14.12.2020 · IWW-Abrufnummer 219443
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 13.11.2020 – 17 Ta 1414/20
Eine beabsichtigte Klageerweiterung rechtfertigt es nicht ohne weiteres, einen anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung zu versäumen (entgegen LAG Köln vom 20.07.2018 - 11 Ta 252/17 - juris)
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
In dem Rechtsstreit
am 13.11.2020
Tenor:
Gründe
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht nach § 38 Satz 1 GKG eine besondere Gerichtsgebühr auferlegt.
1. Wird durch das Verschulden einer Partei oder eines ihrer Vertreter die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig, kann das Gericht der Partei gemäß § 38 Satz 1 ZPO von Amts wegen eine besondere Gebühr mit einem Gebührensatz von 1,0 auferlegen; dies gilt nicht, sofern eine Versäumnis-entscheidung nach § 335 ZPO unzulässig war. Die Gebühr kann auch im Falle der Säumnis einer Partei festgesetzt werden, wenn nach der Einlegung eines Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil ein Einspruchstermin nach § 341a ZPO anberaumt werden muss; denn der Ausnahmeregelung für die Fälle des § 335 ZPO hätte es nicht bedurft, wenn eine Gebühr nach § 38 GKG im Fall des Erlasses eines Versäumnisurteils ohnehin nicht verhängt werden dürfte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2015 - I-6 W 1/15, 6 W 1/15 - juris, m.w.N.).
2. Der Kläger ist in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07.07.2020 trotz ordnungsgemäßer Ladung säumig geblieben, woraufhin seine Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen wurde. Eine der in § 335 ZPO genannten Fallgestaltungen, die eine Versäumnisentscheidung und die Festsetzung einer Gebühr nach § 38 GKG ausgeschlossen hätte, lag nicht vor. Der Kläger hat ferner den Termin vom 07.07.2020 verschuldet versäumt. Er kann sich dabei insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe eine Klageerweiterung beabsichtigt und habe deshalb den Verhandlungstermin nicht wahrgenommen. Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass diese Klageerweiterung Ursache der Säumnis des Klägers war. Der Kläger hatte am 03.07.2020 und damit wenige Tage vor dem Verhandlungstermin eine Aufhebung des Termins am 07.07.2020 beantragt und dies mit noch nicht eingegangenen bzw. vorhandenen Unterlagen zum Kündigungsschutzantrag, nicht jedoch mit einer beabsichtigten Erweiterung der Klage begründet. Wäre die bis zum Verhandlungstermin noch nicht fertig zu stellende Klageerweiterung Anlass für die Säumnis gewesen, hätte nichts näher gelegen, als den Verlegungsantrag hierauf zu stützen; dies ist nicht geschehen. Im Übrigen schließt auch eine im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch beabsichtigte Klageerweiterung ein Verschulden an der Versäumung des Termins und dem dann erforderlichen Einspruchstermin nicht aus. Der Verhandlungstermin vom 07.07.2020 war bereits am 05.03.2020 anberaumt worden. Der Kläger hatte deshalb sein prozessuales Verhalten auf diesen Verhandlungstermin auszurichten, d.h., er hatte ggf. dafür Sorge zu tragen, weitere Ansprüche bis zu dem Verhandlungstermin im Wege der Klageerweiterung geltend zu machen; der gerichtlich festgesetzte Verhandlungstermin stand nicht zu seiner Disposition. Dass eine im Termin erfolgte Klageerweiterung nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen, trifft zu, rechtfertigt jedoch kein anderes Ergebnis (entgegen LAG Köln, Beschluss vom 20.07.2018 - 11 Ta 252/17 - Rdnr. 9, juris). Die hier streitbefangene besondere Gebühr wurde wegen der Säumnis des Klägers und der anschließenden Anberaumung eines Einspruchstermins nach § 38 Satz 1, 1. Alt. GKG und nicht nach § 38 Satz 1, 2. Alt. GKG im Hinblick auf ein verspätetes Vorbringen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, Beweismitteln oder Beweiseinreden, zu denen eine Klageerweiterung nicht gehört, festgesetzt. Es trifft auch nicht zu, dass jede erst im Verhandlungstermin erfolgte Klageerweiterung eine Vertagung bzw. Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung zur Folge haben muss. Ist die Klageerweiterung unschlüssig, kann sie im Verhandlungstermin oder in einem besonderen Verkündungstermin abgewiesen werden. Muss dem Prozessgegner zur Klageerweiterung rechtliches Gehör gewährt werden, besteht die Möglichkeit, ihm nach § 283 ZPO eine Schriftsatzfrist einzuräumen und bei Entscheidungsreife über die Klage-erweiterung ebenfalls in einem Verkündungstermin zu entscheiden. Nach alledem steht eine beabsichtigte Klageerweiterung einer verschuldeten Säumnis in einem Verhandlungstermin allenfalls entgegen, wenn die Partei aus objektiven, von ihr nicht zu vertretenden Gründen daran gehindert war, die Klageerweiterung bis zum Verhandlungstermin einzureichen; hierfür sind im vorliegenden Fall Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch sonst hat der Kläger keine Umstände vorgetragen, die gegen eine verschuldete Versäumung des Verhandlungstermins am 07.07.2020 sprechen könnten. Die Festsetzung der besonderen Gerichtsgebühr, zu deren Ermäßigung keine Veranlassung besteht, ist nach alledem nicht zu beanstanden.
3. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
Beschluss vom 13.11.2020
Az.: 17 Ta 1414/20
In dem Rechtsstreit
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 17. Kammer
durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht D. als Vorsitzenderam 13.11.2020
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 04.08.2020 - 17 Ca 16341/19 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht nach § 38 Satz 1 GKG eine besondere Gerichtsgebühr auferlegt.
1. Wird durch das Verschulden einer Partei oder eines ihrer Vertreter die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig, kann das Gericht der Partei gemäß § 38 Satz 1 ZPO von Amts wegen eine besondere Gebühr mit einem Gebührensatz von 1,0 auferlegen; dies gilt nicht, sofern eine Versäumnis-entscheidung nach § 335 ZPO unzulässig war. Die Gebühr kann auch im Falle der Säumnis einer Partei festgesetzt werden, wenn nach der Einlegung eines Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil ein Einspruchstermin nach § 341a ZPO anberaumt werden muss; denn der Ausnahmeregelung für die Fälle des § 335 ZPO hätte es nicht bedurft, wenn eine Gebühr nach § 38 GKG im Fall des Erlasses eines Versäumnisurteils ohnehin nicht verhängt werden dürfte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.02.2015 - I-6 W 1/15, 6 W 1/15 - juris, m.w.N.).
2. Der Kläger ist in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 07.07.2020 trotz ordnungsgemäßer Ladung säumig geblieben, woraufhin seine Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen wurde. Eine der in § 335 ZPO genannten Fallgestaltungen, die eine Versäumnisentscheidung und die Festsetzung einer Gebühr nach § 38 GKG ausgeschlossen hätte, lag nicht vor. Der Kläger hat ferner den Termin vom 07.07.2020 verschuldet versäumt. Er kann sich dabei insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, er habe eine Klageerweiterung beabsichtigt und habe deshalb den Verhandlungstermin nicht wahrgenommen. Es kann bereits nicht festgestellt werden, dass diese Klageerweiterung Ursache der Säumnis des Klägers war. Der Kläger hatte am 03.07.2020 und damit wenige Tage vor dem Verhandlungstermin eine Aufhebung des Termins am 07.07.2020 beantragt und dies mit noch nicht eingegangenen bzw. vorhandenen Unterlagen zum Kündigungsschutzantrag, nicht jedoch mit einer beabsichtigten Erweiterung der Klage begründet. Wäre die bis zum Verhandlungstermin noch nicht fertig zu stellende Klageerweiterung Anlass für die Säumnis gewesen, hätte nichts näher gelegen, als den Verlegungsantrag hierauf zu stützen; dies ist nicht geschehen. Im Übrigen schließt auch eine im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch beabsichtigte Klageerweiterung ein Verschulden an der Versäumung des Termins und dem dann erforderlichen Einspruchstermin nicht aus. Der Verhandlungstermin vom 07.07.2020 war bereits am 05.03.2020 anberaumt worden. Der Kläger hatte deshalb sein prozessuales Verhalten auf diesen Verhandlungstermin auszurichten, d.h., er hatte ggf. dafür Sorge zu tragen, weitere Ansprüche bis zu dem Verhandlungstermin im Wege der Klageerweiterung geltend zu machen; der gerichtlich festgesetzte Verhandlungstermin stand nicht zu seiner Disposition. Dass eine im Termin erfolgte Klageerweiterung nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen, trifft zu, rechtfertigt jedoch kein anderes Ergebnis (entgegen LAG Köln, Beschluss vom 20.07.2018 - 11 Ta 252/17 - Rdnr. 9, juris). Die hier streitbefangene besondere Gebühr wurde wegen der Säumnis des Klägers und der anschließenden Anberaumung eines Einspruchstermins nach § 38 Satz 1, 1. Alt. GKG und nicht nach § 38 Satz 1, 2. Alt. GKG im Hinblick auf ein verspätetes Vorbringen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, Beweismitteln oder Beweiseinreden, zu denen eine Klageerweiterung nicht gehört, festgesetzt. Es trifft auch nicht zu, dass jede erst im Verhandlungstermin erfolgte Klageerweiterung eine Vertagung bzw. Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung zur Folge haben muss. Ist die Klageerweiterung unschlüssig, kann sie im Verhandlungstermin oder in einem besonderen Verkündungstermin abgewiesen werden. Muss dem Prozessgegner zur Klageerweiterung rechtliches Gehör gewährt werden, besteht die Möglichkeit, ihm nach § 283 ZPO eine Schriftsatzfrist einzuräumen und bei Entscheidungsreife über die Klage-erweiterung ebenfalls in einem Verkündungstermin zu entscheiden. Nach alledem steht eine beabsichtigte Klageerweiterung einer verschuldeten Säumnis in einem Verhandlungstermin allenfalls entgegen, wenn die Partei aus objektiven, von ihr nicht zu vertretenden Gründen daran gehindert war, die Klageerweiterung bis zum Verhandlungstermin einzureichen; hierfür sind im vorliegenden Fall Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch sonst hat der Kläger keine Umstände vorgetragen, die gegen eine verschuldete Versäumung des Verhandlungstermins am 07.07.2020 sprechen könnten. Die Festsetzung der besonderen Gerichtsgebühr, zu deren Ermäßigung keine Veranlassung besteht, ist nach alledem nicht zu beanstanden.
3. Die Entscheidung ist unanfechtbar.