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  • 20.03.2024 · IWW-Abrufnummer 240427

    Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Urteil vom 08.05.2023 – 1 A 3340/20

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberverwaltungsgericht NRW

     
    Tenor:

    Der Antrag wird abgelehnt.

    Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

    Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 6.928,16 Euro festgesetzt.

    1
    G r ü n d e

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    Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

    3
    I. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.928,16 Euro nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26. August 2017 zu zahlen, mit der folgenden Begründung abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG auf die Zahlung einer Entschädigung dafür, dass die Beklagte ihn auf seine Bewerbung vom 18. April 2017 um die unter dem Referenzcode 109-1117DD-E ausgeschriebene Einstellung in die Laufbahn des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe. Die Beklagte habe hierdurch nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 Hs. 1 AGG verstoßen. Als gesetzlich eingeräumter Vorteil im Sinne dieser Vorschrift bestehe zwar gemäß § 82 Satz 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch in der hier noch anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (SGB IX a. F.) die Verpflichtung öffentlicher Arbeitgeber, schwerbehinderte Menschen auf eine Bewerbung um einen Arbeitsplatz zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die Beklagte sei hierzu allerdings im Falle des Klägers nicht verpflichtet gewesen, weil die Voraussetzungen des § 82 Satz 3 SGB IX a. F. vorgelegen hätten. Der Vergleich des Anforderungsprofils der Stellenausschreibung mit dem persönlichen Leistungsprofil des Klägers führe zu dem Befund, dass dem Kläger die fachliche Eignung für die ausgeschriebenen Stellen offensichtlich fehle. Dabei könne auf sich beruhen, ob die abgeschlossene Berufsausbildung des Klägers als Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft zu Recht oder zu Unrecht (anders als andere kaufmännische Berufsabschlüsse) im Anforderungsprofil als förderliche Berufsausbildung keine Berücksichtigung gefunden habe. Der Kläger erfülle jedenfalls nicht das kumulativ hinzutretende Erfordernis einer hauptberuflichen Tätigkeit, die nach Art und Wertigkeit derjenigen des mittleren nichttechnischen Dienstes vergleichbar sei und mindestens ein Jahr und sechs Monate umfasst habe. Die vom Kläger vorgelegten Bewerbungsunterlagen ließen keinen Zweifel daran, dass er eine hauptberufliche Tätigkeit (vgl. § 2 Abs. 5 BLV) von mindestens einem Jahr und sechs Monaten Dauer offensichtlich nicht aufweisen könne. Schließlich werde die Annahme einer offensichtlich fehlenden Eignung des Klägers auch nicht durch den Umstand in Frage gestellt, dass die Laufbahnbefähigung für den mittleren Dienst nach § 7 Nr. 2 Buchst. a) i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BLV auch durch Anerkennung erlangt werden könne. Die wesentlichen Inhalte der Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft unterschieden sich in wesentlicher Hinsicht von denjenigen Inhalten, die im Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst in der Bundeswehrverwaltung vermittelt würden.

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    II. Die Berufung ist nicht zuzulassen.

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    Sie ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Dabei bedeutet „darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.

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    Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2023‒ 1 A 2147/20 ‒, juris, Rn. 8, vom 20. November 2020 ‒ 1 A 1428/18 ‒, juris, Rn. 4, vom 18. Oktober 2013 ‒ 1 A 106/12 ‒, juris, Rn. 2, m. w. N.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 186, 194 m. w. N.

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    Hiervon ausgehend rechtfertigt das ‒ fristgerechte ‒ Zulassungsvorbringen des Klägers in seiner Antragsbegründungsschrift vom 21. Dezember 2020 die begehrte Zulassung der Berufung nicht.

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    1. Die von ihm zunächst geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.

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    Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und konkret aufzeigen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen sie ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will. Diesen Darlegungsanforderungen wird (beispielsweise) nicht genügt, wenn und soweit sich das Vorbringen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ohne im Einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung einzugehen.

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    Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2023 ‒ 1 A 2147/20 ‒, juris, Rn. 12, vom 20. November 2020 ‒ 1 A 1428/18 ‒, juris, Rn. 8, und vom 28. August 2018 ‒ 1 A 249/16 ‒, juris, Rn. 2 ff.

