11.02.2025 · IWW-Abrufnummer 246330
Landgericht Köln: Urteil vom 27.06.2024 – 14 O 259/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Köln, Urteil vom 27.06.2024, Az. 14 O 259/22
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2
Die Parteien streiten um urheberrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit architektonischen Planungen.
3
Der Kläger unterhält unter der im Rubrum genannten Anschrift ein Architekturbüro mit mehreren Mitarbeitern. Bis zum 31.03.0000 war der Beklagte als Architekt im Büro des Klägers angestellt.
4
Im Arbeitsvertrag der Parteien (Anlage B23) ist u.a. folgendes vereinbart:
5
„11.4 Nutzungsrechte
6
Die Nutzungsrechte an allen Plänen stehen dem/der Architekten/in zu.
7
War der/die Mitarbeiter/in wesentlich an Bauprojekten und Wettbewerben beteiligt, so hat ihn/sie der/die Arbeitgeber/in als Projektmitarbeiterin bei Veröffentlichungen namentlich aufzuführen. Aufzeichnungen jeder Art, insbesondere Berechnungen, Skizzen Zeichnungen, Schriftstücke, Drucksachen (auch wenn sie ohne Wert erscheinen mögen), gleichgültig ob sie vom/von der Mitarbeiter/in oder anderen gefertigt worden sind, bleiben in jedem Fall Eigentum des/der Arbeitgebers/in. Vervielfältigungen von Unterlagen, bei deren Erarbeitung der/die Mitarbeiter/in mitgewirkt hat, sind auf dessen/deren Kosten zum nur privaten Gebrauch statthaft. Veröffentlichungen aus dem Bürobetrieb sind ohne ausdrückliche Zustimmung nicht erlaubt.“
8
Die Parteien diskutierten im Jahr 0000 eine Übernahme des Architekturbüros durch den Beklagten. Der Beklagte nahm jedoch Abstand von einer solchen Übernahme
9
Zum Ausscheiden des Beklagten aus dem Unternehmen des Klägers schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag am 31.03.0000 (Anlage K1).
10
Die Parteien streiten u.a. darum, dass der Beklagte während seiner Anstellungszeit ein oder mehrere Projekt/e selbständig unter seinem Namen abwickelt. Über Einzelheiten streiten die Parteien. Insoweit der Kläger hieraus Ansprüche geltend macht ist der Rechtsstreit abgetrennt und an das Arbeitsgericht verwiesen worden. Es wird auf den Beschluss der Kammer vom 08.12.2023 (Bl. 446 GA) verwiesen. Auf eine Darstellung des diesbezüglichen Sach- und Streitstandes wird verzichtet.
11
Vorgerichtliche Korrespondenz, in der der Kläger den Beklagten zur Zahlung aufforderte, hat zu keiner Einigung geführt.
12
Der Kläger behauptet, der Beklagte gebe sich nach außen hin als Entwurfsverfasser für mindestens zwei Projekte aus, die tatsächlich im Büro des Klägers entwickelt und bearbeitet wurden.
13
Dabei handele es sich um das Bauvorhaben des Bauherrn Markus C., dessen Bauschild als Entwurfsverfasser den Beklagten benennt (Anlage K11, Bl. 42 GA). Bei dem Projekt handele es sich um die Aufstockung eines Mehrfamilienhauses, für das im Büro des Klägers das Baugenehmigungsverfahren durchgeführt worden war. Soweit der Beklagte mitteilt, dass hier ein Fehler vorliege, so hätte eine Korrektur vorgenommen werden müssen.
14
Der Kläger ist insoweit der Ansicht, dass ihm wegen der Verletzung seiner urheberrechtlichen Interessen ein Schadensersatzanspruch zustehe, der in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag von 2.000,00 € nicht unterschreiten sollte.
15
Er behauptet weiter, bei einem Projekt des klägerischen Kunden Dr. D. L. sei die Idee des Entwurfs im Büro des Klägers entstanden. Der Beklagte werbe jedoch als Entwurfsverfasser mit genau diesem Projekt auf seiner Internetseite (Anlage K14, Bl. 58 ff. GA). Der Beklagte habe auch Detailaufnahmen bei N. veröffentlicht (Anlage K22, Bl. 259 ff. GA). Vortrag des Beklagten, wonach der finale Entwurf nichts mit den Entwürfen aus dem Büro des Klägers zu tun hätten, sei fernliegend; es sei davon auszugehen, dass sich am grundsätzlichen Entwurf nichts geändert habe. Für die Übereinstimmungen spreche auch, dass die Baugenehmigung des angeblich ganz neu konzipierten Objekts schon 07.04.0000 erteilt worden sei, was nur wenige Wochen nach Vertragsbeginn mit dem Beklagten am 12.03.0000 liege. Der Beklagte solle die finalen Planungsunterlagen zur Ermöglichung eines Vergleichs vorlegen. Jedoch ergebe sich aus dem Vergleich der Anlage K13 (Entwurf aus dem Büro des Klägers) und der Anlage K22 (Bilder bei N.), dass die Raumaufteilung gleich sei.
