27.10.2020 · IWW-Abrufnummer 218573
Arbeitsgericht Iserlohn: Beschluss vom 14.01.2020 – 2 BV 5/19
1. Eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG seitens des Betriebsrats ist bei einem massiven Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen, der Missachtung der Vertraulichkeit persönlicher Information durch entsprechende Weitergabe an Dritte, der Verletzung von Geheimhaltungspflichten und zum anderen bei einer massiven Verletzung des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber gegeben. Auch die Billigung, Förderung und Unterstützung gesetzeswidrigen Verhaltens einzelner Betriebsratsmitglieder durch den gesamten Betriebsrat kann eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG darstellen.
2. Die Sammlung von mehr als 150 MB an Daten u.a. in Form von Abschriften von E-Mails, Schriftsätzen, Kalenderauszügen, behördlichen Bescheiden, Rechnungen Konzeptzeichnungen, Urlaubsanträgen, Vertragstexten Präsentationen, Produktlinienkonzepten Bedarfsanforderungen, Lieferantenterminplänen, „Business Acquisation Planning“, tabellarischen Auflistungen von Kundenanfragen hinsichtlich zu produzierender Teile und an den Betriebsrat gerichtete Aktennotizen durch den Betriebsrat und die spätere Zurverfügungstellung gegenüber Dritten stellen massive Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen, gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und eine massive Überschreitung der dem Betriebsrat nach dem BetrVG eingeräumten Kompetenzen dar.
3. Die grobe Pflichtverletzung muss vom Betriebsrat als Gremium begangen worden sein bzw. diesem zurechenbar sein. Gleichzeitige, jedoch nur dem Einzelnen zurechenbare Pflichtverletzungen rechtfertigen nicht die Auflösung des BR, sondern lediglich den Ausschluss des jeweiligen Betriebsratsmitglieder. Anders als beim Ausschluss eines einzelnen Betriebsratsmitglieds setzt die Verletzung gesetzlicher Pflichten durch den Betriebsrat kein Verschulden voraus. Das Verhalten von Betriebsratsmitgliedern kann dem Betriebsrat auch nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung zugerechnet werden.
4. § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG findet auch auf die Auflösung des Betriebsrats im Rahmen des Restmandats nach § 21b BetrVG unbeschränkt Anwendung.
Tenor:
Gründe
Die Antragsteller (im Folgenden bei gemeinsamer Nennung: die Arbeitgeberinnen) begehren die Auflösung des Betriebsrats ihres Gemeinschaftsbetriebes und hilfsweise den Ausschluss des Vorsitzenden des Betriebsrats.
Die Arbeitgeberinnen sind Unternehmen der Automobilzulieferungsbranche und gehören der E-Unternehmensgruppe an, wobei die Antragstellerin zu 1) die Gesellschafterin der Antragstellerin zu 2) ist. Sie unterhielten jedenfalls bis zum 30.04.2019 einen Gemeinschaftsbetrieb mit zuletzt ca. 268 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Für diesen Betrieb ist ein Betriebsrat, der Beteiligte zu 3), bestehend aus neun Betriebsratsmitgliedern, eingerichtet. Zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft, der E GmbH (im Folgenden: E L&B GmbH) unterhielt die Antragstellerin zu 2) zudem einen Gemeinschaftsbetrieb. Jedenfalls die Antragstellerin zu 2) nahm bisher nach ihrem Vortrag in beim Arbeitsgericht Iserlohn im Jahr 2019 geführten Kündigungsschutzverfahren u.a. zentral betriebsübergreifende Aufgaben für die Unternehmensgruppe wahr, wie etwa den Einkauf, die Akquise von Kundenaufträgen und Projekten sowie die technische Planung und Entwicklung von neuen Produkten nebst entsprechenden Produktionsverfahren.
Nachdem im Jahr 2017 verschiedene Restrukturierungsversuche der Tochtergesellschaft der Antragstellerin zu 2), der E L & B GmbH, betreffend die Standorte gescheitert waren und im September 2017 außerdem ein Großbrand in dem Werk der Tochtergesellschaft zwei bedeutende Produktionsanlagen zerstört hatte, traf die Konzernobergesellschaft, die E B Systems im April 2018 die Entscheidung, die Standorte der E-Unternehmensgruppe nur noch bis zum 30.04.2019 fortzuführen und zu finanzieren. Sie wiese sodann die entsprechenden E Gesellschaften dazu an, den gesamten operativen Geschäftsbetrieb in Q1 zum 30.04.2019 einzustellen.
Am 24.04.2018 informierten die Arbeitgeberinnen den Betriebsrat und die Belegschaft über die Sachlage und nahmen sodann Verhandlungen über einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat auf
Durch Entscheidungen des Arbeitsgerichts Iserlohn (2 BV 21/18) und des Landesarbeitsgerichts Hamm (13 TaBV 48/18) vom 26.07.2018 bzw. 07.09.2018 wurde eine Einigungsstelle zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs eingesetzt. Der Betriebsrat hat in den Verhandlungen insbesondere thematisiert, dass durch ein anderes Unternehmen der E-Gruppe ein Tech-Center eingerichtet werden solle. Am 05.10.2018 wurde durch förmlichen Beschluss der Einigungsstelle deren Scheitern festgestellt.
Am 09.10.2018 sollen die Arbeitgeberinnen nach ihrem Vortrag in den entsprechenden beim Arbeitsgericht Iserlohn geführten Kündigungsschutzverfahren die unternehmerische Entscheidung getroffen haben, den Gemeinschaftsbetrieb in Q1 zum 30.04.2019 zu schließen und allen Arbeitnehmern eine Kündigung der Arbeitsverhältnisse zum 30.04.2019, hilfsweise zum darauf folgenden nächst möglichen Termin auszusprechen.
Die E B Systems GmbH mit Sitz in E, ein weiteres Unternehmen der E-Gruppe, plante im ehemaligen Postgebäude in M mit einer Größe von ca. 2.300 qm die Eröffnung eines neuen Betriebs zum 01.05.2019. Dabei handelt es sich um ein T Center, das von der E GmbH als „zentralisierte Innovationsentwicklung ohne direkt angehängte Produktion“ bezeichnet wird. Nach dem geltenden Bebauungsplan sind dort ausschließlich Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude sowie nicht störende Gewerbebetriebe zulässig. Die E GmbH bot zumindest 85 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Arbeitgeberinnen eine Beschäftigung an ihrem neuen Standort in M an und übersendete diesen Arbeitnehmern neue Arbeitsvertragsentwürfe.
Im Oktober und in der Folgezeit unterrichteten die Arbeitgeberinnen den Betriebsrat schriftlich unter Angabe der Sozialdaten sowie Mitteilung des der Kündigung zugrundeliegenden Sachverhalts über die beabsichtigten Kündigungen. Der Betriebsrat widersprach den Kündigungen mit überwiegend gleichlautenden Begründungen.
Die Arbeitgeberinnen sprachen in Umsetzung ihrer unternehmerischen Entscheidung im Oktober 2018 und in den Folgemonaten gegenüber sämtlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Gemeinschaftsbetriebs betriebsbedingte Kündigung aus bzw. stellten zunächst, soweit erforderlich, entsprechende Anträge auf behördliche Zustimmung zum Ausspruch im Hinblick auf betriebsbedingte Kündigungen der Arbeitsverhältnisse.
Am 13.12.2018 versandte der Betriebsratsvorsitzende unter der E-Mail-Adresse … an die E-Mail-Adressen … folgende E-Mail mit entsprechenden Anlagen:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
zu den ihren Kanzleien anhängigen Kündigungsschutzverfahren hat der Betriebsrat mittlerweile etliche Unterlagen sammeln können.
Diese sind sehr umfangreich und aus unserer Sicht nicht ohne Kommentar oder Anleitung nutzbar.
Außerdem hat der komplette Ordner eine Dateigröße von mehr als 150 MB und würde jeden Mail-Server sprengen.
Wir haben uns daher die Mühe gemacht ein Verzeichnis der Ordnerstruktur anzulegen und übersenden Ihnen dieses Dokument als Anlage.
Den Schwerpunkt der Klagen würden wir, wie schon in den jeweiligen Stellungnahmen des Betriebsrats zu den Kündigungen genannt, auf ein Betriebs- zumindest aber Teilbetriebsübergang, stützen. Dazu haben wir etliche Unterlagen gesammelt und können heute sagen, dass es konkrete Arbeitsvertragsangebote für das neue E Center in M an zwei 90 Beschäftigte (dem Betriebsrat namentlich bekannt) gibt.
Diese betreffen annähernd alle Bereiche des Betriebs. Zudem bleibt die heute bestehende Organisation auch am neuen Standort in M erhalten (schon bedingt durch die N Organisation). Zur Verdeutlichung hängen wir den Vergleich der Beschäftigten zahlen nach Bereichen als Anlage an.