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    Das Zulassungsvorbringen (dazu a)) zeigt keine solchen durchgreifenden ernstlichen Zweifel auf (dazu b)).

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    a) Der Kläger trägt zur Begründung ernstlicher Zweifel (sinngemäß) vor, dass die von dem Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung, die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, unzutreffend sei, weil sie einen fehlerhaften Maßstab zugrunde lege und die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 20. Januar 2016 ‒ 8 AZR 194/14 ‒, juris, Rn. 45) nicht beachte. Bei einer Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst ‒ wie vorliegend ‒ dürften die Gründe dafür, schwerbehinderte Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, anders als vom Verwaltungsgericht ausschließlich geprüft, nicht die fachliche Eignung des Bewerbers betreffen.

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    Darüber hinaus gelinge es dem Verwaltungsgericht nicht, seine gesamte Berufserfahrung unter § 2 Abs. 5 BLV zu subsumieren. Bei richtiger Berechnung könne er insgesamt 22 Monate an hauptberuflichen Tätigkeiten aufweisen. Sowohl seine Tätigkeit als Sachbearbeiter im Bereich der Kraftfahrtversicherung bei der Allianz Versicherung AG als auch seine Tätigkeit bei der Ineas BV Versicherung im Bereich „Underwriting“ und Schadensmanagement stellten hauptberufliche Tätigkeiten im Sinne der Vorschrift dar. Diese kämen dem Berufsbild zumindest nahe, da sie ‒ ausweislich der vorliegenden Zeugnisse ‒ im weiteren Sinne kaufmännische Tätigkeiten betroffen hätten, die allen kaufmännischen Tätigkeiten immanent seien. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts entsprächen ferner auch Fortbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen dem Merkmal einer hauptberuflichen Tätigkeit. Auf die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses durch die Parteien komme es nicht an. So habe er in dieser Zeit mehrmonatige Praktika geleistet, darunter für zwei Monate ein Praktikum bei den Zentren für Senioren und Behinderte der Stadt Köln (SBK) im Bereich Finanzbuchhaltung und Verwaltung. Dieses sei einer hauptberuflichen Tätigkeit gleichzustellen, weil es nicht dem Erwerb der Befähigung für den künftigen Beruf gedient habe und er kaufmännische Tätigkeiten ausgeübt habe. Entsprechendes gelte auch für seine weiteren Praktika und Tätigkeiten, etwa im Rahmen eines Ein-Euro-Jobs. Die insoweit geäußerte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts sei unrichtig, da eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen einer Entgetlichkeit gleichgestellt sei, wenn kein Arbeitsvertrag vorliege.

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    Fehlerhaft gehe das Verwaltungsgericht zudem davon aus, dass er nicht die Laufbahnbefähigung für den mittleren Dienst nach § 7 Nr. 2 Buchst. a) i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BLV durch Anerkennung erlangen könnte. Da die Beklagte gemäß der Stellenausschreibung beim Beruf des Verwaltungsangestellten Kaufleute aller Fachrichtungen mit mindestens dreijähriger Ausbildung akzeptiere und er über eine dreijährige Ausbildung als Kaufmann verfüge, habe er die Laufbahnbefähigung bereits erlangt. Andernfalls könnte die Beklagte nur Bewerber aussuchen, die aus dem Bundeswehrbereich kämen. Denn nur die Bundeswehr könne solche Inhalte und speziellen Anforderungen vermitteln, die richtigerweise durch entsprechende Einarbeitung verschafft werden müssten. Ungachtet dessen hätte das Verwaltungsgericht an dieser Stelle keinen Vergleich machen dürfen, weil es ausweislich der Stellenausschreibung nur darauf angekommen sei, eine dreijährige Ausbildung in einer der aufgezählten Berufsgruppen·aufzuweisen.

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    b) Mit diesem Zulassungsvorbringen zeigt der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung auf.