16
Der Kläger ist insoweit der Ansicht, dass der Entwurf geistiges Eigentum des Klägers sei, da er in seinem Büro erstellt wurde. Auch wenn der Beklagte unstreitig die Unterlagen bearbeitet hat, so war er zu diesem Zeitpunkt noch im Büro des Klägers angestellt. Aus Ziff. 11.4 des Arbeitsvertrags (Anlage B23) ergebe sich, dass sämtliche Nutzungsrechte beim Kläger liegen.
17
Der Kläger wäre bereit, dem Beklagten die Entwurfsverfassung zu überlassen und es hinzunehmen, dass der Beklagte mit dem Projekt als „seiner“ Idee Werbung betreibt, wenn der Beklagte die Überlassung entsprechend vergütet. Der Wert dieser Überlassung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, wobei ein Betrag von 8.000,00 € nicht unterschritten werden sollte.
18
Der Kläger beantragt,
19
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2022 zu zahlen.
20
Der Beklagte beantragt,
21
die Klage abzuweisen.
22
Der Beklagte wendet zum „Projekt C.“ ein, dass er sich nicht als Entwurfsverfasser ausgegeben habe. Der Beklagte habe diesbezüglich mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Stadt A., Herrn G., bereits im Jahr 0000 Rücksprache gehalten. Herr G. habe bestätigt, dass als Entwurfsverfasser der Kläger im System eingetragen ist (siehe auch Anlage B20, Bl. 175 GA). Das falsch beschriftete Baustellenschild sei während der Bauphase auf Hinweis der Bauherrschaft korrigiert worden. Insoweit bestehe kein urheberrechtlicher Anspruch. Ein solcher bestehe jedenfalls nicht in geltend gemachter Höhe. Ein Baustellenschild habe keine Werbewirkung, sondern bezwecke die Kontaktmöglichkeit für die Bauaufsichtsbehörde.
23
Mit Blick auf das „Bauvorhaben L.“ sei ein im Büro des Klägers erstellter Bauantragsentwurf von der Baubehörde zurückgewiesen worden. Nachdem der Bauantrag abgelehnt worden war, habe in Anwesenheit des Beklagten ein Termin bei der Bauaufsichtsbehörde stattgefunden, im Rahmen dessen nahegelegt wurde, einen kompakteren Entwurf vorzulegen. Daraufhin habe der Beklagte für das Büro des Klägers einen Vorentwurf im Rahmen der Grundlagenermittlung verfasst, der indes keinen prägnanten Widererkennungswert, welcher auf das geistige Eigentum des Klägers zurückzuführen wäre, enthalten habe. Obwohl die Grundzüge des ursprünglichen Entwurfs beibehalten wurden, habe der Beklagte diverse Veränderungen vorgenommen, die nicht als geistiges Eigentum des Klägers betrachtet werden könnten, da eine Vervielfältigung und eine Nutzung von einem schützenswerten Design nicht stattgefunden habe.
24
Insoweit ist der Beklagte der Ansicht, dass er der Urheber des Neuentwurfes des Bauantrags sei. Dieser habe mit dem Erstentwurf des Klägers nicht einmal ansatzweise etwas zu tun. Dem Kläger habe ausweislich Ziffer 11.4. des Arbeitsvertrages der Parteien (Anlage B23, Bl.183 GA) für die Dauer des Bestehens der vertraglichen Verbindung mit Herr Dr. L. lediglich ein Nutzungsrecht an der ersten Kubatur-Darstellung des Beklagten zugestanden.
25
Im Übrigen handele es sich um ein Einfamilienhaus ohne einen besonderen Wiedererkennungswert, für das kein Urheberrechtschutz in Betracht komme. Ein bodentiefes Fenster und die Raumaufteilung reichten nicht aus, um ein geistiges Eigentum des Klägers zu rechtfertigen.
26
Für die Darstellung des Bauvorhabens des Herrn Dr. L. auf der Internetseite komme eine Schadensersatzforderung des Klägers nicht in Betracht. Ein solcher bestehe jedenfalls nicht in geltend gemachter Höhe.
27
Entscheidungsgründe:
28
Die zulässige Klage ist unbegründet.
29
Dem Kläger stehen gegen den Beklagten keine Zahlungsansprüche zu, insbesondere nicht wegen einer Urheberrechtsverletzung. Diese folgen weder aus dem Streitgegenstand „Bauvorhaben C.“ wegen der fehlerhaften Angabe des Entwurfsverfassers auf dem Baustellenschild, noch aus dem Streitgegenstand „Bauvorhaben Dr. L.“ und der insoweit erfolgten Nutzung von Fotografien auf der Webseite und dem N.-Account des Beklagten.
30
1. Bauvorhaben C. ‒ fehlerhaftes Bauschild
31
Mit Blick auf das Bauvorhaben C. ist ein urheberrechtlicher Anspruch nicht schlüssig vorgetragen.
32
Es ist bereits auslegungsbedürftig, auf welcher faktischen und rechltichen Grundlage der Kläger hier Schadensersatz fordert. Er begehrt eine solche Zahlung wegen der falschen Angabe des Beklagten auf dem Baustellenschild als Entwurfsverfasser. Hier geht es bei gebotener Auslegung also nicht um die Verletzung von Verwertungsrechten nach §§ 15 ff. UrhG, sondern allenfalls um das Benennungsrecht des Urhebers, das aus § 13 UrhG folgt. Anspruchsgrundlage kann also nur § 97 Abs. 2 iVm § 13 UrhG sein.
