkeitsfeststellung und dementsprechender Krankengeldgewährung die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs - also auch die ärztliche Feststellung - für jeden Bewilligungsabschnitt erneut vorliegen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs aus der Beschäftigtenversicherung ist es deshalb erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Bewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (BSG vom 16. Dezember 2014 - vom 4. März 2014 - B 1 KR 17/13 R – zit. nach Juris, Rz. 16). Dieser Grundsatz schließt es allerdings nicht aus, eine ärztliche Feststellung aus vorangegangener Zeit, die den weiteren Bewilligungsabschnitt mit umfasst, als ausreichend anzusehen (BSG vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R – zit. nach Juris, Rz. 13). Eine einzige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kann danach einen Anspruch auf Krankengeld für mehrere Zeitabschnitte begründen und weitere Arbeitsunfähigkeitsmeldungen erübrigen (BSG vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R – zit. nach Juris, Rz. 15). Dies hat zur Folge, dass insbesondere bei einer Krankschreibung „auf nicht absehbare Zeit“ oder „bis auf Weiteres“ für eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit keine weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr vorgelegt werden müssen (LSG Baden-Württemberg vom 21. Januar 2014 - L 11 KR 4174/12 – zit. nach Juris, Rz. 23 m.w.Nachw.).
    Nach diesen Grundsätzen ist es unschädlich, dass die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und Auszahlschein vom 4. Juli 2011 zunächst nur bis zum 14. Juli 2011 ärztlich bescheinigt und eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anschließend erst am 15. Juli 2011 wieder ausgestellt worden ist. Denn der Beklagten hat zum maßgeblichen Zeitpunkt (Ablauf der Krankschreibung am 14. Juli 2011) bereits eine weitere ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit vorgelegen, die den Zeitabschnitt ab 15. Juli 2011 umfasst hat. Der behandelnde Orthopäde Dr. K. hat auf Anfrage der Beklagten nämlich mit Auskunft vom 6. Juli 2011 mitgeteilt, dass die Klägerin wegen der Diagnose des (neu aufgetretenen) Strecksehnenausrisses D IV nicht in der Lage ist, leichte Tätigkeiten auszuüben. Außerdem hat er die Beklagte darüber informiert, dass in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit auslösende Diagnose als therapeutische Maßnahme ggf. eine Operation vorgesehen ist. Diesen Hinweis wertet die Kammer in Verbindung mit dem fehlenden Eintrag in der Rubrik „Ist der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit absehbar?“ als Feststellung der Arbeitsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit und damit als Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres. Der abweichenden Deutung der Beklagten, wonach die Auskunft wegen des Fehlens von Angaben zur voraussichtlichen Dauer der festgestellten Arbeitsunfähigkeit allenfalls als rückwirkende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – entsprechend einem Auszahlschein – auszulegen ist, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Denn alle Angaben des behandelnden Arztes haben für eine längerfristige, zeitlich noch nicht klar eingrenzbare Arbeitsunfähigkeit der Klägerin gesprochen. Einer ausdrücklichen Erklärung des Arztes zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit hat es unter diesen Umständen nicht zwingend bedurft. Aufgrund der Angaben in der Arztauskunft hat der Beklagten nach Auffassung der Kammer vielmehr klar sein müssen, dass die festgestellte Erkrankung der Klägerin – Sehnenriss im Bereich des Fingers, der ggf. operiert werden muss - eine Tätigkeit als Pflegefachkraft zumindest noch für einige Zeit ausschließen wird. Eine rechtlich relevante Unvollständigkeit oder Unklarheit der ärztlichen Feststellungen besteht nicht und ist offenbar auch von der Beklagten zunächst nicht gesehen worden. Die Beklagte hat Dr. K. nicht zur Klarstellung oder Ergänzung seiner Angaben aufgefordert.
