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  • 16.12.2011

    Hessisches Landesarbeitsgericht: Urteil vom 26.07.2011 – 13 Sa 325/11


    Tenor:

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. Januar 2011 - 6 Ca 1431/10 - wird auf deren Kosten zurückgewiesen.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrages Öffentlicher Dienst (TVöD) als Folge eines Bewährungsaufstiegs aus der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1a des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 c BAT mit einem Mehrverdienst von 582,93 € brutto pro Monat.

    Die am 09. August 1956 geborene Klägerin ist seit 17. Juli 1995 bei der Beklagten im A., zunächst im Bürodienst, beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 17. Juli 1995 wurde unter § 2 die Anwendung des BAT und den diesen ersetzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung vereinbart. Eingruppiert wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe VI b der Anlage 1 a zum BAT. Sie bewarb sich im Jahr 2003 im Rahmen einer internen Stellenausschreibung erfolgreich auf einen Arbeitsplatz als Daktyloskopin. Mit Schreiben vom 19. November 2003 (Bl. 31 d. A.) teilte die Beklagte der Klägerin Folgendes mit:

    "...

    Sie nehmen vom 24. November 2003 bis 19. Dezember 2003 an einem Einführungslehrgang "Daktyloskopie" bei KI 32 teil.

    Mit erfolgreichem Abschluss des Lehrgangs werden Ihnen die nachfolgend aufgeführten insgesamt nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a Teil I BAT bewerteten Tätigkeiten einer Angestellten im Bürodienst auf Dauer übertragen:

    1. Eingabe von Fingerabdruckblättern in ein automatisches Fingerabdruck-Identifizierungssystem unter Berücksichtigung daktyloskopischer Kriterien einschließlich Nachklassifizierung qualitativ unzureichender Fingerabdrücke 50 %

    2. Visueller daktyloskopischer Vergleich der auf dem Bildschirm angebotenen potenziellen Treffer und Feststellung der Identität/Nichtidentität 30 %

    3. Akten- und Bestandszusammenführung bei Falschnamen sowie INPOL-Arbeiten und Auskunftserteilung 15 %

    4. Sonstiges 5 %

    Gemäß der mit dem Bundesministerium des Innern vereinbarten Werdegangsregelung für die Eingruppierung von Daktyloskopen erfolgt nach erfolgreichem Abschluss des Einweisungslehrgangs zunächst eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII BAT, nach zweijähriger erfolgreicher Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VII eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT und nach weiterer einjähriger erfolgreicher Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VI b BAT eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT. Hieraus eröffnet sich dann nach 3-jähriger Bewährung die Möglichkeit eines Bewährungsaufstieges in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1c BAT.

    Da Sie bereits in der Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert sind, wird Ihnen im Sinne einer Besitzstandswahrung während des Einführungslehrgangs bzw. den weiteren Phasen der Werdegangsregelung die bisherige günstigere Vergütungsgruppe belassen.

    Sobald die tariflichen Voraussetzungen hinsichtlich der Umgruppierung/Höhergruppierung vorliegen, wird ZV 13 einen entsprechenden Änderungsvertrag zu Ihrem Arbeitsvertrag mit Ihnen abschließen.

    ..."

    Am 12. Dezember 2005 schlossen die Parteien einen Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 17. Juli 1995, wonach vereinbart wurde, dass der ursprüngliche § 2 durch folgende Fassung ersetzt wird:

    "Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) einschließlich der besonderen Regelungen für die Verwaltung (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung sowie des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund)."

    Die Klägerin absolvierte erfolgreich die Einweisung für Sachbearbeiter sowie die fachspezifische Einweisung zur Erfassung und Recherche daktyloskopischer Abbilder im AFIS (vgl. Bl. 53 d.A.). Mit Änderungsvertrag vom 07. März 2007 vereinbarten die Parteien Folgendes:

    "In § 4 des Vertrages wird das Wort Vergütungsgruppe VI (gemeint: VI b) durch das Wort Entgeltgruppe 8 ersetzt.

    Der Arbeitgeber ist berechtigt, der Beschäftigten aus dienstlichen Gründen eine andere Tätigkeit im Rahmen der Entgeltgruppe zuzuweisen.