33
Ein solcher Anspruch ist jedoch nicht schlüssig vorgetragen. Nach Vortrag des Klägers wurde der Entwurf in seinem Büro erstellt. Dass der Kläger hier aber selbst schöpferisch tätig geworden ist, wird nicht vorgetragen. Dies wäre jedoch angezeigt, weil sich aus dem Sach- und Streitstand gerade ergibt, dass der Kläger mehrere Arbeitnehmer beschäftigt. Deshalb ist völlig unklar, welche Person an diesem Projekt in welcher Art mitgewirkt hat. Das Urheberbenennungsrecht aus § 13 UrhG als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts kann nur der (Mit-) Urheber geltend machen, nicht aber der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes, der selbst nicht schöpferisch tätig war. Es ist aber weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass der Kläger als (Mit-) Urheber des Bauvorhabens C. anzusehen ist. Auch auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung ist hierzu kein beachtlicher Vortrag erfolgt.
34
Insofern kommt es im Streitfall nicht darauf an und kann offenbleiben, ob die falsche Nennung auf dem Baustellenschild überhaupt eine Verletzung von § 13 UrhG darstellen kann, ob das Schild korrigiert worden ist, und wie hoch hier ein etwaiger Schadensersatz zu beziffern wäre.
35
Der Vollständigkeit halber weist das Gericht darauf hin, dass sich auch aus dem Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien (Anlage B1) für das hiesige Projekt und eine etwaige Benennung des Entwurfsverfassers nichts ergibt, sodass auch keine vertraglichen Ansprüche ersichtlich sind. Der Kläger trägt dazu aber selbst auch nichts vor. Auch im Übrigen sind keine Anspruchsgrundlage für einen Zahlungsanspruch vorgetragen oder ersichtlich.
36
2. Bauvorhaben Dr. L. ‒ Verwertung auf Webseite und N.
37
Auch mit Blick auf das Bauvorhaben Dr. L. ist zunächst auszulegen, auf welche urheberrechtliche Position der Kläger seinen Anspruch stützt. Hier wurde im Laufe des Verfahrens deutlich, dass der Kläger es hier offenbar rügt, dass der Beklagte das Bauprojekt als sein eigenes darstellt und auf sein Architekturbüro hinweist. Hingegen geht es ihm hier nicht darum, selbst als Urheber oder Entwurfsverfasser genannt zu werden. Das Begehren von Schadensersatz ist nach gebotener Auslegung hier also auf die Verwertungsrechte nach §§ 15 ff. UrhG zu stützen.
38
An dem zunächst geführten Vortrag zur Darstellung des Projekts Dr. L. im Magazin O. wurde im Laufe des Verfahrens nicht mehr festgehalten. Deshalb kommt hier nur noch die öffentliche Zugänglichmachung des Bauwerks auf der Webseite und der N.seite des Beklagten in Betracht. Maßgebliche Anspruchsgrundlage ist also §§ 97 Abs. 2, 19a, 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG.
39
Doch auch dieser Anspruch ist nicht schlüssig vorgetragen. Denn das hier gegenständliche Bauwerk müsste als Bauwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG schutzfähig sein und die Verwertungsrechte müssten dem Kläger zustehen.
40
Dabei dürfte für letztgenannte Voraussetzung wohl unstreitig sein, dass der Beklagte maßgeblich an den Bauplänen in Anlage K13 mitgewirkt hat und dabei noch Arbeitnehmer des Klägers war. Der maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien hat in Ziff. 11.4 eine Rechteklausel, die wiederum auslegungsbedürftig ist, aber im Ergebnis deutlich so zu verstehen ist, dass der Kläger ausschließlicher Nutzungsrechteinhaber der Werke des Arbeitnehmers sein soll und dieser allenfalls ein Benennungsrecht haben soll. Ein einfaches Nutzungsrecht der Arbeitnehmer sieht die Klausel nicht vor, jedenfalls nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Klägers. Eine solche Zustimmung liegt hier nicht vor.
41
Jedoch kann die auf Urheberrechtsstreitsachen spezialisierte Kammer angesichts des Vortrags von Klägerseite kein schutzfähige Bauwerk in den Plänen in Anlage K13 erkennen. Mit Blick auf die Schutzfähigkeit ist wie folgt zu prüfen:
42
Als Werke der Baukunst kommen Bauten jeglicher Art in Betracht, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Auf die Art der Konstruktion und Herstellung sowie auf das Material, aus dem sie errichtet sind, kommt es nicht an. Auch der Zweck des Baus ist unerheblich, insbesondere spielt es keine Rolle, ob Bauwerke einen bestimmten Gebrauchszweck haben, wie Wohn- oder Geschäftshäuser, oder ob dies nicht der Fall ist (z.B. bei Denkmälern). Ebenso wenig ist erforderlich, dass ein künstlerischer Zweck gegenüber dem Gebrauchszweck den Vorrang hat. Werke der Baukunst können daher nicht nur Gebäude, z.B. Wohnhäuser, Geschäftshäuser, Schulen, Kirchen, Schlösser, Amtsgebäude, Bahnhöfe, Fabriken usw. sein, sondern auch Türme, Brücken, Denkmäler oder Plätze. Nicht nur das Bauwerk als Ganzes, sondern auch Teile eines Bauwerks können Gegenstand des Urheberrechtsschutzes sein, sofern sie auch für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Das gilt beispielsweise für Fassaden, Innenräume, Treppenhäuser, Dachgiebel, Eingänge, aber auch für Grundrisse, sofern sie die Raumform des Bauwerks (Baukörperform, Raumzuordnung, Tür- und Fensteranordnung, Lichtzuführung, Blickrichtung usw.) erkennen lassen.
