04.02.2022 · IWW-Abrufnummer 227345
Landesarbeitsgericht München: Urteil vom 29.07.2020 – 11 Sa 332/20
1. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat über alle Aspekte unterrichten, die ihn zur Kündigung des Arbeitnehmers veranlassen. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich darüber seine eigene Meinung bilden können. Er muss in die Lage versetzt werden, ggfs. eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ausüben zu können.
2. Der Arbeitgeber darf nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes grundsätzlich auf die Wirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses nach § 103 BetrVG vertrauen, wenn ihm der Betriebsratsvorsitzende oder sein Stellvertreter mitteilt, der Betriebsrat habe die beantragte Zustimmung erteilt. Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers über die Ordnungsmäßigkeit der Zustimmungsbeschlussfassung des Betriebsrats besteht nicht.
3. Schickt der Arbeitnehmer eine E-Mail an das türkische Generalkonsulat, in der er fälschlicherweise den Eindruck erweckt, beim Arbeitgeber sei die türkische Sprache generell verboten, und zieht er Parallelen zur türkischen Militärdiktatur, so fällt dies nicht unter den Begriff "Whistleblowing", sondern soll den Arbeitgeber in ein äußerst schlechtes Licht stellen und seinen Ruf schädigen, um ihn unter politischen Druck zu setzen. Dies stellt eine gravierende Verletzung der Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers dar, die auch ohne vorherige Abmahnung zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt.
In dem Rechtsstreit
A.
A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte B.
B-Straße, A-Stadt
gegen
Firma C.
C-Straße, A-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte D.
D-Straße, A-Stadt
hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2020 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Neumeier und die ehrenamtlichen Richter Bergmüller und Gerber
für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes A-Stadt - Az.: 12 Ca 4164/19 vom 16.01.2020 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit dreier außerordentlicher Kündigungen.
Der Kläger wurde am 00.00.0000 geboren, ist verheiratet und hat drei Kinder. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt und er wurde durch Bescheid der Bundeagentur für Arbeit vom 29.11.2005 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.
Der Kläger war seit 24.03.1994 bei der Beklagten - einem Automobilhersteller mit Sitz in A-Stadt - beschäftigt und wurde mit Wirkung ab 01.09.1994 zunächst als Mechaniker in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Seit 01.11.2005 arbeitete er im Bereich TM-421 als Logistiker. Im Mai 2010 wurde er in den bei der Beklagten am Standort A-Stadt gebildeten 63-köpfigen Betriebsrat gewählt und gehörte seitdem dem Betriebsrat an, seit 01.05.2014 als freigestelltes Betriebsratsmitglied.
Unter dem 13.10.2014 und dem 04.05.2016 (zwei Abmahnungen) erhielt der Kläger Abmahnungen. Eine weitere Abmahnung erging unter dem 06.04.2016, worin dem Kläger vorgeworfen wurde, er habe ohne rechtfertigendem Grund an einem Arbeitsplatz einen Not-Stopp-Schalter betätigt und hierdurch den Betrieb unterbrochen. Bezüglich dieser Abmahnung führte der Kläger erfolglos einen Rechtsstreit auf Entfernung. Eine weitere Abmahnung erfolgte unter dem 06.04.2016, bezüglich der die Beklagte zur Entfernung aus der Personalakte verurteilt wurde, wobei die Abmahnung modifiziert erneut unter dem 01.02.2019 ausgesprochen wurde. Weitere Abmahnungen erfolgten unter dem 28.07.2016, 03.08.2016, 06.10.2017 und 01.02.2019. Am 15.07.2016 erfolgte eine Ermahnung wegen unzutreffender Beschuldigung der Beklagten gegenüber dem Gewerbeaufsichtsamt und hierdurch eingetretener Rufschädigung. Diese Ermahnung befand sich zuletzt nicht in der Personalakte des Klägers.
Im Frühjahr 2019 standen bei der Beklagten die Wahlen zum Aufsichtsrat an, und der Kläger war Kandidat für den Aufsichtsrat.
Im Zusammenhang damit gab es im Zeitraum November und Dezember 2018 Gespräche zwischen zwei der drei kleineren im Betriebsrat der Beklagten am Standort A-Stadt neben der W. noch vertretenen Gruppen, nämlich der Vereinigung "Z.", für die der Kläger maßgeblich tätig war, und der Vereinigung "Y.", für die unter anderem das Betriebsratsmitglied Herr X. an den Gesprächen teilnahm.
Am 14. Februar 2019 versandte der Kläger im Vorfeld der Delegiertenwahl für die Aufsichtsratswahl am Standort A-Stadt der Beklagten die als Anlage B20 vorgelegte E-Mail (Bl. 134f. d. A.) an über 20.000 Empfänger überwiegend innerhalb des Konzerns der Beklagten. Diese Nachricht lautet auszugsweise wie folgt: "(...) ich, A., bin Betriebsrat von Z. in A-Stadt und kämpfe gegen die korrupten Betriebsräte der W., die mit immer neuen Methoden ihre Macht sichern wollen. Natürlich sind nicht alle W. Betriebsräte korrupt.
Ich habe 2016 die Gewerkschaft Z. gegründet, damit wir für alle Mitarbeiter stärker und entschlossener auftreten können.
Zum ersten Mal wird nun am V. Standort A-Stadt eine Delegiertenwahl abgehalten. Dazu kommt es, weil wir von Z. uns nicht kaufen haben lassen, uns seit fünf Jahren darauf vorbereiten und auf dubiose Angebote selbstverständlich auch dieses Mal nicht eingegangen sind.
...
Was ist der aktuelle Skandal?
Aber wir haben uns nicht beirren lassen und nicht bestechen lassen und unser Ziel der demokratischen Mitbestimmung erreicht. Ich hatte das in Vergangenheit in mehreren Betriebsversammlungen den Kollegen versprochen.
Und jetzt der aktuelle Skandal:
Ein Sprecher der Y. kam, vor der Frist der Listeneinreichung, zu mir ins Büro und wollte pro Kopf 30.000 € haben, als seine Bedingung, damit Sie uns in den Aufsichtsrat wählen. Er sagte unter Zeugen, dass sie das Geld für die nächste BR Wahl benötigen würden. Ich war absolut schockiert. Auf meine definitiv nicht ernst gemeinte Frage, ob ich für diese Summe einen Kredit aufnehmen sollte, antwortete der Y.-Sprecher mir, ich könnte das nach der Wahl von der Aufsichtsratstantieme bezahlen. Ich antwortete, dass alle Tantiemen von Z. grundsätzlich gespendet würden."
Zur selben Zeit wurde bei der Beklagten ein Flugblatt mit demselben Inhalt (Anlage B21 = Bl. 137f. d. A.) verteilt.
Mit E-Mail vom 18.02.2019 (Anlage B23 = Bl. 142 d. A.) wandte sich der Kläger an die Compliance-Abteilung der Beklagten mit einer Beschwerde gegen Herrn X.. Dieser habe ihn mit einem Angebot angesprochen, ihm seine Delegiertenstimme für die Aufsichtsratswahl zu geben. Im Gegenzug für seine und weitere Delegiertenstimmen habe der Kläger jeweils 30.000,00 € bezahlen sollen. Das Gespräch habe am 12.12.2018 im Betriebsratsbüro des Klägers stattgefunden.
In der Folge leitete die Compliance-Abteilung der Beklagten eine Untersuchung ein, in deren Rahmen am 20.02.2019 ein Gespräch zwischen dem Kläger und den Mitarbeitern der Compliance-Abteilung stattfand.
Am 07.03.2019 versandte der Kläger eine E-Mail an die Mitarbeiterin U. der Abteilung PM-30, "cc" auch an einen größeren Adressatenkreis, nämlich insbesondere an Mitglieder des Betriebsrats, der Compliance-Abteilung sowie an seine eigene externe E-Mail-Adresse, die externe Adresse eines früheren Mitarbeiters der Beklagten und das türkische Generalkonsulat.
Die Nachricht (Anlage B7 = Bl. 89 f. d. A.) lautet unter anderem:
"(...) Darüber hinaus brauchen wir eine sehr sehr sehr sehr große Runde um so schnell wie möglich zu klären wie und warum die türkische Sprache verboten worden ist.
Ich nehme das definitiv nicht so hin. In der Türkei wurde früher, durch die Militärdiktatur die kurdische Sprache verboten, nach dem immer mehr demokratische Verhältnisse geschaffen worden sind, hat sich das Parlament davon distanziert. Verfallen wir hier etwa, was die demokratischen Grundrechte der Völker betrifft, in der Zeitschiene zurück?
Ich selbst bin ein Kurde der hier zwar nicht akzeptiert wird aber sich trotzdem zum Teil erfolgreich durchsetzt. Faschismus werde ich überall bekämpfen wo ich auch nur kann. Jetzt ist die türkische Sprache, morgen dann die slawischen Sprachen, übermorgen dann die griechische und in nahe Zukunft dann womöglich die polnische Sprache verboten zu sprechen. Ich will das wir alle hier am gleichen Strang ziehen. Es ist manch Führungskräfte anscheinen immer noch nicht bewusst das wir ein Weltkonzern sind und vielleicht die ja für sich ganz andere Ideologie und Weltanschauung haben und diese bei uns im Unternehmen fehl am Platz sind.
Wie speziell die türkischen Kollegen zur Zeit diskriminiert werden ist no Go! Wir müssen jetzt schon solche Vorhaben ein Riegel davor schieben bevor wir uns in das nächste Skandal verirren. Es gibt genügend Anhaltspunkte dafür das diese Völkergruppe gezielt angegangen wird.
Ich hoffe das auch Sie als PM alles daran setzen dies aufzuklären. Aber bitte aufzuklären und nicht zu vertuschen!"
Ein Mitglied der Compliance-Abteilung antwortete auf diese Nachricht mit einer E-Mail vom 12.03.2019 (Anlage B9 = Bl. 92 d. A.), in der er unter dem Betreff "Ihr Hinweis zu behaupteter Diskriminierung von Mitarbeitern" insbesondere um eine weitere Sachverhaltsschilderung bat und zur Konkretisierung einige Fragen an den Kläger stellte.
Diese Anfrage beantwortete der Kläger per E-Mail vom 13.03.2019 (Anlage B10 = Bl. 93 d. A.), die auszugsweise folgendermaßen lautet:
"(...) ich bitte First of all, nicht falsch verstanden werden.
Nicht gegenüber Ihrer Person, sondern gegenüber der Einrichtung 'T.' habe ich kein Vertrauen mehr. Frau U. von der PM hat bereits ein Mail von einem Meister bekommen. Ich möchte nur um eins Bitten, bitte setzen Sie die betroffenen Kollegen nicht unter Druck so wie wir es in jüngster Vergangenheit erlebt haben. Nachdem sich auch das türkische Konsulat, sofern Die noch nicht Tätig waren, bereits Interesse für Aufklärung bekundet haben, werden die Kollegen bestens unterstütz. Was jedoch sehr auffällig ist, dass immer öfters Ausländer diskriminiert werden, Antisemitismus immer mehr zum Vorschein kommt und Rechtsgedanken ohne Folgen gelebt werden können. Dazu möchte ich Ihnen folgendes punktuell aufzählen.
(...)
Aufgrund fehlende Vertrauen kann ich Ihnen keine Angaben mehr geben.
(...)"
In der Folge führte die Beklagte Ermittlungen durch.
Am 18.03.2019 fand ein Gespräch statt, an dem neben dem Kläger, Mitarbeitern des Personalmanagements der Beklagten und der Leiterin Arbeits- und Sozialrecht der Beklagten auch zwei Betriebsratsmitglieder teilnahmen. (vgl. Protokoll, von der Beklagten als Anlage B49 vorgelegt). In diesem Gespräch ging es zunächst um das vom Kläger behauptete Angebot des Kaufs von Delegiertenstimmen für die Aufsichtsratswahl und danach um die E-Mail des Klägers vom 07.03.2018.
Hinsichtlich des zweiten Themenkomplexes wurde der Kläger unter anderem gefragt, wie die Beklagte solche Vorgänge aufklären solle, wenn der Kläger seine Angaben nicht konkretisiere. Der Kläger antwortete mit Verweis auf sein fehlendes Vertrauen. Er erklärte aber letztlich, dass es um den Bereich der Fahrzeugaufbereitung gegangen sei und gab den Mitarbeiter S. als Zeugen für die Anweisung, nicht türkisch zu sprechen, an.
Mit Schreiben vom 18.03.2019 (Anlage B11 = Bl. 94 ff. d. A.) hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer wegen der E-Mail vom 07.03.2019 geplanten außerordentlichen Kündigung des Klägers gemäß § 103 BetrVG an.
Das Schreiben war gerichtet an:
"Betriebsrat der V.
Werk A-Stadt
z.Hd. Herrn Betriebsratsvorsitzenden R.
M-B
A-Straße
A-Stadt"
Es ging (offenbar in mehreren Ausfertigungen, vgl. Bl. 94 d. A. einerseits und Bl. 428 d. A. andererseits) am 18.03.2019 um kurz vor sieben Uhr abends bei Herrn R. ein.
Ebenfalls am 18.03.2019 hörte die Beklagte die Schwerbehindertenvertretung an (Anlage B13 = Bl. 106ff. d. A.).
Mit Schreiben vom 19.03.2019 (Anlage B12 = Bl. 105 d. A.) teilte der Betriebsratsvorsitzende der Beklagten mit, dass der Betriebsrat in seiner außerordentlichen Sitzung am 19.03.2019 dem Antrag des Arbeitgebers nach § 103 BetrVG vom 18.03.2019 auf Zustimmung zu einer beabsichtigten fristlosen außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zugestimmt habe.
Die Schwerbehindertenvertretung nahm mit Schreiben vom 19.03.2019 (Anlage B14 = Bl. 117 d. A.) abschließend dahin Stellung, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem dem Kläger zur Last gelegten Fehlverhalten und seiner Schwerbehinderung festgestellt werden könne.
Am 20.03.2019 stellte die Beklagte beim zuständigen Inklusionsamt den Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers, die das Inklusionsamt am 03.04.2019 erteilte. Am Tag darauf wurde die außerordentliche Kündigung von der Beklagten gegenüber dem Kläger mit mehreren gleichlautenden Originalschreiben erklärt.