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    aa) Das Verwaltungsgericht hat zunächst zu Recht angenommen, dass § 82 Satz 3 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (Art. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I Seite 1046; zuletzt geändert durch Artikel 165 des Gesetzes vom 29. März 2017, BGBl. I Seite 626; im Folgenden: SGB IX a. F.) auf den vorliegenden Fall anzuwenden war. Nach dieser Vorschrift war eine Einladung schwerbehinderter Menschen durch einen öffentlichen Arbeitgeber (ausnahmsweise) entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlte.

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    Die Anwendung der Vorschrift entspricht der in der erstinstanzlichen Entscheidung zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Hiernach können für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für Entscheidung, eine Bewerberin oder einen Bewerber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht einzuladen, ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, zwar grundsätzlich nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Dies gilt allerdings nicht bei der "offenkundigen" Nichteignung des Bewerbers. Insoweit enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme eine abschließende Regelung.

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    Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 ‒ 5 C 16/10 ‒, juris, Rn. 29.

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    Eine andere Maßstabsgebung folgt auch nicht aus der ‒ im Zulassungsvorbringen zitierten ‒ Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, weil dieses dem Bundesverwaltungsgericht bei der Anwendung der § 82 Satz 2 und 3 SGB IX explizit folgt.

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    Vgl. BAG, Urteile vom 20. Januar 2016 ‒ 8 AZR 194/14 ‒, juris, Rn. 45, und vom 24. Januar 2013‒ 8 AZR 188/12 ‒, juris, Rn. 42.

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    Diesen zutreffenden Maßstab hat auch das Verwaltungsgericht angewandt (Urteilsabdruck, Seite 7 f.) und auf dieser Basis festgestellt, dass „dem Kläger die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich fehlt“ (a. a. O., Seite 8).

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    bb) Dass es dem Verwaltungsgericht im Folgenden nicht gelungen sein soll, die Berufserfahrung des Klägers unter § 2 Abs. 5 BLV zu subsumieren, wie das Zulassungsvorbringen einwendet, ist nicht dargelegt.

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    Nach § 2 Abs. 5 BLV ist eine Tätigkeit hauptberuflich, wenn sie entgeltlich ist, gewolltermaßen den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit darstellt, in der Regel den überwiegenden Teil der Arbeitskraft beansprucht und dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entspricht oder nahekommt.

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    Vgl. zum Begriff der hauptberuflichen Tätigkeit OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2022 ‒ 1 A 2148/20 ‒, juris, Rn. 38 bis 39, m. w. N.

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    (1) Das Verwaltungsgericht hat entscheidungstragend zunächst angenommen, dass die vom Kläger nach Abschluss seiner Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft ausgeübten Tätigkeiten als Sachbearbeiter im Bereich der Kraftfahrtversicherung bei der Allianz Versicherungs AG (vom 1. September 1999 bis zum 29. Februar 2000) einerseits und seine Tätigkeit bei der Ineas BV Versicherung im Bereich “Underwriting“ und Schadenmanagement (vom 4. Dezember 2000 bis zum 31. Mai 2001) andererseits insoweit ausschieden, weil diese Tätigkeiten nicht dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entsprächen oder nahekämen.

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    Diese Annahme zieht das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Zweifel. Zunächst scheint der Kläger selbst nicht davon auszugehen, dass diese Tätigkeiten dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entsprochen haben. Explizit beruft er sich nämlich nur darauf, dass diese Tätigkeiten dem Berufsbild zumindest nahegekommen seien. Dass er im weiteren Sinne kaufmännische Tätigkeiten wahrgenommen haben will, die allen kaufmännischen Tätigkeiten immanent seien, wird dem Inhalt des Berufsbildes nicht gerecht.