43
Die für eine persönliche geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass sich das Bauwerk nicht nur als das Ergebnis rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse alltäglichen Bauschaffens herausragt. Dies beurteilt sich nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunst einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt. Werke der Baukunst können beispielsweise geprägt sein durch ihre Größe, ihre Proportion, Einbindung in das Gelände, die Umgebungsbebauung, Verteilung der Baumassen, konsequente Durchführung eines Motivs, Ausgestaltung und Gliederung einzelner Bauteile wie der Fassade oder des Daches sowie dadurch, dass alle einzelnen Teile des Bauwerks aufeinander bezogen sind, so dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Die architektonische Leistung muss über die Lösung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung der einschlägigen technischen Lösungsmittel hinausgehen. Gestaltungen, die durch den Gebrauchszweck vorgegeben sind, können die Schutzfähigkeit nicht begründen; das gilt namentlich für die äußere und innere Gestaltung sowie für die Raumaufteilung. In der Verwendung allgemeinbekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente kann aber dann eine schutzfähige Leistung liegen, wenn durch sie eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird. Zu fordern ist kein deutliches Überragen durchschnittlicher Gestaltungen, sondern lediglich eine Gestaltung, die über die technisch, sachzweckgebundenen Elemente hinaus eine individuell ästhetische Prägung erkennen lässt, weil Gestaltungsspielräume für persönliche Kreativität mit der hinreichenden Individualität ausgestaltet wurden (vgl. Schricker/Loewenheim/Loewenheim/Leistner, 6. Aufl. 2020, UrhG § 2 Rn. 174ff. m.w.N.).
44
Im Einklang damit formulierte der BGH kürzlich (angesichts des thematischen Bezugs, statt der nachfolgenden Urteile des BGH: NJW 2022, 782, Rn. 57 f. ‒ Zugangsrecht des Architekten, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH): Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann. Dabei kann die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz nur begründen, soweit sie auf einer künstlerischen Leistung beruht und diese zum Ausdruck bringt. Dabei entspricht dies dem unionsrechtlichen Begriff des urheberrechtlich geschützten Werks im Sinne RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Für eine Einstufung eines Objekts als Werk müssen demnach zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Ein Gegenstand kann erst dann, aber auch bereits dann als ein Original in diesem Sinne angesehen werden, wenn er die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidung zum Ausdruck bringt. Wurde dagegen die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt, die der Ausübung künstlerischer Freiheit keinen Raum gelassen haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Gegenstand die für die Einstufung als Werk erforderliche Originalität aufweist. Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung zum Ausdruck bringen. Dafür ist ein mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbarer Gegenstand Voraussetzung, auch wenn diese Ausdrucksform nicht notwendig dauerhaft sein sollte.
45
Zur Darlegung der Schutzfähigkeit verweist der Kläger allein auf Anlage K13, ohne hier aber darzulegen, worin hier die persönliche geistige Schöpfung zu sehen sei. Allein aus der Anlage K13 ergibt sich jedoch im Vergleich zu anderen Bauwerken nichts Individuelles oder Schöpferisches. Es handelt sich ersichtlich um eine fachmännische architektonische Leistung. Nicht jede architektonische Planung ist hingegen ein Werk der Baukunst im Sinne des Urheberrechts. Dies muss schon deshalb gelten, weil die Zuerkennung von Urheberrechtsschutz für ein Bauwerk zu einem Ausschließlichkeitsrecht mit einer Schutzdauer bis 70 Jahre nach Tod des Urhebers (§ 64 UrhG). Bei der Zuerkennung von Urheberrechtsschutz für jede architektonische Planung, die jedoch keine urheberrechtlich maßgebliche Schöpfungshöhe und Individualität aufweist, wäre es Architekten faktisch verwehrt geläufige und zweckmäßige Gestaltungen für Gebäude zu wählen. Es besteht deshalb gerade im Bereich von geläufigen Bautypen und Stilen ‒ wie hier des Bauhausstils ‒ ein nicht unbeachtliches Freihaltebedürfnis, das bei der Beurteilung der notwendigen Schöpfungshöhe zu beachten ist.
46
Angesichts dieser Ausführungen kann offenbleiben, ob nachfolgend die finale Gestaltung des Wohnhauses des Dr. L., wie sie vom Kläger bildlich dargestellt wird, eine Übernahme der Anlage K13 darstellt. Auch hierzu bleibt der Vortrag des insoweit darlegungspflichtigen Klägers pauschal.
47
3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 2 ZPO.
48
4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2
Die Parteien streiten um urheberrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit architektonischen Planungen.
3
Der Kläger unterhält unter der im Rubrum genannten Anschrift ein Architekturbüro mit mehreren Mitarbeitern. Bis zum 31.03.0000 war der Beklagte als Architekt im Büro des Klägers angestellt.