Um für unsere Kolleginnen und Kollegen das Bestmögliche zu erreichen stehen wir weiterhin für alle Anfragen und Informationen zur Verfügung. Bitte nutzen Sie zu den Anfragen diese Mail-Adresse. Eventuell käme ja auch ein gemeinsamer Termin zur Abstimmung/Informationsaustausch in Frage. Zu einem solchen erwarten wir gerne Ihre Vorschläge oder Stellungnahmen.
Viele Grüße,
L Betriebsratsvorsitzender
Den Empfängern dieser E-Mail wurde zudem ein Link zur Verfügung stellt und sobald man diesen aufrief, hatte man die Möglichkeit, den kompletten Ordner mit einer Dateigröße von mehr als 150 MB ohne einen Passwortschutz herunterzuladen. Der entsprechende Ordner mit den Dateien war in einer Cloud vom Anbieter T gespeichert und sei nach der Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden im Gütetermin vom 9.5.2019 von dem Betriebsrat privat angelegt worden.
Im Gütetermin am 9.5.2019 hat der Betriebsratsvorsitzende ferner mehrfach erklärt, dass der gesamte Betriebsrat damit einverstanden gewesen sei, dass die E-Mail vom 13.12.2018 an die entsprechenden Rechtsvertreter versandt wurde. Auch mit der Zurverfügungstellung der entsprechenden Daten, die in dieser E-Mail erwähnt worden sind, sei der gesamte Betriebsrat einverstanden gewesen. Weder der Betriebsratsvorsitzende noch der Prozessbevollmächtigte des Betriebsrats haben in dem mindestens 20 bis 30 Minuten dauernden Gütetermin am 9.5.2019, in dem auch Vertreter des Betriebsrats anwesend gewesen sind, nach den vorgenannten Ausführungen und auch nach weiteren Erörterungen der Sach- und Rechtslage zu keinem Zeitpunkt erklärt, dass ein Alleingang des Betriebsratsvorsitzenden und des Betriebsratsmitglieds P vorgelegen habe.
Ende Januar 2019 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Arbeitgeberinnen in einem zum Aktenzeichen 4 Ca 1536/18 vor dem Arbeitsgericht Iserlohn gegen die E B Q1 GmbH geführten Kündigungsschutzverfahren ein Schriftsatz von Rechtsanwalt aus I zugestellt, in dem dieser Rechtsanwalt ausführte, dass ihn der Betriebsrat darüber informiert habe, dass diesem ein Auszug aus dem persönlichen Outlook-Kalender von K, Vice Präsident der E B Gruppe vorliege. Nach den Angaben von Rechtsanwalt U hätte der Betriebsrat diesen Kalenderauszug in seinem Briefkasten „gefunden“, ohne zu wissen, wer ihn dort reingelegt habe. Die Arbeitgeberinnen erklären hierzu, dass K dem Betriebsrat einen entsprechenden Auszug aus ihrem persönlichen Kalender nicht zur Verfügung gestellt und auch gegenüber niemanden eine Einwilligung erteilt habe, auf ihren Kalender zuzugreifen, diesen ausdrucken oder gar weiterzugeben.
Im Kündigungsschutz zum Aktenzeichen 3 Ca 1528/18 legte der dortige Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwalt mit Schriftsatz vom 15.2.2019 eine an den Betriebsrat adressierte und nicht anonymisierte Durchschrift eines Bescheides der Bezirksregierung Arnsberg vor, mit welchem die Bezirksregierung auf Antrag der Arbeitgeberin die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einer schwangeren Arbeitnehmerin für zulässig erklärt hat. Der Bescheid enthält neben dem Namen der Arbeitnehmerin auch Angaben zu ihrer Schwangerschaft und zum voraussichtlichen Entbindungstermin. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie Bezug genommen (Bl. 15-26 der Akte). Des Weiteren legte Rechtsanwalt C1eine von dem Betriebsrat erstellte und nicht anonymisierte Liste der in dem Betrieb der Arbeitgeberinnen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor. Diese Liste enthält Namen und Vornamen aller in dem Betrieb der Arbeitgeberinnen zum Zeitpunkt der Erstellung der Liste beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Angaben zu ihrer Tätigkeit/Position, die konkrete Angabe der Entgeltgruppe bzw. in entsprechenden Fällen die Angabe „AT“ und Angaben dazu, ob diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Angebot eines Neuvertrages für das T Center in M bekommen haben. Zudem ist insoweit eine Sortierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Hinblick auf Abteilungen in dem Betrieb der Arbeitgeberinnen vorgenommen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte gereichte Kopie der Liste Bezug genommen, wobei es sich insoweit um eine Kopie handelt, bei der die Namen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geschwärzt worden sind (vergleiche Bl. 27-28a der Akte).
Mit ihren am 12.03.2019 beim Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Anträgen begehren die Arbeitgeberinnen die Auflösung des Betriebsrats und hilfsweise den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat.
Die Arbeitgeberinnen sind der Auffassung, dass der Antrag auf Auflösung des Betriebsrats gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG begründet sei, da der Betriebsrat in grober Weise gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen habe. So habe der Betriebsrat dadurch in grober Weise seine gesetzlichen Pflichten verletzt, dass er sensible personenbezogene Daten, unter anderem Gesundheitsdaten und Entgeltdaten ohne Einwilligung der betroffenen Person an einen breiten Empfängerkreis von externen Dritten weitergegeben habe, ohne dass hierfür eine sachliche Rechtfertigung erkennbar wäre. Außerdem liege ein grober Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit vor durch die unerlaubte Weitergabe von personenbezogenen Daten an Dritte. Der Betriebsrat habe hierbei erkennbar danach gestrebt, den Arbeitgeberinnen Schaden zuzufügen. Dies versuche er unter anderem dadurch, dass er die Wirksamkeit der von den Arbeitgeberinnen aufgrund der Betriebsstilllegung ausgesprochenen Kündigungen in der Öffentlichkeit und konkret gegenüber Rechtsvertretern der klagenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer infrage stelle, um damit mittelbar zu verhindern, dass die unternehmerische Entscheidung zur Stilllegung umgesetzt werde. Letztlich versuche der Betriebsrat damit, gezielt rechtswidrig und unter Umgehung der ihm durch das BetrVG an die Hand gegebenen Instrumentarien die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Arbeitgeberinnen zu untergraben. Dabei sei der Betriebsrat geradezu konspirativ vorgegangen.
Zumindest sei der Betriebsratsvorsitzende, sofern ein unabgestimmter „Alleingang“ von diesem vorgenommen worden sei, aus dem Betriebsrat auszuschließen. Letztlich sei allerdings insbesondere auch vor dem Hintergrund der Ausführungen des Betriebsratsvorsitzenden im Gütetermin davon auszugehen, dass das gesamte Betriebsratsgremium die entsprechenden Handlungen mitgetragen habe. Soweit der Betriebsrat nunmehr anders vorträgt, handele es sich um unwahre Schutzbehauptungen. Auch seien die nunmehr getätigten Ausführungen vor dem Hintergrund der erst am 4.4.2019 stattgefundenen Betriebsratssitzung nicht nachvollziehbar.
Die Arbeitgeberinnen bestreiten ferner mit Nichtwissen, dass nach der Betriebsratssitzung am 4.4.2019 die veröffentlichten Daten gelöscht worden seien. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand der Zurverfügungstellung eines „Verzeichnisses der Ordnerstruktur“ in einer dort angegebenen Version vom 10.04.2019. Auch würden eine Vielzahl der dem Gericht und den Arbeitgeberinnen zur Verfügung gestellten Dokumente „makellos“ und wie „frisch gedruckt“ erscheinen. Der Betriebsrat dürfe gute Gründe dafür haben, weshalb er vorspiegele, nicht mehr über die Daten in digitaler Form zu verfügen, weil sich bei Vorlage der Daten in digitaler Form herausstellen würde, dass die Pflichtverletzungen nochmals weit schwer schwerwiegender seien als bislang angenommen. So sei anzunehmen, dass die seitens der Arbeitgeberinnen in Kopie zur Gerichtsakte gereichte Liste im Hinblick auf sämtliche in dem Gemeinschaftsbetrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tatsächlich als Excel Datei vorhanden sei, die vermutlich sämtliche dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Sozialdaten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, mithin Geburtsdaten, Eintrittsdaten, Angaben über eine Schwerbehinderung oder Gleichstellung, Angaben zum Familienstand und zu Unterhaltsverpflichtung sowie zur Steuerklasse und zu den Anschriften der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer enthalten würde. Dies folge aus dem Umstand, dass in einem anderen Kündigungsschutzverfahren eine andere Variante der Liste mit anderer Zusammenstellung der Spalten und Skalierung vorgelegt worden ist.
Des Weiteren sei davon auszugehen, dass die nicht von dem Betriebsrat dem Gericht und den Arbeitgeberinnen zur Verfügung gestellten Dokumente, die in dem „Verzeichnis der Ordnerstruktur“ genannt werden, personenbezogene Daten und empfindliche Geschäftsgeheimnisse der E-Gruppe enthalten würden
Die Arbeitgeberinnen beantragen,
1.
den Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebs der E I Germany GmbH und der E GmbH aufzulösen;
2.