    Anpassungen der Eingruppierung aufgrund des In-Kraft-Tretens der neuen Entgeltordnung können auch entgeltgruppenübergreifend erfolgen (§ 17 Abs. 4 TVÜ-Bund).

    Bis zum In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung sind alle Eingruppierungs- und Einreihungsvorgänge vorläufig und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand (§ 17 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund).

    § 2

    Dieser Änderungsvertrag tritt am 25.03.2007 in Kraft.

    Wiesbaden, 07.03.2007"

    Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31. Mai 2010 (Bl. 34 f d. A.) machte die Klägerin ihre Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 TVöD, übergeleitet aus der Vergütungsgruppe V b BAT, per 01. April 2010 bei der Beklagten geltend.

    Mit der am 05. August 2010 eingegangenen Klage ist die Klägerin der Ansicht gewesen, in dem oben zitierten Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003 komme der Wille zum Ausdruck, die Vergütung unabhängig von den jeweiligen Eingruppierungsvoraussetzungen der Vergütungsordnung zum BAT konstitutiv zu regeln. Ihr sei eine konkrete Zusage über ihre tarifliche Entwicklung bei Übertragung der auszuübenden Tätigkeiten gemacht worden. Sie habe zudem per tariflichem Stichtag 01. Oktober 2005 mehr als die Hälfte ihrer Bewährungszeit erfüllt, da ihr bereits mit erfolgtem Abschluss des Lehrgangs am 19. Februar 2004 die Tätigkeit nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT übertragen worden seien. Die Vereinbarung über die auszuübende Tätigkeit begründe einen Anspruch auf Beschäftigung mit entsprechenden Tätigkeiten und sei maßgebend für die Eingruppierung.

    Die Eingruppierung vom Beginn bzw. der Dauer der Beschäftigung abhängig zu machen sei, so hat die Klägerin weiter gemeint, ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Dieser habe auch tariflichen Regelungen gegenüber Vorrang.

    Die Klägerin hat beantragt,

    festzustellen, dass sie bei der Beklagten seit dem 01. April 2010 in der Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrages öffentlicher Dienst (TVöD Bund) eingruppiert ist.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Tätigkeit eines Daktyloskopen erfülle originär nicht die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 a BAT. Diese habe unter der Geltung des BAT allein im Wege des Bewährungsaufstiegs erreicht werden können. Die volle Kompetenz als Daktyloskop erwerbe man nach entsprechenden Lehrgängen im Wege des "learning by doing". Die Einarbeitungszeit betrage erfahrungsgemäß drei Jahre nach Abschluss des Einweisungslehrganges, da erst nach Ablauf dieses Zeitraums die tariflich für die Eingruppierung notwendigen mindestens 50 % selbstständigen Leistungen in den Tätigkeiten erbracht werden könnten, die gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erforderten. Der Werdegang führe deshalb erst bei tatsächlicher Wahrnehmung der Aufgaben im tariflich erforderlichen Umfang zur Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT. Es erfolge eine stufenweise, dem Qualifizierungsfortschritt entsprechende Übertragung höherwertiger Tätigkeiten bis hin zur Vergütungsgruppe V c BAT, wobei jede Stufe durch Abschluss eines gesonderten Vertrages zur Änderung des Arbeitsvertrages übertragen werde. Der Bewährungsaufstieg aus der Vergütungsgruppe V c BAT in die Vergütungsgruppe V b BAT sei tariflich bestimmt gewesen und gründe nicht in der "Werdegangsregelung" vom 19. November 2003.

    Arbeitskollegen der Klägerin seien nur in die Entgeltgruppe 9 TVöD eingruppiert worden, wenn sie die Voraussetzungen der tariflichen Übergangsregelung erfüllt hätten, insbesondere mindestens die Hälfte ihrer Bewährungszeit bei Einführung des TVöD bereits durchlaufen hatten.

    Durch Urteil vom 12. Januar 2011 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit Begründung, eine Eingruppierung in die begehrte Entgeltgruppe 9 TVöD (entsprechend Vergütungsgruppe V b BAT) folge nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003. Dieses habe keine anspruchsbegründende Wirkung. Auch tarifliche Überleitungsvorschriften zum Bewährungsaufstieg kämen nicht zu Gunsten der Klägerin zur Anwendung. Die Differenzierung im Vergleich zu Arbeitskollegen der Klägerin sei nach den sachlichen Kriterien des einschlägigen Überleitungstarifvertrages erfolgt und nicht durch unterschiedliche vergütungsrechtliche Bewertung gleichartiger Tätigkeiten. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (Bl. 95 - 104 d. A.).