Am 20.03.2019 hörte die Beklagte den Betriebsrat sowie die Schwerbehindertenvertretung zur geplanten außerordentlichen Kündigung des Klägers im Hinblick auf die E-Mail und das Flugblatt zum angeblichen Stimmenkaufangebot an und ersuchte den Betriebsrat gemäß § 103 BetrVG um Zustimmung. Nach Zustimmung des Betriebsrats und abschließender Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung auch zu dieser außerordentlichen Kündigung stellte die Beklagte am 25.03.2019 beim Inklusionsamt auch hinsichtlich dieser geplanten Kündigung den Antrag auf Zustimmung zur Kündigung und erklärte nach Zustimmung des Integrationsamts am 08.04.2019 noch am selben Tag die außerordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger.
Am 21.03.2019 erschien ein Artikel in der türkischsprachigen Zeitung Q.. Am 02.04.2019 bat die Beklagte den Kläger diesbezüglich um Stellungnahme, worauf der Kläger mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten am 04.04.2019 und nach ergänzender Anhörung nochmals ergänzend am 08.04.2019 antwortete. Am 08.04.2019 hörte die Beklagte daraufhin den bei ihr gebildeten Betriebsrat gemäß § 103 BetrVG sowie die Schwerbehindertenvertretung an. Am 11.04.2019 erklärte der Betriebsrat auch zu dieser Kündigung seine Zustimmung, worauf die Beklagte am 11.04.2019 beim Inklusionsamt die Zustimmung zu einer erneuten Kündigung beantragte. Nachdem das Inklusionsamt am 25.04.2019 hierzu seine Zustimmung erteilt hatte, kündigte die Beklagte am 26.04.2019 erneut außerordentlich das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger.
Mit der vorliegenden Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigungen vom 04.04.2019, 08.04.2019 und 26.04.2019 und machte im Wesentlichen erstinstanzlich folgendes geltend:
Er war der Meinung, der Betriebsrat sei bereits über die Sachverhalte nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden, so dass die Kündigungen nach § 102 Abs. 1 S. 2, 103 BetrVG unwirksam seien.
So habe die Beklagte nach der Anhörung des Betriebsrats zum Thema "Türkischverbot" weiter intern ermittelt und über die Ermittlungsergebnisse den Betriebsrat nicht informiert. Anders als die Klageerwiderung schweige die Betriebsratsanhörung auch zu dem von der Beklagten behaupteten breiten Medienecho in Folge der E-Mail zum "Türkischverbot".
Weiterhin seien die Anhörungen auch fälschlicherweise an den Vorsitzenden des Betriebsrats übermittelt worden. Da der Betriebsrat der Beklagten mehrere Personalausschüsse gebildet habe, habe die Anhörung an den Vorsitzenden des zuständigen Personalausschusses adressiert werden müssen. Der Betriebsrat sei damit nicht wirksam angehört worden, §§ 102 Abs. 1 S. 2, 103 BetrVG.
Schließlich bemängelte der Kläger das Verfahren des Betriebsrats als fehlerhaft.
Zuständig für Zustimmungen nach § 103 BetrVG sei einer der Personalausschüsse des Betriebsrats und nicht das Plenum. Für die Rücknahme der Delegation sei ein Beschluss erforderlich, wozu die Beklagte nichts vorgetragen habe.
Es verstoße auch gegen das Überrumpelungsverbot, wenn angesichts des Umfangs der Unterlagen noch am Tag nach dem Zugang der Anhörung nach § 103 BetrVG ein Beschluss gefasst wurde. Zu bezweifeln sei, ob es überhaupt möglich sei, so schnell ordnungsgemäß zu einer außerordentlichen Betriebsratssitzung zu laden.
Der Arbeitgeber müsse sich die Verfahrensfehler des Betriebsrats zurechnen lassen, so dass eine wirksame Zustimmung gemäß § 103 BetrVG nicht gegeben sei, denn die so genannte Sphärentheorie sei nur im Rahmen des § 102 BetrVG, nicht aber im Rahmen von § 103 BetrVG anwendbar.
Es fehle auch am wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB.
Sowohl der Vorgang "Türkischverbot" als auch der Vorgang "Stimmenkaufangebot" stünden im Zusammenhang mit der Betriebsratsarbeit des Klägers und dem Wahlkampf für die Aufsichtsratswahl. Der Arbeitgeber hätte von daher nicht das Arbeitsverhältnis kündigen dürfen. Bei der E-Mail vom 07.03.2019 zum "Türkischverbot" handle es sich zudem um eine Beschwerde nach § 84 BetrVG.
Im Übrigen sei der Inhalt der E-Mail vom 07.03.2019 zutreffend. Hierzu trug der Kläger im Schriftsatz vom 11.10.2019 unter Angebot von Zeugenbeweis vor, Anfang März 2019 habe es in P. in seinem "Betreuungsbereich" eine Anweisung an die Mitarbeiter gegeben, kein Türkisch und auch keine anderen Muttersprachen zu sprechen, sondern nur Deutsch, dies auch in den Sozialräumen.
Auch seine Darstellung zum Komplex "Stimmenkauf" sei richtig. Die Beklagte habe insoweit von Anfang an einseitig ermittelt und habe nicht vertretbare Schlüsse gezogen. Der Kläger sei auch nicht ordnungsgemäß angehört worden.
Den Artikel der Zeitung Q. habe er nicht zu verantworten, insbesondere habe er in diesem Zusammenhang kein Interview gegeben.
Zudem sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Die Beklagte habe nicht zügig ermittelt, so dass die Kündigung zu spät erklärt worden sei.
Der Kläger beantragte erstinstanzlich:
1. Es wird festgestellt, dass die mit drei Schreiben der Beklagten vom 04.04.2019 erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigungen unwirksam sind und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst haben.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst wird, sondern unverändert fortbesteht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Bedingungen als freigestelltes Betriebsratsmitglied weiter zu beschäftigen.
4. Es wird festgestellt, dass die mit drei Schreiben der Beklagten vom 08.04.2019 erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigungen unwirksam sind und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst haben.
5. Es wird festgestellt, dass die mit drei Schreiben der Beklagten vom 26.04.2019 erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigungen unwirksam sind und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst haben.
Die Beklagte beantragte erstinstanzlich:
Klageabweisung.
Die Beklagte war erstinstanzlich der Auffassung, dass alle drei jeweils als Tat- und Verdachtskündigungen erklärten Kündigungen wirksam seien.
Man habe wenige Tage vor der ersten Betriebsratsanhörung dem Betriebsrat mitgeteilt, dass unter Umständen ein Antrag gemäß § 103 BetrVG hinsichtlich einer außerordentlichen Kündigung gegenüber dem Kläger zu erwarten sei und angefragt, ob in diesem Fall der Betriebsrat als Gesamtgremium beschließen würde. Dies sei bejaht worden und entsprechend habe man die Anhörung an den Betriebsratsvorsitzenden adressiert.
Es habe dann angesichts der Mitteilung des Betriebsratsvorsitzenden keinen Grund gegeben, an der ordnungsgemäßen Beschlussfassung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG zu zweifeln. Insofern gelte der Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Kern des Kündigungsvorwurfs hinsichtlich der ersten Kündigung sei der Loyalitätsverstoß. Der Kläger habe trotz aufgrund eines ihm zu Ohren gekommenen Vorfalls eine Nachricht an einen größeren Verteilerkreis einschließlich des türkischen Generalkonsulats gesendet, anstatt sich an die Compliance zu wenden oder eventuell den Sachverhalt in seiner Eigenschaft als Betriebsrat selbst aufzuklären. Durch die Weiterleitung der E-Mail an Unternehmensfremde und insbesondere an das türkische Generalkonsulat sowie das folgende Presseecho habe die Beklagte einen erheblichen Imageschaden erlitten. Die von der Beklagten angestoßene Aufklärung in Sachen Türkischverbot habe ergeben, dass es lediglich die Aufforderung gegeben habe, bei der Arbeit in Arbeitsangelegenheiten deutsch zu sprechen. Die Aussagen des Klägers seien nicht erweislich wahr, so dass die Straftatbestände der Verleumdung und der üblen Nachrede erfüllt seien.
Durch die Versendung der E-Mail "Stimmenkauf" sei bereits durch den riesigen Verteilerkreis lediglich bei einer geschätzten durchschnittlichen Lesedauer von drei Minuten ein ganz erheblicher Schaden in Form von unnütz vertaner Arbeitszeit entstanden. Offenbar habe der Kläger gehandelt, um seine Chancen auf das angestrebte Aufsichtsratsmandat zu verbessern.
Aus dem Foto und dem Q.-Artikel vom 21.03.2019 folge, dass der Kläger mit dem Journalisten gesprochen und damit die für die Beklagte imageschädigende Pressenachricht platziert habe.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen, die Sitzungsprotokolle und den gesamten Akteninhalt.
Das Arbeitsgericht München hat mit dem angefochtenen Endurteil vom 16.01.2020 die Klage abgewiesen.
Es hat dies damit begründet, dass die außerordentliche Kündigung vom 04.04.2019 wirksam das Arbeitsverhältnis beendet habe. Die Kündigung sei nicht wegen unvollständiger oder irreführender Anhörung des Betriebsrates gemäß § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG unwirksam. Soweit die Beklagte im gerichtlichen Verfahren Sachverhalte vorgetragen habe, die erst nach der Anhörung und der Zustimmung des Betriebsrates vorgefallen seien, führe dies nicht zu einer unvollständigen Betriebsratsanhörung. Über in der Zukunft liegende Vorgänge, wie zum Beispiel das folgende Presseecho oder die noch weitergeführten Ermittlungen und deren Ergebnissen habe die Beklagte den Betriebsrat gar nicht informieren können. Die Vollständigkeit beurteile sich nach dem zeitlichen Horizont der Information. Allerdings könne der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren nur mit den Tatsachen argumentieren, zu denen auch der Betriebsrat angehört worden sei, nicht also etwa mit dem Presseecho. Der Betriebsrat sei auch nicht irreführend informiert worden. Zwar sei dem Betriebsrat und auch dem Gericht eine Ermahnung vorgelegt worden, die sich unstreitig nicht, beziehungsweise nicht mehr in der Personalakte des Klägers befunden habe, nämlich die Ermahnung vom 15.07.2016. Dabei sei offenbar geworden, dass die Beklagte über den Kläger nicht nur eine Personalakte führe, sondern auch Unterlagen separat von dieser aufbewahre. Hier liege jedenfalls auf den ersten Blick ein Verstoß gegen § 83 BetrVG und gegen Datenschutzrecht vor. Davon zu unterscheiden sei jedoch die vorliegend entscheidende Frage, ob der Betriebsrat durch Vorlage der Ermahnung getäuscht worden sei. Diese Frage sei zu verneinen. Der Kläger habe die Ermahnung unstreitig erhalten. Er habe die der Ermahnung zu Grunde liegende Anzeige beim Gewerbeaufsichtsamt auch unstreitig erstattet. Entsprechend habe die Beklagte dem Betriebsrat den zutreffenden Sachverhalt mitgeteilt, wodurch eine Irreführung ausscheide. Ebenso verhalte es sich mit dem in der Betriebsratsanhörung enthaltenen Bericht über Vorgänge, in deren Zusammenhang Abmahnungen auf Grund gerichtlicher Verfahren wieder aus der Personalakte des Klägers entfernt werden mussten. Die Unterrichtung sei auch im Übrigen vollständig, da die Beklagte den Betriebsrat in einem ausführlichen Schreiben unter Beigabe von umfangreichen Anlagen den aus ihrer Sicht maßgeblichen Sachverhalt dargelegt habe. Nach Vorlage der Anlagen an das Gericht im Rahmen der Duplik vom 20.12.2019 habe der Kläger die Vollständigkeit der Betriebsratsanhörung auch nicht mehr in Abrede gestellt. Der Betriebsrat habe seine Zustimmung gemäß § 103 BetrVG erteilt. Dabei könne die Frage offenbleiben, ob der Betriebsrat Verfahrensfehler begangen habe, denn die Beklagte habe sich auf die Mitteilung des Betriebsratsvorsitzenden vom 19.03.2019 verlassen dürfen, wonach dieser am 19.03.2019 einen Beschluss nach § 103 BetrVG gefasst hatte. Denn der Arbeitgeber dürfe nach Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Bezugnahme auf das Urteil vom 23.08.1984 - 2 AZR 391/83) darauf vertrauen, wenn ihm der Betriebsratsvorsitzende oder sein Vertreter mitteile, der Betriebsrat habe die beantragte Zustimmung erteilt. Dies gelte allerdings dann nicht, wenn der Arbeitgeber Tatsachen kenne oder kennen müsse, aus denen die Unwirksamkeit des Beschlusses folge. Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers bestehe insofern nicht. Im vorliegenden Falle könne sich die Beklagte nach diesen Kriterien auf den Vertrauensschutz berufen. Zwar habe der Kläger die Delegation der Anhörung nach § 102, 103 BetrVG auf zwei Personalausschüsse geltend gemacht. Er übersehe aber, dass das Gesamtgremium die nach § 103 BetrVG zu treffende Entscheidung jeder Zeit durch einen entsprechenden Beschluss wieder an sich ziehen könne. Die Beklagte habe angesichts der Mitteilung des Betriebsratsvorsitzenden vom 19.03.2019 davon ausgehen dürfen, dass dies im vorliegenden Fall auch geschehen sei. Da der Kläger im fraglichen Zeitraum sowohl ein Verfahren zur Anfechtung der letzten Betriebsratswahl betrieben habe als auch andere Mitglieder des Betriebsrats der Korruption beschuldigt hatte, sei es auch naheliegend gewesen, dass der Betriebsrat sich dieser konkreten Personalie im Gesamtgremium annehmen würde. Auch die kurze Dauer bis zum Zustimmungsbeschluss und der Umfang der Unterlagen habe entgegen der Argumentation des Klägers nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. Die Notwendigkeit eines sehr zügigen Vorgehens ergebe sich bereits aus der Kürze der Fristen in § 102, 103 BetrVG und 626 Abs. 2 BGB. Im Zeitalter von E-Mailkommunikation sei Ladung und Durchführung einer ordnungsgemäßen außerordentlichen Betriebsratssitzung auch praktisch ohne weiteres möglich. Hinzu komme, dass dem Betriebsrat nach dem vom Kläger nicht substantiiert in Abrede gestellten Vortrag der Beklagten der Eingang des Antrags nach § 103 BetrVG vorab avisiert worden sei. Der Umfang der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen von nicht mehr als einem Ordner spreche auch nicht für eine Überrumpelung. Die Beklagte habe daher der Mitteilung des Betriebsratsvorsitzenden über den Beschluss nach § 103 BetrVG Vertrauen schenken dürfen. Konkrete Verfahrensfehler habe der Kläger im Übrigen nicht vorgetragen. Der Kläger sei auch nicht mit dem Argument durchgedrungen, die Anhörung sei schon gegenüber der falschen Person erfolgt. Selbst wenn man den Betriebsratsvorsitzenden auf Grund der Delegation der Entscheidung nach § 103 BetrVG auf einen Ausschuss nicht als Empfangsvertreter ansehen würde, so sei der Betriebsratsvorsitzende jedenfalls Empfangsbote und habe in dieser Eigenschaft die Anhörung und den Zustimmungsantrag dem zuständigen Gremium übermittelt. Des Weiteren liege auch ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz vor. Es sei zu prüfen, ob ein Sachverhalt vorliege, der an sich, das heißt typischerweise als wichtiger Grund geeignet sei. Anschließend bedürfe es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar sei oder nicht. Entsprechend diesem Prüfungsmaßstab habe ein wichtiger Grund vorgelegen. Dieser ergebe sich zwar nicht aus einer Beleidigung oder anderen Ehrverletzungen des Arbeitgebers. Zwar könne der in der E-Mail vom 07.03.2019 angestellte Vergleich der Beklagten mit der türkischen Militärdiktatur grundsätzlich an sich einen wichtigen Grund für eine Kündigung abgeben, jedoch sei unter Abwägung des Grundrechts der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG zu Gunsten des Klägers die am wenigsten anstößige Auslegung der fraglichen Äußerung zu Grunde zu legen. Einer Äußerung dürfe kein Sinn beigelegt werden, den sie nicht besitze. Bei mehrdeutigen Äußerungen müsse eine ebenfalls mögliche Deutung mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall liege es nahe, dass der vom Kläger angestellte Vergleich darauf ziele, dass bei der Beklagten auf Veranlassung der Unternehmensleitung ein Verbot der Verwendung der türkischen Sprache ausgesprochen wurde. Daneben sei aber auch die Deutung möglich, dass der Kläger auf eine von einem einzelnen Vorgesetzten ausgesprochene Aufforderung hinweisen wollte, die türkische Sprache nicht zu verwenden. Nach diesem Verständnis habe die Äußerung des Klägers auf einen zutreffenden Tatsachenkern gezielt, da auch nach den Ermittlungsergebnissen der Beklagten von einem Vorgesetzten die Bitte ausgesprochen wurde, während der Arbeit deutsch zu sprechen. Damit sei die Äußerung des Klägers von der Meinungsfreiheit gedeckt. Jedoch liege ein wichtiger Grund an sich in einem Verstoß gegen das arbeitsvertragliche Rücksichtnahmegebot nach § 241 Abs. 2 BGB, das den Arbeitnehmer verpflichte, auf die geschäftlichen Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbaren Umfang zu wahren. Entsprechend ergebe sich hieraus insbesondere, dass ein Arbeitnehmer verpflichtet sei, den Arbeitgeber über alle wesentlichen Vorkommnisse im Betrieb in Kenntnis zu setzen und insbesondere nicht vor einer betrieblichen Prüfung ungeklärte Sachverhalte nach außen zu tragen. Hiergegen habe der Kläger verstoßen, indem er mit der E-Mail vom 07.03.2019 eine zugespitzte und für die Beklagte in dieser Form negative und potenziell sehr geschäftsschädigende Aussage über einen wesentlichen internen Vorgang nach außen getragen habe, ohne zuvor oder auch nur gleichzeitig oder unmittelbar danach die Beklagte in die Lage zu versetzen, den Vorgang intern aufzuklären. Die Beklagte beschäftige in Deutschland und im Konzern weltweit Mitarbeiter vieler verschiedener Nationalitäten und Ethnien. Entsprechend sei es unvermeidlich, dass es hierbei auch zu Konflikten zwischen verschiedenen Nationalitäten komme. Für die Beklagte sei es von elementarer Bedeutung, diese Konflikte professionell zu bewältigen und idealerweise in einem frühen Stadium zu erkennen und gegenzusteuern. Ein generelles Verbot der Benutzung der Muttersprache für Mitarbeiter eines Herkunftslandes sei kein zuträgliches Mittel zur Bewältigung solcher Konflikte, sondern verstärke diese und stelle unter Umständen eine gravierende Diskriminierung und in jedem Fall ein Fehlverhalten des Vorgesetzten dar, der das Verbot ausgesprochen habe. Der Ausspruch eines solchen Verbots stelle für die Beklagte ein wesentliches betriebliches Vorkommnis dar, das das Ansehen der Beklagten auf dem Absatzmarkt, aber auch auf dem Arbeitsmarkt gefährden könne. Der Kläger habe das Vorkommnis durch die Versendung der E-Mail vom 07.03.2019 an eine nicht mehr bei der Beklagten beschäftigte Person und an das türkische Generalkonsulat nach außen getragen, ohne der Beklagten zuvor die Möglichkeit gegeben zu haben, den Sachverhalt zu ermitteln und nötigen Falls abzustellen. Er habe der Beklagten auch bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht umfassend mitgeteilt, auf welchen konkreten Vorgängen und Hinweisen seine E-Mail vom 07.03.2019 beruhte. Dem Kläger wäre es auch möglich gewesen, seiner Loyalitätspflicht zu genügen, ohne dabei Kollegen in Schwierigkeiten zu bringen, die ihn über den Vorgang informiert hätten. Es sei zwar anzuerkennen, das der Kläger gegebenenfalls vermeiden wollte, dass Kollegen, die ihn informiert hatten, von der Personal- oder Compliance-Abteilung befragt würden, weil die dieses als unangenehm empfinden würden. Jedoch hätte der Kläger auch als Betriebsratsmitglied weiter aufklären und eventuell im Gespräch mit dem betreffenden Vorgesetzten den Sachverhalt abstellen können oder auch andere Betriebsratsmitglieder hier um Unterstützung bitten können. Des Weiteren hätte er auch eine Beschwerde gemäß § 84 BetrVG einreichen können. Eine solche habe schon nicht vorgelegen, weil die E-Mail auch an unternehmensfremde Personen und das türkische Generalkonsulat versendet worden sei. Die Vorgehensweise des Klägers sei auch nicht in Anwendung der zum Whistleblower entwickelten Grundsätze gerechtfertigt. Zum einen setze die Rechtfertigung hier einer Anzeige etwa voraus, dass nicht gleichzeitig unwahre und infundierte Behauptungen aufgestellt würden und zum zweiten dürfe keine Anzeige nach außen erstattet werden, ehe eine interne Beschwerde versucht wurde. An beidem fehle es. Der Kläger könne sich auch nicht damit rechtfertigen, dass er in Erfüllung seiner Aufgaben als Betriebsrat gehandelt habe. Zwar könne eine Verfehlung, die lediglich die Betriebsratstätigkeit betrifft, keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, sondern lediglich Maßnahmen gemäß § 23 BetrVG. Jedoch habe der Kläger mit der Weiterleitung der E-Mail an das türkische Generalkonsulat und an eine weitere außerbetriebliche Person die Grenze der Betriebsratsarbeit überschritten. Die Kündigung entspreche des Weiterem auch dem Prognoseprinzip. Zwar sei eine Kündigung keine Sanktion eines Fehlverhaltens. Vielmehr sei eine Kündigung nur dann gerechtfertigt, wenn auf Grund des Verhaltens eine Prognose dahingehend möglich sei, dass der Arbeitnehmer dies oder ein ähnliches Verhalten wiederholen werde. Insofern sei es regelmäßig erforderlich, das der Arbeitnehmer wegen eines vergleichbaren Verhaltens abgemahnt worden sei. Ausnahmsweise sei eine Abmahnung dann entbehrlich, wenn der Vertrauensbereich betroffen sei beziehungsweise wenn der Arbeitnehmer es unter keinem Gesichtspunkt für möglich halten habe dürfen, dass der Arbeitgeber das Verhalten hinnehme. Im vorliegenden Fall sei der Kläger einschlägig abgemahnt. Insofern sei einschlägig die Abmahnung wegen der Betätigung des Notstoppschalters. Denn insoweit habe der Kläger den Notstoppschalter betätigt, als die Beklagte seiner Forderung, einen bestimmten Arbeitsplatz mit einem zweiten Mitarbeiter zu besetzen, nicht unmittelbar nachgekommen sei. Auch hier habe sich der Kläger bei einem von ihm vermuteten Verstoß des Arbeitgebers über die üblichen Regeln zur Klärung einer solchen Thematik hinweggesetzt und habe durch einseitiges Eingreifen Fakten geschaffen, wobei er mögliche erhebliche Schäden billigend in Kauf genommen habe. Hier habe ein vergleichbares Schadenspotential bestanden wie bei der Meldung an das Konsulat eines wichtigen Absatz- und Arbeitnehmerlandes. Auch in der Folgezeit habe sich der Kläger im Nachhinein nicht von seiner Vorgehensweise distanziert. Er habe in der E-Mail vom 13.03.2019 zum Ausdruck gebracht, dass er es im Hinblick auf das beim türkischen Generalkonsulat für den Vorgang bestehenden Interesse nicht für zweckmäßig ansehe, der Beklagten nähere Auskünfte zum Zweck der Aufklärung des Vorgangs zu erteilen. Auch die allgemeine Interessenabwägung falle zu Lasten des Klägers aus. Für den Kläger spreche bei einer Abwägung, dass der Anlass der Äußerungen in seiner Betriebsratstätigkeit zu finden sei. Des Weiteren spreche für ihn die langjährige Betriebszugehörigkeit. Jedoch stehe dem gegenüber das hohe Schadenspotenzial durch den drohenden Imageverlust auf dem Absatzmarkt Türkei und dem Arbeitsmarkt in Deutschland. Die Möglichkeit zur Begrenzung des Schadens durch Zusammenarbeit mit der Beklagten habe der Kläger in seiner E-Mail vom 13.03.2019 bei seiner Befragung am 18.03.2019 nicht genutzt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten. Die E-Mail stamme vom 07.03.2019. Die Beklagte habe danach den Kläger selbst um Konkretisierung seiner Angaben gebeten und in der Folge auch versucht, den Sachverhalt des Türkischverbots zu ermitteln. Es sei vertretbar, wenn sie sich zur Kündigung erst nach dem Gespräch mit dem Kläger am 18.03.2019 entschlossen habe. Dabei habe der Kläger nach Erläuterung der Schwierigkeiten für die Compliance-Abteilung, Sachverhalte ohne konkrete Hinweise aufklären zu können, die Zusammenarbeit mit der Compliance-Abteilung kategorisch abgelehnt. Dies sei auch im Rahmen der Prüfung eines wichtigen Grundes ein entscheidender Punkt. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte einerseits bis zu dieser Klärung weiter ermittelt habe und andererseits in diesem Punkt den Kündigungsentschluss gefasst habe. Die Zustimmung des Inklusionsamtes zur außerordentlichen Kündigung sei innerhalb der Zwei-Wochen-Frist beantragt worden und unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung auch gekündigt worden.
Gegen dieses dem Kläger am 10.02.2020 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung des Klägers mit Schriftsatz vom 04.03.2020, am gleichen Tag bei Landesarbeitsgericht München eingegangen.