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.), den Vorsitzenden des Betriebsrats L S aus dem Betriebsrat auszuschließen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 4.7.2019 trägt der Betriebsrat vor, dass er sich nicht als Gremium damit befasst habe, ob der Betriebsratsvorsitzende die E-Mail vom 13.12.2018 nebst Anlagen verschicken und anschließend weitere Daten an die Rechtsanwälte der gekündigten Arbeitnehmer bereitstellen solle. Bei der Aussage des Betriebsratsvorsitzende im Gütetermin am 9.5.2019 handle es sich um eine spontane Aussage, die nicht so verstanden werden könne, dass der Betriebsrat sich im Rahmen einer Betriebsratssitzung damit befasst bzw. hierzu einen Beschluss gefasst habe. Im Rahmen der Betriebsausschuss- bzw. Betriebsratssitzungen habe der Betriebsratsvorsitzende lediglich berichtet, dass ihn ca. 100 Anfragen von Beschäftigten bzw. deren Prozessbevollmächtigten erreicht hätten die sich darauf bezogen hätten, ob dem Betriebsrat Informationen vorliegen würden, anhand derer in den Kündigungsschutzverfahren dargelegt werden könne, dass die ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung zum 30.4.2019 unwirksam seien bzw. dass gegebenenfalls ein Nachteilsausgleichsanspruch entstanden sei. Der Betriebsratsvorsitzende habe ferner mitgeteilt, dass er und das Betriebsratsmitglied E P diese Anfragen bearbeiten wollen würden, um die betroffenen Arbeitnehmer zu unterstützen. Dieser Vorgehensweise habe kein Betriebsratsmitglied widersprochen. Die Unterlagen seien von dem Betriebsratsvorsitzenden und diesem Betriebsratsmitglied, welches auch das E-Mail Postfach eingerichtet habe, in einem elektronischen Ordner zusammengestellt worden. Erst hinterher habe der Betriebsratsvorsitzende sowohl die Betriebsausschuss- als auch die Betriebsratsmitglieder darüber informiert, dass die Anfragen beantwortet worden und auch Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien. Es sei zunächst nicht mitgeteilt worden, welche konkreten Unterlagen in dem elektronischen Ordner gespeichert worden seien. Dies sei erst in der Betriebsratssitzung am 4.4.2019, also nach Zustellung der Antragsschrift thematisiert worden.
Die Übermittlung der E-Mail vom 13.12.2018 und die darauf folgende Bereitstellung von Daten sei durch den Betriebsratsvorsitzenden und das Betriebsratsmitglied P allein zu dem Zweck erfolgt, „alle gekündigten Arbeitnehmer aufgaben- und pflichtgemäß bei der Geltendmachung ihrer Rechte in ihren Kündigungsschutzprozessen zu unterstützen“. Soweit in der zur Gerichtsakte gereichten Kopie der angefertigten Liste entsprechende Angaben hinsichtlich der Abteilung, Tätigkeit/Position, Entgeltgruppe, Name und Vorname und im Hinblick auf das Angebot eines Neuvertrages enthalten sind, sei die Weitergabe aus Sicht des Betriebsratsvorsitzenden und des Betriebsratsmitglieds P erforderlich gewesen, weil die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit gekündigten Arbeitsverhältnissen ohne diese Information nicht dazu in der Lage seien, darzulegen, dass eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Gemeinschaftsbetriebes aus verschiedenen Bereichen Angebote zur Fortsetzung ihrer Arbeitsverhältnisse bei einem Unternehmen des E-Konzerns, nämlich der E GmbH in M erhalten hätten. Hierbei handele es sich um eine erhebliche Information, um einerseits in einem arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozess darlegen zu können, dass die Arbeitgeberinnen in Wirklichkeit einen Betriebs(teil-)übergang durchgeführt hätten und andererseits um die eigene Rechtsposition bewerten zu können, inwieweit eine Vergleichbarkeit mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestünde, die ein Angebot erhalten hätten. Außerdem seien die Daten lediglich Rechtsanwälten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des gemeinsamen Betriebs im Rahmen von Kündigungsprozessen vertreten, zur Verfügung gestellt worden, welche ihrerseits einer berufsrechtlichen Schweigepflicht unterliegen würden. Es habe keine Absicht bestanden, die Arbeitgeberinnen zu schädigen. Es sei ihnen darum gegangen sämtliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit den gleichen Informationen im Hinblick auf arbeitsgerichtliche Verfahren auszustatten.
Das Betriebsratsmitglied P habe, so der Vortrag des Rechtsvertreters des Betriebsrats mit Schriftsatz vom 4.7.2019, die Daten in dem elektronischen Ordner, auf den nur er und der Betriebsratsvorsitzende Zugriff gehabt hätten, nach entsprechender Beratung in der Betriebsratssitzung am 4.4.2019 gelöscht. Weder er noch der Betriebsratsvorsitzende hätten danach weitere Daten zur Verfügung gestellt. Außerdem seien keine weiteren Daten an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bzw. deren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Verfügung gestellt worden.
Die Arbeitnehmerin, von welcher der Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg im Kündigungsschutzverfahren zum Aktenzeichen 3 Ca 1528/19 eingereicht worden war, habe vor der Zurverfügungstellung dieses Bescheides in die entsprechende Verwendung gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden eingewilligt und diese Einwilligung auch nachträglich gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden bestätigt.
Die Arbeitgeberinnen hätten in der Vergangenheit regelmäßig auch sensible Daten, z.B. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 79 BetrVG und personenbezogene Daten unverschlüsselt per E-Mail bzw. als unverschlüsselte Anlagen zu Träger-E-Mails an den Betriebsrat übermittelt. Entsprechend habe der Betriebsrat von den Arbeitgeberinnen alle Informationen im Rahmen des Interessenausgleichsverfahrens zur Betriebsstilllegung, bis auf die Sozialdatenliste, unverschlüsselt per E-Mail bzw. als unverschlüsselte Anlagen zu Träger-E-Mails erhalten. Dem Betriebsrat sei von den Arbeitgeberinnen auch kein IT-Sicherheitskonzept vorgestellt worden, in der grundlegende technische und organisatorische Maßnahmen dargestellt werden, die der Betriebsrat bei der Datenübermittlung zur Überlassung von Datenschutz und Datensicherheit beachten solle.
Der Auszug aus dem persönlichen Outlook-Kalender von K A, Vice Präsident der E B Gruppe sei von unbekannter Seite in den Briefkasten des Betriebsrats eingeworfen worden. Seine eigenen Nachforschungen hätten ergeben, dass K A ihren Kalender einstellungsseitig freigegeben hätte und dementsprechend ihre Kalendereinträge betrieblich bekannt seien.
Der Hauptantrag sei unbegründet, weil ihm, dem Betriebsrat, keine grobe Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG vorgeworfen werden könne. Die weitere Amtsausübung sei nicht untragbar, weil er, der Betriebsrat, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu informieren und auf ihre Möglichkeiten gerichtlicher Schritte hinzuweisen habe, wenn Rechtsverstöße die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beeinträchtigen würden. Des Weiteren gehöre zu seinen Pflichten, die Arbeitnehmern und Arbeitnehmer auf festgestellte Missstände aufmerksam zu machen und sie über ihre Rechte aufzuklären. Die Weitergabe der Daten an die Rechtsanwälte der jeweiligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sei nicht willkürlich oder in Schädigungsabsicht erfolgt sondern aus einem Pflichtbewusstsein heraus, die Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer soweit wie möglich zu unterstützen. Entsprechendes sei im Rahmen einer Stellungnahme gemäß § 102 BetrVG bzw. einer Stellungnahme gemäß § 3 KSchG zu ein Kündigungsanspruch jedenfalls möglich. Es bestünde auch keine Wiederholungsgefahr. Auch hätte zunächst im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung seitens der Arbeitgeberinnen ausgesprochen werden müssen.
Die Auflösung komme zudem bereits deshalb nicht in Betracht, weil er, der Betriebsrat, als Organ nicht gehandelt habe. Des Weiteren sei seine Auflösung im Rahmen seines Restmandats nicht möglich, weil eine Neuwahl nicht möglich sei. Insoweit gehe er davon aus, dass nach dem 30.4.2019 kein gemeinsamer Betrieb der Arbeitgeberin mehr bestünde und sich dementsprechend sein Vollmandat gemäß § 21b BetrVG in ein Restmandat gewandelt habe. Nach seiner Kenntnis bestünden keine Arbeitsverhältnisse mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr, für die er zuständig wäre. Aus seiner Sicht sei im Rahmen seines Restmandats einzig und allein noch die Aufstellung eines Sozialplans offen.
Dem Betriebsratsvorsitzenden könne auch keine grobe Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten vorgeworfen werden. Außerdem habe er nicht schuldhaft gehandelt, sondern in der Annahme, er dürfe die Informationen im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit als Interessenvertreter der Arbeitnehmerschaft im Betrieb an die Rechtsanwälte der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer herausgeben, weil es seine Aufgabe bzw. Pflicht sei, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterstützen und zu informieren. Er habe zumindest einem entschuldbaren Irrtum über seine Handlungsbefugnisse unterlegen.