4
Im Arbeitsvertrag der Parteien (Anlage B23) ist u.a. folgendes vereinbart:
5
„11.4 Nutzungsrechte
6
Die Nutzungsrechte an allen Plänen stehen dem/der Architekten/in zu.
7
War der/die Mitarbeiter/in wesentlich an Bauprojekten und Wettbewerben beteiligt, so hat ihn/sie der/die Arbeitgeber/in als Projektmitarbeiterin bei Veröffentlichungen namentlich aufzuführen. Aufzeichnungen jeder Art, insbesondere Berechnungen, Skizzen Zeichnungen, Schriftstücke, Drucksachen (auch wenn sie ohne Wert erscheinen mögen), gleichgültig ob sie vom/von der Mitarbeiter/in oder anderen gefertigt worden sind, bleiben in jedem Fall Eigentum des/der Arbeitgebers/in. Vervielfältigungen von Unterlagen, bei deren Erarbeitung der/die Mitarbeiter/in mitgewirkt hat, sind auf dessen/deren Kosten zum nur privaten Gebrauch statthaft. Veröffentlichungen aus dem Bürobetrieb sind ohne ausdrückliche Zustimmung nicht erlaubt.“
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Die Parteien diskutierten im Jahr 0000 eine Übernahme des Architekturbüros durch den Beklagten. Der Beklagte nahm jedoch Abstand von einer solchen Übernahme
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Zum Ausscheiden des Beklagten aus dem Unternehmen des Klägers schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag am 31.03.0000 (Anlage K1).
10
Die Parteien streiten u.a. darum, dass der Beklagte während seiner Anstellungszeit ein oder mehrere Projekt/e selbständig unter seinem Namen abwickelt. Über Einzelheiten streiten die Parteien. Insoweit der Kläger hieraus Ansprüche geltend macht ist der Rechtsstreit abgetrennt und an das Arbeitsgericht verwiesen worden. Es wird auf den Beschluss der Kammer vom 08.12.2023 (Bl. 446 GA) verwiesen. Auf eine Darstellung des diesbezüglichen Sach- und Streitstandes wird verzichtet.
11
Vorgerichtliche Korrespondenz, in der der Kläger den Beklagten zur Zahlung aufforderte, hat zu keiner Einigung geführt.
12
Der Kläger behauptet, der Beklagte gebe sich nach außen hin als Entwurfsverfasser für mindestens zwei Projekte aus, die tatsächlich im Büro des Klägers entwickelt und bearbeitet wurden.
13
Dabei handele es sich um das Bauvorhaben des Bauherrn Markus C., dessen Bauschild als Entwurfsverfasser den Beklagten benennt (Anlage K11, Bl. 42 GA). Bei dem Projekt handele es sich um die Aufstockung eines Mehrfamilienhauses, für das im Büro des Klägers das Baugenehmigungsverfahren durchgeführt worden war. Soweit der Beklagte mitteilt, dass hier ein Fehler vorliege, so hätte eine Korrektur vorgenommen werden müssen.
14
Der Kläger ist insoweit der Ansicht, dass ihm wegen der Verletzung seiner urheberrechtlichen Interessen ein Schadensersatzanspruch zustehe, der in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag von 2.000,00 € nicht unterschreiten sollte.
15
Er behauptet weiter, bei einem Projekt des klägerischen Kunden Dr. D. L. sei die Idee des Entwurfs im Büro des Klägers entstanden. Der Beklagte werbe jedoch als Entwurfsverfasser mit genau diesem Projekt auf seiner Internetseite (Anlage K14, Bl. 58 ff. GA). Der Beklagte habe auch Detailaufnahmen bei N. veröffentlicht (Anlage K22, Bl. 259 ff. GA). Vortrag des Beklagten, wonach der finale Entwurf nichts mit den Entwürfen aus dem Büro des Klägers zu tun hätten, sei fernliegend; es sei davon auszugehen, dass sich am grundsätzlichen Entwurf nichts geändert habe. Für die Übereinstimmungen spreche auch, dass die Baugenehmigung des angeblich ganz neu konzipierten Objekts schon 07.04.0000 erteilt worden sei, was nur wenige Wochen nach Vertragsbeginn mit dem Beklagten am 12.03.0000 liege. Der Beklagte solle die finalen Planungsunterlagen zur Ermöglichung eines Vergleichs vorlegen. Jedoch ergebe sich aus dem Vergleich der Anlage K13 (Entwurf aus dem Büro des Klägers) und der Anlage K22 (Bilder bei N.), dass die Raumaufteilung gleich sei.
16
Der Kläger ist insoweit der Ansicht, dass der Entwurf geistiges Eigentum des Klägers sei, da er in seinem Büro erstellt wurde. Auch wenn der Beklagte unstreitig die Unterlagen bearbeitet hat, so war er zu diesem Zeitpunkt noch im Büro des Klägers angestellt. Aus Ziff. 11.4 des Arbeitsvertrags (Anlage B23) ergebe sich, dass sämtliche Nutzungsrechte beim Kläger liegen.
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Der Kläger wäre bereit, dem Beklagten die Entwurfsverfassung zu überlassen und es hinzunehmen, dass der Beklagte mit dem Projekt als „seiner“ Idee Werbung betreibt, wenn der Beklagte die Überlassung entsprechend vergütet. Der Wert dieser Überlassung wird in das Ermessen des Gerichts gestellt, wobei ein Betrag von 8.000,00 € nicht unterschritten werden sollte.