Der Kläger ist auch im Rahmen der Berufung weiterhin der Auffassung, dass die streitgegenständlichen Kündigungen das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet hätten. Die Kündigung insbesondere vom 04.04.2019 sei schon insoweit unwirksam, weil es an einer ordnungsgemäßen Beteiligung nach § 103 BetrVG fehle. Denn die Anhörung des Betriebsrates sei schon gegenüber der falschen Person erfolgt, nämlich dem Betriebsratsvorsitzenden. Der Betriebsrat habe Personalausschüsse gebildet, was dem Arbeitgeber auch bekannt gewesen sei auf Grund anderer gerichtlicher Verfahren, aus denen sich ergebe, dass dem Arbeitgeber auch die Anhörungspflicht, die gegenüber diesen Personalausschüssen bestanden hätte, bekannt gewesen sei. Entsprechend hätte die Anhörung auch nicht gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden, der lediglich Empfangsvertreter des Betriebsrates sei, erfolgen dürfen, sondern gegenüber dem Vorsitzenden des zuständigen Personalausschusses, der auch nicht der Personalausschuss für den Bereich "P" gewesen sei, sondern für den Bereich"M" und "T". Ansonsten sei der Betriebsratsvorsitzende auch nur Erklärungsbote. Es sei aber nicht vorgetragen, dass dieser die Anhörung an den Personalausschuss weitergeleitet habe. Damit sei weder die Information an die richtige Person erfolgt, noch auch durch den zuständigen Personalausschuss die entsprechende Zustimmung erteilt worden. Der Betriebsrat habe diesen Personalausschüssen auch entsprechende Befugnisse und Aufgaben im Hinblick auf Kündigung und Personalmaßnahmen unter Hinweis auf die § 99 - 105 BetrVG übertragen. Dies sei dem Arbeitgeber auch bekannt gewesen. Auch der Widerruf der Übertragung dieser Aufgaben an den Personalausschuss bedürfe darüber hinaus der Schriftform. Die Beklagte hätte sich dieses Schriftstück vom Betriebsrat geben lassen müssen und ohne diese Vorlage nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Betriebsrat als Gremium die Aufgabe wieder an sich gezogen habe. Des Weiteren sei der Beklagten auch positiv bekannt gewesen, dass es keinen Widerruf der Übertragung der Aufgaben gegeben habe, da der Betriebsratsvorsitzende vor der maßgeblichen Sitzung auch nicht zu einer Sitzung eingeladen hatte, zum Zweck der Rückübertragung der Aufgabe. Ohne entsprechende Betriebsratssitzung habe es auch keine Rückübertragung gegeben. Eine entsprechende Sitzung hätte die Beklagte aber mitbekommen müssen. Auf Grund der eigenen Einlassung der Beklagten, wonach dem Betriebsrat bereits am 15.03.2019 angekündigt worden sei, dass er binnen kurzer Zeit eine Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung des Klägers erhalten würde, habe festgestanden, dass die Beklagte bereits beabsichtigt habe, den nicht zuständigen Betriebsrat an Stelle des zuständigen Personalausschusses anzuhören. Entsprechend hätte der Betriebsrat noch Zeit gehabt einen Rückübertragungsbeschluss zu fassen. Dies sei aber nicht erfolgt, jedenfalls auch nicht bezüglich des zuständigen richtigen Personalausschusses. Einen entsprechenden Beschluss habe es auch nicht gegeben. Der Betriebsrat könne die Aufgabe auch nicht einfach wieder an sich ziehen. Der Betriebsratsvorsitzende habe zudem nicht an der Sitzung teilnehmen dürfen, wegen eigener persönlicher Betroffenheit, weil er zur Kündigung des Klägers aufgerufen habe. Durch die Anhörung und Übergabe an den Betriebsratsvorsitzenden sei auch die Anhörung nicht dem Betriebsrat insgesamt und damit auch nicht dem Personalausschuss gegenüber abgegeben worden. Schließlich sei auch die an und für sich für die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG vertretene Sphärentheorie im Verfahren nach § 103 BetrVG nicht anzuwenden. Entsprechend hätte die Beklagte nicht auf die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschusses vertrauen dürfen, da sie in gleicher Weise wie der Betriebsrat die Faktoren gekannt hätte, die zur Unwirksamkeit des Beschlusses geführt hätten. Schon der kurze zeitliche Abstand zwischen der Übergabe der Anhörung und der stattgefundenen Sitzung hätte dazu geführt, dass die Beklagte davon ausgehen musste, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäß gefasst worden sei, etwa auch Ersatzmitglieder nicht geladen worden seien. Der Beklagten sei auch bekannt gewesen, dass eine ordentliche Betriebsratssitzung stattfinden sollte am 20.03.2019. Entsprechend sei erkennbar gewesen, dass die Betriebsratsmitglieder in der Sitzung vom 19.03.2019 übereilt und überrumpelnd abgestimmt hätten. Die Ladung zur Sitzung sei auch nicht vom zuständigen Betriebsratsvorsitzenden als solchen erfolgt. Die Anhörung sei auch insoweit unwirksam, als die Beklagte in der Anhörung jeweils darauf hingewiesen habe, dass eine Geheimhaltungsverpflichtung bestehe und die beigefügten Unterlagen als Betriebsgeheimnis anzusehen seien. Somit sei der Betriebsrat nicht in der Lage gewesen, die entsprechenden Unterlagen und die darin enthaltenen Tatsachen zum Beispiel im Rahmen von Ermittlungen an Dritte weiterzugeben. Entsprechend sei die Betriebsratstätigkeit hier behindert worden. Denn durch den Hinweis auf ein bestehendes Betriebsgeheimnis sei etwa die Aufklärung des Betriebsrates aus Furcht vor möglichen Repressalien des Arbeitgebers beeinträchtigt gewesen. Der Arbeitgeber habe auch nicht auf die ordnungsgemäße Beschlussfassung vertrauen dürfen auf Grund der ihm bekannten Umstände. Er habe vielmehr kollusiv zu Lasten des Klägers mit dem Betriebsratsvorsitzenden zusammengearbeitet. Ein entsprechender Beschluss des Gremiums habe auch nicht ordnungsgemäß gefasst werden können, weil den Betriebsratsmitgliedern die Tagesordnungspunkte auch nicht rechtzeitig mitgeteilt werden konnten und sich auch innerhalb der wenigen Stunden die Betriebsratsmitglieder kein eigenes Bild oder Urteil über die Anhörung zur fristlosen Kündigung des Klägers hätten machen können. Auch dies sei für den Arbeitgeber erkennbar gewesen, zumal eine ordentliche Betriebsratssitzung bereits am 20.03.2019 anberaumt gewesen sei. Auch sei die Anhörung inhaltlich nicht ausreichend gewesen. Zum einen sei schon nicht klar gewesen, was dem Betriebsratsvorsitzenden mündlich mitgeteilt worden sei. Die Anhörung sei insoweit unvollständig und irreführend gewesen, zumal die Beklagte nur bezüglich des Vorfalls die Vorgesetzten mit deutscher Herkunft befragt hatte und nicht die beiden Vorarbeiter mit türkischer Herkunft. Entsprechend sei der Betriebsrat nicht vollständig, sondern vielmehr irreführend informiert worden. Eine irreführende Information habe auch darin bestanden, dass dem Betriebsrat gegenüber eine Ermahnung erwähnt worden sei, die sich unstreitig nicht, beziehungsweise nicht mehr in der Personalakte des Klägers befunden habe. Entsprechend habe ein Verstoß gegen Datenschutzrecht vorgelegen und hätte diese in der Betriebsratsanhörung nicht erwähnt werden dürfen. Des Weiteren habe die Beklagte in der Anhörung gegenüber dem Betriebsrat die Umstände, die sie andererseits dem Antrag an das Inklusionsamt geschildert hatte, nicht mitgeteilt. Dies gelte insbesondere über die Äußerung bezüglich der Bildung einer türkischen Arbeitsgruppe und der Bezeichnung der türkischen Kollegen als Schwarzköpfe. Dieser Sachverhalt sei dem Betriebsrat bewusst nicht mitgeteilt worden. Entsprechendes wäre aber als entlastender Umstand zu berücksichtigen und dem Betriebsrat mitzuteilen gewesen. Vor allem sei aber auch die Anhörung vom 18.03.2019 dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden. Entsprechend habe mangels Mitteilung an den Betriebsrat auch die Beklagte das später erfolgte Presseecho nicht im Rahmen des Verfahrens verwenden dürfen. Schließlich sei dem Betriebsrat auch das Schreiben des Generalkonsulats nicht mitgeteilt worden. Hieraus hätte sich ergeben, dass das Generalkonsulat durch Presse und Anfragen mehrerer türkischer Staatsbürger über die Vorfälle informiert worden war. Die von Seiten der Beklagten erhobenen Vorwürfe, der Kläger hätte gegenüber dem Generalkonsulat die gesamte V. beschuldigt, den Gebrauch der türkischen Sprache zu verbieten und türkische Mitarbeiter zu diskriminieren, sei unzutreffend und sei auch nicht aus dem Schreiben des Generalkonsulats zu entnehmen. Schließlich sei, obwohl die Beklagte sich bezüglich des Kündigungssachverhalts nur auf zwei Abmahnungen und die Ermahnung gestützt habe, dem Betriebsrat und dem Inklusionsamt weitere Abmahnungen mitgeteilt worden, welche auf Grund von Urteilen der Gerichte aus der Personalakte hätten entfernt werden müssen. Entsprechend hätten diese auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 17 Abs. 1 a + b DS-GVO gelöscht werden müssen und nicht mehr in der Anhörung verwendet werden dürfen. Auch die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt entsprechend den Rügen bezüglich der Betriebsratsanhörung. Des Weiteren habe auch kein wichtiger Grund als Kündigungsgrund vorgelegen. Zum einen sei zu berücksichtigen, dass der Kläger insoweit als Betriebsratsmitglied gehandelt habe und im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit vorgegangen sei, sodass, soweit ein Verstoß überhaupt vorgelegen hätte, allenfalls die Betriebsratstätigkeit betroffen gewesen sei und insoweit nur Maßnahmen nach § 23 BetrVG in Betracht gekommen wären. Auch die vom Arbeitsgericht zitierte Rechtsprechung zum "Whistleblowing" sei nicht maßgeblich, da anders als in dem vom Arbeitsgericht herangezogenen Fall des BAG es nicht um eine Strafanzeige und eine anonyme Anzeige gegangen sei. Des Weiteren habe das Bundesarbeitsgericht auch nicht verlangt, dass vor einer betrieblichen Prüfung ungeklärte Sachverhalte nicht nach außen getragen werden dürften. Vielmehr hinge die Beurteilung vom jeweiligen Einzelfall ab. Es sei zu beurteilen, ob eine innerbetriebliche Anzeige zumutbar sei und ein entsprechendes Unterlassen ein pflichtwidriges Verhalten darstelle. Eine Pflicht zur innerbetrieblichen Klärung sei dann nicht vorrangig, wenn Abhilfe berechtigterweise nicht zu erwarten sei. Der Arbeitnehmer könne insoweit nicht auf die innerbetriebliche Abhilfe verwiesen werden. Eine innerbetriebliche Klärung sei zudem auch wegen der bisherigen behindernden Vorgehensweise des Betriebsrats gegenüber dem Kläger nicht zu erwarten gewesen. Insbesondere habe der Betriebsrat im Rahmen seiner Geschäftsordnung den Kläger wesentlich im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit behindert. Zu den einzelnen behindernden Aktionen wird im Übrigen auf den Schriftsatz des Klägers vom 22.07.2020 Bezug genommen. Schließlich sei auch der Inhalt der E-Mail vom 07.03.2019 nicht hinreichend berücksichtigt worden. Insoweit ergebe sich bereits, dass der Kläger hier im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit im Rahmen des § 18 BetrVG tätig geworden sei. Auch der Adressatenkreis zeige dies, nachdem hier vor allem Personalabteilung und Betriebsratsmitglieder angeschrieben worden seien. Der Kläger habe auch das Türkischverbot nicht verbreitet. Dies sei auch dem Schreiben des Generalkonsulats zu entnehmen. Es sei auch kein konkreter Schaden für die Beklagte entstanden und auch nicht ersichtlich. Schließlich habe der Kläger auch korrekt vorgetragen, da das Türkischverbot entgegen der Behauptung der Beklagten das Führen von Privatgesprächen nicht ausgenommen habe. Es habe keine Verleumdung stattgefunden. Schließlich sei auch die Anhörung vom 18.03.2019 unzureichend gewesen. Im Rahmen des Gespräches habe sich gezeigt, dass die Beklagte noch keine hinreichenden Ermittlungen geführt hatte und hinreichende Aufklärung bezüglich des Verbots betrieben habe. Es sei klargestellt worden von Seiten des Klägers, dass er die Beklagte nicht generell mit Faschismus und Militärdiktatur gleichsetze. Des Weiteren sei die Anhörung auch verspätet erfolgt, da die E-Mail bereits am 07.03.2019 bekannt gewesen sei. Der Kläger habe schließlich auch im Rahmen der Aufklärung mittels seiner E-Mail vom 13.03.2019 konkrete Fälle benannt. Insofern sei die Kündigung unwirksam, weil bezüglich der Verdachtskündigung keine hinreichende Aufklärung betrieben worden sei etwa bezüglich des Sprachverbots, das Generalkonsulat nicht durch den Kläger informiert worden sei laut dessen Schreiben, die Anhörung ungenügend gewesen sei, da insbesondere die Ermittlungsergebnisse vom 12.03.- 15.03. nicht hinreichend mitgeteilt worden seien und auch noch weitergehend ermittelt werden sollten. Der Kläger habe gerade interne Ermittlungen auch angestoßen. Der Kläger habe den Vorfall auch nicht nach außen getragen, da der Sachverhalt dem Konsulat bereits bekannt gewesen sei. Eine entsprechende Mitteilung sei zudem auch zulässig gewesen. Das Sprachverbot sei in jedem Fall diskriminierend auch wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit. Entsprechend habe es sich um eine reine Äußerung im Rahmen der Betriebsratsarbeit gehandelt. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass ein Kontakt zum Konsulat zulässig gewesen sei, da das Konsulat auch keine Strafverfolgung und keine Überwachung betreibe, sondern lediglich Information über die Rechte gebe. Allenfalls sei das Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit verletzt, nicht aber das Rücksichtnahmeverbot. Eine Gefährdung der Beklagten durch die E-Mail etwa bezüglich Absatzmarkt, Arbeitsmarkt und Ansehen sei durch die E-Mail nicht eingetreten. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte andere Äußerungen, wie etwa des Betriebsratsvorsitzenden nicht als Kündigungsgrund angesehen habe. Des Weiteren habe auch keine einschlägige Abmahnung vorgelegen, da etwa der Vorfall mit dem Notstoppschalter nicht ein nach Außentragen betreffe und auch in der Email vom 13.03. keine Verweigerung von Auskünften vorgelegen hätten. Die Abmahnungen seien zudem unzutreffend und unberechtigt, insbesondere auch die betreffend den Notstoppschalter sowie auch die Ermahnung vom 15.07.2016. Schließlich sei auch die Interessenabwägung fehlerhaft vorgenommen worden, da die Rufschädigung mangels Mitteilung in der Betriebsratsanhörung nicht verwertbar sei und auch kein Schaden für die Beklagte eingetreten sei. Das Recht auf freie Meinungsäußerung greife zugunsten des Klägers ein.
Der Kläger beantragte zuletzt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 16.01.2020 mit dem Geschäftszeichen 12 Ca 4164/19 wird abgeändert und wie folgt erkannt:
1. Es wird festgestellt, dass die mit drei Schreiben der Beklagten vom 04.04.2019 erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigungen unwirksam sind und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst haben.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst wird, sondern unverändert fortbesteht.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Bedingungen als freigestelltes Betriebsratsmitglied weiter zu beschäftigen.
4. Es wird festgestellt, dass die mit drei Schreiben der Beklagten vom 08.04.2019 erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigungen unwirksam sind und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst haben.
5. Es wird festgestellt, dass die mit drei Schreiben der Beklagten vom 26.04.2019 erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigungen unwirksam sind und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst haben.