Unter dem 8.7.2019 hat der Betriebsrat als Anlagen zur Gerichtsakte zwei Ordner überreicht mit insgesamt 928 Seiten. Hierbei soll es sich um eine erneute Zusammenstellung der Unterlagen handeln, die in dem elektronischen Ordner in der Cloud gespeichert worden seien, soweit diese noch vorhanden gewesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie die Terminprotokolle und die als Anlagen zur Gerichtsakte gereichten Ordner Bezug genommen.
II.
Der Hauptantrag ist zulässig. Die Antragsbefugnis der Arbeitgeberinnen ergibt sich insoweit unzweifelhaft aus § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Beteiligte des Verfahrens sind im Hinblick auf den Hauptantrag die Arbeitgeberinnen und der Betriebsrat, vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden.
Der Antrag auf Auflösung ist zudem begründet. Der Betriebsrat des Gemeinschaftsbetriebes der Arbeitgeberinnen ist gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG wegen grober Pflichtverletzung aufzulösen.
1.
Nach § 23 Abs. 1 BetrVG hat unter anderem der Arbeitgeber das Recht, beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds des Betriebsrats oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten zu beantragen.
Eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG ist zum einen durch einen massiven Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen, die Missachtung der Vertraulichkeit persönlicher Information durch entsprechende Weitergabe an Dritte, die Verletzung von Geheimhaltungspflichten und zum anderen durch eine massive Verletzung des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber gegeben.
a)
Nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. z.B. BAG, Beschluss vom 22. Juni 1993 ‒ 1 ABR 62/92) kommt eine Auflösung des Betriebsrats nach § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG in Betracht, wenn dieser grob gegen seine Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz verstoßen hat, so dass unter Berücksichtigung aller Umstände die weitere Amtsführung des Betriebsrats untragbar erscheint. Ein Verschulden des Betriebsrats ist dabei nicht erforderlich.
Als grobe Pflichtverletzungen kommen insbesondere die grundsätzliche Missachtung der Gebote des § 2 Abs. 1 BetrVG im Hinblick auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (ArbG Krefeld, Beschluss vom 6.2.1995 ‒ 4 BV 34/94, NZA 1995, 803; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, 29. Aufl. 2018, BetrVG § 23 Rn. 37) und die Weitergabe vertraulicher Vorgänge und Daten an Dritte (ErfK/Koch, 20. Aufl. 2020, BetrVG § 23 Rn. 5) in Betracht.
Die grobe Pflichtverletzung muss vom Betriebsrat als Gremium begangen worden sein bzw. diesem zurechenbar sein. Gleichzeitige, jedoch nur dem Einzelnen zurechenbare Pflichtverletzungen rechtfertigen nicht die Auflösung des BR, sondern lediglich den Ausschluss des jeweiligen Betriebsratsmitglieder (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, 29. Aufl. 2018, BetrVG § 23 Rn. 39).
Anders als beim Ausschluss eines einzelnen Betriebsratsmitglieds setzt die Verletzung gesetzlicher Pflichten durch den Betriebsrat kein Verschulden voraus. Ein Verschulden einzelner oder der Mehrheit der Betriebsratsmitglieder kommt, soweit es überhaupt feststellbar ist, nicht in Betracht, da nicht die Verletzung der Pflichten eines oder der einzelnen Betriebsratsmitglieder in Frage steht. Es kommt vielmehr darauf an, ob der BR als Gremium objektiv grob pflichtwidrig gehandelt hat. Unerheblich ist, ob alle Betriebsratsmitglieder an der Pflichtverletzung teilhaben (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, 29. Aufl. 2018, BetrVG § 23 Rn. 40).
b)
Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Sammlung und Zurverfügungstellung von mehr als 150 MB an Daten u.a. in Form von Abschriften von E-Mails, Schriftsätzen, Kalenderauszügen, behördlichen Bescheiden, Rechnungen Konzeptzeichnungen, Urlaubsanträgen, Vertragstexten Präsentationen, Produktlinienkonzepten Bedarfsanforderungen, Lieferantenterminplänen, „Business Acquisation Planning“, tabellarischen Auflistungen von Kundenanfragen hinsichtlich zu produzierender Teile und an den Betriebsrat gerichtete Aktennotizen sich nach Auffassung der Kammer offensichtlich als massive Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen, gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit und eine massive Überschreitung der dem Betriebsrat nach dem BetrVG eingeräumten Kompetenzen darstellen.
Im Einzelnen ist insoweit folgendes auszuführen:
aa)
Bereits das methodische Vorgehen hinsichtlich der Sammlung von Daten in einem beispiellosen Umfang und in einer systematischen Art und Weise stellen sich nach Auffassung der Kammer als Handlungen dar, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Beteiligten als nicht mehr möglich erscheinen lassen. Das systematische Vorgehen wird bereits durch die sechs Seiten umfassende Darstellung der Ordnerstruktur in der dort angegebenen Version vom 10.04.2019 (vergleiche Ordner 1 Bl. 2-6) verdeutlicht. Die gesammelten Unterlagen wurden hierbei den dort gebildeten Kategorien „Betriebsübergang“, „Konsultationsverfahren“; „IA“, „SP“, „alte Ansprüche“ und „Presse“ zugeordnet. Insoweit erfolgt allerdings nicht bloß eine entsprechende Einteilung der Dokumente, sondern es folgen Rechtsausführungen und Kommentierungen. So finden sich in dem Verzeichnis der Ordnerstruktur beispielhaft etwa folgende Aussagen:
„Dieser Ordner beinhaltet alle Informationen die bis jetzt gesammelt werden konnten, um zumindest ein Teil-Betriebsübergang darstellen zu können.“ (vergleiche Ordner 1 Bl. 2)
„Entgegen den Aussagen der Arbeitgeberinnen, dass die Maßnahmen zu einem neuen Standort ausschließlich von Dritten getätigt würden und Niemand in den hier betroffenen Unternehmen eingebunden sei, nahmen die Aktivitäten von einigen Vorgesetzten im Hause zu. Einige Informationen dazu konnte der Betriebsrat sammeln bzw. fanden sich im Postfach des Betriebsrats.“ (vergleiche Ordner 1 Bl. 2)
„Gegen die vollständige Stilllegung des Betriebes sprechen die nach wie vor vollumfänglichen Aktivitäten etlicher Beschäftigter zur Angebotsabgabe und der Annahme von Neuaufträgen. Bei der Aufstellung der für das jeweilige Projekt verantwortlichen Personen werden in großer Anzahl Beschäftigte des Betriebs genannt. Sowohl die internen Planung im weltweit genutzten SharePoint als auch die Präsentation zur Vorstellung beim Kunden zeigen die zuständigen Personen (größtenteils Beschäftigte des Betriebs) und die Darstellung des neuen Standortes in M.“ (vergleiche Ordner 1 Bl. 4)
„Zu der Massenentlassungsanzeige gab es mehrere Anträge. Mit dem BR haben dazu keine gesonderten Termine stattgefunden. Zuletzt konnte kein Termin vereinbart werden. Durch die andauernden Eigenkündigung kam es im Laufe der Zeit zu abweichenden Personen zu zahlen. Bei der Anzahl der Schwerbehinderten kam es ebenfalls Unstimmigkeiten. (…)“ (vergleiche Ordner 1 Bl. 4)
Es folgen sodann die entsprechenden Unterlagen mit einem Umfang von 921 Seiten. Die Tatsache, dass die Unterlagen kategorisiert und nummeriert worden sind, zeigt, dass hier in einem größeren zeitlichen Umfang mit vielen Stunden an entsprechender Arbeit systematisch gehandelt wurde, wobei der konkrete Inhalt der einzelnen Unterlagen im Einzelnen vor dem Hintergrund der Kategorisierung offensichtlich analysiert worden ist. Auch dürfte es sich vielfach, soweit nicht im Hinblick auf einzelne Unterlagen konkret etwas anderes behauptet wird, um Unterlagen handeln, die dem Betriebsrat bzw. dem Betriebsratsvorsitzenden im Rahmen der Verrichtung seiner Betriebsratstätigkeiten zur Kenntnis gelangt worden sein dürften. Bereits hierbei handelt es sich nach Auffassung der Kammer um ein beispielloses Vorgehen eines Betriebsrats. Das gesamte BetrVG sieht an keiner Stelle vor, dass ein Betriebsrat bzw. ein Betriebsratsmitglied über einen längeren Zeitraum von mindestens mehreren Monaten Unterlagen sammelt, analysiert, kategorisiert und im Anschluss Dritten zur Verfügung stellt.