18
Der Kläger beantragt,
19
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 10.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2022 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
21
die Klage abzuweisen.
22
Der Beklagte wendet zum „Projekt C.“ ein, dass er sich nicht als Entwurfsverfasser ausgegeben habe. Der Beklagte habe diesbezüglich mit dem zuständigen Sachbearbeiter der Stadt A., Herrn G., bereits im Jahr 0000 Rücksprache gehalten. Herr G. habe bestätigt, dass als Entwurfsverfasser der Kläger im System eingetragen ist (siehe auch Anlage B20, Bl. 175 GA). Das falsch beschriftete Baustellenschild sei während der Bauphase auf Hinweis der Bauherrschaft korrigiert worden. Insoweit bestehe kein urheberrechtlicher Anspruch. Ein solcher bestehe jedenfalls nicht in geltend gemachter Höhe. Ein Baustellenschild habe keine Werbewirkung, sondern bezwecke die Kontaktmöglichkeit für die Bauaufsichtsbehörde.
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Mit Blick auf das „Bauvorhaben L.“ sei ein im Büro des Klägers erstellter Bauantragsentwurf von der Baubehörde zurückgewiesen worden. Nachdem der Bauantrag abgelehnt worden war, habe in Anwesenheit des Beklagten ein Termin bei der Bauaufsichtsbehörde stattgefunden, im Rahmen dessen nahegelegt wurde, einen kompakteren Entwurf vorzulegen. Daraufhin habe der Beklagte für das Büro des Klägers einen Vorentwurf im Rahmen der Grundlagenermittlung verfasst, der indes keinen prägnanten Widererkennungswert, welcher auf das geistige Eigentum des Klägers zurückzuführen wäre, enthalten habe. Obwohl die Grundzüge des ursprünglichen Entwurfs beibehalten wurden, habe der Beklagte diverse Veränderungen vorgenommen, die nicht als geistiges Eigentum des Klägers betrachtet werden könnten, da eine Vervielfältigung und eine Nutzung von einem schützenswerten Design nicht stattgefunden habe.
24
Insoweit ist der Beklagte der Ansicht, dass er der Urheber des Neuentwurfes des Bauantrags sei. Dieser habe mit dem Erstentwurf des Klägers nicht einmal ansatzweise etwas zu tun. Dem Kläger habe ausweislich Ziffer 11.4. des Arbeitsvertrages der Parteien (Anlage B23, Bl.183 GA) für die Dauer des Bestehens der vertraglichen Verbindung mit Herr Dr. L. lediglich ein Nutzungsrecht an der ersten Kubatur-Darstellung des Beklagten zugestanden.
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Im Übrigen handele es sich um ein Einfamilienhaus ohne einen besonderen Wiedererkennungswert, für das kein Urheberrechtschutz in Betracht komme. Ein bodentiefes Fenster und die Raumaufteilung reichten nicht aus, um ein geistiges Eigentum des Klägers zu rechtfertigen.
26
Für die Darstellung des Bauvorhabens des Herrn Dr. L. auf der Internetseite komme eine Schadensersatzforderung des Klägers nicht in Betracht. Ein solcher bestehe jedenfalls nicht in geltend gemachter Höhe.
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Entscheidungsgründe:
28
Die zulässige Klage ist unbegründet.
29
Dem Kläger stehen gegen den Beklagten keine Zahlungsansprüche zu, insbesondere nicht wegen einer Urheberrechtsverletzung. Diese folgen weder aus dem Streitgegenstand „Bauvorhaben C.“ wegen der fehlerhaften Angabe des Entwurfsverfassers auf dem Baustellenschild, noch aus dem Streitgegenstand „Bauvorhaben Dr. L.“ und der insoweit erfolgten Nutzung von Fotografien auf der Webseite und dem N.-Account des Beklagten.
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1. Bauvorhaben C. ‒ fehlerhaftes Bauschild
31
Mit Blick auf das Bauvorhaben C. ist ein urheberrechtlicher Anspruch nicht schlüssig vorgetragen.
32
Es ist bereits auslegungsbedürftig, auf welcher faktischen und rechltichen Grundlage der Kläger hier Schadensersatz fordert. Er begehrt eine solche Zahlung wegen der falschen Angabe des Beklagten auf dem Baustellenschild als Entwurfsverfasser. Hier geht es bei gebotener Auslegung also nicht um die Verletzung von Verwertungsrechten nach §§ 15 ff. UrhG, sondern allenfalls um das Benennungsrecht des Urhebers, das aus § 13 UrhG folgt. Anspruchsgrundlage kann also nur § 97 Abs. 2 iVm § 13 UrhG sein.