Die Beklagte beantragte zuletzt:
Zurückweisung der Berufung
Die Beklagte ist auch im Rahmen der Berufungsinstanz der Auffassung, dass die Kündigungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hätten. Insbesondere sei die Verbreitung mittels E-Mail vom 07.03.2019 auch an externe Stellen unter vor allem unsachgemäßer Aufklärung des Sachverhalts mit dem Türkischverbot maßgeblicher Kündigungsgrund. Denn auch nach eigener Darstellung des Klägers habe es sich lediglich um eine Äußerung eines Vorarbeiters gegenüber maximal 80 Arbeitnehmern gehandelt, also einem minimalen Prozentsatz der Mitarbeiter der Beklagten. Insoweit sei auch die Verbreitung gegenüber Externen illoyal gewesen. Es hätte auch ein maßgeblicher potenzieller großer Schaden für die Beklagte entstehen können. Vor allem die Mitteilung dieses rufschädigenden Sachverhalts gegenüber dem Generalkonsulat und auch gegenüber dem ehemaligen Mitarbeiter K sei unzulässig gewesen. Dem Kläger sei es insoweit auch nicht um ein Informations- und Aufklärungsbegehren gegangen. Die entsprechende Verbreitung habe auch zu einem großen Presseecho geführt. Die Ermittlungen im Bereich der Fahrzeugaufbereitung hätten zudem ergeben, dass lediglich vom Vorarbeiter gebeten worden sei, als Arbeitssprache Deutsch zu sprechen. Dies sei nicht speziell im Hinblick auf die türkische Sprache bezogen gewesen. Private Kommunikation sei hiervon ausdrücklich ausgenommen gewesen. Dem Kläger sei es auch nicht um Aufklärung des Sachverhalts gegangen, sondern er habe polarisieren und provozieren wollen. Die Anhörung bezüglich der Vorfälle vom 18.03.2019 habe auch nicht außerhalb der Wochenfrist gelegen. Denn die Beklagte habe den Kläger noch am 15.03. zu den Vorwürfen anhören wollen. Der Termin sei jedoch auf Bitte des Klägers auf den 18.03. verschoben worden. Die Zustimmung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erteilt worden. Entsprechend habe der Zeuge O. in der Woche vom 11.03. - 15.03.2019 den Vorsitzenden des für das Resort "P" zuständigen Personalausschusses, den Zeugen Dr. E. angerufen, um anzukündigen, dass eine Anhörung zu einer außerordentlichen Kündigung des Klägers voraussichtlich in Kürze eingehen werde. Der Zeuge Dr. E. habe geäußert, das sei eine Nummer zu groß für den Personalausschuss, man werde das im Gremium beschließen. Zwischen der Personalabteilung, Herrn Dr. E. und Herrn R. sei dann besprochen worden, dass die Anhörung an das Gremium gehe. Der Betriebsrat sei in Person von Dr. E. in der genannten Woche auch mehrfach von Herrn O. über den Stand der Ermittlungen informiert worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Information, soweit sie dem Betriebsratsvorsitzenden zugehe, dem Betriebsrat insgesamt zugehe und damit auch den bei ihnen gebildeten Ausschüssen. Die Zuständigkeit gebildeter Ausschüsse könne jederzeit durch Mehrheitsbeschluss geändert werden. Die Anhörung sei auch dem Betriebsratsvorsitzenden um 18:51 Uhr übergeben worden. Der Betriebsrat könne als Gremium die Zuständigkeitsübertragung auf einen Ausschuss jederzeit wiederrufen. Entsprechend dürfe sich der Arbeitgeber auch grundsätzlich auf die Wirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses nach § 103 BetrVG verlassen, wenn der für die Außenvertretung des Betriebsrates zuständige Betriebsratsvorsitzende dem Arbeitgeber mitteile, die Zustimmung sei erteilt. Jedoch sei zu berücksichtigen, dass der Betriebsrat in seiner Sitzung am 19.03.2019 um 13:00 Uhr auch ausdrücklich mit einer Mehrheit von 61 Stimmen den Beschluss gefasst habe, die Zuständigkeit der Zustimmung zur Kündigung des Herrn A. auf das Betriebsratsgremium zu übertragen. Auch hätten die Vorsitzenden der Personalausschüsse sowie die Mitglieder der Personalausschüsse an dieser Sitzung teilgenommen. Sonstige interne Vorgänge des Betriebsrates seien dem Arbeitgeber nicht bekannt und deshalb auch nicht anzulasten. Die Schwerbehindertenvertretung sei entsprechen zulässig informiert worden. Jedenfalls habe das Inklusionsamt zugestimmt. Inwieweit der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit Behinderungen von Seiten des Betriebsrats ausgesetzt gewesen sei, werde von der Beklagten zum einen bestritten, zum anderen komme es hierauf auch nicht an. Dies sei für die streitgegenständliche Kündigung irrrelevant. Die Vorbehalte gegenüber der Anhörung seien nicht gerechtfertigt, insbesondere habe aber auch die Compliance-Abteilung umfassend ermittelt. Die E-Mail vom 07.03.2019 sei zudem ehrverletzend und enthalte Beleidigungen. Sie sei nicht einschränkend so zu verstehen, dass sich der Sachverhalt nur auf einzelne Vorgesetzte bezogen habe. Dies sei der E-Mail schon nicht zu entnehmen. Entsprechend sei vom Empfängerhorizont etwa des Generalkonsulats aus keine Einschränkung zu entnehmen, denn es werde die Behauptung aufgestellt, bei der Beklagten sei es verboten, Türkisch zu sprechen. Auch werde pauschal behauptet, türkische Mitarbeiter würden gezielt diskriminiert und dies werde von der Beklagten, vertreten durch die Personalabteilung, vertuscht. Bei den Handlungen des Klägers habe es sich auch nicht um reine Tätigkeit als Betriebsratsmitglied gehandelt. Vielmehr habe der Kläger gegen eine für alle Arbeitnehmer gleichermaßen geltende vertragliche Pflicht verstoßen. Der Kläger habe verleumderische Äußerungen getätigt und die arbeitnehmerseitige Loyalitätspflicht zum eigenen Vorteil verletzt. Insofern bestehe auch eine Pflicht des Arbeitnehmers aus Gründen der Loyalität und aus Vertraulichkeit, Informationen zunächst dem Vorgesetzten zu geben und nur, wenn dies nicht möglich sei, könne der Arbeitnehmer als letztes Mittel damit an die Öffentlichkeit gehen. Der mögliche Schaden für den Arbeitgeber sei zu berücksichtigen. Der Kläger habe auch keine interne Vorwarnung gegeben, sondern sofort die Information nach außen weitergegeben. An sich habe der Kläger auch das Türkischverbot nicht in irgendeiner Form eingeschränkt, sondern mit auch Behauptungen gezielter Diskriminierung und Vertuschung durch die Beklagte verknüpft. Dabei habe der Kläger eine Rufschädigung gezielt in Kauf genommen. Das Verhalten des Klägers sei daher unverhältnismäßig gewesen. Es seien auch nachträglich bekannte Umstände dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörungen zu den weiteren Kündigungen mitgeteilt worden und insofern verwendbar. Der Betriebsratsvorsitzende dürfe auch nach § 26 Abs. 2 BetrVG Erklärungen entgegennehmen. Dieser Paragraph sei auch nicht durch die Übertragung an die Personalausschüsse aufgehoben worden. Sämtliche Mitglieder des Personalausschusses hätten auch als Betriebsratsmitglieder unter Mitwirkung über das Gremium die Informationen erhalten und an einem Beschluss mitgewirkt. Des Weiteren habe der Betriebsrat auch über die Ermahnung informiert werden dürfen. Die Ermahnung hätte jedenfalls in die Personalakte aufgenommen werden müssen. Insofern sei auch der Betriebsrat nicht irreführend informiert worden, sondern wahrheitsgemäß. Die Betriebsratsanhörung sei des Weiteren bezüglich der Abmahnungen, die aus der Personalakte des Klägers zu entfernen waren, korrekt, da der Betriebsrat entsprechend informiert worden sei. Die Kündigung sei auch nicht auf diese Abmahnungen gestützt worden. Der Hinweis auf die Geheimhaltungsverpflichtung habe sich auch nur auf die entsprechenden Unterlagen bezogen, soweit sie nicht der Öffentlichkeit bekannt waren. Entsprechend ergebe sich hier auch keine Verpflichtung etwa im Hinblick auf ein Verbot, betroffene Arbeitnehmer zu befragen und werde auch die Betriebsratsarbeit hierdurch nicht behindert. Der Zustimmungsbeschluss sei ordnungsgemäß durch den Betriebsrat gefasst worden. Jedenfalls könne sich die Beklagte auf ihren Vertrauensschutz insoweit berufen. Gleiches gelte auch für die Beteiligungen der Schwerbehindertenvertretung und des Inklusionsamtes. Jedenfalls hätten aber die Kündigungen vom 08.04.2019 und vom 26.04.2019 das Arbeitsverhältnis wegen der dort genannten Verstöße wirksam beendet, zum einen wegen der Behauptung nicht nachweislich wahrer ehrenrühriger Tatsachen, insbesondere der Bezeichnung der W.-Betriebsräte als korrupt, beziehungsweise auch wegen des unzulässigen Ganges an die Öffentlichkeit in Form des Presseinterviews. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch bestehe insoweit nicht.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 04.03.2020, 07.03.2020, 08.05.2020, 10.07.2020, 20.07.2020, 22.07.2020,28.07.2020 sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
I.
Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist daher zulässig.
II.
Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet, da die Kündigung vom 04.04.2019 das Arbeitsverhältnis wirksam außerordentlich beendet hat.
1. Die Unwirksamkeit der Kündigung ergibt sich nicht daraus, dass etwa das Verfahren zur Einholung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung nicht ordnungsgemäß durchlaufen worden wäre. Weder wurde die Zustimmung vom falschen Gremium erteilt, noch ist die Information gegenüber dem Betriebsrat fehlerhaft, weil über den Betriebsratsvorsitzenden als falschen Empfänger der Information, noch inhaltlich mangelhaft im Sinne einer irreführenden oder unzureichenden Information erfolgt.
a) Gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG bedarf die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrates der Zustimmung des Betriebsrats. Der Arbeitgeber hat im Rahmen des Zustimmungsersuchens an den Betriebsrat diesem die Kündigungsgründe wie nach § 102 Abs. 1 BetrVG mitzuteilen. Damit dieser über die Zustimmung entscheiden kann, muss er die Gründe kennen, die für die Maßnahme des Arbeitgebers ursächlich sind. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, dem Betriebsrat die Gründe für die außerordentliche Kündigung mitzuteilen. Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Informationen gelten hierbei dieselben Grundsätze wie zur Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Betriebsrat seine Kündigungsabsicht mitzuteilen, die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers genau zu bezeichnen und die Kündigungsgründe anzugeben. Er muss den Betriebsrat über alle Aspekte unterrichten, die ihn zur Kündigung veranlasst haben (vgl. BAG vom 23.04.2008 - 2 ABR 71/07). Der notwendige Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht, d. h. gegebenenfalls zu Gunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einzuwirken. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Die Anhörung soll dem Betriebsrat nicht die selbständige - objektive - Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern gegebenenfalls eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen. Der Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist deshalb grundsätzlich subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet. Schildert er dem Betriebsrat bewusst einen unrichtigen oder unvollständigen - und damit irreführenden - Kündigungssachverhalt, der sich bei der Würdigung durch den Betriebsrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam. Eine zwar vermeidbare aber unbewusst erfolgte, bloß objektive Fehlinformation führt dagegen für sich genommen nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber bei größerer Sorgfalt die richtige Sachlage hätte kennen können. Maßgeblich ist, ob er subjektiv gutgläubig war und trotz objektiv falscher Unterrichtung dem Sinn und Zweck der Betriebsratsanhörung genüge getan ist. Dies ist bei einer unbewussten Falschinformation dann der Fall, wenn sich der Inhalt der Unterrichtung mit dem tatsächlichen Kenntnisstand des Arbeitgebers deckt und der Betriebsrat damit auf derselben Tatsachenbasis wie dieser auf dessen Kündigungsabsicht einwirken kann (vgl. BAG vom 16.07.2015 - 2 AZR 15/15; vom 21.11.2013 - 2 AZR 797/11).
Diese Grundsätze gelten daher auch für die Unterrichtung des Betriebsrats im Rahmen eines Zustimmungsantrages nach § 103 BetrVG.
b) Berechtigt für die Entgegennahme von Mitteilungen zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers im Sinne des § 102 BetrVG und damit auch im Sinne des § 103 BetrVG ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 BetrVG der Betriebsratsvorsitzende oder, falls dieser verhindert ist, der Stellvertreter des Betriebsratsvorsitzenden. Ist ein besonderer Ausschuss (Personalausschuss) gebildet, dem der Betriebsrat die Mitbestimmung bei Kündigungen übertragen hat, dann ist der Ausschussvorsitzende zur Entgegennahme der Erklärungen des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren berechtigt. Mitteilungen, insbesondere über Kündigungsgründe, die der Arbeitgeber im Rahmen des § 102 oder auch § 103 BetrVG einem nicht nach diesen Grundsätzen zur Entgegennahme ermächtigten Mitglied des Betriebsrates macht, werden erst dann für den Betriebsrat wirksam, wenn sie vom unzuständigen Mitglied als Erklärungsbote des Arbeitgebers an den Vorsitzenden oder ein zum Empfang ermächtigtes Mitglied des Betriebsrates oder eines zuständigen Ausschusses weitergeleitet werden (vgl. BAG vom 27.06.1985 - 2 AZR 412/84).
c) Der Betriebsrat kann die Ausübung der Mitbestimmung bei Kündigungen einem besonderen Ausschuss (Personalausschuss) zur selbständigen Erledigung übertragen (BAG vom 04.08.1975 - 2 AZR 266/74). In diesem Fall entscheidet dann dieses Gremium, also der Personalausschuss über den Zustimmungsantrag. Denn gemäß § 28 Abs. 1 BetrVG kann der Betriebsrat im Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgaben übertragen. Ist ein Betriebsausschuss gebildet, kann der Betriebsrat den Ausschüssen Aufgaben zur selbständigen Erledigung übertragen, wobei § 27 Abs. 2 Satz 2 - 4 entsprechend gilt, insbesondere bedarf insoweit die Übertragung der Aufgaben der Schriftform, gleichermaßen gelten entsprechend für den Widerruf der Übertragung dieser Aufgaben auch § 27 Abs. 2 Sätze 2 und 3, wonach auch für den Widerruf die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder erforderlich ist und der Widerruf der Schriftform bedarf.
d) Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die vorgenommene Durchführung des Zustimmungsverfahrens nach § 103 BetrVG nicht als fehlerhaft.
aa) Zunächst hat nicht das falsche Gremium über die Zustimmung entschieden. Jedenfalls wäre eine Beschlussfassung durch ein falsches Gremium nicht dem Arbeitgeber anzulasten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes und im Rahmen des Verfahrens nach § 103 BetrVG Grundsätze, die das BAG für die Deckung der Mängel beim Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG entwickelt hat (Sphärentheorie), auf das Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG nicht übertragbar sind, weil die erforderliche Zustimmung zur Kündigung nach § 15 KSchG an sich einen wirksamen Beschluss voraussetzt. Jedoch darf der Arbeitgeber nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes grundsätzlich auf die Wirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses nach § 103 BetrVG vertrauen, wenn ihm der Betriebsratsvorsitzende oder sein Vertreter mitteilt, der Betriebsrat habe die beantragte Zustimmung erteilt. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Tatsachen kennt oder kennen muss, aus denen die Unwirksamkeit des Beschlusses folgt. Eine Erkundigungspflicht des Arbeitgebers besteht insoweit allerdings nicht (vgl. BAG vom 23.08.1984 - 2 AZR 391/83).