bb)
Der Betriebsrat kann nicht mit dem Argument gehört werden, dass die Zurverfügungstellung der Daten zulässigerweise an die Prozessbevollmächtigten erfolgt sein soll vor dem Hintergrund, dass die Prozessbevollmächtigten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer berufsrechtlichen Schweigepflicht unterliegen würden. Die entsprechenden Daten sind nämlich auch der E1 Rechtsschutz GmbH zur Verfügung gestellt worden. Hierbei handelt es sich gerade nicht um eine Rechtsanwaltskanzlei, sondern um eine Einrichtung der im E1 verbundenen Gewerkschaften, welche durch angestellte Rechtsschutzsekretäre, also nicht Rechtsanwälte, den Mitgliedern der jeweiligen Gewerkschaften Rechtsschutz gewähren. Die Berufspflichten der Rechtsanwälte gemäß §§ 43 ff. BRAO gelten gerade nicht für Rechtsschutzsekretäre der E1 Rechtsschutz GmbH. So hat das BAG mit Urteil vom 24.10.2018 entschieden, dass ein Rechtsschutzsekretär „im Rahmen der von ihm zu erbringenden Rechtsberatung und -vertretung nicht „den Pflichten des anwaltlichen Berufsrechts unterworfen““ ist (BAG, Urteil vom 24. Oktober 2018 ‒ 10 AZR 69/18). Ebenso wenig unterliegen die in den Rechtsanwaltskanzleien angestellten Empfangs- und Sekretariatsmitarbeiter/innen einer berufsrechtlichen Schweigepflicht der Rechtsanwälte. Lediglich die Rechtsanwälte selbst trifft gemäß § 43a Abs. 2 S. 4 BRAO die Verpflichtung, die von ihnen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in schriftlicher Form zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Die E-Mail vom 13.12.2018 wurde aber gerade nicht ausschließlich an Rechtsanwälte persönlich versandt, sondern vielfach an allgemeine E-Mail-Adressen der entsprechenden Kanzleien.
Dementsprechend wurden die in einer Cloud gespeicherten Dateien über einen Internetlink einem weder überschaubaren noch kontrollierbaren Empfängerkreis zur Verfügung gestellt worden. Erschwerend kommt hierbei hinzu, dass die Daten, die über die entsprechenden Internetlink heruntergeladen werden konnten, noch nicht einmal passwortgeschützt waren. Nicht nur wird hierdurch die Möglichkeit geschaffen, bei beliebiger Verbreitung des Internetlinks jederzeit ohne Schutzmechanismen die Daten herunterzuladen, sondern es hat jede beliebige Person, die im Internet surft, potentiell Zugriff auf die entsprechenden Daten, wenn sie den Internetlink möglicherweise auch nur zufällig aufruft. Außerdem können potentiell sämtliche Telefonanbieter von den Personen, die diesen Internetlink aufgerufen haben, Zugriff auf die Daten haben, ebenso wie Mitarbeiter von dem Cloud Anbieter T-Online.
cc)
Die Zurverfügungstellung der gesamten Daten stellt eine massive Überschreitung der betriebsverfassungsrechtlich geregelten Kompetenzen des Betriebsrats dar. Allein in dieser massiven Kompetenzüberschreitung liegt eine gravierende Verletzung des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit und damit eine grobe Pflichtverletzung.
(1)
Insoweit ist zunächst einmal festzustellen, dass die gesammelten Daten den Adressaten der E-Mail vom 13.12.2018 nicht im Hinblick auf konkret dort benannte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Gemeinschaftsbetriebs der Arbeitgeberinnen zur Verfügung gestellt worden sind, sondern in völlig allgemeiner Form („zu den in ihren Kanzleien anhängigen Kündigungsschutzverfahren“). Dies führte dazu, dass die dort genannten Adressaten auch in den beim Arbeitsgericht Iserlohn anhängig gewesenen Kündigungsschutzverfahren hinsichtlich des Betriebs der E L&B Q1 GmbH die entsprechenden Unterlagen nutzten. Insoweit findet sich im Rahmen der E-Mail vom 13.12.2018 keine Einschränkung dahingehend, dass die gesammelten Daten ausschließlich für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Gemeinschaftsbetriebs verwendet werden dürfen, sondern vielmehr die Aussage, dass die Daten für alle in den Kanzleien anhängigen Kündigungsschutzverfahren genutzt werden können. Allein aus diesem Umstand folgt bereits die massive Überschreitung der betriebsverfassungsrechtlich geregelten Kompetenzen des Betriebsrats, weil der vorliegende Betriebsrat lediglich die betriebliche Arbeitnehmervertretung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Gemeinschaftsbetriebes darstellt und kein Mandat im Hinblick auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anderer E Gesellschaften hat.
(2)
Eine entsprechende Kompetenz des Betriebsrats folgt insbesondere nicht aus § 80 Abs. 1 BetrVG, der allgemeine Aufgaben des Betriebsrats regelt. Nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat zwar darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Aus der gesetzlichen Überwachungsaufgabe folgt allerdings weder ein Recht auf Feststellung von Verstößen gegenüber einzelnen Arbeitnehmern noch ein zusätzliches Mitbestimmungsrecht. Die dem Betriebsrat eingeräumte Überwachungsbefugnis ist darauf beschränkt, eine Missachtung oder eine fehlerhafte Durchführung von geltenden Gesetzen, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen Für die Geltendmachung individueller Ansprüche ist der einzelne Arbeitnehmer verantwortlich (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, 29. Aufl. 2018, BetrVG § 80 Rn. 15; vgl. zum Fall von Verstößen gegen Tarifverträge: BAG, Beschluss vom 28. 5. 2002 - 1 ABR 32/01).
Auch die weiteren in § 80 BetrVG genannten allgemeinen Aufgaben beinhalten keine Kompetenz des Betriebsrats zur Sammlung, Analyse, Kategorisierung und anschließenden Zurverfügungstellung von mehr als 150 MB an Daten u.a. im Hinblick auf Abschriften von E-Mails, Schriftsätzen, Kalenderauszügen, behördlichen Bescheiden, Rechnungen Konzeptzeichnungen, Urlaubsanträgen, Vertragstexten Präsentationen, Produktlinienkonzepten Bedarfsanforderungen, Lieferantenterminplänen, „Business Acquisation Planning“, tabellarische Auflistungen von Kundenanfragen hinsichtlich zu produzierender Teile und an den Betriebsrat gerichtete Aktennotizen gegenüber Dritten.
(3)
Ebenso wenig folgt eine entsprechende Kompetenz aus § 75 BetrVG. In § 75 BetrVG werden unmittelbare Rechtspflichten der Betriebsparteien geregelt. Verstöße hiergegen können im arbeitsrechtlichen Beschlussverfahren geltend gemacht werden, unabhängig davon, ob es sich gem. § 23 Abs. 3 um eine grobe Pflichtverletzung handelt (Düwell, Betriebsverfassungsgesetz, BetrVG § 75 Rn. 58, beck-online).
(4)
Zudem folgt auch aus § 3 KSchG entgegen der Auffassung des Betriebsrats keine entsprechende Kompetenz. Zum einen hat der Betriebsrat nicht im Ansatz konkret und nachvollziehbar dargelegt, welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei ihm einen Einspruch im Sinne von § 3 S. 1 KSchG überhaupt eingelegt haben sollen. Ferner regelt § 3 S. 2 KSchG im Hinblick auf einen ordnungsgemäß eingelegten Einspruch lediglich, dass der Betriebsrat, sofern er den Einspruch für begründet halten sollte, zu versuchen habe, eine Verständigung mit dem Arbeitgeber herbeizuführen. Er habe zudem seine Stellungnahme zu dem Einspruch dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber auf Verlangen schriftlich mitzuteilen, § 3 S. 2 KSchG. Insoweit folgt aus § 3 KSchG noch nicht mal eine Kompetenz im Einzelfall zur Beschaffung einzelner Informationen im Hinblick auf die Frage der Wirksamkeit der Kündigung eines Arbeitnehmers gegenüber diesem Arbeitnehmer, sondern lediglich die Verpflichtung, dass der Betriebsrat, der einen Einspruch für begründet hält, zu versuchen hat, eine Verständigung mit dem Arbeitgeber herbeizuführen. Bei den Verständigungsbemühungen nimmt der Betriebsrat lediglich eine Vermittlerrolle wahr. Er ist nicht Vertreter des Arbeitnehmers (Bader u.a., KR ‒ Kommentar, 12. Auflage 2019, § 3 KSchG, Rn. 22).
(5)
Auch aus § 102 BetrVG folgt schließlich ebenfalls keine entsprechende Kompetenz zur Sammlung, Analyse, Kategorisierung und anschließende Zurverfügungstellung von mehr als 150 MB an Daten u.a. im Hinblick auf Abschriften von E-Mails, Schriftsätzen, Kalenderauszügen, behördlichen Bescheiden, Rechnungen Konzeptzeichnungen, Urlaubsanträgen, Vertragstexten Präsentationen, Produktlinienkonzepten Bedarfsanforderungen, Lieferantenterminplänen, „Business Acquisation Planning“, tabellarische Auflistungen von Kundenanfragen hinsichtlich zu produzierender Teile und an den Betriebsrat gerichtete Aktennotizen gegenüber Dritten. Mit der abschließenden Stellungnahme bzw. dem Widerspruch endet die Beteiligung des Betriebsrats bei einer vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung. Eine anschließende Kündigungsschutzklage ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszutragen. Der Betriebsrat ist an ihr nicht mehr beteiligt, sofern nicht einzelne seiner Mitglieder als Zeugen geladen sind. § 102 BetrVG enthält keine § 78 a Abs. 4 Satz 2 BetrVG entsprechende Regelung (BAG, Urteil vom 19. Mai 1983 ‒ 6 AZR 290/81).