33
Ein solcher Anspruch ist jedoch nicht schlüssig vorgetragen. Nach Vortrag des Klägers wurde der Entwurf in seinem Büro erstellt. Dass der Kläger hier aber selbst schöpferisch tätig geworden ist, wird nicht vorgetragen. Dies wäre jedoch angezeigt, weil sich aus dem Sach- und Streitstand gerade ergibt, dass der Kläger mehrere Arbeitnehmer beschäftigt. Deshalb ist völlig unklar, welche Person an diesem Projekt in welcher Art mitgewirkt hat. Das Urheberbenennungsrecht aus § 13 UrhG als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts kann nur der (Mit-) Urheber geltend machen, nicht aber der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes, der selbst nicht schöpferisch tätig war. Es ist aber weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass der Kläger als (Mit-) Urheber des Bauvorhabens C. anzusehen ist. Auch auf den Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung ist hierzu kein beachtlicher Vortrag erfolgt.
34
Insofern kommt es im Streitfall nicht darauf an und kann offenbleiben, ob die falsche Nennung auf dem Baustellenschild überhaupt eine Verletzung von § 13 UrhG darstellen kann, ob das Schild korrigiert worden ist, und wie hoch hier ein etwaiger Schadensersatz zu beziffern wäre.
35
Der Vollständigkeit halber weist das Gericht darauf hin, dass sich auch aus dem Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien (Anlage B1) für das hiesige Projekt und eine etwaige Benennung des Entwurfsverfassers nichts ergibt, sodass auch keine vertraglichen Ansprüche ersichtlich sind. Der Kläger trägt dazu aber selbst auch nichts vor. Auch im Übrigen sind keine Anspruchsgrundlage für einen Zahlungsanspruch vorgetragen oder ersichtlich.
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2. Bauvorhaben Dr. L. ‒ Verwertung auf Webseite und N.
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Auch mit Blick auf das Bauvorhaben Dr. L. ist zunächst auszulegen, auf welche urheberrechtliche Position der Kläger seinen Anspruch stützt. Hier wurde im Laufe des Verfahrens deutlich, dass der Kläger es hier offenbar rügt, dass der Beklagte das Bauprojekt als sein eigenes darstellt und auf sein Architekturbüro hinweist. Hingegen geht es ihm hier nicht darum, selbst als Urheber oder Entwurfsverfasser genannt zu werden. Das Begehren von Schadensersatz ist nach gebotener Auslegung hier also auf die Verwertungsrechte nach §§ 15 ff. UrhG zu stützen.
38
An dem zunächst geführten Vortrag zur Darstellung des Projekts Dr. L. im Magazin O. wurde im Laufe des Verfahrens nicht mehr festgehalten. Deshalb kommt hier nur noch die öffentliche Zugänglichmachung des Bauwerks auf der Webseite und der N.seite des Beklagten in Betracht. Maßgebliche Anspruchsgrundlage ist also §§ 97 Abs. 2, 19a, 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG.
39
Doch auch dieser Anspruch ist nicht schlüssig vorgetragen. Denn das hier gegenständliche Bauwerk müsste als Bauwerk gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG schutzfähig sein und die Verwertungsrechte müssten dem Kläger zustehen.
40
Dabei dürfte für letztgenannte Voraussetzung wohl unstreitig sein, dass der Beklagte maßgeblich an den Bauplänen in Anlage K13 mitgewirkt hat und dabei noch Arbeitnehmer des Klägers war. Der maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien hat in Ziff. 11.4 eine Rechteklausel, die wiederum auslegungsbedürftig ist, aber im Ergebnis deutlich so zu verstehen ist, dass der Kläger ausschließlicher Nutzungsrechteinhaber der Werke des Arbeitnehmers sein soll und dieser allenfalls ein Benennungsrecht haben soll. Ein einfaches Nutzungsrecht der Arbeitnehmer sieht die Klausel nicht vor, jedenfalls nicht ohne ausdrückliche Zustimmung des Klägers. Eine solche Zustimmung liegt hier nicht vor.
41
Jedoch kann die auf Urheberrechtsstreitsachen spezialisierte Kammer angesichts des Vortrags von Klägerseite kein schutzfähige Bauwerk in den Plänen in Anlage K13 erkennen. Mit Blick auf die Schutzfähigkeit ist wie folgt zu prüfen:
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Als Werke der Baukunst kommen Bauten jeglicher Art in Betracht, sofern sie eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Auf die Art der Konstruktion und Herstellung sowie auf das Material, aus dem sie errichtet sind, kommt es nicht an. Auch der Zweck des Baus ist unerheblich, insbesondere spielt es keine Rolle, ob Bauwerke einen bestimmten Gebrauchszweck haben, wie Wohn- oder Geschäftshäuser, oder ob dies nicht der Fall ist (z.B. bei Denkmälern). Ebenso wenig ist erforderlich, dass ein künstlerischer Zweck gegenüber dem Gebrauchszweck den Vorrang hat. Werke der Baukunst können daher nicht nur Gebäude, z.B. Wohnhäuser, Geschäftshäuser, Schulen, Kirchen, Schlösser, Amtsgebäude, Bahnhöfe, Fabriken usw. sein, sondern auch Türme, Brücken, Denkmäler oder Plätze. Nicht nur das Bauwerk als Ganzes, sondern auch Teile eines Bauwerks können Gegenstand des Urheberrechtsschutzes sein, sofern sie auch für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Das gilt beispielsweise für Fassaden, Innenräume, Treppenhäuser, Dachgiebel, Eingänge, aber auch für Grundrisse, sofern sie die Raumform des Bauwerks (Baukörperform, Raumzuordnung, Tür- und Fensteranordnung, Lichtzuführung, Blickrichtung usw.) erkennen lassen.