    Die Arztauskunft des Orthopäden Dr. K. vom 6. Juli 2011 ist für den Krankengeldanspruch als ärztliche Feststellung und Meldung der Arbeitsunfähigkeit auch ausreichend. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer anschließt, erfüllt die ärztliche Feststellung die gesetzlichen Anforderungen auch dann, wenn sie nicht auf einem der in den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien vorgesehenen Vordrucke erfolgt (Urteil vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R – zit. nach Juris, Rz. 13; Urteil vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R – zit. nach Juris, Rz. 15). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien nur Vertragsärzte binden, die Vorschrift des § 46 SGB V für den Krankengeldanspruch aber keine ,„vertragsärztliche“ Feststellung verlangt. Den gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 46, 49 SGB V) genügt danach jede ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, die in einer schriftlichen Erklärung verkörpert ist und dem Versicherten, seinem Arbeitgeber oder der Krankenkasse ausgehändigt wird (LSG Baden-Württemberg vom 11. Juli 2013 - L 11 KR 2003/13 B – zit. nach Juris, Rz. 7). Die Auskunft vom 6. Juli 2011, die der behandelnde Orthopäde Dr. K. auf Anfrage der Beklagten schriftlich erteilt und dieser übersandt hat, entspricht diesen Vorgaben.
    Hat der Beklagten somit eine ausreichende ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für den streitgegenständlichen Zeitraum vorgelegen, kann sie sich auf das Fehlen weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht berufen. Dies folgt aus dem Regelungszweck der gesetzlichen Bestimmungen. Denn das Erfordernis einer vorgeschalteten ärztlichen Feststellung (§ 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V) soll Missbrauch und praktischen Schwierigkeiten entgegenwirken, die bei einer nachträglichen Behauptung von Arbeitsunfähigkeit und ihrer rückwirkenden Bescheinigung entstehen können. Die Krankenkasse soll insoweit davon freigestellt werden, die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen. Ein Missbrauch oder praktische Schwierigkeiten drohen hingegen nicht, wenn der Krankenkasse – wie im Streitfall – eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bereits vorliegt, die sie ggf. unter Einschaltung des MDK überprüfen kann (vgl. BSG vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R – zit. nach Juris, Rz. 15 ff.; BSG vom 12. März 2013 - B 1 KR 7/12 R – zit. nach Juris, Rz. 15).
    Die Beklagte kann schließlich auch nicht einwenden, dass die Auskunft des behandelnden Orthopäden deshalb als ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung ausscheidet, weil der Arzt die Klägerin am Tag der Ausstellung nicht untersucht hat. Zwar setzt § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V sowohl bei der ärztlichen Erstfeststellung der Arbeitsunfähigkeit als auch bei nachfolgenden Feststellungen unabdingbar die persönliche Untersuchung des Versicherten durch einen Arzt voraus (BSG vom 16. Dezember 2014 - B 1 KR 25/14 R - zit. nach Juris, Rz. 13). Jedoch verlangen weder das Gesetz noch die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien, dass der Arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zeitlich unmittelbar nach der Untersuchung ausstellt oder seine Feststellung im Anschluss an die Untersuchung der Versicherten umgehend der Krankenkasse meldet. Nach den Angaben in seiner Zeugenauskunft hat der behandelnde Orthopäde Dr. K. die Klägerin am 4. Juli 2011 untersucht und wegen des Verdachts eines Sehnenausrisses an die handchirurgische Abteilung des K.-O.-Krankenhauses überwiesen. Da es sich bei dem Sehnenausriss am Ringfinger um ein Krankheitsbild gehandelt hat, das nachvollziehbar eine längere Arbeitsruhe der Klägerin erfordert hat, hat Dr. K. die Bescheinigung vom 6. Juli 2011 auf der Grundlage der Befunde ausstellen können, die er im Rahmen der zwei Tage zuvor durchgeführten Untersuchung erhoben hat und die durch den Befundbericht des K.-O.-Krankenhauses bestätigt worden sind. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hat insofern auf einer Untersuchung der Klägerin durch den Arzt beruht.
    Nach allem steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Krankengeld zu. Die angefochtenen Bescheide sind deshalb aufzuheben.
    Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
    Rechtsmittelbelehrung
    Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
    Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Baden-Württemberg, Hauffstr. 5, 70190 Stuttgart - Postfach 10 29 44, 70025 Stuttgart -, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
    Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Monatsfrist bei dem Sozialgericht Stuttgart, Theodor-Heuss-Str. 2, 70174 Stuttgart, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
    Die Berufungsschrift muss innerhalb der Monatsfrist bei einem der vorgenannten Gerichte eingehen. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
    Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.