· Nachricht · Elektronischer Rechtsverkehr
Keine Wiedereinsetzung, wenn unzuständiges Gericht Frist verlängert
| Kann der Anwalt eine versäumte Frist retten, weil der Richter bei dem „falschen“ Gericht zwar unzuständig war, aber die Frist trotzdem, wie gewünscht, verlängert hat? „Natürlich nicht“, sagt das OVG Sachsen-Anhalt (23.4.24, 10 L 2/24, Abruf-Nr. 243701 ). |
Der Bevollmächtigte prüfte vorliegend die ausgehende Berufungsschrift nur inhaltlich, aber nicht auf das korrekte Empfänger-Gericht hin, wozu er aber verpflichtet ist (BGH 12.5.16, IX ZB 75/15). Der Schriftsatz ging daher bei einem unzuständigen Gericht ein. Da auch die gerichtliche Eingangsbestätigung nicht sorgfältig kontrolliert wurde (BGH AK 23, 38), blieb der Fehler weiterhin unentdeckt. Die Kanzlei bat daraufhin bei dem falschen Gericht darum, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern. Der Vorsitzende dort tat dies. Das Schreiben enthielt keinen Hinweis, dass das Gericht in der Sache unzuständig ist. Es war nicht verpflichtet, den Anwalt innerhalb der Berufungsfrist zu informieren. Daher durfte dieser auch nicht davon ausgehen, dass seine Berufung beim zuständigen Gericht eingegangen war. Ein Gericht ist nicht „Prüfinstanz“, ob ein Schriftsatz korrekt adressiert ist (Noe, AK 23, 118). Dem OVG genügte allerdings ohnehin die gleich auf zwei Ebenen mangelhafte Ausgangskontrolle in der Kanzlei, um eine Wiedereinsetzung abzulehnen.
(mitgeteilt von Christian Noe B. A., Göttingen)
Weiterführender Hinweis
- beA: Wie viele Minuten vor Fristablauf muss Sendevorgang starten?, AK 24, 55