· Fachbeitrag · Arbeitszeitreduzierung ‒ Teil 1
Arbeitsrechtlicher Check der Vier-Tage-Woche
von Dr. Guido Mareck, Stv. Direktor des ArbG Dortmund
| In Zeiten des Fachkräftemangels zeichnet sich ein neuer Trend ab: Immer mehr Unternehmen, Kanzleien, Organisationen und Gemeinden überlegen, ob sie die Vier-Tage-Woche einführen. Doch welche arbeitsrechtlichen Gegebenheiten müssen hierbei beachtet werden? Der folgende Beitrag gibt einen kurzen Überblick zu fünf relevanten Fragen. |
1. Welche Arbeitszeitmodelle gibt es?
Es gibt mehrere Modelle, die bei der Vier-Tage-Woche genutzt werden können:
- Vier Tage arbeiten bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit
- Vier Tage arbeiten bei reduzierter Wochenarbeitszeit und angepasstem Lohn
- Vier Tage arbeiten bei reduzierter Wochenarbeitszeit, aber gleichbleibendem Lohn
Häufig werden auch einige Stunden des Freitags als fünftem Tag auf die vier verbleibenden Tage verteilt.
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Der Freitag soll grundsätzlich frei sein. Normalerweise wird an diesem Tag sechs Stunden gearbeitet. Zukünftig wird von Montag bis Donnerstag je eine Stunde länger gearbeitet, die verbleibenden zwei Stunden „schenkt“ der Arbeitgeber den Arbeitnehmern. |
2. Wie kann die Vier-Tage-Woche rechtssicher fixiert werden?
Liegt ‒ wie in Kanzleien ‒ weder ein Tarifvertrag (TV) noch eine Betriebsvereinbarung (BV) vor, kann der Arbeitgeber bestimmen, wie die Arbeitszeiten verteilt werden. Dies liegt in seinem Direktionsrecht. Hier ist bei abweichender vertraglicher Vereinbarung Einvernehmen oder eine Änderungskündigung erforderlich. In Unternehmen hängt es sonst oft von einem TV oder einer BV ab, wie die Vier-Tage-Woche festgelegt werden kann. Tarifvertragliche Regelungen könnten möglicherweise eine solche Vereinbarung unterbinden. Oft gilt ein TV nicht unmittelbar aufgrund Verbandszugehörigkeit, sondern kraft vertraglicher Vereinbarung. Auch in diesen Fällen gilt es zu prüfen, ob der TV eine Vier-Tage-Woche ermöglicht.
3. Wird Vier-Tage-Woche per Direktionsrecht eingeführt?
Normalerweise ist der Umfang der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag festgeschrieben. Der Arbeitgeber darf die allgemeine Arbeitszeit nicht von sich aus reduzieren. Er darf auch die Arbeitszeit einzelner Arbeitnehmer nicht einfach reduzieren. Dieses gelingt einseitig nur über eine Änderungskündigung. In der Regel dürfte eine Änderungskündigung zur zwangsweisen Durchführung der Vier-Tage-Woche sozial ungerechtfertigt sein. Gerade in diesem Fall bietet sich daher eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrags an.
4. Welche Grenzen der täglichen Arbeitszeit gibt es?
§ 3 ArbZG legt fest, dass die tägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden pro Werktag verlängert werden darf, wenn innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden täglich nicht überschritten werden. Bei einer Vier-Tage-Woche ist eine tägliche Arbeitszeit von zehn Stunden möglich, da das Gesetz von sechs Werktagen pro Woche (montags bis samstags) ausgeht.
Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1a ArbZG kann in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung die Arbeitszeit auf über zehn Stunden täglich zugelassen werden, wenn in die Arbeitszeit eine Arbeitsbereitschaft oder ein Bereitschaftsdienst fällt. Ausgenommen sind Jugendliche. Deren tägliche Arbeitszeit darf acht Stunden nicht übersteigen. Auch Schwangere und Stillende dürfen nicht länger als achteinhalb Stunden am Tag beschäftigt werden.
5. Was gilt bei Feiertagen und Krankheit?
Ob bei Feiertagen und Krankheit der Vier-Tage-Modus verändert wird, hängt von der Regelung im Arbeitsvertrag ab:
- Bei exakter Festlegung der Wochenarbeitstage muss der Arbeitnehmer den fehlenden Feier- oder Krankheitstag nicht an seinem arbeitsfreien Tag nachholen.
- Sofern die vier Arbeitstage des Arbeitnehmers nicht genau festgelegt sind, kann der Arbeitgeber bestimmen, wann die Arbeitstage stattfinden sollen. Dies muss dem Arbeitnehmer gemäß § 12 Abs. 3 TzBfG aber rechtzeitig mitgeteilt werden („innerhalb eines vorgegebenen Referenzzeitrahmens mindestens vier Tage im Voraus“). Eine solche Regelung ist kompliziert und bietet sich nur in bestimmten Unternehmen an.
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Arbeitnehmer A arbeitet in einer Vier-Tage-Woche normalerweise von Montag bis Donnerstag. Der Montag fällt auf einen Feiertag. Da in seinem Arbeitsvertrag genau festgelegt ist, dass er die Vier-Tage-Woche von Montag bis Donnerstag hat, darf der Arbeitgeber den Modus von Dienstag bis Freitag nicht einfach abändern. A muss den fehlenden Feiertag nicht an seinem arbeitsfreien Tag nachholen. |
Weiterführende Hinweise
- Der Beitrag wird fortgeführt (u. a. zu Urlaubs- und Pausenzeiten, zur Anordnung von Mehrarbeit und zu Auszubildenden). Wenn Sie weitere Fragen zur Thematik haben, schreiben Sie uns unter ak@iww.de!