    Gegen dieses der Klägerin am 04. März 2011 zugestellte Urteil hat diese mit einem beim erkennenden Gericht am 10. März 2011 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 26. April 2011 eingegangenem Schriftsatz begründet.

    Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie sei, so meint sie, originär zutreffend in die Vergütungsgruppe V c BAT (entspricht jetzt Entgeltgruppe 8 TVöD) eingruppiert. Sie habe aber aus der vorrangig gültigen Vereinbarung vom 19. November 2003 einen Anspruch auf einen Aufstieg in die Entgeltgruppe 9 TVöD (entspricht Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 c BAT) im Wege der Bewährung, jedenfalls aber über die Regeln des Überleitungstarifvertrages Bund und aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung mit Kollegen, die bei identischer Tätigkeit bereits in die Entgeltgruppe 9 TVöD eingruppiert seien.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. Januar 2011 - 6 Ca 1431/10 - festzustellen, dass sie seit dem 01. April 2010 in der Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrages Öffentlicher Dienst (TVöD) eingruppiert ist.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil im Wesentlichen mit rechtlichen Erwägungen. Die "Werdegangsregelung" vom 19. November 2003 begründe keine von den einschlägigen Tarifverträgen unabhängigen Ansprüche. Die Übergangsregelungen des TVÜ-Bund seien vorliegend nicht einschlägig. Der TVöD kenne keinen Bewährungsaufstieg.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Niederschrift der Berufungsverhandlung vom 26. Juli 2011 Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die gemäß den §§ 8 Abs. 2 ArbGG; 511 ZPO an sich statthafte Berufung begegnet hinsichtlich des Wertes des Beschwerdegegenstandes (§ 64 Abs. 2 ArbGG) keinen Bedenken. Sie ist nach Maßgabe der im Tatbestand mitgeteilten Daten form- und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG; 517; 519; 520 ZPO) und damit insgesamt zulässig.

    In der Sache ist die Berufung erfolglos.

    Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

    Der Zulässigkeit der erhobenen Eingruppierungsfeststellungsklage steht nach allgemeiner Ansicht keine Bedenken entgegen (vgl. statt vieler grundlegend BAG vom 26. Juli 1985, AP Nr. 203 zu §§ 22, 23 BAT 1975 m. w. N.; BAG vom 10. Dezember 1997, AP Nr. 237 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

    Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9 des Tarifvertrages Öffentlicher Dienst (TVöD), der, wie sein Vorgänger, der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT), auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung findet.

    Die Klägerin meint selbst nicht, die Voraussetzungen einer Vergütungsgruppe des BAT zu erfüllen, die ihr gemäß § 4 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 (TVÜ-Bund) in Verbindung mit der dort in Bezug genommenen Anlage 2 eine unmittelbare Überleitung in die Entgeltgruppe 9 TVöD ermöglichen.

    Sie ist vielmehr der auch von der Beklagten nicht bezweifelten Ansicht, in der Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 1 a der Anlage 1 a zum BAT originär richtig eingruppiert gewesen zu sein. Dies deckt sich auch mit der sonstigen Rechtsprechung zur Eingruppierung von Daktyloskopen (BAG vom 10. Dezember 1997, aaO.; Hessisches Landesarbeitsgericht vom 04. August 1983 - 9 Sa 699/82 - n. v. und vom 10. Mai 1979 - 9/2 Sa 743/76 -, n.v.).

    Auch im Wege des Bewährungsaufstiegs erreicht die Klägerin nicht die Entgeltgruppe 9 TVöD.