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    Das Berufsbild des Kaufmanns bzw. der Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft als ehemaligem Ausbildungsberuf ist im Wesentlichen von folgenden Aufgaben und Tätigkeiten geprägt: Immobilien kaufen, verkaufen und vermitteln, Angebote einholen und auswerten, Objektbesichtigungen vornehmen und auswerten, Kontakte zu potenziell Kaufinteressierten pflegen, Kaufverhandlungen führen, Immobilien bauen, modernisieren und sanieren lassen, Bauprojekte planen, z. B. Gewerbe- und Büroimmobilien, Technologiezentren, Privathäuser, Sanierung von Gebrauchsimmobilien sowie von historisch wertvoller Bausubstanz planen und organisieren, Kosten von Bau- und Sanierungsprojekten prüfen, Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellen, Bauausführung begleiten und überwachen, fertig gestellten Bau abnehmen, Baurechnungen prüfen, Bauvorhaben abrechnen und Preise ermitteln, Häuser, Wohnungen, Gewerbeobjekte und andere Immobilien verwalten, geeignete Mieter gewinnen, Mietverträge ausarbeiten, verhandeln und abschließen, Kündigungen abwickeln, Besichtigungen durchführen, Mieter und Eigentümergemeinschaften beraten, Mieter- und Eigentümerversammlungen organisieren und durchführen, Instandhaltungsarbeiten abwickeln, um die langfristige Vermietbarkeit der Objekte zu sichern, Monats- und Jahresabrechnungen und -berichte erstellen und organisieren, in Finanzierungsfragen beraten, Finanzangelegenheiten abwickeln, Kunden beraten, z. B. in Fragen der Baufinanzierung oder der Immobilienanlage, Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Finanzierungspläne aufstellen, Darlehensgeschäfte und Zwischenfinanzierungen abwickeln, Darlehen rückzahlen, im Rechnungswesen mitwirken, in der Finanz-, Betriebs-, Mieten- und Baubuchhaltung mitarbeiten, Zahlungsverkehr abwickeln, bei Jahresabschlüssen mitwirken, allgemeine Büro- und Verwaltungsarbeiten erledigen.

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    Vgl. die Auflistung zu „Aufgaben und Tätigkeiten“ in der Tätigkeitsbeschreibung der Bundesagentur für Arbeit mit Stand 23. Februar 2007, abzurufen aus dem Online-Archiv von BERUFENET unter https://rest.arbeitsagentur.de/infosysbub/ berufepool-rest/ct/v1/archivpdfs/8006.pdf.

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    Dies zugrunde gelegt, ist ohne Weiteres offenkundig, dass die allgemeinen Büro- und Verwaltungsarbeiten, wie sie durch die vorlegten Zeugnisse aus den Zeiträumen vom 1. September 1999 bis zum 29. Februar 2000 einerseits und vom 4. Dezember 2000 bis zum 31. Mai 2001 einzig belegt sind, nur eine untergeordnete Bedeutung für die Beschreibung des Aufgabenfeldes und damit des gesamten Berufsbildes haben. Dass sie möglicherweise allen kaufmännischen Tätigkeiten immanent sind, wie der Kläger vorbringt, genügt vor diesem Hintergrund ersichtlich nicht, um die entsprechende Voraussetzung des § 2 Abs. 5 BLV zu bejahen.

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    Das Zulassungsvorbringen legt durch den bloßen Verweis auf die in den Zeugnissen niedergelegten Tätigkeiten auch nicht dar, dass der Kläger während der genannten Zeiträume in ihrer Qualität und Eigenart vergleichbare kaufmännische Aufgaben anderer Art wahrgenommen hätte. Vielmehr stellen sich die dokumentierten Tätigkeiten zumindest überwiegend als einfache Büro- und Verwaltungsarbeiten dar, für die es vielfach erkennbar nicht einmal einer kaufmännischen Ausbildung bedurft hätte.