Demgemäß konnte es dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein wirksamer Rückübertragungsbeschluss durch den Betriebsrat als Gremium getroffen wurde. Jedenfalls durfte die Beklagte hierauf vertrauen, nachdem sie durch den Betriebsratsvorsitzenden darüber informiert worden war, dass die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung erteilt wird und der Betriebsrat als Gremium dies beschlossen hat. Zwar wäre tatsächlich ein Beschluss, soweit keine Rückübertragung erfolgt wäre, fehlerhaft und insoweit unwirksam, weil dann der Personalausschuss hierfür zuständig gewesen wäre. Die Kammer geht dabei auch davon aus, dass aufgrund der Kenntnis der Geschäftsordnung des Betriebsrates die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass entsprechende Entscheidungen im Rahmen der Zustimmung zur Kündigung auf Personalausschüsse übertragen worden waren. Denn dies hat sie letztlich in der Berufungserwiderung durch den geschilderten Kontakt zum Zeugen Dr. E., bestätigt. Jedoch beinhaltet nach Auffassung der Kammer die Mitteilung des Zustimmungsbeschlusses zur beabsichtigten Kündigung unter Darlegung, dass der Betriebsrat als Gremium dies beschlossen habe, auch die Mitteilung konkludent, dass die Rückübertragung beschlossen wurde. Der Kläger geht davon aus, dass aufgrund der Kenntnis der Geschäftsordnung die Beklagte Kenntnis davon haben musste, dass an sich für derartige Entscheidungen der Personalausschuss zuständig ist. Gleichermaßen muss man aber auch davon ausgehen, dass gerade der Betriebsrat selbst sich dieses Umstandes bewusst ist. Dies zeigt im Übrigen auch die vom Kläger selbst dargestellte Einladung zur Sitzung des Betriebsrates vom 19.03.2019, bei der als Tagesordnungspunkt auch die Rückübertragung vorgesehen war. Wenn daher der Betriebsrat über die Zustimmung entscheidet und die Zustimmung auch dem Arbeitgeber mitteilt, darf dieser das so verstehen, dass der Betriebsrat die Befugnis im Rahmen der Zustimmung von Kündigungen, die er vorher auf einen Personalausschuss übertragen hatte, wieder an sich gezogen hat. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass der Arbeitgeber gegebenenfalls auf Grund der von Seiten der Beklagten geschilderten Kontakte im März 2019 vor Zugang der Anhörung an den Betriebsrat Informationen an den Betriebsratsvorsitzenden oder etwa auch an den Vorsitzenden eines gegebenenfalls falschen Personalausschusses weitergegeben hat. Auf Grund der Zustimmungsmitteilung durfte die Beklagte davon ausgehen, dass in jedem Fall das Gremium die Befugnis zur Entscheidung über die Zustimmung zur Kündigung an sich ziehen wollte und an sich gezogen hat, egal welchem Personalausschuss letztlich die Befugnis ursprünglich zugestanden hat. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass etwa die Beklagte Kenntnis von dieser Einladung hatte und aus ihr ersehen konnte, dass gegebenenfalls, sollte die Ansicht des Klägers zutreffend sein, dass der Personalausschuss für den Bereich P für ihn nicht zuständig gewesen wäre, einen fehlerhaften Rückübertragungsbeschluss geschlossen hatte. Der Kläger hat lediglich moniert, dass die Ladung fehlerhaft erfolgt sei und insoweit Kenntnis der Beklagten bestanden hätte, weil die Ladung zur entsprechenden Sitzung vom 19.03.2019 durch Herrn N. im Auftrag von Herrn R. als Betriebsratsvorsitzenden erfolgt sei, wobei die Mail zu dieser Ladung (Bl.838f. d.A.), von R., Vorsitzender Gesamt- und Eurobetriebsrat unterzeichnet war. Zum einen wäre diese Ladung jedoch nicht zu beanstanden, da sie durch Herrn R. unterzeichnet ist und lediglich per Email und zwar auch erkennbar im Auftrag des Betriebsratsvorsitzenden R. lediglich durch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden hinausgeschickt wurde. Dies zeigt also, dass die Ladung nicht etwa durch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden im eigenen Namen erfolgt ist, sondern dass er im Auftrag des Betriebsratsvorsitzenden gehandelt hat und dieser auch selbst zur Sitzung einlädt. Darüber hinaus wäre ohnehin dieser Sachvortrag, der erst im Rahmen des Schriftsatzes vom 28.07.2020, mithin einen Tag vor der Kammersitzung erfolgt ist, verspätet, da der Vortrag nicht im Rahmen der Berufungsbegründung erfolgt ist und entsprechend § 67 Abs. 4 S. 2 ArbGG später vorgebrachte Angriffs- und Verteidigungsmittel nur dann zuzulassen sind, wenn sie nach der Berufungsbegründung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgericht die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde. Dies ist jedoch schon deswegen der Fall, weil es der Beklagten, wie sie es auch in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, gegebenen Falls eine Schriftsatzfrist eingeräumt hätte werden müssen, um auf diesen Sachvertrag Stellung nehmen zu können, weil insbesondere hier auch bestimmte Kenntnisse der Beklagten behauptet wurden und es der Beklagten möglich sein musste, hierzu Stellung zu nehmen.
Insoweit durfte die Beklagte auf Grund der Mitteilung der erteilten Zustimmung und des Umstandes, dass sie keine Kenntnis davon hatte, dass gegebenenfalls hier Mängel im Rahmen der Beschlussfassung bestehen, darauf vertrauen, dass die Zustimmung ordnungsgemäß erfolgt ist. Dies gilt auch in Bezug etwa auf eine fehlerhafte Schriftform, wie sie nach § 28 S. 1, S. 3 in Verb. mit § 27 Abs. 2 S. 3 und 4 BetrVG erforderlich für die Rückübertragung wäre. Zwar hat sich der Kläger insoweit darauf berufen, dass es der Beklagten auf Grund der Regelungen der Geschäftsordnung bekannt gewesen sei, dass das Protokoll erst im Rahmen der nächsten Sitzung erstellt wird und insofern die Schriftform, welche durch Unterzeichnung eines Protokolls durch den Betriebsratsvorsitzenden gewahrt wäre, noch nicht vorgelegen haben kann. Jedoch ist die Unterzeichnung des Betriebsratsprotokolls nur eine Möglichkeit, die Schriftform zu wahren. Die Schriftform kann auch etwa durch einfachen, schriftlich niedergelegten Beschluss, gewahrt sein. Nachdem nach der oben zitierten Rechtsprechung aber im Rahmen einer Mitteilung der getroffenen Zustimmungsentscheidung keine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, sich etwa hinsichtlich bestimmter Verfahrensumstände zu erkundigen, durfte die Beklagte darauf vertrauen, dass der Beschluss auch insoweit ordnungsgemäß gefasst wurde. Dies gilt insbesondere auch für die Einhaltung von Ladungsfristen oder etwa die Mitteilung von Tagesordnungspunkten, nachdem der Beklagten keine entgegengesetzten Tatsachen bekannt waren oder bekannt sein mussten.
Insoweit ergibt sich darüber hinaus auch keine Unwirksamkeit etwa schon allein aus der zeitlich kurzen Abfolge zwischen der Übergabe der Anhörung an den Betriebsratsvorsitzenden um ca. 18 Uhr des 18.03.2019 und der Sitzung, die bereits am nächsten Tag anberaumt wurde. Zu Recht verweist das Arbeitsgericht darauf, dass insoweit Ladungen durchaus im heutigen digitalen Verkehr per E-Mail, wie es im Übrigen hier auch unstreitig erfolgt ist, übermittelt werden könne. Auch insoweit besteht daher kein maßgeblicher Grund davon auszugehen, insbesondere für die Beklagte, dass der Beschluss nicht ordnungsgemäß gefasst worden wäre. Gerade da es bei außerordentlichen Kündigungen um kurze Fristen geht, ist es auch nicht zu beanstanden, dass später noch eine weitere Betriebsratssitzung stattgefunden hat, die bereits vorher anberaumt war. Der Betriebsrat ist nicht verpflichtet im Rahmen dieser Sitzung erst entsprechend über die Zustimmung zu beraten. Er kann dies auch im Rahmen einer vorher angesetzten Betriebsratssitzung tun. Maßgeblich ist, dass die entsprechende Information an das entscheidende Gremium vollständig und rechtzeitig erfolgt. Entsprechende Rügen, dass dies etwa nicht erfolgt wäre, hat der Kläger schon nicht vorgebracht, sie waren insbesondere aber für die Beklagte auch nicht ersichtlich. Allein die zeitlichen Zusammenhänge führen nicht bereits zu einem Entfallen des Vertrauensschutzes des Arbeitgebers (vgl. BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 732/11 Rnr. 45 zitiert nach Juris).
Darüber hinaus ist es etwa auch nicht zu beanstanden im Sinne, wie von Seitens des Klägers behauptet, eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen Arbeitgeber und gegebenenfalls dem Betriebsratsvorsitzenden oder Gruppierungen im Rahmen des Betriebsrates, dass hier das Gremium die Entscheidung an sich gezogen hat. Ein kollusives Zusammenwirken mit dem Betriebsratsvorsitzenden ist hier schon nicht erkennbar, vorausgesetzt, der Sachverhalt, den an und für sich der Kläger ja bestritten hat, wäre tatsächlich so erfolgt, das heißt, es hätte bereits vor der Anhörung Kontakte zwischen Arbeitgeber und dem Betriebsratsvorsitzenden gegeben. Es bleibt dem Arbeitgeber ja unbenommen, anzufragen, an wen er die Anhörung richten soll und dies mit dem Betriebsrat zu besprechen. Es ist dann Sache des Betriebsrates selbst, hierüber letzten Endes zu entscheiden, wie es auch augenscheinlich im Rahmen der Betriebsratssitzung erfolgt ist. Letztlich wird hier nur von rechtlich und im Rahmen des BetrVG vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch gemacht. Dem entsprechend war es auch nicht erforderlich, da insbesondere es auch auf den Vortrag der Beklagten im Rahmen der Berufungserwiderung nicht angekommen ist, etwa dem Kläger noch eine weitere Schriftsatzfrist dementsprechend einzuräumen, zumal der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 28.07.2020 hinreichend Stellung genommen hatte. Auch die Schriftsatzfrist dahingehend, näher zu kollusiven Zusammenwirken vortragen zu können, war nicht geboten. Auch hierdurch wäre der Rechtstreit verzögert worden. Zudem hat der Kläger sich insoweit auf ein Zusammenwirken des Arbeitgebers mit einem Betriebsratsmitglied im Rahmen einer erfolgten Strafanzeige berufen. Dies stellt einen völlig anderen Sachverhalt dar, sodass es maßgeblich auch hierauf nicht angekommen wäre und insoweit ein weiterer Schriftsatz nicht erforderlich war, zumal in der Sitzung vom 29.07.2020 auch zu diesem Vorfall eine Erörterung stattgefunden hat, die nicht näher Aufschlüsse dahingehend gegeben hat, in wie weit dieser Sachvortrag im vorliegenden Verfahren von Bedeutung sein könnte. Entsprechend durfte also die Beklagte darauf vertrauen, dass der Betriebsrat einen Rückübertragungsbeschluss wirksam gefasst hat, indem ihr die erteilte Zustimmung mitgeteilt wurde.
Auch die Beteiligung des Betriebsratsvorsitzenden an der Sitzung vom 19.03.2019 ist nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger eine Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden zitiert, wonach dieser im Zusammenhang mit der Aufsichtsratswahl und etwaigen rechtswidrigen Vorgängen hierbei die Beklagte zu umfassenden Schritten auffordert, um zu zeigen, dass dies nicht geduldet wird, ist keine Aufforderung zu entnehmen, die gezielt etwa gegen den Kläger gerichtet ist. Hier wird nur zu entsprechenden Maßnahmen aufgefordert, die ja den Kläger, sollte seine Sachdarstellung stimmen, auch nicht betreffen würden, weil er dann richtig gehandelt hat.
bb) Die Mitteilung im Rahmen des Ersuchens um Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung erfolgte zumindest letztlich auch zulässigerweise an den Betriebsratsvorsitzenden. Dem Kläger ist zwar insoweit Recht zu geben, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Information erfolgt ist, also am 18.03.2019 gegen ca. 18 Uhr die Information und Übergabe an den Betriebsratsvorsitzenden zumindest hinsichtlich ihrer Zulässigkeit zweifelhaft erscheint. Die Kammer ist allerdings der Auffassung, dass mit der Übertragung von Aufgaben an den Personalausschuss, wie sie nach § 28 BetrVG möglich ist, nicht zwingend auch die gleichzeitige Aufhebung von § 26 Abs. 2 S. 2 BetrVG beinhaltet ist und insoweit Erklärungen nicht mehr gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden abgegeben werden durften. Zwar ist nach der oben genannten Rechtsprechung grundsätzlich der Vorsitzende des Personalausschusses auch berechtigt, die entsprechende Erklärung entgegenzunehmen. Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass dies nicht auch weiterhin entsprechend der gesetzlichen Regelung gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden erfolgen dürfte, da davon auszugehen ist, dass dieser letztlich auch den Personalausschuss etwa in Person des Vorsitzenden informieren wird. Im vorliegenden Fall ist dies auch schon insoweit geschehen, als der Vorsitzende des Personalausschusses jedenfalls auch Mitglied des Betriebsratsgremiums war und daher schon im Rahmen der Betriebsratssitzung vom 19.03.2019 informiert wurde, wie im Übrigen auch die restlichen Ausschussmitglieder. Letztlich kommt es aber auf diese Frage nicht an, selbst wenn man die Auffassung vertreten würde (vgl. insoweit z. B. Raab in GK - BetrVG § 26 Rnr. 59) wonach ein Übertragungsbeschluss bezüglich des Ausschusses dahingehend auszulegen ist, dass der entsprechende Vorsitzende dann ausschließlich für die Entgegennahme zuständig sein soll, so wäre jedenfalls nach der oben zitierten Rechtsprechung der Betriebsratsvorsitzende, wenn er dann unzutreffender Weise die Information erhalten hat, jedenfalls Erklärungsbote der Beklagten und würde letztlich, wenn die Information dann an die richtige Person weitergegangen ist, das entsprechende Verfahren dennoch in Gang gesetzt werden. Hier wäre dies zum einen deshalb der Fall, weil die Information eben über das Gremium dann an auch an den Ausschussvorsitzenden erfolgt ist. Zum anderen ist aber zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt, als letztlich der Rückübertragungsbeschluss gefasst wurde, das Betriebsratsgremium wieder richtiger Adressat war und insoweit auch der Betriebsratsvorsitzende. Jedenfalls in diesem Zeitpunkt, die Kammer versteht einen etwaig getroffenen Beschluss des Betriebsrates tatsächlich dahingehend, dass in jedem Fall die Angelegenheit auf das Betriebsratsgremium wieder rückübertragen werden sollte, wäre entsprechend die Information an die richtige Stelle gelangt.