    Gemäß Anlage 2 TVÜ-Bund ist zwar in die Entgeltgruppe 9 TVöD nach einem Bewährungsaufstieg aus der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 c BAT überzuleiten. Die vorgeschriebene dreijährige Bewährung hat die Klägerin aber nicht durchlaufen. Durch Änderungsvertrag vom 12. Dezember 2005 haben sich die Parteien auf die Geltung des den BAT ablösenden TVöD geeinigt, der keinen Bewährungsaufstieg kennt. Zu diesem Zeitpunkt hatte eine Bewährungszeit der Klägerin in der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT noch nicht einmal angefangen. Die Klägerin ist erst per 25. März 2007 in die Entgeltgruppe 8 TVöD - entspricht Vergütungsgruppe V c BAT - eingruppiert worden. Deshalb kann ihr auch § 8 Abs. 1 oder 3 TVÜ-Bund nicht helfen, der eine Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9 TVöD ermöglicht, wenn der übergeleitete Beschäftigte am 01. Oktober 2005 "bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zu Hälfte erfüllt" hat bzw. wenn "übergeleitete Beschäftigte bei Fortgeltung des BAT/BAT-O bis spätestens 29. Februar 2012 wegen der Erfüllung der erforderlichen Zeit der Bewährung oder Tätigkeit höhergruppiert worden wären, unabhängig davon, ob die Hälfte der erforderlichen Bewährungs- oder Tätigkeitszeit am Stichtag (01. Oktober 2005) erfüllt ist."

    Beide Absätze des § 8 TVÜ-Bund setzen nämlich voraus, dass die Bewährungszeit jedenfalls vor dem 01. Oktober 2005 begonnen hat. Absatz 1 verlangt für diesen Zeitpunkt den Ablauf mindestens der Hälfte der Bewährungszeit, während Abs. 3 darauf verzichtet und den - vor dem 01. Oktober 2005 begonnenen - Ablauf der Bewährungsfrist bis 29. Februar 2012 ausreichen lässt (vgl. Sponer/Steinherr, TVöD, Stand Juni 2011, TVÜ-Bund Nr. 2.1 unter 3.1.1 und 3.1.3 und unter 2.1 bei 2.1.1; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, Stand Juni 2011, TVÜ-Bund, § 8 Randziffern 13, 20, 21, 37; vgl. auch die Durchführungshinweise des BMI in seinem Schreiben vom 23. Februar 2009, AZ.: D5-220233-51/1).

    Die Klägerin kann sich für eine vor dem 01. Oktober 2005 begonnen habende Bewährungszeit auch nicht auf die Tatsache berufen, dass sie gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003 faktisch bereits ab 19. Februar 2004 die ihr zugewiesenen Tätigkeiten ausgeübt hat, ohne sofort höhergruppiert worden zu sein.

    Gegen dieses Vorgehen der Beklagten bestehen keine rechtlichen Bedenken. Dies hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend herausgearbeitet. Die Klägerin ist in 2004 in eine ihr neue Tätigkeit mit anderen Qualifikationsmerkmalen eingewiesen worden. Dort musste sie sich neu einarbeiten. Die in der "Zielvergütungsgruppe" V c Fallgruppe 1 a BAT geforderten gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse und selbständigen Leistungen konnten nicht sofort vorhanden sein. Einarbeitungszeiten können aber zur Zahlung einer minderen Vergütung führen (BAG vom 18. Juni 1997, AP Nr. 1 zu § 24 BAT-O; LAG Berlin vom 22. Januar 2003, ZTR 2003, 398). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn es noch an subjektiven Tätigkeitsmerkmalen fehlt. Zur Ausfüllung der oben zitierten subjektiven Voraussetzungen der Vergütungsgruppe V c, Fallgruppe 1 a BAT waren hier Lehrgänge und "learning by doing" unter Anleitung und Aufsicht nötig. Vorgesehen war ein Zeitraum von 3 Jahren (vgl. dazu auch LAG Berlin vom 15. Juni 2001 - 6 Sa 783/01 -, zitiert nach juris). Für eine frühere, die tariflichen Voraussetzungen vollständig ausfüllende Qualifikation der Klägerin ist nichts vorgetragen. Die Eingruppierung in die "Zielvergütungsgruppe" V c Fallgruppe 1 a BAT, übergeleitet in die Entgeltgruppe 8 TVöD, zum 25. März 2007 ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.

    Die Klägerin kann sich für ihr Eingruppierungsbegehren auch nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003 berufen.