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    (2) Ferner legt das Zulassungsvorbringen auch nicht (substantiiert) dar, weshalb die Trainingsmaßnahme vom 19. Januar 1998 bis zum 9. April 1998 sowie die Teilnahme am Lehrgang “Trainee für kaufmännischer Sachbearbeiter/-innen“ (24. März bis 24. Oktober 2003) als Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit anerkannt werden müssten. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts, es handele sich hierbei lediglich um Fortbildungs- bzw. Qualifizierungsmaßnahmen und damit nicht um hauptberufliche Tätigkeiten, wird durch das Zulassungsvorbringen nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Auch wenn es in der Sache zutreffen dürfte, dass für die Bewertung als hauptberufliche Tätigkeit nicht die bloße Bezeichnung, sondern der Charakter der Tätigkeit ausschlaggebend ist, der sich wiederum nach ihrem Inhalt richtet, rechtfertigt diese abstrakte Annahme allein keine andere Bewertung. Der Kläger legt schon nicht im Einzelnen dar, dass er in den genannten Zeiträumen durchgängig (hauptberufliche) kaufmännische Tätigkeiten wahrgenommen hat, die tatsächlich über Fortbildungs- bzw. Qualifizierungsmaßnahmen hinausgingen. Für das Praktikum bei den Zentren für Senioren und Behinderte der Stadt Köln kann dies, obwohl die im Zeugnis dargestellten Arbeiten dies inhaltlich nicht zwingend nahelegen, zugunsten des Klägers sogar unterstellt werden; diese weiteren ca. zwei Monate ergeben im Gesamtergebnis gleichwohl keine andere Bewertung, da der Kläger die vorausgesetzte Dauer einer hauptberuflichen Tätigkeit von mindestens einem Jahr und sechs Monaten auch unter Berücksichtigung dessen weiterhin nicht erreicht.

    32
    (3) Hinsichtlich der weiteren anrechenbaren Zeiten geht die (wiederum nicht näher substantiierte) Argumentation des Klägers schon deshalb ins Leere, weil das Verwaltungsgericht diese Zeiten ‒ trotz verbleibender Zweifel ‒ zu seinen Gunsten als Zeiten hauptberuflicher Tätigkeit unterstellt hat. Diese genügen auch in Summe jedoch nicht annäherend, um die erforderliche hauptberufliche Tätigkeit von mindestens einem Jahr und sechs Monaten Dauer darlegen zu können.

    33
    cc) Schließlich ist auch der Einwand des Klägers, er verfüge über eine dreijährige Ausbildung als Kaufmann und habe hierdurch die Laufbahnbefähigung erlangt, nicht geeignet, die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Zweifel zu ziehen, die wesentlichen Inhalte der Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft unterschieden sich in wesentlicher Hinsicht von den Inhalten, die im Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst in der Bundeswehrverwaltung vermittelt würden und alleine zur Anerkennung der Laufbahnbefähigung für den mittleren Dienst nach § 7 Nr. 2 Buchst. a) i. V. m. § 19 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BLV führen könnten.

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    Das Zulassungsvorbringen missversteht insoweit offenbar die Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Diese sollten erkennbar nicht, wie der Kläger meint, dazu dienen, das Vorliegen des Anforderungsprofils der Stellenausschreibung um einen weiteren unbenannten Punkt zu ergänzen, sondern im Gegenteil zugunsten des Klägers eine Kontrolle durchführen, ob seine fachliche Eignung im Falle einer Möglichkeit zur Anerkennung der Laufbahnbefähigung ‒ trotz der Nichterfüllung des Anforderungsprofils ‒ möglicherweise doch nicht offensichtlich fehlen würde.

    35
    Zu diesem Zweck hat das Verwaltungsgericht zu Recht einen Vergleich der Berufsausbildung des Klägers mit den Anforderungen des fachspezifischen Vorbereitungsdienstes vorgenommen. Mit dieser zentralen Erwägung in der angegriffenen Entscheidung setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht im Einzelnen auseinander. Insbesondere ist nicht dargetan, dass die jeweiligen Ausbildungsinhalte gemäß § 3 der für die Berufsausbildung des Klägers maßgebend gewesenen Verordnung über die Berufsausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft/zur Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft vom 13. Februar 1981 (BGBl. I Seite 229) mitsamt der Anlage zu § 4 dieser Verordnung einerseits sowie gemäß §§ 15, 16 der Verordnung über die Laufbahn, Ausbildung und Prüfung für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst in der Bundeswehrverwaltung vom 28. November 2001 (BGBl. I Seite 3327, zuletzt geändert durch Art. 18 des Gesetzes vom 29. März 2017, BGBl. I Seite 626) inhaltlich in Breite und Tiefe vergleichbar sowie die abschließenden Prüfungen gleichwertig gewesen seien.