(6)
Der Betriebsrat hat nicht für die Wahrnehmung der arbeitsvertraglichen Rechte der einzelnen Arbeitnehmer zu sorgen, soweit dies nicht gesetzlich vorgesehen ist (BAG, Urteil vom 19. Mai 1983 ‒ 6 AZR 290/81).
(7)
Die dargestellte Kompetenzüberschreitung stellt sich auch als massiv dar und damit als eine grobe Verletzung der gesetzlichen Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG. Wer mehr als 150 MB an Daten u.a. im Hinblick auf Abschriften von E-Mails, Schriftsätzen, Kalenderauszügen, behördlichen Bescheiden, Rechnungen Konzeptzeichnungen, Urlaubsanträgen, Vertragstexten Präsentationen, Produktlinienkonzepten Bedarfsanforderungen, Lieferantenterminplänen, „Business Acquisation Planning“, tabellarische Auflistungen von Kundenanfragen hinsichtlich zu produzierender Teile und an den Betriebsrat gerichtete Aktennotizen sammelt, analysiert, kategorisiert und anschließend gegenüber Dritten monatelang über einen Internetlink zum Download zur Verfügung stellt, weiß genauestens um sein Handeln und muss sich darüber im Klaren sein, ob er über eine entsprechende Kompetenz für sein Handeln verfügt.
Ein solcher Verstoß rechtfertigt die Auflösung des Betriebsrats. Denn Voraussetzung für eine gedeihliche Zusammenarbeit ist das gegenseitige Vertrauen. Wer dagegen verstößt, muss damit rechnen, dass sein Verhalten mit den gesetzlich gegebenen Mitteln verfolgt wird. Das gilt auch bei einem nur einmaligen Verstoß, wenn dieser so schwerwiegend ist, wie dies vorliegend der Fall war.
dd)
Des Weiteren liegt ein erheblicher Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen vor.
(1)
Die Zurverfügungstellung einer Liste mit den Namen sämtlicher im Gemeinschaftsbetrieb beschäftigter Arbeitnehmer mit der Angabe der entsprechenden Entgeltgruppen an Dritte stellt eine grobe Pflichtverletzung dar. Es geht insbesondere einen Dritten ohne ein konkretes berechtigtes Interesse nichts an, wo eine bestimmte Person beschäftigt ist und auch nicht, wie viel diese Person verdient. Es ist insoweit insbesondere auch unter Beachtung der o.g. Ausführungen hinsichtlich der Kompetenzen des Betriebsrats nach dem BetrVG in keiner Weise eine Rechtmäßigkeit der Verarbeitung der entsprechenden Daten i.S.v. Art. 6 DSGVO mit dem Zweck der Weitergabe und der tatsächlich erfolgten Weitergabe an Dritte gegeben. Gemäß § 26 Abs. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist. Die Voraussetzungen für eine Verarbeitung der personenbezogenen Daten sind nach Maßgabe dieser Norm offensichtlich nicht gegeben, da insbesondere keine Erforderlichkeit für die Erfüllung der Rechte und Pflichten des Betriebsrats als Interessenvertretung mangels entsprechender betriebsverfassungsrechtlicher Kompetenz gegeben ist, wie bereits festgestellt wurde im Hinblick auf die oben dargelegte massive Kompetenzüberschreitung.
Die Übermittlung von personenbezogenen Beschäftigtendaten vom Betriebsrat an Dritte, seien es auch konzernangehörige Unternehmen, ist in der Regel unzulässig, da es im Zweifel an einer diesbezüglichen Aufgabe des Betriebsrats und der Erforderlichkeit für die Aufgabenbewältigung und damit an einer datenschutzrechtlichen Rechtfertigung fehlt (vgl. Lücke, in: NZA 2019, 658, 666).
Da die Arbeitgeberinnen zur Einhaltung der Bestimmungen nach dem BDSG und der DSGVO im Hinblick auf die in ihrem Betriebs beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet sind und auch im Hinblick auf § 75 Abs. 1 BetrVG darüber zu wachen haben, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, können sich die Arbeitgeberinnen nach Auffassung der Kammer auch unzweifelhaft auf die Verletzung entsprechender Datenschutzbestimmungen als grobe Pflichtverletzungen des Betriebsrats berufen.
(2)
Die Weitergabe von Bestellungen der Arbeitgeberinnen und Rechnungen von Kunden (vgl. etwa diejenigen bezüglich einer Handgalvanikanlage, Ordner 1 Bl. 131-136) stellt sich ebenfalls als nicht zu rechtfertigen dar. Weder liegt insoweit eine Einwilligung seitens der Arbeitgeberinnen vor, noch ein sachlicher Grund und eine entsprechende Kompetenz seitens des Betriebsrats.
(3)
Ebenso wenig steht es dem Betriebsrat bzw. dem Betriebsratsvorsitzenden zu, ohne entsprechende Einwilligung Konstruktionspläne im Hinblick auf ein geplantes Tech Center einer anderen E Gesellschaft, für die der Betriebsrat kein betriebsverfassungsrechtliches Mandat hat, an Dritte weiterzugeben (vgl. Ordner 1 Bl. 141-143).
(4)
Unabhängig von der Frage, inwieweit der persönliche Outlook-Kalender von K A, Vice Präsident der E B Gruppe einstellungsseitig freigegeben gewesen ist, ist nicht ersichtlich, woraus auf Seiten des Betriebsrats eine Berechtigung zur Weitergabe an Dritte folgen soll (vgl. Ordner 1 Bl. 148-158).
(5)
Außerdem lässt es sich in keiner Weise rechtfertigen, dass konkrete Urlaubsanträge mit Vor- und Nachnamen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Gemeinschaftsbetriebes und mit den entsprechenden Unterschriften dieser Personen einfach so herausgegeben werden (vgl. Ordner 1 Bl. 161-167). Die Unterschriften könnten von Dritten für betrügerische Handlungen missbraucht werden.
(6)
Auch ist für die Kammer keine Rechtfertigung für die Weitergabe von E-Mails der Arbeitgeberinnen, die ausdrücklich den Hinweis enthalten, dass, sofern derjenige nicht Empfänger der E-Mail ist, jede Weitergabe, Vervielfältigung oder sonstige Nutzung dieser E-Mails oder ihrer Anhänge zu unterlassen sei, ersichtlich (vgl. etwa die nicht an den Betriebsrat gerichtete E-Mail vom 5.02.2019, Ordner 1 Bl. 168-169).
(7)
Für die Weitergabe weiterer personenbezogener Daten, namentlich die Anschrift einzelner Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ist ebenfalls nicht konkret dargelegt worden, inwiefern ein Einverständnis bzw. eine datenschutzrechtlich ordnungsgemäße Einwilligung erfolgt sein soll (vgl. etwa die Vertragsangebotsschreiben, Ordner 1 Bl. 193 ff.). Insoweit wird auf die obigen Ausführungen im Hinblick auf die Verletzung von Datenschutzbestimmungen Bezug genommen.
(8)
Schließlich sind ausweislich der in den Ordnern enthaltenen Ausdrucke Präsentationen, Produktlinienkonzepte, Bedarfsanforderungen, Lieferantenterminpläne, „Business Acquisation Planning“, tabellarische Auflistungen von Kundenanfragen hinsichtlich zu produzierender Teile Dritten zur Verfügung gestellt worden. Es ist auch insoweit in keiner Weise betriebsverfassungsrechtlich eine entsprechende Kompetenz zur Weitergabe dieser Unterlagen gegeben, die möglicherweise für einen Wettbewerber in der Automobilbranche wichtige Informationen enthalten und womöglich zu wirtschaftlichen Schäden auf Seiten der E Gesellschaften bei entsprechender Kenntnisnahme führen könnten.