cc) Die Information gegenüber dem Betriebsrat ist auch ordnungsgemäß erfolgt. Die Beklagte hat den Betriebsrat nicht unvollständig oder irreführend informiert.
aaa) Soweit der Kläger sich insoweit darauf berufen hat, dass die irreführende Information dahingehend erfolgt sei, dass dem Betriebsrat im Rahmen der Betriebsratsanhörung mitgeteilt worden sei, dass im Rahmen der Anhörung vom 18.03.2019 des Klägers der Gruppenleiter der Gruppe TV- 611, Herr M. erklärt habe, das der Begriff "Schwarzkopf" ein Begriff sei, mit dem M.A. ihn, den Gruppenleiter bezeichnen würde und für Mitarbeiter dieser Begriff noch nie verwendet wurde, ist schon nicht ersichtlich, in wie weit hier tatsächlich eine Falschaussage erfolgt ist. Die Aussage sollte ja von dem Gruppenleiter Herrn M. stammen und nicht etwa vom Kläger. Insoweit der Kläger daher rügt, dass in der Anhörung des Inklusionsamtes vom 20.03.2019 der Begriff Schwarzkopf insoweit angesprochen wurde, als dargelegt wurde, dass der Kläger gegenüber Herrn M. geäußert habe, dass Mitarbeiter türkischer Herkunft so angesprochen würden, steht es nicht in unmittelbaren Wiederspruch. Hier können unterschiedliche Aussagen vorliegen. Zudem ist dieser Umstand auch nicht etwa in einer Form entlastend, dass angesichts des Vorwurfs, der Gegenstand der Kündigung war, nämlich wie sich der Kläger in seiner E-Mail gegenüber dem türkischen Generalkonsulat geäußert hat und dieses eingeschaltet hat, ohnehin kein entlastender Umstand darin gesehen werden kann. Dies gilt im Übrigen auch für die Ansicht des Klägers, dass dem Betriebsrat das Schreiben vom 20.03.2019 des türkischen Generalkonsulats hätte vorgelegt werden müssen. Hierbei ist zum einen zu beachten, dass die Anhörung des Betriebsrats ja schon am 18.03.2019 erfolgt ist, zu einem Zeitpunkt also, als das Schreiben des türkischen Generalkonsulats noch gar nicht vorgelegen hat. Darüber hinaus würde die nach Ansicht des Klägers entlastende Funktion dieses Schreibens, nämlich dass sich hieraus ergeben würde, dass das türkische Generalkonsulat zumindest auch durch andere Personen informiert wurde und bereits Kenntnis hatte, nichts an der Tatsache ändern, dass der Kläger sich an das türkische Generalkonsulat gewandt hat und in welcher Form er dies getan hat. Des Weiteren ergibt sich auch keine irreführende Mitteilung etwa in der Form, dass die Beklagte dem Betriebsrat gegenüber in der Betriebsratsanhörung die Auffassung vertreten hat und dies entsprechend so dargestellt hat, dass ein etwaiges Verbot türkisch zu sprechen zumindest sich nicht auf den Privaten - oder Pausenbereich bezogen hätte, sondern lediglich die dienstliche Kommunikation erfasst hätte. Dies ist zwar im Rahmen der Betriebsratsanhörung von Seiten der Beklagten so dargestellt worden. Insbesondere stellt sie dar, dass im Rahmen erneuter Ermittlungen und Nachfragen bei den Führungskräften sich dies so ergeben hätte. Der Kläger rügt insoweit, dass dem Betriebsrat aber auch hätte mitgeteilt werden müssen, dass etwaig die Beklagte andere Kenntnisse hatte auf Grund der Befragung von Mitarbeitern dieser Führungskräfte. Dieser entsprechende Sachvortrag, dass die Beklagte hier Kenntnis hatte auf Grund der Mitteilung von vier Mitarbeitern, erfolgte allerdings wiederum erst im Schriftsatz vom 28.07.2019 und damit, wie oben dargelegt, verspätet. Die Mitarbeiter hätten insoweit als Zeugen befragt werden müssen, beziehungsweise hätte jedenfalls der Beklagten eine Stellungnahmefrist eingeräumt werden müssen. Darüber hinaus ist die Kammer auch der Auffassung, dass jedenfalls keine vorsätzliche Irreführung stattgefunden hat. Nach der Befragung der Vorarbeiter war dies wohl Kenntnisstand der Beklagten auf Grund von deren Aussagen. Die Beklagte hat aber auch im Rahmen der Betriebsratsanhörung dargestellt, unter Ziffer 4, dass ein Vorarbeiter erklärt hätte, dass die türkische Sprache sowohl in Arbeitsbelangen als auch in der Brotzeitpause / Pausenräumen verboten worden sei und dies der Kläger dargelegt habe. Es wird hier also durchaus gegenüber dem Betriebsrat nicht etwa verheimlicht, dass es entsprechende Äußerungen von Mitarbeitern gegeben hat und insofern eine Irreführung betrieben. Darüber hinaus ist außerdem auch ersichtlich und im Rahmen des Grundsatzes der subjektiven Determination auch nicht zu beanstanden, dass letztlich diese Frage für die Arbeitgeberseite keine Rolle gespielt hat. Im Rahmen der Betriebsratsanhörung teilt die Beklagte unter c 1. auf Seite 10 mit, dass unabhängig davon, wie sich der von Herrn A. dargestellte Sachverhalt tatsächlich konkret darstellt, ob also tatsächlich das Türkischverbot umfassend war oder sich nur auf dienstliche Belange bezogen hat, ein entsprechender vehementer Verstoß und damit ein Kündigungsgrund nach Ansicht der Beklagten bestanden hat. Die Beklagte zeigt also, dass dieser Punkt für sie nicht maßgeblich war, hat aber auch einen entsprechenden Sachvortrag nicht vollständig ausgeblendet. Insofern kann von einer irreführenden Darstellung insoweit auch nicht ausgegangen werden.
bbb) Die inhaltliche Darstellung gegenüber dem Betriebsrat erfolgte auch nicht insoweit unzutreffend und unzulässig, als die Beklagte im Rahmen der Betriebsratsanhörung darauf hingewiesen hat, dass die Unterlagen insoweit Betriebsgeheimnisse darstellen würden. Zum einen ist der Betriebsrat ohnehin schon verpflichtet, Dinge nicht nach außen zu tragen oder unzulässig zu offenbaren und insoweit an eine Geheimhaltungsverpflichtung gebunden. Des Weiteren kann dieser Hinweis auch nicht so verstanden werden, das hierdurch, wie von Seiten des Klägers beanstandet, etwa die Aufklärungstätigkeit des Betriebsrates behindert worden wäre. Es erfolgte lediglich der Hinweis darauf, dass die Unterlagen Betriebsgeheimnisse wären. Dass hierdurch auch zum Ausdruck gebracht wurde, dass etwa der Betriebsrat diesbezüglich keine Mitarbeiter befragen dürfte, kann diesem Hinweis nicht entnommen werden.
ccc) Des Weiteren scheitert die Anhörung inhaltlich auch nicht etwa daran, dass die Beklagte dem Betriebsrat in der Darstellung des Sachverhaltes und des Ablaufs des Arbeitsverhältnisses des Klägers Abmahnungen dargestellt hat, die zum Teil auf Grund gerichtlicher Entscheidungen an sich aus der Personalakte des Klägers zu entfernen waren. Eine Betriebsratsanhörung, das zeigt die oben genannte Rechtsprechung, ist nur dann irreführend, wenn sie tatsächlich fehlerhaft ist. Die Beklagte hat aber den Sachverhalt durchaus zutreffend dargestellt, da sie nämlich auch im Rahmen der Betriebsratsanhörung darauf hingewiesen hat, bei den jeweils betroffenen Abmahnungen, dass diese an sich aus der Personalakte zu entfernen waren. Sie hat damit gerade den zutreffenden Sachverhalt mitgeteilt. Soweit eine Ermahnung betroffen ist, besteht auch kein Verstoß etwa gegen § 17 DS-GV, da die Beklagte zu Recht darauf hingewiesen hat, dass an sich diese Ermahnung Bestandteil der Personalakte sein müsste und insofern auch nicht etwa der Tatbestand erfüllt ist, nach Art. 17 Abs. 1 a DS-GV, dass hier personenbezogene Daten vorliegen würden, für einen Zweck, für den sie nicht mehr notwendig wären. Die Ermahnung war noch nicht Gegenstand etwa eines Entfernungsverlangens des Klägers. Sie ist daher an sich Bestandteil der Personalakte und in diese aufzunehmen und auch weiterhin insofern notwendig. Soweit der Kläger zuletzt darauf hingewiesen hat, dass bestimmte Abmahnungen nicht gerechtfertigt gewesen seien, so ist im Hinblick auf die Argumentation im Rahmen des so genannten Notstoppschalters darauf hinzuweisen, dass gerade diese Abmahnung und ein Entfernungsverlangen Gegenstand eines Rechtstreits waren, der rechtskräftig entschieden ist. Soweit etwa sich der Kläger mit dem Inhalt der Ermahnung auseinandersetzt und diese für unzutreffend erachtet, erfolgt dieser Sachvortrag wiederum erst im Schriftsatz vom 28.07.2019 und damit ebenfalls nach den bereits dargestellten Grundsätzen verspätet.
ddd) Insoweit der Kläger beanstandet hat, dass dem Betriebsrat der Inhalt der Anhörung vom 18.03.2019 des Klägers nicht hinreichend mitgeteilt worden ist, so ist insoweit nicht ersichtlich geworden, welche Bestandteile dieser Anhörung letzten Endes noch dem Betriebsrat hätten mitgeteilt werden müssen. Die Beklagte hat jedenfalls Teile dieser Anhörung tatsächlich dem Betriebsrat dargelegt. Der Anhörung sind zudem keine maßgeblichen, entlastenden Umstände etwa für den Kläger zu entnehmen, gerade was die vorliegende Kündigung vom 04.04.2019 betrifft. Schließlich kann der Beklagten auch nicht vorgeworfen werden, dass sie im Zeitpunkt der Betriebsratsanhörung noch nicht vollständig ermittelt hatte. Die Beklagte hat im Zeitpunkt, als sie den Kündigungsentschluss gefasst hatte, den jeweiligen Stand ihrer Ermittlungen mitgeteilt. Entsprechend dem Grundsatz der subjektiven Determination war dies daher auch zutreffend und zulässig. Dem entsprechend ist insbesondere unter dem oben genannten Gesichtspunkt der subjektiven Determination die Information des Betriebsrats nicht zu beanstanden und damit auch das Verfahren nach § 103 BetrVG ordnungsgemäß durchlaufen worden.
2. Soweit der Kläger die Information der Schwerbehindertenvertretung oder des Inklusionsamtes angegriffen hat, hat er insoweit keine substantiierten Darlegungen erbracht und ist insofern die entsprechende Beteiligung ordnungsgemäß erfolgt.
3. Die Kündigung vom 04.04.2019 hat auch wirksam das Arbeitsverhältnis beendet, da die Kündigung auf einem wichtigen Grund basiert, der es der Beklagten unzumutbar gemacht hat, wenigstens eine fiktive ordentliche Kündigungsfrist abzuwarten, § 626 BGB.
a) Zunächst ist die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten, da jedenfalls die Beklagte noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist das Inklusionsamt beteiligt hat und hierdurch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten ist, wenn dies noch während des Laufs der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgt und unmittelbar nach Zustimmung die Kündigung ausgesprochen wird (Vergl. BAG vom 27.02.2020 - 2 AZR 390/19). Dies war hier der Fall.
b) Die Kammer ist insoweit der Auffassung, dass hier nicht nur die Grundsätze der Verdachtskündigung zum Tragen kommen und es insoweit auch nicht auf die Wirksamkeit der Anhörung vom 18.03.2019 ankommt, sondern vielmehr die hilfsweise auch gegenüber dem Betriebsrat im Rahmen der Anhörung zum Ausdruck gebrachte Tatkündigung, die ebenfalls ausgesprochen wurde, maßgeblich das Arbeitsverhältnis beendigt hat. Der Kläger hat durch Mitteilung und Weiterleitung seiner E-Mail vom 07.03.2019 an das türkische Generalkonsulat seine Nebenpflichten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses in Form der Loyalitätspflicht derart verletzt, dass es der Beklagten nicht zumutbar war, das Arbeitsverhältnis fortzusetzten.
aa) Im Rahmen der Beurteilung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung ist zunächst immer die Frage zu stellen, ob der Sachverhalt an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB darzustellen. Dies wäre zum Beispiel zu verneinen, wenn es sich bei dem Verhalten des Klägers lediglich um eine Betriebsratstätigkeit und eine Verletzung einer Betriebsratspflicht gehandelt hätte, weil derartige Verstöße lediglich mit den Maßnahmen nach § 23 BetrVG zu ahnden gewesen wären und nicht mit einer Kündigung bezogen auf das Arbeitsverhältnis. Maßgeblich ist insoweit, ob ein bestimmtes Verhalten lediglich ausschließlich eine Amtspflichtverletzung darstellt oder ob eine Vertragspflichtverletzung vorliegt auf Grund der Verletzung einer Pflicht, die für alle Arbeitnehmer gleichermaßen gilt (vgl. insoweit z. B. BAG vom 05.11.2009 - 2 AZR 487/08). Die Loyalitätspflicht als Bestandteil der Nebenpflicht im Rahmen des Arbeitsvertrages, insbesondere also eine Schädigung des Arbeitgebers nicht herbeizuführen, in welcher Form auch immer, ist aber eine Pflicht, die allen Mitarbeitern und Arbeitnehmern der Beklagten obliegt. Auch wenn der Kläger die E-Mail vom 07.03.2019 im Rahmen seiner Betriebsratstätigkeit verfasst und verschickt haben sollte, so verletzt er aber auch gleichzeitig diese allen Arbeitnehmern obliegende Loyalitätspflicht, wenn er hierbei Äußerungen tätigt, die geeignet sind, das Ansehen der Beklagten zu schädigen, wie es hier der Fall war. Insofern liegt nicht eine bloße Amtspflichtverletzung vor, sondern tatsächlich auch eine Verletzung der Pflichten, wie sie jedem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses auferlegt sind.
bb) Der wichtige Grund liegt insoweit darin, dass der Kläger die E-Mail an das türkische Generalkonsulat geschickt hat und insbesondere auch Bestandteile dieser Email den Ruf der Beklagten entsprechend beschädigen konnten, andererseits auch kein wirklich schutzwürdiges Interesse des Klägers ersichtlich ist, wieso diese Mitteilung gerade gegenüber dem türkischen Generalkonsulat erfolgen sollte. Gleiches gilt für die Weiterleitung an einen ehemaligen Mitarbeiter.