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Die für eine persönliche geistige Schöpfung notwendige Individualität erfordert, dass sich das Bauwerk nicht nur als das Ergebnis rein handwerklichen oder routinemäßigen Schaffens darstellt, sondern dass es aus der Masse alltäglichen Bauschaffens herausragt. Dies beurteilt sich nach dem ästhetischen Eindruck, den das Bauwerk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunst einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt. Werke der Baukunst können beispielsweise geprägt sein durch ihre Größe, ihre Proportion, Einbindung in das Gelände, die Umgebungsbebauung, Verteilung der Baumassen, konsequente Durchführung eines Motivs, Ausgestaltung und Gliederung einzelner Bauteile wie der Fassade oder des Daches sowie dadurch, dass alle einzelnen Teile des Bauwerks aufeinander bezogen sind, so dass sie zu einer Einheit verschmelzen. Die architektonische Leistung muss über die Lösung einer fachgebundenen technischen Aufgabe durch Anwendung der einschlägigen technischen Lösungsmittel hinausgehen. Gestaltungen, die durch den Gebrauchszweck vorgegeben sind, können die Schutzfähigkeit nicht begründen; das gilt namentlich für die äußere und innere Gestaltung sowie für die Raumaufteilung. In der Verwendung allgemeinbekannter, gemeinfreier Gestaltungselemente kann aber dann eine schutzfähige Leistung liegen, wenn durch sie eine besondere eigenschöpferische Wirkung und Gestaltung erzielt wird. Zu fordern ist kein deutliches Überragen durchschnittlicher Gestaltungen, sondern lediglich eine Gestaltung, die über die technisch, sachzweckgebundenen Elemente hinaus eine individuell ästhetische Prägung erkennen lässt, weil Gestaltungsspielräume für persönliche Kreativität mit der hinreichenden Individualität ausgestaltet wurden (vgl. Schricker/Loewenheim/Loewenheim/Leistner, 6. Aufl. 2020, UrhG § 2 Rn. 174ff. m.w.N.).
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Im Einklang damit formulierte der BGH kürzlich (angesichts des thematischen Bezugs, statt der nachfolgenden Urteile des BGH: NJW 2022, 782, Rn. 57 f. ‒ Zugangsrecht des Architekten, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH): Eine persönliche geistige Schöpfung ist eine Schöpfung individueller Prägung, deren ästhetischer Gehalt einen solchen Grad erreicht hat, dass nach Auffassung der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise von einer „künstlerischen“ Leistung gesprochen werden kann. Dabei kann die ästhetische Wirkung der Gestaltung einen Urheberrechtsschutz nur begründen, soweit sie auf einer künstlerischen Leistung beruht und diese zum Ausdruck bringt. Dabei entspricht dies dem unionsrechtlichen Begriff des urheberrechtlich geschützten Werks im Sinne RL 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Für eine Einstufung eines Objekts als Werk müssen demnach zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Ein Gegenstand kann erst dann, aber auch bereits dann als ein Original in diesem Sinne angesehen werden, wenn er die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidung zum Ausdruck bringt. Wurde dagegen die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt, die der Ausübung künstlerischer Freiheit keinen Raum gelassen haben, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Gegenstand die für die Einstufung als Werk erforderliche Originalität aufweist. Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung zum Ausdruck bringen. Dafür ist ein mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbarer Gegenstand Voraussetzung, auch wenn diese Ausdrucksform nicht notwendig dauerhaft sein sollte.
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Zur Darlegung der Schutzfähigkeit verweist der Kläger allein auf Anlage K13, ohne hier aber darzulegen, worin hier die persönliche geistige Schöpfung zu sehen sei. Allein aus der Anlage K13 ergibt sich jedoch im Vergleich zu anderen Bauwerken nichts Individuelles oder Schöpferisches. Es handelt sich ersichtlich um eine fachmännische architektonische Leistung. Nicht jede architektonische Planung ist hingegen ein Werk der Baukunst im Sinne des Urheberrechts. Dies muss schon deshalb gelten, weil die Zuerkennung von Urheberrechtsschutz für ein Bauwerk zu einem Ausschließlichkeitsrecht mit einer Schutzdauer bis 70 Jahre nach Tod des Urhebers (§ 64 UrhG). Bei der Zuerkennung von Urheberrechtsschutz für jede architektonische Planung, die jedoch keine urheberrechtlich maßgebliche Schöpfungshöhe und Individualität aufweist, wäre es Architekten faktisch verwehrt geläufige und zweckmäßige Gestaltungen für Gebäude zu wählen. Es besteht deshalb gerade im Bereich von geläufigen Bautypen und Stilen ‒ wie hier des Bauhausstils ‒ ein nicht unbeachtliches Freihaltebedürfnis, das bei der Beurteilung der notwendigen Schöpfungshöhe zu beachten ist.
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Angesichts dieser Ausführungen kann offenbleiben, ob nachfolgend die finale Gestaltung des Wohnhauses des Dr. L., wie sie vom Kläger bildlich dargestellt wird, eine Übernahme der Anlage K13 darstellt. Auch hierzu bleibt der Vortrag des insoweit darlegungspflichtigen Klägers pauschal.
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3. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 2 ZPO.
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4. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.