(9)
Es kann vor dem Hintergrund der o.g. Verstöße dahingestellt bleiben, inwiefern die Zurverfügungstellung des Bescheides im Hinblick auf die Zustimmung der Bezirksregierung vom 29.11.2018 (vgl. auch Ordner 1 Bl. 14-25) einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 DSGVO darstellt vor dem Hintergrund, dass der Betriebsrat eine den Anforderungen nach Art. 7 DSGVO genügende Einwilligung der betroffenen Arbeitnehmerin nicht substantiiert dargelegt hat.
c)
Es kann offenbleiben, ob eine betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung im Grundsatz bei Pflichtverletzungen des Betriebsrats erforderlich ist. Jedenfalls war im Hinblick auf die dargelegten Pflichtverletzungen des Betriebsrats eine solche Abmahnung wegen der Schwere der Pflichtverletzungen offensichtlich entbehrlich. Es genügt ein einmaliger Verstoß, wenn er offensichtlich und besonders schwerwiegend ist.
d)
Es liegt auch eine grobe Verletzung der gesetzlichen Pflichten seitens des Betriebsrats des Gemeinschaftsbetriebes vor, denn die Verstöße sind dem gesamten Betriebsratsgremium jedenfalls zuzurechnen.
aa)
Es kommt nicht darauf an, ob die im Hinblick auf die E-Mail vom 13.12.2018 zur Verfügung gestellten Daten im Hinblick auf einen in einer Cloud gespeicherten Ordner mit mehr als 150 MB tatsächlich nur von dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Betriebsratsmitglied P gesammelt worden sein sollen. Jedenfalls ist das entsprechende Verhalten dem Betriebsrat als Gremium insgesamt zurechenbar. Eine entsprechende Zurechnung erfolgt zunächst einmal aus dem Umstand, dass der Betriebsratsvorsitzende im Rahmen des Gütetermins am 9.5.2019 selbst erklärt hat, dass der gesamte Betriebsrat damit einverstanden gewesen sei, dass die E-Mail vom 13.12.2018 an die entsprechenden Vertreter versandt und diesen die entsprechenden Daten, die in dieser E-Mail erwähnt worden sind, zur Verfügung gestellt werden. Diese Ausführungen hat der Betriebsratsvorsitzende im Gütetermin mehrfach wiederholt und sie sind vom Vorsitzenden auch in dieser Form auch zu Protokoll genommen worden. Im Gütetermin erfolgte auch keine Korrektur oder Richtigstellung bzw. klarstellende Aussage seitens des Betriebsratsvorsitzenden und/oder des anwesenden Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats. Soweit der Betriebsrat nunmehr mit Schriftsatz vom 4.7.2019 den Sachverhalt so darstellen lässt, dass es sich um eine „spontane Aussage“ des Betriebsratsvorsitzenden gehandelt habe, die nicht so verstanden werden könne, dass der Betriebsrat sich im Rahmen einer Betriebsratssitzung im Vorfeld des vorliegenden Beschlussverfahrens damit befasst bzw. hierzu einen Beschluss gefasst habe, sind die entsprechenden Ausführungen nicht dazu geeignet, eine Zurechnung der Handlungen des Betriebsratsvorsitzenden entfallen zu lassen. Es mag sein, dass der Betriebsrat insoweit keinen förmlichen schriftlich niedergelegten Beschluss diesbezüglich gefasst hat, jedoch ist vor dem Hintergrund der Ausführungen des Betriebsratsvorsitzenden im Gütetermin davon auszugehen, dass das gesamte Betriebsratsgremium um die Aktivitäten seines Vorsitzenden genauestens Bescheid wusste und alle Betriebsratsmitglieder diese Aktivitäten billigten. Insoweit trägt der Betriebsrat selbst vor, dass im Rahmen der Betriebsausschuss- bzw. Betriebsratssitzungen der Betriebsratsvorsitzende darüber berichtet habe, dass ihn ca. 100 Anfragen von Beschäftigten bzw. deren Prozessbevollmächtigten erreicht hätten, die sich darauf bezogen hätten, ob dem Betriebsrat Informationen vorliegen würden, anhand derer in Kündigungsschutzverfahren dargelegt werden könne, dass die ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung zum 30.4.2019 unwirksam seien bzw. dass gegebenenfalls ein Nachteilsausgleichsanspruch entstanden sei. Insoweit habe der Betriebsratsvorsitzende dem Betriebsratsgremium weiter mitgeteilt dass er und das Betriebsratsmitglied P diese Anfragen bearbeiten und die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen würden. Dieser Vorgehensweise habe kein Betriebsratsmitglied widersprochen. Der Betriebsrat wusste dementsprechend nach seinen eigenen neuerlichen Bekundungen von den Aktivitäten seines Vorsitzenden, die im Namen des Betriebsrats erfolgten. Zwar vertritt der Vorsitzende gemäß § 26 Abs. 2 S. 1 BetrVG den Betriebsrat lediglich im Rahmen der von ihm gefassten Beschlüsse. Er ist also nicht Vertreter im Willen, sondern nur Vertreter in der Erklärung (BAG, Urteil vom 17. Februar 1981 ‒ 1 AZR 290/78 ‒, BAGE 35, 80-94, Rn. 35). Jedoch hat der Betriebsratsvorsitzende vorliegend gerade den Betriebsrat im Hinblick auf dessen Einverständniserklärung in die Unterstützung bei Kündigungsschutzverfahren durch Zurverfügungstellung von Informationen nach außen hin vertreten.
Zumindest ist das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden dem Betriebsrat im Rahmen der Rechtsscheinhaftung zuzurechnen.
Eine Bindung des Betriebsrats aus Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung setzt voraus, dass der Betriebsrat in einer ihm zurechenbaren Weise den Anschein gesetzt hat, die Erklärung des Vorsitzenden sei durch einen Beschluss gedeckt. Dem Betriebsrat zurechenbar ist der Anschein dann, wenn jedenfalls die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder das nicht durch einen Beschluss des Betriebsrats gedeckte Verhalten des Vorsitzenden kennt und gleichwohl untätig bleibt (Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, 29. Aufl. 2018, BetrVG § 26 Rn. 33). Dies ist vorliegend der Fall. Dem Betriebsratsgremium muss der Inhalt der E-Mail vom 13.12.2018 bekannt gewesen sein, da er mit dem entsprechenden Versand an die Vertreter einverstanden war. Im Rahmen dieser E-Mail wird eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der gesamte Betriebsrat mittlerweile etliche Unterlagen habe sammeln können, die aus Sicht des Betriebsrats nicht ohne Kommentar oder Anleitung nutzbar seien. Außerdem habe der komplette Ordner eine Dateigröße von mehr als 150 MB. Dementsprechend hätte sich der Betriebsrat die Mühe gemacht, ein Verzeichnis der Ordnerstruktur anzulegen welches als Anlage mit versendet werde. Der Betriebsrat hätte insoweit, sofern diese Ausführungen im Rahmen der E-Mail vom 13.12.2018 fehlerhaft sein sollten, tätig werden müssen. Er hätte insbesondere gegenüber den Arbeitgeberinnen und gegebenenfalls auch gegenüber sämtlichen Adressaten dieser E-Mail klarstellen müssen, dass es sich hierbei nicht um ein Handeln des Betriebsrats sondern ausschließlich ein Handeln des Betriebsratsvorsitzenden handle. Dies insbesondere vor dem Hintergrund des Namens der E-Mail Adresse, sondern auch vor dem Hintergrund, dass zum Schluss der E-Mail der Betriebsratsvorsitzende ausdrücklich in dieser Funktion genannt wird und sich darunter auch noch die Worte
„Mit freundlichen Grüßen
E B Q1
GmbH
Betriebsrat
(…)“
finden.
bb)
Sofern der Betriebsrat nunmehr den Eindruck erwecken möchte, dass ihm bis zur Betriebsratssitzung am 4.4.2019 die Aktivitäten seines Vorsitzenden weitgehend unbekannt geblieben sein sollen, so handelt es sich hierbei auch nach Auffassung der Kammer um eine bloße Schutzbehauptung, die in keiner Weise plausibel erscheint und dementsprechend unbeachtlich ist. Selbst wenn man dieser pauschalen Behauptung Glauben schenken sollte, bleibt völlig unklar, aus welchem Grunde der Betriebsratsvorsitzende in Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats und in Anwesenheit von Betriebsratsmitgliedern im Zuschauerraum mehrfach ohne Richtigstellung im Gütetermin am 9.5.2019 erklärt hat, dass der gesamte Betriebsrat mit dem Versand der E-Mail vom 13.12.2018 und der Zurverfügungstellung der entsprechenden Daten einverstanden gewesen sein soll. Insoweit müsste zumindest im Rahmen der Betriebsratssitzung am 4.4.2019 über das genaue Handeln des Vorsitzenden konkret gesprochen worden sein.