Zum einen ist zu beachten, dass, so wie die E-Mail formuliert ist, jedenfalls es bei dem Empfänger dieser Email, also auch beim türkischen Generalkonsulat, so erscheinen musste, als wäre die türkische Sprache generell bei der Beklagten verboten. Jedenfalls wird hier nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Vorfall sich nur in einer Abteilung ereignet hat, da auf Führungskräfte (Mehrzahl!) abgestellt wird. Hierdurch wird der Eindruck erweckt, dass das Verbot bei der Beklagten breit angelegt ist. Des Weiteren werden hier Parallelen gezogen, zum einen zur Militärdiktatur in der Türkei, dadurch, dass hier erwähnt wird, dass dort etwa durch die Militärdiktatur die kurdische Sprache verboten wurde, zum anderen werden auch Parallelen zum Faschismus gezogen, da der Kläger zum Ausdruck bringt, dass er diesen bekämpfen will, also dieses Verhalten als Faschismus versteht, welcher wiederum über bestimmte Führungskräfte bei der Beklagten verbreitet sein soll. Selbst wenn man im Rahmen der letztlich zu treffenden Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls darauf abstellen würde, dass die Äußerung unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Klägers diesen zulässigen Rahmen der Meinungsfreiheit nicht sprengt, so liegt der eigentliche Vorwurf aber nicht so sehr darauf, dass der Kläger hier eine Meinung geäußert hat, sondern dass er diese gegenüber dem türkischen Generalkonsulat zum Ausdruck gebracht hat. Dabei hat insbesondere der Kläger am Ende seiner E-Mail die Personalabteilung dazu aufgefordert, Aufklärung zu betreiben und nicht zu vertuschen. Dies muss wiederum gegenüber dem Empfänger dieser E-Mail so wirken, als würde die Personalabteilung üblicherweise oder zumindest in bestimmten Einzelfällen eine Vertuschung betreiben. Diese Mitteilung gegenüber dem türkischen Generalkonsulat hatte, und dies hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt, den Sinn, Druck auf die Beklagte auszuüben. Dem Kläger ging es also nicht so sehr darum, dass über die Mitteilung an das türkische Generalkonsulat durch dieses letzten Endes eine Beseitigung des Vorgefallenen erreicht wird, dies wäre auch über das türkische Generalkonsulat gar nicht möglich gewesen. Denn das türkische Generalkonsulat hat keinerlei Befugnisse hier einzuwirken auf die Beklagte oder bestimmte Sachverhalte zu korrigieren. Hier ging es lediglich darum, Druck auf die Beklagte auszuüben über das türkische Generalkonsulat, was letzten Endes vor allem in Form von politischem Druck möglich gewesen wäre. Der Fall ist insoweit daher aus Sicht der Kammer auch nicht vergleichbar mit den typischen Whistleblowingfällen, in denen der Mitarbeiter etwa eine Behörde, zum Beispiel die Strafverfolgungsbehörde berechtigterweise in Anspruch nimmt und damit von seinen staatsbürgerlichen Rechten Gebrauch macht, da entsprechende Befugnisse gerade beim türkischen Generalkonsulat nicht bestanden. Hier geht es lediglich darum, etwas nach außen zu tragen und, wie der Kläger es zugegeben hat, hierüber Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben. Dabei wird insbesondere im Rahmen der Formulierungen die Beklagte in ein äußerst schlechtes Licht gestellt und tatsächlich eine Rufschädigung der Beklagten billigend in Kauf genommen. Gerade die Tatsache, dass eine Vielzahl von Mitarbeitern der Beklagten die türkische Nationalität besitzen, kann für die Beklagte, deren Ruf insoweit geschädigt wird, negative Auswirkungen haben. Dies gilt zum einen für den Arbeitsmarkt, aber auch für den Absatzmarkt. Ob derartige Beeinträchtigungen tatsächlich eingetreten sind, spielt allenfalls im Rahmen der Gesamtabwägung eine Rolle. Jedenfalls hat der Kläger eine entsprechende Schädigung letztlich in Kauf genommen. Der Kläger selbst hat dabei betont, dass er selbst nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Einschaltung des türkischen Generalkonsulats erfolgte daher nicht etwa durch einen türkischen Staatsangehörigen, der die Möglichkeit eventuell nutzt, auf das für ihn zuständige Generalkonsulat zuzugehen. Der Kläger wollte dies gerade nicht und distanziert sich grundsätzlich auch von der Türkei, insbesondere als Kurde. Er hat aber dennoch diese Möglichkeit genutzt, um den entsprechenden Druck auf die Beklagte auszuüben. Auch der europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt an, dass Arbeitnehmer eine Pflicht zur Loyalität, Zurückhaltung und Diskretion haben. Dies ist abzuwägen mit dem Recht eines Arbeitnehmers auf freie Meinungsäußerung unter Hinweis auf etwaiges rechtswidriges Verhalten seitens des Arbeitgebers. Aber auch der europäische Gerichtshof für Menschenrechte weist darauf hin, dass Hinweise insoweit in erster Linie gegenüber Vorgesetzten oder anderen zuständigen Stellen oder Einrichtungen vorgebracht werden sollen und nur, wenn dies eindeutig unpraktikabel ist, als Ultima Ratio die Öffentlichkeit informiert werden darf. Es geht darum, ob dem Beschwerdeführer andere wirksame Mittel zur Verfügung standen, um etwas gegen den angeprangerten Zustand zu tun (vgl. EGMR vom 21.07.2011 - 28274/08). Diese anderen Möglichkeiten hätten aber durchaus für den Kläger bestanden. Insoweit ist schon zum einen nicht erkennbar, in wie weit gerade die Einschaltung des türkischen Generalkonsulats überhaupt einen Effekt dahingehend haben konnte, dass ein etwaiges rechtswidriges Verhalten der Beklagten hierdurch beseitigt werden konnte, da das Generalkonsulat keine Befugnisse hat, etwa anders als Strafverfolgungsbehörden. Hinzukommt, das der Kläger sich ja mittels der E-Mail bereits an die Personalabteilung gewandt hatte und auch etwa die Compliance-Abteilung mit einbezogen wurde. Dem Kläger hätte daher tatsächlich die Möglichkeit offen gestanden, zunächst einmal abzuwarten, in wie weit hier für Abhilfe gesorgt wird und nicht gleichzeitig schon die Mail an das türkische Generalkonsulat zu verschicken. Selbst wenn man dem Kläger zugesteht, dass auf Grund der Auseinandersetzungen, wie sie von Seiten des Klägers geschildert werden im Rahmen vor allem auch des Schriftsatzes vom 22.07.2020, mit den anderen Betriebsratsmitgliedern, dass insoweit also eine Möglichkeit, dies über den Betriebsrat näher zu regeln, nicht bestanden hätte, so gilt gleiches jedoch nicht etwa durch die Möglichkeit sich, wie hier gerade geschehen, an die Personalabteilung zu wenden, um entsprechend Aufklärung und Beseitigung zu erwirken. Diesen Vorfall, insbesondere unter den genannten Begrifflichkeiten, nach außen zu tragen, erscheint als ein vehementer Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten. Dabei kann insbesondere den im Schriftsatz vom 22.07.2020 geschilderten Vorfällen auch keine maßgebliche Bedeutung beigemessen werden. Hier handelt es sich insbesondere um eine Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Betriebsrat. Inwieweit dies als maßgeblich für den von Seiten der Beklagten genannten Kündigungsgrund, dem Nachaußentragen, ist, erklärt sich der Kammer nicht. Insbesondere ist hier nicht erkennbar, dass der Kläger etwa wegen seiner Gewerkschaftszugehörigkeit oder wegen seiner Nichtzugehörigkeit zur W. oder den entsprechend über die Liste der W. in den Betriebsrat gewählten Mitgliedern benachteiligt würde. Hier liegt ein klarer Verstoß vor, den die Beklagte auch als Kündigungsgrund heranziehen durfte.
cc) Aufgrund dieses vehementen Verstoßes ist die Kündigung auch unter Berücksichtigung des Prognoseprinzips, also des Umstandes, dass eine Kündigung keine Bestrafung für bereits erfolgtes Verhalten darstellt, sondern wegen der Störung des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft ausgesprochen wird, etwa wegen der Erwartung gleichartigen Verhaltens, gerechtfertigt.
Das Prognoseprinzip wird in der Regel dadurch gewahrt, das eine gleichartige Abmahnung bereits erfolgt ist und auf Grund dieser Abmahnung ersichtlich ist, dass der Kläger auch künftig sich fehlverhalten wird. Insoweit schließt sich die Kammer auch der Argumentation des Arbeitsgerichtes an, dass die Abmahnung bezüglich des Notstoppschalters, welche auch im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung als wirksam bestätigt wurde, die Einstellung des Klägers zeigt, seine Position über die Position der Beklagten zu stellen. Dass er hier letzten Endes durch die Einschaltung einer externen Stelle nicht erst eine Abhilfemaßnahme abwartet, sondern sofort handelt und damit Druck aufbauen will, zeigen beide Vorgänge. Insoweit besteht tatsächlich eine Gleichartigkeit der Abmahnung. Darüber hinaus bedarf es auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer Abmahnung nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnisgrundsatzes dann nicht, wenn bereits klar erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen ist (vgl. z. B. BAG vom 25.10.2012 - 2 AZR 495/11). Insoweit liegt hier ein derart gravierender Verstoß vor, dass der Kläger auch nicht davon ausgehen hätte dürfen, dass die Arbeitgeberseite, selbst wenn es nur ein einmaliger Vorfall gewesen ist, dieses hinnehmen würde. Es kann in keiner Weise von Seiten der Beklagten ein Interesse daran bestehen, dass derartige Vorgänge insbesondere unter entsprechenden Erwähnungen von zum Beispiel Vertuschungstendenzen an das türkische Generalkonsulat herangetragen werden. Dann besteht schon insoweit kein Abmahnungserfordernis. Letztlich hat die Kammer auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewonnen, dass der Kläger auch künftig seine entsprechenden Handlungen nicht anders auslegen wird und gegebenenfalls zum Beispiel auch weitergehende andere Stellen informieren wird. Dies hat er zum Ausdruck gebracht, dahingehend, dass zunächst nur das türkische Generalkonsulat informiert wurde, an sich auch eine weitere Information der Öffentlichkeit in Betracht gezogen wurde und dahingehend, dass er auch den entsprechenden Verstoß als solchen nicht eingeräumt hat.
Daher ist die Kammer der Auffassung, dass auch unter Gesamtabwägungsgesichtspunkten, insbesondere der sozialen Situation des Klägers und der langen Betriebszugehörigkeit, wie auch der Berührungspunkte zur Betriebsratstätigkeit es der Beklagten nicht zumutbar war, den Kläger weiter zu beschäftigen, da insbesondere auch das Arbeitsverhältnis durch eine Vielzahl von Abmahnungen bereits beeinträchtigt und gestört erscheint. Soweit der Kläger insoweit im letzten Schriftsatz hinsichtlich einzelner Abmahnungen deren mangelnde Berechtigung dargelegt hat, so ist auch dieser Vortrag verspätet. Insbesondere unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Urteils hätte bereits in der Berufungsbegründung eine entsprechende Argumentation erfolgen müssen. Die Darlegungen des Klägers diesbezüglich hätten dazu geführt, würde man sie noch als maßgeblich erachten, dass der Beklagten zu den einzelnen Sachverhalten Möglichkeit hätte gegeben werden müssen, Stellung zu nehmen und etwa die Berechtigung der Abmahnungen, die der Kläger vorher jedenfalls nicht in Frage gestellt hat, abzuklären. Dies hätte eine Verzögerung des Rechtstreits herbeigeführt. Selbst wenn man von keiner nachweislichen und im Verfahren verwertbaren Schädigung der Beklagten ausgeht, so hat der Kläger jedenfalls billigend eine solche mögliche Schädigung in Kauf genommen. Weiter ist auch nicht erkennbar, dass die von Seiten des Klägers geschilderten kritischen Äußerungen des Betriebsratsvorsitzenden R. in der Presse einen vergleichbaren Charakter hatten, wie vorliegend beim Kläger und der Kläger hier mit der Kündigung bewusst härter behandelt wird. Denn der Adressat der Äußerungen des Betriebsratsvorsitzenden ist ein gänzlich anderer und es geht lediglich um Kritik an der Unternehmenspolitik, anders als beim Kläger z.B. um den Vorwurf von Diskriminierungen und Vertuschungen.
Daher erscheint auch unter diesem Gesichtspunkt des gestörten Arbeitsverhältnisses letztlich die Kündigung als gerechtfertigt und war daher auch die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
IV
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
V
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, da dem Rechtstreit insbesondere über den Einzelfall hinaus keine maßgeblich grundsätzliche Bedeutung beikommt, auch im Hinblick auf das Zustimmungsverfahren nach § 103 BetrVG nicht, da hier die speziellen Einzelfallvorfälle maßgeblich sind. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird verwiesen.
Bergmüller
Gerber