18.05.2016 · IWW-Abrufnummer 185921
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 13.04.2016 – 6 A 881/15
Erfolgreiche Klage eines Kriminalhauptkommissars auf Feststellung, dass das beklagte Land zur Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit verpflichtet war.
Zur Frage, ob die Mitwirkung eines Kriminalhauptkommissars im Rahmen eines „scripted-reality“-Formats, bei dem er außerhalb des gespielten, fiktiven Hauptgeschehens eingeblendet wird und informierende Kommentare abgibt, im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW dem Ansehen der Polizei abträglich ist.
Oberverwaltungsgericht NRW
6 A 881/15
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2
Der Antrag hat keinen Erfolg.
3
Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet war, die vom Kläger beantragte Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit (Zeitraum 1. März bis 31. Dezember 2014) zu erteilen. Es sei nicht davon auszugehen, dass die geplante Nebentätigkeit – als Kommentator in den RTL-Produktionen „ “ und „ “, sogenannten „scripted-reality“-Formaten – dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW abträglich sein könne. Unbeachtlich sei, dass das Ministerium für Inneres und Kommunales die Zusammenarbeit mit Produktionsfirmen bestimmter „scripted-reality“-Formate eingestellt bzw. nicht aufgenommen habe. Denn anders als bei der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei, die darauf gerichtet sei, die Aufmerksamkeit gezielt auf die Polizei und ihre Arbeit zu ziehen, habe die Mitarbeit eines Polizeibeamten bei einer „scripted-reality“-Sendung bestenfalls mittelbare Auswirkungen auf die Polizei. Es sei nicht ersichtlich, dass die Zuschauer von dem Verhalten des als objektiver und informierender Kommentator auftretenden Klägers einen (negativen) Rückschluss auf die gesamte Polizei ziehen würden. Solange der Kläger sachlich korrekte und durch seine Erfahrung fundierte Hinweise und Ratschläge gebe, sei nicht zu erkennen, dass die Tätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung schade. Durch die Einblendung des objektiv kommentierenden Klägers außerhalb des gespielten Hauptgeschehens erfolge eine hinreichende Abgrenzung zu diesen ggf. emotional aufgeladenen fiktiven Teilen der Sendungen.
5
Die gegen diese näher begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Es ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nichts dafür ersichtlich, dass die Nebentätigkeit, für die der Kläger eine Genehmigung begehrt hat, dem Ansehen der Polizei im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW hätte abträglich sein können.
6
Wie schon vom Verwaltungsgericht zutreffend zu Grunde gelegt, soll nach dem Wortlaut dieser Regelung bereits die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung ausreichen, um ein Nebentätigkeitsverbot zu begründen. Es kommt darauf an, ob es bei verständiger Würdigung ernsthaft möglich ist, dass die Nebentätigkeit ansehensmindernde Auswirkungen hat. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu beeinträchtigen. Das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit, dass die hoheitlichen Aufgaben gesetzmäßig wahrgenommen und hierbei die sich aus dem Beamtenstatus ergebenden besonderen Pflichten beachtet werden, trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei.
7
Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 – 2 C 32.04 – juris, mit weiteren Nachweisen.
8
Ernstliche Zweifel, dass das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer solchen Ansehensbeeinträchtigung zu Unrecht verneint haben könnte, zeigt das beklagte Land nicht auf. Nicht weiterführend ist in diesem Zusammenhang das Zulassungsvorbringen, es bestünden gerade für junge Zuschauer Schwierigkeiten, zwischen Realität und Inszenierung zu unterscheiden; die frei erfundenen Handlungen seien so produziert, dass sie aussähen wie ein dokumentarisches Format. Denn es ist überhaupt nicht vorgesehen, dass der Kläger an diesen gespielten, fiktiven Handlungen unmittelbar mitwirkt. Vielmehr gibt er ausweislich seiner Beschreibung der Nebentätigkeit (vom fiktiven Hauptgeschehen abgesetzte) kriminalpräventive Kommentare und Ratschläge vor der Kamera, bei der sein Name und seine Amtsbezeichnung eingeblendet werden. Dass die Zuschauer gleichwohl die fiktiven Handlungen dem Kläger in einer – das Ansehen der Polizei schädigenden Weise – zurechnen würden, ist nicht ersichtlich. Daher ist es letztlich auch nicht entscheidend, dass durch die in den Sendungen gesetzten Akzente – wie das beklagte Land vorträgt – das Bild von der polizeilichen Realität verfälscht wird und authentische Polizeiarbeit mit dieser Form der Darstellung nicht viel gemeinsam hat. Ungeachtet dessen dürfte allein der vom beklagten Land betonte Umstand, dass eine nicht authentische Darstellung der Polizeiarbeit zu erwarten sei, nicht zwingend die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung nach sich ziehen. Jedenfalls wird die Wahrscheinlichkeit dessen aber nicht dadurch erhöht, dass der Kläger in den – von den fiktiven Darstellungen abgesetzten – Sequenzen inhaltlich zutreffende Kommentierungen in sachlicher Form vornimmt.