Schließlich sind die Behauptungen des Betriebsrats dahingehend, dass ihm die ganz konkreten Aktivitäten des Betriebsratsvorsitzenden bis zur Betriebsratssitzung vom 4.4.2019 weitestgehend unbekannt geblieben sein sollen, für das erkennende Gericht auch vor folgendem Hintergrund nicht im Ansatz glaubhaft: Im Kammertermin am 14.1.2020 hat der Betriebsratsvorsitzende erklärt, dass nach seinem Kenntnisstand sämtlichen Betriebsratsmitgliedern gegenüber auch entsprechende Kündigungen ihrer Arbeitsverhältnisse ausgesprochen worden sein sollen und dass sich, soweit es ihm bekannt ist, auch alle Betriebsratsmitglieder gegen diese Kündigungen gerichtlich zur Wehr gesetzt hätten. Es ist insoweit schlechterdings für die Kammer nicht vorstellbar, dass gerade die Betriebsratsmitglieder nicht selbst bzw. über ihre Prozessbevollmächtigten Kenntnis über die gesammelten Unterlagen, die unter einem Internetlink zum Download in einem Ordner abrufbar waren, gehabt haben sollen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Betriebsrat über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 4.7.2019 hat mitteilen lassen, dass es dem Betriebsratsvorsitzenden und dem Betriebsratsmitglied P darum gegangen sei, „alle Arbeitnehmer mit den gleichen Informationen in die Lage“ zu versetzen, „die Wirksamkeit der von den Beteiligten zu 1 und 2 ausgesprochenen Kündigungen arbeitsgerichtlich überprüfen zu lassen“, erscheint es aus Sicht der Kammer ausgeschlossen, dass alle anderen Betriebsratsmitglieder erst ab dem 4.4.2019 Zugang zu sämtlichen gesammelten Daten gehabt haben sollen.
In diesem Zusammenhang bleibt auch unverständlich, aus welchem Grunde der Betriebsrat mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 4.7.2019 vortragen lässt, dass allein der Betriebsratsvorsitzende und das Betriebsratsmitglied P Zugriff auf das E-Mail Postfach „…“ hätten und demgegenüber gleichzeitig im Rahmen einer eingerichteten automatischen E-Mail Antwort, die auf E-Mails, die an das reguläre E-Mail Postfach des Betriebsrats gerichtet werden, mitgeteilt wird, dass der Betriebsrat zukünftig auf jeden Fall über die E-Mail-Adresse „…“ zu erreichen sei (vergleiche den zum Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Arbeitgeberin vom 09.08.2019 eingereichten Ausdruck der automatischen Antwort, Bl. 115 der Akte).
cc)
Selbst wenn man die Handlungen des Betriebsratsvorsitzenden, die nach Auffassung des erkennenden Gerichts zweifellos als grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG einzustufen sind, bis zur Betriebsratssitzung am 4.4.2019 nicht zurechnen sollte, so liegt jedenfalls die grobe Pflichtverletzung des Betriebsrat mittlerweile nach Auffassung des Gerichts zusätzlich darin begründet, dass der Betriebsrat als Organ das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden billigt und im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens fördert und unterstützt. Nach der Rechtsprechung kann nämlich eine grobe Pflichtverletzung des Betriebsrats als Organ auch gegeben sein, wenn der Betriebsrat gesetzwidriges Verhalten einzelner Mitglieder oder seiner Ausschüsse billigt oder unterstützt (LArbG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04. Februar 2016 ‒ 10 TaBV 2078/15). Statt sich in aller Deutlichkeit von dem Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden zu distanzieren, trägt der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren demgegenüber vor, dass die Handlungen des Betriebsratsvorsitzenden und des Betriebsratsmitglieds P vollkommen in Ordnung seien und aus einem Pflichtbewusstsein heraus erfolgten. Hierbei ist zu konstatieren, dass dem Betriebsrat offensichtlich im Hinblick auf die entsprechenden Handlungen jegliches Unrechtsbewusstsein fehlt. Zudem deckt der Betriebsrat die Handlungen seines Vorsitzenden noch. Dies zeigt sich vor allem auch daran, dass der Betriebsrat im Rahmen der Betriebsratssitzung vom 4.4.2019 unter dem Tagesordnungspunkt 06 im Hinblick auf das vorliegende Verfahren den Sachverhalt und das weitere Vorgehen beriet und sodann einstimmig mit acht Stimmen von Betriebsratsmitgliedern und einer Stimme eines zu der Betriebsratssitzung herangezogenen Ersatzmitgliedes den Beschluss fasste, dass die Zurückweisung der Anträge beantragt und die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten beauftragt werden sollen (Vergleiche die Anl. 7 zum Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats vom 14.10.2019, Bl. 177 und 178 der Akte). Angesichts der schwerwiegenden Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen, den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber und der massiven Überschreitungen der dem Betriebsrat nach dem BetrVG zugewiesenen Kompetenzen wäre es nunmehr nicht Aufgabe des Betriebsrats gewesen, etwaige -nach den ab dem 4.7.2019 geäußerten Behauptungen des Betriebsrats im Alleingang des Betriebsratsvorsitzenden und des Betriebsratsmitglieds P- durchgeführte Aktivitäten nicht noch zu decken, sondern diese gemäß § 23 Abs. 1 S. 2 BetrVG durch einen seitens des Betriebsrats gestellten Antrag auf Ausschluss dieser beiden Betriebsratsmitglieder zu verfolgen.
2.
Im Rahmen der vom Gericht vorgenommenen umfassenden Interessenabwägung stellt sich die Auflösung des Betriebsrats als zulässig und insbesondere angemessen dar.
Eine Wiederholungsgefahr ist gegeben. Der Betriebsrat lässt es zunächst einmal an jeder Einsichtsfähigkeit fehlen und hält die entsprechenden streitgegenständlichen Handlungen für vollkommen legitim. Zum anderen besteht auch weiterhin die Gefahr, dass der Betriebsrat Dritten gegenüber Dritten sensible Daten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Arbeitgeberinnen und anderer E Gesellschaften zur Verfügung stellt. Dass der Betriebsrat hierbei zu allem bereit ist und sämtliche Mittel unter massiver Kompetenzüberschreitung ausschöpft, hat er eindringlich unter Beweis gestellt. Die konkrete Wiederholungsgefahr ist bereits darin begründet, dass der Betriebsrat neue sensible Informationen im Rahmen von Verhandlungen zum Sozialplan erlangen kann. Insoweit gibt es zwar mittlerweile einen Spruch der Einigungsstelle im Hinblick auf die Aufstellung eines Sozialplans. Dieser Spruch soll nach der unbestritten gebliebenen Erklärung der Arbeitgeberinnen im Kammertermin am 14.01.2020 angefochten werden. Wie dem Vorsitzenden nunmehr im Rahmen der Absetzung des Beschlusses bekannt geworden ist, ist das entsprechende Beschlussverfahren gerichtet auf die Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle mittlerweile unter dem Aktenzeichen 2 BV 1/20 anhängig. Kommt es zu einer wirksamen Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle, müsste diese sich erneut zusammensetzen. Hierbei besteht ein erhebliches Risiko, dass der Betriebsrat finanzielle Daten der Arbeitgeberinnen und Informationen über deren wirtschaftliche Situation und die wirtschaftliche Situation anderer E Gesellschaften erhält und diese erneut einem unüberschaubaren Personenkreis zur Verfügung stellt.
3.
Schließlich findet § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG auch auf die Auflösung des Betriebsrats im Rahmen des Restmandats nach § 21b BetrVG unbeschränkt Anwendung. Der Wortlaut des § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG sieht insoweit keinerlei Einschränkungen vor. Das entsprechende Ergebnis folgt auch aus systematischen Erwägungen. Im zweiten Abschnitt des zweiten Teils des BetrVG finden sich die Regelungen zum Übergangsmandat nach § 21a BetrVG und zum Restmandat nach § 21b BetrVG vor den Regelungen nach § 23 Abs. 1 BetrVG hinsichtlich der Auflösung des Betriebsrats. Aus dem Umstand, dass die Möglichkeit der Auflösung des Betriebsrats erst im Anschluss genannt wird, folgt, dass § 23 Abs. 1 BetrVG unbeschränkt auch insoweit Anwendung findet. Schließlich sprechen hierfür teleologisch-folgenorientierte Argumente. Würde man im Restmandat die Auflösung nicht zulassen, wäre ein Arbeitgeber gezwungen, mit einem Betriebsrat zunächst weiter zusammenzuarbeiten, der grob seine gesetzlichen Pflichten verletzt hat. Ebenso wenig, wie es einem Arbeitgeber bei einem Arbeitnehmer, der eine schwerwiegende Vertragsverletzung im Laufe etwa eines befristeten Arbeitsverhältnisses begangen hat, ggf. nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Befristungsende fortzusetzen, kann es einem Arbeitgeber auch bei einem Betriebsrat, der grob pflichtwidrig gehandelt hat, nicht zugemutet werden, mit diesem noch weiter zu kooperieren bis das Restmandat erloschen ist. Es spielt hierbei keine Rolle, ob in einem etwaigen im Streitfall möglicherweise vorliegenden Restmandat womöglich kein neuer Betriebsrat mehr im Hinblick auf § 23 Abs. 2 BetrVG gewählt werden kann. Ein entsprechendes Ergebnis wäre, wenn es denn eintreten sollte, schlicht und ergreifend hinzunehmen. Das Gesetz hat hier nun einmal keine Differenzierung vorgesehen. Ansonsten würde dies auch bedeuten, dass ein Betriebsrat im Restmandat „schalten und walten“ könnte, wie es ihm beliebt und ohne Konsequenzen im Hinblick auf seine Auflösung befürchten zu müssen. Dies könnte untragbare Ergebnisse zur Konsequenz haben, die nur durch eine konsequente Anwendung von § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG vermieden werden können.