    Nach § 4 Abs. 2 BAT und § 6 des Arbeitsvertrages der Parteien bedürfen Nebenabreden bzw. Änderungen des Arbeitsvertrages der Schriftform, also der gemeinsamen Unterzeichnung einer Urkunde. Schon daran fehlt es für das Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003.

    Auch unabhängig davon hat das Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003 keine anspruchsbegründende Wirkung. Es wirkt nicht konstitutiv und unabhängig von dem seinerzeit arbeitsvertraglich in Bezug genommenen BAT. Dies hat das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend erkannt. Die Berufungskammer macht sich diese Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils zu Eigen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie. Die Auslegung des Schreibens zeigt, dass der Klägerin Aufstiegsmöglichkeiten im Rahmen der Regeln des BAT in Aussicht gestellt wurden. Dies zeigt insbesondere die unbefangene Lektüre von Ziffer 4 dieses Schreibens. Dort ist mehrfach von zukünftigen Eingruppierungen in Vergütungsgruppen des BAT die Rede, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Dann heißt es: "Hieraus eröffnet sich dann nach dreijähriger Bewährung die Möglichkeit eines Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 c BAT." Dies stellt noch nicht einmal eine Zusicherung einer tariflichen Höhergruppierung dar; erst Recht lässt sich daraus keine individualrechtliche Verpflichtung ableiten. Es werden vielmehr nur Aussichten und Erwartungen beschrieben, die sich verwirklichen könnten. Tarifliche Vorschriften und Aufstiegsregeln werden sinngemäß nachgezeichnet (vgl. auch LAG Berlin vom 15. Juni 2001, aaO.). Insofern fehlt jeder Rechtsbindungswille der Beklagten.

    Auch unter Gesichtspunkten der Gleichbehandlung steht der Klägerin nicht die Entgeltgruppe 9 TVöD zu.

    Ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung wird der Grundsatz der Gleichbehandlung inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt (ErfK/Schmidt, 11. Auflage 2010, Art. 3 Grundgesetz Randnummer 29 m. w. N.). Er knüpft an eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers an und gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbstgesetzten Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG Vom 24. Februar 2011, - 6 AZR 719/09 -, zitiert nach juris; BAG vom 17. Dezember 2009, AP Nr. 41 zu § 620 BGB).

    Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich im vorliegenden Fall keine sachwidrige Schlechterstellung daraus, dass bei genau gleicher Tätigkeit manche Arbeitskollegen in die Entgeltgruppe 9 TVöD eingruppiert sind, die Klägerin aber nicht. Diese Betrachtung greift zu kurz. Unbestritten ist nämlich, dass nur solche in der Tätigkeit vergleichbare Arbeitnehmer in die Entgeltgruppe 9 TVöD übergeleitet worden sind, die den unter der Geltung des BAT vorgesehenen Bewährungsaufstieg bereits abgeschlossen hatten oder in der durch § 8 TVÜ-Bund vorgesehenen Zeitspanne noch abschließen konnten. Die Beklagte hat sich damit ausschließlich normvollziehend verhalten. Für eine Gleichheitswidrigkeit der zitierten Übergangsregelungen spricht nichts. Die Tarifautonomie erlaubt bei Wechseln von einem Tarifsystem in ein anderes gewisse "Randunschärfen" für den Einzelfall, gerade wenn ein überkomplexes Tarifsystem in ein einfacheres und handhabbareres übergleitet wird (BAG vom 17. Dezember 2009, - 6 AZR 665/08 -, zitiert nach juris).

    Die Beklagte hat im vorliegenden Zusammenhang die Überleitung in die Entgeltgruppe 8 oder 9 TVöD davon abhängig gemacht, in welchem zeitlichen Stadium sich die Bewährungsfristen am Stichtag befanden. Diese Regelung ist jedenfalls nicht sachwidrig. Sie berücksichtigt den sozialen Besitzstand derer, die früher in die Bewährungszeit gingen, stärker als den derer, die erst später oder gar nicht mehr in die Bewährungsphase gelangten (vgl. zur Wahrung sozialer Besitzstände auch BAG vom 02. August 2006 - 10 AZR 572/05 -, zitiert nach juris).

    Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

    Der Grund für die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

    VorschriftenTVöD, TVÜ-Bund