9
Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger – wie das beklagte Land befürchtet – als Kommentator besondere Einsatz- und Ermittlungstaktiken, aber auch bestimmte Führungs- und Einsatzmittel, die nicht allgemein bekannt werden sollten, öffentlich darstellen würde. Der Kläger weist als Kriminalhauptkommissar hinreichende Erfahrungen im Polizeidienst auf und ist ohnehin – auch außerhalb von Fernsehproduktionen – verpflichtet, nicht für die öffentliche Verbreitung vorgesehene Informationen oder sonstige konkrete Inhalte der Polizeiarbeit nicht an Dritte weiterzugeben. Über diese Selbstverständlichkeit ist er sich, wie er in der Antragserwiderung ausdrücklich hervorgehoben hat, auch im Klaren.
10
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11
Die Streitwertfestsetzung/-änderung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats in Verfahren, die die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung betreffen, den Streitwert – ungeachtet der ggf. zu erzielenden Einkünfte – mit dem Auffangwert anzusetzen.
12
Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Mai 2014– 6 A 1544/13 –, vom 13. Januar 2014 – 6 B 1221/13 – und vom 29. April 2011 – 6 A 1665/10 –, alle nrwe.de.
13
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
6 A 881/15
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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Aus den im Zulassungsantrag dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass das beklagte Land verpflichtet war, die vom Kläger beantragte Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit (Zeitraum 1. März bis 31. Dezember 2014) zu erteilen. Es sei nicht davon auszugehen, dass die geplante Nebentätigkeit – als Kommentator in den RTL-Produktionen „ “ und „ “, sogenannten „scripted-reality“-Formaten – dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW abträglich sein könne. Unbeachtlich sei, dass das Ministerium für Inneres und Kommunales die Zusammenarbeit mit Produktionsfirmen bestimmter „scripted-reality“-Formate eingestellt bzw. nicht aufgenommen habe. Denn anders als bei der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei, die darauf gerichtet sei, die Aufmerksamkeit gezielt auf die Polizei und ihre Arbeit zu ziehen, habe die Mitarbeit eines Polizeibeamten bei einer „scripted-reality“-Sendung bestenfalls mittelbare Auswirkungen auf die Polizei. Es sei nicht ersichtlich, dass die Zuschauer von dem Verhalten des als objektiver und informierender Kommentator auftretenden Klägers einen (negativen) Rückschluss auf die gesamte Polizei ziehen würden. Solange der Kläger sachlich korrekte und durch seine Erfahrung fundierte Hinweise und Ratschläge gebe, sei nicht zu erkennen, dass die Tätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung schade. Durch die Einblendung des objektiv kommentierenden Klägers außerhalb des gespielten Hauptgeschehens erfolge eine hinreichende Abgrenzung zu diesen ggf. emotional aufgeladenen fiktiven Teilen der Sendungen.
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Die gegen diese näher begründeten Annahmen des Verwaltungsgerichts erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Es ist auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens nichts dafür ersichtlich, dass die Nebentätigkeit, für die der Kläger eine Genehmigung begehrt hat, dem Ansehen der Polizei im Sinne des § 49 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 LBG NRW hätte abträglich sein können.