    36
    Zu diesem Maßstab vgl. Leppek, in: Lemhöfer/ Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand: August 2022, BLV § 19 Rn. 6.

    37
    Die alleinige Behauptung des Klägers, die Beklagte könne andernfalls nur Bewerber aus dem Bundeswehrbereich aussuchen und man könnte solche Inhalte infolgedessen nicht erwerben, geht vor diesem Hintergrund an der Sache vorbei. Gleichwertigkeit im vorgenannten Sinne bedeutet keine umfassende Identität der Ausbildungsinhalte, sondern die Feststellung, dass die Ausbildung selbst sowie der Ausbildungsabschluss durch eine entsprechende Prüfung die gleichen Inhalte vermitteln und vergleichbare Anforderungen an den Bewerber stellen. Zusammengefasst ist die Anerkennung dann möglich, wenn die Qualifikation des Bewerbers aus seiner (anderen) Ausbildung derjenigen eines Bewerbers mit abgeschlossenem Vorbereitungsdienst entspricht.

    38
    Auch insoweit vgl. Leppek, in: Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand: August 2022, BLV § 19 Rn. 6.

    39
    Dass diese Vergleichbarkeit in seinem Falle gegeben wäre, legt der Kläger nicht dar und es bestehen auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür.

    40
    2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

    41
    Schwierigkeiten solcher Art liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint. Dies ist der Fall, wenn das Zulassungsvorbringen ‒ etwa wegen der Komplexität der betroffenen Tatsachen- bzw. Rechtsfragen ‒ Anlass zu solchen Zweifeln gibt, welche sich nicht schon ohne Weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit klären und entscheiden lassen.

    42
    Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2023‒ 1 A 2147/20 ‒, juris, Rn. 31, vom 20. September 2021 ‒ 1 A 1484/20 ‒, juris, Rn. 23, und vom 27. Februar 2018 ‒ 1 A 2072/15 ‒, juris, Rn. 40, und vom 13. Februar 2018 ‒ 1 A 2517/16 ‒, juris, Rn. 28 m. w. N.

    43
    Das Vorbringen des Klägers lässt derartige besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten nicht erkennen. Soweit er hierfür lediglich auf die Uneinheitlichkeit der obergerichtlichen Rechtsprechung verweist, trifft dies nach zum zuvor Gesagten bereits in der Sache nicht zu. Das Bundesarbeitsgericht ist dem Bundesverwaltungsgericht vielmehr in der Einschätzung, dass die fachliche Eignung betreffende Gründe für die Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers nur unter den Voraussetzungen des § 82 Satz 3 SGB IX a. F. („offenkundige“ Nichteignung) herangezogen werden dürfen, gefolgt. Denselben Maßstab hat auch das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen (s. o.).

    44
    3. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen der von dem Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

    45
    Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage entweder schon auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden oder aber (ggf. ergänzend) auf der Basis bereits vorliegender Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt.

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    Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. März 2023‒ 1 A 2147/20 ‒, juris, Rn. 36, vom 20. November 2020 ‒ 1 A 1428/18 ‒, juris, Rn. 30, vom 28. August 2018 ‒ 1 A 2092/16 ‒, juris, Rn. 34, und vom 13. Februar 2018 ‒ 1 A 2517/16 ‒, juris, Rn. 32.

    47
    In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vor. Die im Zulassungsverfahren allein formulierte Rechtsfrage, „welche Arten von Tätigkeiten als hauptberufliche Tätigkeit angerechnet werden im Bewerbungsverfahren, insbesondere, ob ‚ein Euro Jobs‘ bzw. Praktika und Qualifizierungsmaßnahmen dem Merkmal der hauptberuflichen Tätigkeit entsprechen“, ist nicht klärungsbedürftig. Das ergibt sich bereits aus den Ausführungen des Senats zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, auf die erneut verwiesen wird.

    48
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

    49
    Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 40, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 3 GKG.

    50
    Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

    51
    Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

    RechtsgebieteAGG, SGB IXVorschriftenAGG § 15 Abs. 2 S. 1; SGB IX a.F. § 82 S. 2-3