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Wie schon vom Verwaltungsgericht zutreffend zu Grunde gelegt, soll nach dem Wortlaut dieser Regelung bereits die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung ausreichen, um ein Nebentätigkeitsverbot zu begründen. Es kommt darauf an, ob es bei verständiger Würdigung ernsthaft möglich ist, dass die Nebentätigkeit ansehensmindernde Auswirkungen hat. Dies ist der Fall, wenn sie geeignet ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Integrität des öffentlichen Dienstes zu beeinträchtigen. Das uneingeschränkte Vertrauen der Öffentlichkeit, dass die hoheitlichen Aufgaben gesetzmäßig wahrgenommen und hierbei die sich aus dem Beamtenstatus ergebenden besonderen Pflichten beachtet werden, trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 – 2 C 32.04 – juris, mit weiteren Nachweisen.
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Ernstliche Zweifel, dass das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer solchen Ansehensbeeinträchtigung zu Unrecht verneint haben könnte, zeigt das beklagte Land nicht auf. Nicht weiterführend ist in diesem Zusammenhang das Zulassungsvorbringen, es bestünden gerade für junge Zuschauer Schwierigkeiten, zwischen Realität und Inszenierung zu unterscheiden; die frei erfundenen Handlungen seien so produziert, dass sie aussähen wie ein dokumentarisches Format. Denn es ist überhaupt nicht vorgesehen, dass der Kläger an diesen gespielten, fiktiven Handlungen unmittelbar mitwirkt. Vielmehr gibt er ausweislich seiner Beschreibung der Nebentätigkeit (vom fiktiven Hauptgeschehen abgesetzte) kriminalpräventive Kommentare und Ratschläge vor der Kamera, bei der sein Name und seine Amtsbezeichnung eingeblendet werden. Dass die Zuschauer gleichwohl die fiktiven Handlungen dem Kläger in einer – das Ansehen der Polizei schädigenden Weise – zurechnen würden, ist nicht ersichtlich. Daher ist es letztlich auch nicht entscheidend, dass durch die in den Sendungen gesetzten Akzente – wie das beklagte Land vorträgt – das Bild von der polizeilichen Realität verfälscht wird und authentische Polizeiarbeit mit dieser Form der Darstellung nicht viel gemeinsam hat. Ungeachtet dessen dürfte allein der vom beklagten Land betonte Umstand, dass eine nicht authentische Darstellung der Polizeiarbeit zu erwarten sei, nicht zwingend die Möglichkeit einer Ansehensbeeinträchtigung nach sich ziehen. Jedenfalls wird die Wahrscheinlichkeit dessen aber nicht dadurch erhöht, dass der Kläger in den – von den fiktiven Darstellungen abgesetzten – Sequenzen inhaltlich zutreffende Kommentierungen in sachlicher Form vornimmt.
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Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger – wie das beklagte Land befürchtet – als Kommentator besondere Einsatz- und Ermittlungstaktiken, aber auch bestimmte Führungs- und Einsatzmittel, die nicht allgemein bekannt werden sollten, öffentlich darstellen würde. Der Kläger weist als Kriminalhauptkommissar hinreichende Erfahrungen im Polizeidienst auf und ist ohnehin – auch außerhalb von Fernsehproduktionen – verpflichtet, nicht für die öffentliche Verbreitung vorgesehene Informationen oder sonstige konkrete Inhalte der Polizeiarbeit nicht an Dritte weiterzugeben. Über diese Selbstverständlichkeit ist er sich, wie er in der Antragserwiderung ausdrücklich hervorgehoben hat, auch im Klaren.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung/-änderung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats in Verfahren, die die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung betreffen, den Streitwert – ungeachtet der ggf. zu erzielenden Einkünfte – mit dem Auffangwert anzusetzen.
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Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Mai 2014– 6 A 1544/13 –, vom 13. Januar 2014 – 6 B 1221/13 – und vom 29. April 2011 – 6 A 1665/10 –, alle nrwe.de.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
RechtsgebietNebentätigkeit Nebentätigkeitsgenehmigung scripted-reality-Sendung scripted-reality-Format